Vorsicht, Falle: Warum „GEMA-freie“ Musik für Unternehmer teuer werden kann

Die öffentliche Wiedergabe von Musik in Geschäftsräumen, Gaststätten oder Praxen ist ein alltäglicher Vorgang. Um die Lizenzgebühren an die GEMA zu sparen, greifen viele Unternehmer auf Anbieter sogenannter „GEMA-freier“ Musik zurück. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Frankenthal zeigt jedoch, dass dies ein juristisch riskantes Unterfangen sein kann. Die Entscheidung bestätigt: Im Streitfall trägt der Unternehmer die volle Beweislast dafür, dass die gespielte Musik tatsächlich frei von GEMA-Rechten ist.

Der Fall vor dem LG Frankenthal

Geklagt hatte die GEMA gegen die Betreiberin einer Spielhalle, in der über Geldspielgeräte Musik wiedergegeben wurde. Die GEMA führte Kontrollen durch und stellte anschließend eine Rechnung für die Nutzung des GEMA-Repertoires.

Die Betreiberin wehrte sich gegen die Forderung. Ihr Argument: Sie habe einen Vertrag mit einem spezialisierten Dienstleister abgeschlossen, der ausschließlich GEMA-freie Musik anbiete. Sie habe sich darauf verlassen, dass die abgespielten Titel nicht von der GEMA vertreten werden. Zum Beweis legte sie eine Titelliste vor.

Die „GEMA-Vermutung“: Eine hohe Hürde für Unternehmer

Das Landgericht Frankenthal wies die Berufung der Betreiberin zurück und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung zugunsten der GEMA. Maßgeblich dafür ist die sogenannte „GEMA-Vermutung“.

Diese Vermutung basiert auf der Tatsache, dass die GEMA aufgrund von Verträgen mit Komponisten, Textdichtern und ausländischen Schwestergesellschaften das gesamte Weltrepertoire der geschützten Unterhaltungs- und Tanzmusik vertritt.

Spielt ein Unternehmer also Unterhaltungsmusik öffentlich ab, wird rechtlich vermutet, dass er damit Werke aus dem GEMA-Repertoire nutzt. Die GEMA muss in einem Prozess nicht einmal nachweisen, welche konkreten Lieder gespielt wurden. Es reicht der Nachweis, dass geschützte Unterhaltungsmusik lief.

Die volle Beweislast liegt beim Nutzer

Will der Unternehmer diese Vermutung widerlegen, trifft ihn – so das LG Frankenthal – nicht nur eine sekundäre Darlegungslast, sondern die vollumfängliche Darlegungs- und Beweislast.

Einfach zu behaupten, man nutze nur GEMA-freie Musik, reicht bei Weitem nicht aus. Auch der Vertrag mit einem Dienstleister, der GEMA-Freiheit zusichert, entbindet den Unternehmer nicht von seiner Verantwortung. Das Gericht stellte fest, dass es sich hierbei nicht um ein neues Geschäftsmodell handelt und diese Tatsache bereits bei der Entwicklung der GEMA-Vermutung bekannt war.

Warum die Unternehmerin im Detail scheiterte

Die Betreiberin konnte die Vermutung nicht entkräften. Ihre vorgelegte Titelliste war unzureichend:

  1. Bandname statt Urheber: Für elf Musiktitel war lediglich der Name der Band angegeben. Eine Band (juristisch oft eine Gesellschaft) kann aber kein Urheber sein; das ist immer nur eine natürliche Person (der Komponist, der Textdichter).
  2. Fehlende Textdichter: Für die abgespielten Stücke wurde nicht dargelegt, wer die Texte verfasst hat. Auch die Rechte der Textdichter werden von der GEMA wahrgenommen.
  3. Keine YouTube-Recherche durch GEMA: Das Argument, die GEMA könne die Urheber ja selbst über YouTube ermitteln, wies das Gericht zurück. Die GEMA-Datenbank basiert auf den Namen von Komponisten und Textern, nicht auf YouTube-Videos.

Da bereits die Nennung von Bandnamen statt Komponisten für einige Titel ungenügend war, kam es auf die Frage, ob die GEMA für andere Titel zur Identifizierung auch das Geburtsdatum des Komponisten verlangen darf, nicht mehr an. Schon ein einziger GEMA-pflichtiger Titel genügt, um die Lizenzforderung nach dem geltenden Tarif auszulösen.

Fazit für die Praxis

Das Urteil ist eine deutliche Warnung an alle Unternehmer, die Musik öffentlich wiedergeben. Wer auf „GEMA-freie“ Musik setzt, um Kosten zu sparen, geht ein Risiko ein, wenn er nicht in der Lage ist, für jeden einzelnen Titel lückenlos nachweisen zu können, wer Komponist, Textdichter und ggf. Bearbeiter ist.

Sich auf die Zusicherung eines Dienstleisters zu verlassen, werteten die Gerichte als fahrlässig. Unternehmer müssen sicherstellen, dass sie von ihrem Anbieter vollständige und korrekte Listen aller Urheber erhalten oder auf die Nutzung von Musik im Zweifel ganz verzichten.

Gericht: Landgericht Frankenthal
Datum: 18.03.2025
Aktenzeichen: 6 S 4/24
Fundstelle: ZUM-RD 2025, 501