Werbe-Mails nach Vertragsstornierung

Das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 21.09.2022, Az.: 4 HK O 655/21) musste sich mit einer Fragestellung zu § 7 Abs. 3 UWG befassen.

In § 7 Abs. 3 UWG ist die Ausnahmevorschrift geregelt, wonach ein Unternehmer auch Verbrauchern Werbe-E-Mails zusenden darf, wenn der Unternehmer die E-Mail-Adresse des Verbrauchers im Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat, diese E-Mail-Adresse für die Direktwerbung für ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, der Verbraucher der Verwendung nicht widersprochen hat und der Verbraucher bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

In dem vom Landgericht Nürnberg-Fürth entschiedenen Fall ging es nun darum, dass der zugrundeliegende Vertrag zwischen einem Onlinehändler und einem Verbraucher storniert wurde – in diesem speziellen Fall vom Händler selbst. Im Anschluss daran erhielt der Verbraucher gleichwohl einen Newsletter des Onlinehändlers. Obwohl der Onlinehändler zutreffend auch über die in § 7 Abs. 3 UWG genannten Voraussetzungen belehrt hatte, war das Landgericht der Meinung, dass der Onlinehändler sich nicht auf diese Vorschrift berufen könne. Grund hierfür sei die Tatsache, dass der Vertrag nämlich nicht zustande gekommen sei, weil die Bestellung storniert worden sei. Denn § 7 Abs. 3 UWG setze voraus, dass ein wirksamer Kaufvertrag vorgelegen habe.

Auch wenn dies nicht Gegenstand des Urteils war: mit dieser Argumentation des LG lässt sich auch begründen, dass auch bei einem Widerruf eines Vertrags durch einen Verbraucher diesem künftig keine E-Mail-Werbung oder Newsletter zugeschickt werden dürfen. Dies hätte zur Konsequenz, dass in sämtlichen Fällen, in denen es, warum auch immer, nicht zu einem wirksamen Vertrag kommt, dem Verbraucher künftig keine Werbe-Mails oder Newsletter zugesendet werden dürfen.

BGH zur Einwilligung in den Erhalt von Werbung

Der BGH hat mit Urteil vom 13.01.2022, Az.: I ZR 25/19, – „Inbox-Werbung II“ seine strenge Auffassung zur Wirksamkeit von Einwilligungserklärungen in den Erhalt von Werbung bekräftigt.

Die Entscheidung hat nicht überrascht, weil der BGH sich zuvor mit entsprechenden Auslegungsfragen an den EuGH gewendet hatte und auch bereits der EuGH in seiner Entscheidung strenge Anforderungen aufgestellt hat.

Im vorliegenden Fall ging es darum, dass ein E-Mail-Diensteanbieter (im vorliegenden Fall: T-Online) Kunden kostenlos seine Dienste zur Verfügung stellte, wenn der Kunde im Gegenzug dafür in den Erhalt von Werbung eingewilligt hat.

Nach Auffassung des BGH (und auch des EuGH) sind solche automatisierten Werbeeinblendungen im Posteingangsfach eines E-Mail-Nutzers nur mit dessen ausdrücklicher Einwilligung erlaubt.

Im vorliegenden Fall gab es zwei Probleme:

Zum einen war die Einwilligungserklärung für den Nutzer des E-Mails-Dienstes sehr allgemein gehalten: Der Nutzer willigte generell in den Erhalt von Werbung ein, ohne dass dies näher spezifiziert wurde. Zum anderen waren die Werbe-E-Mails im E-Mail-Postfach so gestaltet, wie „normale E-Mails“, unterschieden sich also nicht von anderen, im Postfach eingegangenen Mails.

Nach Auffassung des BGH muss ein Postfachinhaber klar und deutlich darüber informiert werden, dass zu spezifizierende Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden. Dazu muss der Postfachinhaber des Accounts explizit einwilligen. Liegt keine ausreichende Einwilligung vor, so liegt in der Zusendung der Werbe-E-Mails in das Postfach des Account-Inhabers eine sog. unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

BGH zur Kundenzufriedenheitsanfrage per E-Mail

Bewertungen durch Kunden sind für Unternehmer wichtig – insbesondere dann, wenn die Bewertung positiv ausfällt. In der Praxis ist es deshalb gängig, dass ein Unternehmen seinen Kunden bittet, ihn im Internet positiv zu bewerten. Um eine solche Bitte eines Unternehmers an einen Kunden ging es in einem aktuell vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall (Urteil vom 10.07.2018, Az.: VI ZR 225/17).

Die Beklagte verkaufte über Amazon ihre Waren. Im Zuge der Kaufabwicklung übersandte der Händler dem Kunden – einem Verbraucher – per E-Mail die Rechnung und schrieb in diesem E-Mail u.a. Folgendes:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben.

Sollte es an dem gelieferten Artikel oder unserem Service etwas auszusetzen geben, würden wir Sie herzlich darum bitten, uns zu kontaktieren. Dann können wir uns des Problems annehmen. Zur Bewertung: Über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben (…).“

Obwohl die Bitte um Bewertung im Zuge der Kaufabwicklung und mit Übermittlung einer Rechnung erfolgte, stufte der BGH diese E-Mail als Werbung ein, mit der Folge, dass ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt werde.

Der BGH urteilt dazu:

„Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen überwiegt das Interesse des Klägers das Interesse der Beklagten, ihrem E-Mail-Schreiben mit der Übersendung der Rechnung an den Kläger werbende Zusätze in Form einer Kundenzufriedenheitsanfrage hinzuzufügen. Dabei ist einerseits zwar zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigte, zumal er die Kundenzufriedenheitsanfrage einfach ignorieren konnte.

Andererseits ist das Hinzufügen von Werbung zu einer im Übrigen zulässigen E-Mail-Nachricht auch keine solche Bagatelle, dass eine Belästigung des Nutzers in seiner Privatsphäre ausgeschlossen wäre. Er muss sich mit der Kundenzufriedenheitsanfrage zumindest gedanklich beschäftigen. Zwar mag sich der Arbeitsaufwand bei einer einzelnen E-Mail in Grenzen halten. Mit der häufigen Verwendung von Werbezusätzen ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails mit solchen Zusätzen zulässig ist.“

Insbesondere für Online-Händler ist diese Entscheidung alles andere als erfreulich.

Es besteht damit faktisch keine sinnvolle Möglichkeit mehr, seinen Kunden darum zu bitten, dass der Kunde den Online-Händler positiv bewerten soll. Denn das Urteil des BGH hat zur Folge, dass der Online-Händler Versendung einer solchen Bitte die entsprechende Einwilligung des Verbrauchers alleine für die Versendung einer solchen Bitte per E-Mail einzuholen hat – wie und wann auch immer dies erfolgen soll.

Die vorgenommene Abwägung des BGH ist – so meine ich – schwer zu verstehen: Denn das Interesse eines Unternehmers an Kundenbewertungen ist legitim und kann auch wichtig für die Akquise sein. Im Gegensatz dazu stellt sich doch die Frage, worin konkret denn die „Belästigung“ des Verbrauchers liegen soll.

In Konsequenz bedeutet dies, dass ein Unternehmer immer das Risiko eingeht, sich eine Abmahnung einzufangen, falls er seine Kunden darum bittet, ihn zu bewerten.

 

Anforderungen an die Einwilligung für eine E-Mail-Werbung

Ein neues Urteil des BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az.: VI ZR 721/15, liegt vor, in dem sich der BGH zu den Anforderungen einer wirksamen Einwilligung für eine E-Mail-Werbung äußert. Inhaltlich gibt es aber letztlich nichts Neues und alle Unternehmen, die Newsletter oder sonstige Werbung per Mail versenden, wird der Inhalt des Urteils nicht freuen. Nach wie vor stellt der BGH sehr hohe Anforderungen an eine wirksame Einwilligung. Bereits in einem der Leitsätze heißt es nämlich:

„Eine wirksame Einwilligung in den Empfang elektronischer Post zu Werbezwecken setzt u.a. voraus, dass der Adressat weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, und dass klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Eine vorformulierte Einwilligungserklärung ist an den §§ 305 ff. BGB zu messen.“

Konkret bedeutet dies, dass eine vorformulierte Einwilligungserklärung der AGB-Kontrolle unterliegt und dass der Verbraucher wissen muss, welche Art der Werbung von welchen Unternehmen er erhalten wird.

In dem entschiedenen Fall ging es darum, dass bei einem Download von Freeware der Nutzer entsprechende AGB akzeptieren musste, in welchem er in den Erhalt von Werba-Mails von dort genannten „Sponsoren“ einwilligen musste. In dem Klauseltext hieß es:

„Sobald der Link bestätigt wird startet der Download und Sie stimmen den unter www.f…-a…de hinterlegten Nutzungsbedingungen zu, die auch ein Einverständnis in werbliche Informationen von uns sowie den F. A. Sponsoren enthalten.“

§ 4 (Werbeeinverständnis) der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Seite hatte folgenden Inhalt gehabt:

„Mit der Angabe seiner persönlichen Daten erklärt der Nutzer sein Einverständnis, dass er von F. M. Limited und den hier genannten Sponsoren Werbung per E-Mail an die vom Nutzer angegebene E-Mail-Adresse erhält. Der Nutzer kann der werblichen Nutzung seiner Daten durch F. M. Limited jederzeit durch eine E-Mail an Info@f…-m…com widersprechen“.

Die Verlinkung hinter dem Wort „hier“ hatte zu einer Sponsorenliste geführt, welche 26 verschiedene Unternehmen enthalten hatte.

Der BGH urteilte, dass diese Klausel unwirksam sei. Dazu der BGH:

„Die vorformulierte Einwilligungserklärung ist nicht hinreichend konkret gefasst und erfüllt nicht die Voraussetzungen des hier maßgeblichen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Sie verstößt gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, das den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen…

Einwilligung ist „jede Willensbekundung, die ohne Zwang für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt“. Sie wird in Kenntnis der Sachlage erteilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Die Einwilligung erfolgt für den konkreten Fall, wenn klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst….

Diesen Anforderungen wird die von der Beklagten behauptete Einwilligung nicht gerecht. Selbst wenn im Streitfall die Liste der „Sponsoren“ abschließend und ohne Erweiterungsmöglichkeit bestimmt wäre, bleibt offen, für welche Produkte und Dienstleistungen diese werben. Aus ihren Firmen allein kann nicht auf die zur zukünftigen Bewerbung anstehenden Produkte geschlossen werden. Deren Zusammensetzung und Umfang kann wechseln oder erweitert werden. Soweit es sich wie im Streitfall bei den Sponsoren auch um Marketingunternehmen handelt, die selbst für Kunden Werbekampagnen entwerfen und durchführen, wird der Kreis der beworbenen Unternehmen und Produkte gänzlich unübersehbar.

Die Klausel enthält folglich eine (verdeckte) Generaleinwilligung, ohne dass dem Kunden dies in der gebotenen Klarheit verdeutlicht wird. Er muss durch die Klauselfassung vielmehr den Eindruck gewinnen, dass es sich um eine beschränkte Einwilligung handelt, die sich nur auf die Produkte oder die Produktart des Plattformbetreibers, nämlich „Free-Ware“, bezieht.“

Fazit: künftig wird es noch schwieriger, Einwilligungserklärungen zu formulieren, die einer solchen AGB-Kontrolle stand halten.

Kundenzufriedenheitsanfragen per E-Mail ohne Einwilligung sind unlauter

Das Berliner Kammergericht hat mit Beschluss vom 07.02.2017, Az.: 5 W 15/17, entschieden, dass ein Unternehmen dann wettbewerbswidrig handelt, wenn es eine Kundenzufriedenheitsbefragung per Mail durchführt und der Kunde dazu nicht zuvor eingewillgt hatte.

Denn auch Kundenzufriedenheitsanfragen seien letztendlich Werbung, weil das Unternehmen dies nutze, um den Kunden an sich zu binden. Hat der Kunde einer solchen Befragung nicht zuvor zugestimmt, so sei die Mail belästigende Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, so das Gericht.

Das Urteil zeigt mal wieder, wie streng die Gerichte nach wie vor E-Mail-Werbung beurteilen. Es spielt keine Rolle, dass solche Befragungen nützlich und weit verbreitet sind und dass der Kunde bereits zuvor Leistungen des Unternehmens in Anspruch genommen hatte. Diese Argumente hat das Gericht nicht gelten lassen.

Daher ist zu empfehlen, dass man sich z.B. bereits bei der Bestellung durch einen Kunden eine Einwilligung u.a. in eine Kundenzufriedenheitsbefragung geben lässt – auch wenn dadurch neuer Aufwand entsteht für ein Unternehmen.