OLG Dresden zur Haftung von Arbeitgeberbewertungsportalen

Die Klägerin, ein mittelständisches Logistikunternehmen, hatte sich gegen eine negative Bewertung auf dem Arbeitgeberbewertungsportal „kununu.de“ gewandt. Die anonyme Bewertung beschrieb den Arbeitgeber als „schlechtesten Arbeitgeber aller Zeiten“ und kritisierte unter anderem den Umgang mit Mitarbeitern sowie eine hohe Fluktuation.

Die Klägerin machte geltend, dass die Bewertung irreführend sei, da die bewertende Person kein Beschäftigungsverhältnis mit ihr gehabt habe. Die Betreiberin des Portals, die Beklagte, weigerte sich, die Bewertung zu löschen, bot jedoch an, die Bewertung unter einer separaten Unternehmensseite zu belassen.

Das Landgericht Leipzig (Az. 08 O 1770/23) hatte die Beklagte zunächst zur Löschung der Bewertung verurteilt. Dagegen legte die Betreiberin von kununu.de Berufung ein.

Entscheidung des OLG Dresden

Das OLG Dresden hob das Urteil des Landgerichts Leipzig auf und wies die Klage ab. Das Gericht entschied, dass:

  1. Die Interessen des bewerteten Unternehmens vorrangig sind, wenn nachgewiesen wird, dass kein Beschäftigungsverhältnis bestand.
  2. Das Portal Prüfpflichten hat, wenn ein Unternehmen rügt, dass die bewertende Person kein Beschäftigungsverhältnis hatte.
  3. Der Umfang der Prüfpflichten im Einzelfall abzuwägen ist, wobei der Portalbetreiber nicht verpflichtet ist, die Identität des Bewertenden offenzulegen.
  4. Die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen war, indem sie interne Prüfungen durchführte und glaubhafte Belege für ein Beschäftigungsverhältnis vorlegte.

Bedeutung für Unternehmen:

Das Urteil verdeutlicht, dass Arbeitgeberbewertungsportale nicht automatisch für jede negative Bewertung haften. Allerdings haben Portalbetreiber Prüfpflichten, wenn die Authentizität einer Bewertung bestritten wird. Unternehmen können sich gegen falsche Bewertungen wehren, müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte liefern.

Für Arbeitgeber bedeutet dies:

  • – Eine pauschale Rüge, dass derjenige, der bewertet hat, nicht im Unternehmen beschäftigt war, reicht nicht immer aus – es sollten weitere Argumente vorgebracht werden, die sich inhaltlich mit der Bewertung auseinander setzen.
  • – Betreiber von Bewertungsplattformen müssen eine sorgfältige Prüfung vornehmen, jedoch keine personenbezogenen Daten des Bewertenden offenlegen.

OLG Dresden, Urteil vom 17.12.2024 – 4 U 744/24
Fundstelle: openJur 2025, 8077

Fortbildungspflichten für Unternehmen beim Einsatz von KI

Der sog. AI-Act der EU – auch als KI-Verordnung oder als KI-Gesetz bezeichnet – ist bereits letztes Jahr am 01.08.2024 in Kraft getreten. Die relevanten Pflichten aus dem AI-Act treten aber erst nach und nach in Kraft, u.a. zum 02.02.2025, zum 02.08.2025 und am 02.08.2026.

Bei dem AI-Act handelt es sich um eine EU-Verordnung, die unmittelbar in allen Ländern der EU in Kraft tritt und – vergleichbar mit der DSGVO oder dem Digital Services Act (DSA) – keiner Umsetzung in ein deutsches Gesetz bedarf.

In der Presse und speziell in den sozialen Medien ist in letzter Zeit eine Diskussion über eine am 02.02.2025 in Kraft tretende Pflicht entbrannt, und zwar über die Verpflichtung aus Art. 4 des AI-Acts.

Der in der Diskussion stehende Art. 4 des AI-Acts verpflichtet „Anbieter“ und „Betreiber“ von KI-Systemen dazu, dass sie dafür Sorge tragen müssen, dass ihre Mitarbeiter – unabhängig davon, ob es sich um Arbeitnehmer oder freie Mitarbeiter handelt – über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen. Sprich: Die Mitarbeiter müssen zu KI-Themen geschult werden.

Diskutiert wird nun die Frage, ob davon alle Unternehmen betroffen sind, die KI in irgendeiner Form einsetzen oder ihren Mitarbeitern erlauben, KI zur Bewältigung von Arbeitsaufgaben zu benutzen, egal ob es sich um ein Large Language Model wie ChatGPT handelt oder um sog. Diffusion Models, wie z.B. Midjourney oder DALL-E.

Die Pflicht aus Art. 4 AI-Act adressiert zunächst die Anbieter von KI-Systemen. Nach der Definition des Anbieters in Art. 3 Nr. 3 AI Act fallen darunter Unternehmen, die KI-Systeme oder KI-Modelle entwickeln und in Verkehr bringen. Im Falle von ChatGPT wäre also der „Anbieter“ im Sinne dieser Vorschrift OpenAI.

Die Pflicht aus Art. 4 AI Act trifft aber auch den „Betreiber“. Nach Art. 3 Nr. 4 AI-Act ist der „Betreiber“ eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder sonstige Stelle, die ein KI-System in eigener Verantwortung verwendet, es sei denn, das KI-System wird nur zur persönlichen und nicht zur beruflichen Tätigkeit verwendet.

Legt man diese Definition weit aus, so würde tatsächlich z.B. jegliches Unternehmen darunterfallen, das den Einsatz von KI im Unternehmen ermöglicht.

Allerdings wird anhand des Tatbestandsmerkmals „in eigener Verantwortung“ geschlussfolgert, dass damit nicht jegliche Unternehmen, deren Mitarbeiter KI nutzen, gemeint sind. Hiernach gelten nur Unternehmen als „Betreiber“, die „Kontrolle“ über das eingesetzte KI-System haben. Ein Unternehmen, das ein KI-System lediglich als „Black Box“ einsetzt, ohne die Funktionsweise und die Auswirkungen zu verstehen oder zu beeinflussen, dürfte deshalb nicht als „Betreiber“ im Sinne des AI-Acts gelten.

Auch ein Unternehmen, das seinen Mitarbeitern z.B. die Nutzung von ChatGPT oder Midjourney als Arbeitshilfe gestattet, dürfte daher noch kein „Betreiber“ sein. Setzt das Unternehmen aber z.B. eigene, bei ChatGPT erstellte sog. GPTs, die auf eine eigene Wissensdatenbank zugreifen, ein und bindet diesen eigens erstellten GPTs über eine Schnittstelle z.B. zur Beantwortung von Kundenanfragen auf die eigene Webseite ein, sieht dies wahrscheinlich anders aus.

Die Beantwortung dieser Frage ist also nicht einfach. Da der AI-Act so konzipiert ist, dass jedes Unternehmen anhand der gesetzlichen Regelungen sich selbst einstufen und einschätzen muss, bedeutet dies natürlich, dass jedes Unternehmen anhand dieser leider sehr unscharfen Kriterien prüfen sollte, ob er unter den Begriff des „Betreibers“ fallen kann oder nicht.

Fällt ein Unternehmen unter den Begriff des „Betreibers“, so muss es konkrete Maßnahmen zur Förderung der KI-Kompetenz seiner Mitarbeiter in die Wege leiten. Zu diesen Maßnahmen können die Durchführung von Schulungen oder Workshops gehören, aber auch die Entwicklung interner Richtlinien, in denen klare Vorgaben für den Einsatz von KI-Systemen im Unternehmen festgehalten werden. Sollte ein Unternehmen unsicher sein, wie es sich selbst einzuschätzen hat und daher sicherheitshalber z.B. Fortbildungsmaßnahmen seiner Mitarbeiter ins Auge fassen, ist gleichwohl kein Grund zur Hektik, obwohl die Pflicht bereits Anfang Februar greift:

Aktuell steht noch gar nicht fest, welche Behörde in Deutschland die Umsetzung und Einhaltung der Pflichten aus dem AI-Act überwachen wird. Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass dies noch vor der anstehenden Bundestagswahl geschehen wird.

Auch wenn Verstöße gegen die Pflichten aus dem AI-Act theoretisch mit Bußgeldern sanktioniert werden können, so gibt es also aktuell noch gar keine Behörde in Deutschland, die diese Bußgelder verhängen könnte.

Verknüpfung von Gewinnspielen mit der Abgabe einer Kundenbewertung

Das OLG Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 20.06.2024, Az.: 6 U 128/23, entschieden, dass ein Onlinehändler wettbewerbswidrig handelt, wenn er die Teilnahme an einem Gewinnspiel mit der Abgabe einer (positiven) Kundenbewertung verknüpft.

Das OLG war der Meinung, dass eine solche Verknüpfung mit einer „gekauften Kundenbewertung“ gleichzusetzen und damit unlauter sei.

Die Unlauterkeit könne nur dann ausgeschlossen werden, wenn der Händler im Zusammenhang mit den Kundenbewertungen, die aufgrund der Teilnahme am Gewinnspiel erfolgt seien, einen aufklärenden Zusatz anbringe. Im vorliegenden Fall war zwar ein Hinweis des Onlinehändlers enthalten, jedoch nur unauffällig und mit einem nicht ausreichenden Text, was das Gericht für nicht ausreichend hielt.

RTL muss Werbeeinnahmen offenlegen

Wie am Freitag auf der Webseite des Medienmagazins „DWDL“ berichtet, hat die Journalistin und Filmemacherin Jana Bernhardt in ihrem Rechtsstreit gegen RTL nun auch in II. Instanz vor dem OLG Köln obsiegt (Urteil vom 15.11.2024, Az.: 6 U 60/24).

Die Journalistin streitet nun schon seit längerem mit RTL über die Frage, ob die von RTL an sie für ihre Beiträge bezahlte Vergütung angemessen war oder nicht.

Die Klägerin argumentierte in dem Verfahren, dass die von RTL bezahlten Pauschalbeträge deutlich unter branchenüblichen Vergütungen gelegen und noch nicht einmal ausgereicht hätten, um alle Mitwirkenden der Produktion angemessen zu entlohnen.

Wie in solchen Verfahren gängig, klagte die Journalistin auch auf Erteilung von Auskunft. Das Besondere in diesem Verfahren:

Der Auskunftsanspruch wurde auch erstreckt auf die Offenlegung der Werbeeinnahmen von RTL, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Ausstrahlung der bezeichneten Sendungen geschalteten Werbung erzielt wurden einschließlich der Werbeblöcke unmittelbar davor und danach.

Wie bereits das Landgericht gab das OLG Köln nun auch der Klägerin Recht, so dass RTL zur Offenlegung der Werbeeinnahmen verpflichtet wurde.

Soweit ersichtlich, hat ein deutsches Gericht nun erstmals einen TV-Sender zu einer solchen Auskunft im Rahmen der Prüfung einer angemessenen Vergütung bzw. der sog. Bestseller-Vergütung zur Offenlegung der Werbeeinnahmen verurteilt.

Das Berliner Kammergericht war in einer im Jahre 2010 getroffenen Entscheidung (Urteil vom 13.01.2010, Az.: 24 U 88/09, ZUM 2010, 346 ff.) noch anderer Meinung und hat im Rahmen einer Klage des Headautors und Autors einiger Folgen der Serie „Der Bulle von Tölz“ noch entschieden, dass der seinerzeit verklagte Sender Sat1 dies nicht offenlegen, sondern sich entsprechende Nachvergütungsansprüche an z.B. Wiederholungshonoraren zu orientieren haben.

Der BGH hatte im Jahre 2010 den Nachrichtensender N24 im Rahmen einer Auskunfts- und Schadenersatzklage ebenfalls verurteilt, die Werbeeinnahmen des Senders offenzulegen, die während, vor und nach einer Ausstrahlung eines Nachrichtenbeitrags, in dem unrechtmäßig Ausschnitte aus einem Videofilm des Klägers eingeschnitten waren, eingenommen wurden (BGH, Urteil vom 25.03.2010, Az.: I ZR 122/08, BeckRS 2010, 24343 – „Werbung des Nachrichtensenders“).

Lt. DWDL hat das OLG Köln (überraschenderweise) die Revision zum BGH nicht zugelassen. RTL hat aber lt. DWDL angekündigt, eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH einzulegen, um doch die Zulassung einer Revision zu erreichen.

Selbst wenn das Urteil des OLG Köln rechtskräftig wird: es wird noch ein langer weg für die Klägerin: mit dem Urteil ist noch nicht final entschieden, ob die Klägerin überhaupt bzw. falls ja, in welcher Höhe an den Werbeeinnahmen beteiligt werden muss. es ist zu erwarten, dass sich RTL dagegen ebenfalls, vermutlich bis in die letztmögliche Instanz, dagegen wehren wird.

Grönemeyer vs. CDU: Nutzung von Musik zu Wahlkampfzwecken

Kürzlich wurde in den Medien darüber berichtet, dass der bekannte Musiker Herbert Grönemeyer der CDU über seinen Anwalt untersagt hat, dessen Song „Zeit, dass sich was dreht“ für den Wahlkampf von Friedrich Merz zu nutzen.

Aus CDU-Kreisen war sodann zu lesen, dass die CDU für die Musik-Nutzung im Rahmen der Veranstaltung die entsprechenden Gebühren an die GEMA abgeführt habe.

In einem solchen Fall geht es aber nicht um die wirtschaftlichen Verwertungsrechte, die von der GEMA wahrgenommen werden, so z.B. das Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe über Lautsprecher.

Sondern es geht vielmehr um das Urheberpersönlichkeitsrecht bzw. das auch ausübenden Künstlern zustehende Künstlerpersönlichkeitsrecht.

Der BGH hat bereits mit Beschluss vom 11.05.2017, Az.: I ZR 147/16, GRUR-RR 2018, 61, festgestellt, dass jedenfalls in das Urheberpersönlichkeitsrecht eingegriffen werde, wenn Musik auf einer Wahlkampfveranstaltung einer verfassungswidrigen politischen Partei abgespielt werde.

Auch die bekannte Schlagersängerin Helene Fischer ist bereits erfolgreich gegen die NPD vorgegangen und hat dieser Partei untersagt, dass ihr Hit „Atemlos durch die Nacht“ auf politischen Veranstaltungen der Partei gespielt wird.

In den beiden entschiedenen Fällen ging es stets um besonders krasse Fälle, nämlich um die Nutzung eines Musikstücks auf Veranstaltungen einer rechtsextremen Partei.

Es stellt sich also die Frage, ob auch das Urheberpersönlichkeitsrecht einschlägig ist, wenn ein Musikstück von einer verfassungskonformen Partei, wie hier der CDU, benutzt wird und diese die GEMA-Gebühren für die öffentliche Wiedergabe bezahlt.

Der überwiegende Teil der Urheberrechtler geht allerdings davon aus, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht so weit reicht, dass es ein Urheber nicht hinnehmen muss, wenn seine Musik für eine Wahlkampfveranstaltung eingesetzt wird von einer Partei verwendet wird, welcher er nicht nahesteht, wie es wohl im vorliegenden Fall von Grönemeyer und der CDU ist.

Urheberrechtliche Unzulässigkeit von Luftbildaufnahmen mittels einer Drohne

Urteil vom 23. Oktober 2024 – I ZR 67/23

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass unter Zuhilfenahme einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken nicht der Panoramafreiheit unterfallen.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte und Ansprüche von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im visuellen Bereich wahrnimmt. Die Beklagte betreibt einen Buchverlag, in dem sie Führer zu Halden des Ruhrgebiets veröffentlicht. Darin enthalten sind mittels einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen verschiedener Kunstinstallationen auf Bergehalden. Die Schöpfer dieser Installationen haben Wahrnehmungsverträge mit der Klägerin abgeschlossen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Publikationen der Beklagten verletzten die an den Installationen bestehenden Urheberrechte, weil die Luftbildaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt seien. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den zu zahlenden Schadensersatz herabgesetzt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat durch die Abbildung der als urheberrechtliche Werke geschützten Kunstinstallationen in das den Urhebern zustehende Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Werke eingegriffen. Die Vervielfältigung und Verbreitung von mit Hilfe einer Drohne angefertigten Luftaufnahmen sind keine nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG erlaubten Nutzungen der dargestellten Werke. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geregelte Panoramafreiheit bezweckt die Freistellung der Nutzung von Werken, wenn und soweit sie Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind. Die bei der Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG vor seinem unionsrechtlichen Hintergrund vorzunehmende Abwägung zwischen der Informations- und Kommunikationsfreiheit der Werknutzer mit dem berechtigten Interesse der Urheber, an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke tunlichst angemessen beteiligt zu werden, geht im Falle der Nutzung von mit Hilfe von Drohnen aus der Luft angefertigten Lichtbildern in Buchveröffentlichungen zugunsten des Interesses der Urheber der fotografierten Werke aus. Diese Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG schöpft in zulässiger Weise den bei Anwendung der Schrankenbestimmung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der Richtlinie 2001/29/EG bestehenden Spielraum aus.

Quelle. Pressemitteilung des BGH vom 23.10.2024

Wiedergabe einer Fototapete keine Urheberrechtsverletzung

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in drei Revisionsverfahren entschieden, dass die Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an den auf der Tapete abgedruckten Fotografien nicht verletzt.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist ein von einem Berufsfotografen gegründetes Unternehmen, das von dem Fotografen angefertigte Lichtbilder als Fototapeten vermarktet.

Die Beklagte im Verfahren I ZR 139/23 erwarb über eine Internetseite eine Fototapete, auf der eine Fotografie abgedruckt ist, an der die Klägerin Rechte beansprucht. Die Beklagte ließ die Tapete an einer Wand in ihrem Haus anbringen. Die Tapete war in mehreren Videobeiträgen auf ihrem Facebook-Auftritt im Hintergrund zu sehen.

Die Beklagte im Verfahren I ZR 140/23 betreibt eine Web- und Medienagentur. Sie stellte ein Bildschirmfoto der von ihr gestalteten Internetseite eines Tenniscenters auf ihrer eigenen Internetseite ein. Auf dem Bildschirmfoto ist der Gastraum des Tenniscenters mit einer Fototapete zu sehen, an deren Bildmotiv die Klägerin die Urheberrechte beansprucht.

Der Beklagte im Verfahren I ZR 141/23 verwendete eine Fototapete mit einem Bildmotiv, an dem die Klägerin Rechte beansprucht, als Wandtapete in einem Zimmer des von ihm betriebenen Hotels. Die Wandtapete ist auf einem Foto erkennbar, mit dem der Beklagte seine Dienstleistungen im Internet bewarb.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Abbildungen der Fototapeten auf Fotos und Videos im Internet verletze die ihr vom Fotografen eingeräumten Nutzungsrechte an den auf den Tapeten abgedruckten Fotografien. Sie hat die Beklagten in allen Verfahren auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten sowie im Verfahren I ZR 141/23 zusätzlich auf Auskunft über den Umfang der Verwendung der Fotografie in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die Klagen abgewiesen. Die Berufungen der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben. Mit den vom Landgericht zugelassenen Revisionen verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs:

Die Revisionen der Klägerin hatten keinen Erfolg.

Die auf § 97 Abs. 1 und 2 UrhG, § 97a Abs. 3 UrhG sowie § 242 BGB gestützten Ansprüche auf Schadensersatz, Erstattung der Abmahnkosten und Auskunftserteilung sind unbegründet, weil der durch die Beklagten jeweils vorgenommene Eingriff in das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung – wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat – aufgrund einer konkludenten Einwilligung des Urhebers gerechtfertigt war.

Ob ein Verhalten des Berechtigten als schlichte Einwilligung in den Eingriff in ein durch das Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht anzusehen ist, hängt von dem objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ab. Dabei ist maßgeblich, ob es um nach den Umständen übliche Nutzungshandlungen geht, mit denen der Berechtigte rechnen muss, wenn er sein Werk Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich macht.

Das Berufungsgericht ist in allen Verfahren in rechtsfehlerfreier tatgerichtlicher Würdigung und im Einklang mit der Lebenserfahrung davon ausgegangen, dass die Vervielfältigung durch Anfertigung von Fotografien und Videoaufnahmen in mit Fototapeten dekorierten Räumen sowie das Einstellen dieser Fotografien und Videos im Internet – sowohl zu privaten als auch zu gewerblichen Zwecken – üblich ist und damit im für den Urheber vorhersehbaren Rahmen der vertragsgemäßen Verwendung der Fototapeten lag. Dem Urheber steht es frei, im Rahmen des Vertriebs vertraglich Einschränkungen der Nutzung zu vereinbaren und auf solche Einschränkungen – etwa durch das Anbringen einer Urheberbezeichnung oder eines Rechtsvorbehalts – auch für Dritte erkennbar hinzuweisen. Daran fehlte es in den Streitfällen.

Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass sich auch die im Verfahren I ZR 140/23 in Anspruch genommene Web- und Medienagentur auf eine wirksame konkludente Einwilligung berufen konnte. Die Wirksamkeit einer Einwilligung setzt nicht voraus, dass sie gegenüber demjenigen erklärt wird, der in Urheberrechte eingreift. Ausreichend ist ein Verhalten des Berechtigten, dem aus der Sicht eines objektiven Dritten die Bedeutung zukommt, dass der Berechtigte den Eingriff in seinen Rechtskreis gestattet. Nicht nur die Käufer von ohne Einschränkungen veräußerten Fototapeten, die ihre Räumlichkeiten damit dekorieren, Fotografien und Videoaufnahmen dieser Räume fertigen und diese im Internet einstellen, können sich auf eine konkludente Einwilligung des Urhebers in die dabei erfolgende Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung der für die Fototapete verwendeten Fotografie berufen. Vielmehr können sich auch Dritte auf eine konkludente Einwilligung des Fotografen stützen, wenn ihre Nutzungshandlungen aus objektiver Sicht als üblich anzusehen sind.

Der Bundesgerichtshof hat außerdem die in allen Verfahren getroffene Annahme des Berufungsgerichts gebilligt, dass Ansprüche wegen Verletzung des Urheberbenennungsrechts gemäß § 13 Satz 2 UrhG nicht bestehen, weil der Urheber im Rahmen des Vertriebs der Fototapeten auf dieses Recht durch schlüssiges Verhalten verzichtet hat.

BGH, Urteile vom 11. September 2024 – I ZR 139/23; I ZR 140/23; I ZR 141/23

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 11.09.24

Anforderungen an die Werbung mit einer „Sternebewertung“ im Internet

Der BGH (Urteil vom 25.07.2024, Az.: I ZR 143/23) musste zur Frage urteilen, wie auf einer Webseite bzw. in einem Onlineshop mit den mittlerweile typischen „Sternebewertungen“ geworben werden darf.

Beim BGH ging es nur noch um die Frage, ob bei einer Werbung mit Sternebewertungen eine konkrete Aufschlüsselung nach den einzelnen Kategorien erfolgen muss, ob also konkret angegeben werden muss, wie viele „Ein-Sterne-Bewertungen“, „Zwei-Sterne-Bewertungen“ usw. abgegeben worden sind.

Der BGH hat – in diesem Fall unternehmerfreundlich – entschieden, dass den Verbrauchern aufgrund ihrer Erfahrung bekannt sei, dass einer durchschnittlichen Sternebewertung in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen zugrunde liegen, die zum Teil auch divergieren können, so dass eine Aufschlüsselung nicht nötig sei. Die Pressemitteilung des BGH findet sich hier.

Was allerdings nicht vom BGH geprüft wurde, aber bei den Vorinstanzen beim LG Hamburg und beim OLG Hamburg streitgegenständlich war, ist die Frage, ob gleichwohl der Händler gewisse Mindestanforderungen bei der Wiedergabe von Sternebewertungen zu erfüllen hat. Und hier hatte bereits die I. Instanz (LG Hamburg, Urteil vom 16.09.2022, Az.: 315 O 160/21) entschieden, dass jedenfalls bei der Wiedergabe von Sternebewertungen in einem Onlineshop zumindest die Gesamtzahl der angegebenen Kundenbewertungen und/oder der Zeitraum der berücksichtigten Kundenbewertung anzugeben ist. Und/oder deshalb, weil dies nicht ganz klar ist.

Die Entscheidungsgründe des Hamburger Urteils sprechen dabei für ein „und“, so dass beides anzugeben ist:

„Auch die Angabe des Zeitraums, in dem Bewertungen für eine Durchschnittsbewertung berücksichtigt wurden, stellt eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG n.F. dar. Ein Verbraucher wird Bewertungen, die aus aktuellerer Zeit stammen, stärker bei seiner Entscheidung berücksichtigen, während er ältere Bewertungen bei seiner Entscheidung eher vernachlässigen oder sogar komplett ignorieren wird. Es ist daher erforderlich, dass aus der Darstellung der Durchschnittsbewertung in irgendeiner Form erkennbar ist, aus welchem Zeitraum die berücksichtigten Bewertungen stammen, sei es durch Einblendung der eingeflossenen Bewertungen mit ihrem jeweiligen Datum oder durch eine Beschreibung berücksichtigten Zeitraums.“

Dies bedeutet:

Wer mit Sternebewertungen wirbt, muss zwar die einzelnen Sternebewertungskategorien nicht aufschlüsseln, jedoch die Gesamtzahl der Bewertungen und darüber hinaus wohl auch den Zeitraum angeben, seit wann Kundenbewertungen erfasst sind.

In vielen Shops findet sich zwar die Gesamtzahl der Bewertungen, häufig ist jedoch der Zeitraum nicht angegeben.

Nimmt man die Ausführungen des LG Hamburg wörtlich, so müsste auch bei jeder Wiedergabe von Sternebewertungen nicht nur die Gesamtzahl der eingegangenen Bewertungen, sondern auch der Zeitraum mit angegeben werden.

Da bei der BGH-Entscheidung dieser Punkt vom BGH nicht zu prüfen war, weil das beklagte Unternehmen die Verurteilung des LG nicht angegriffen hatte, ist die Entscheidung des LG Hamburg in diesem Punkt rechtskräftig.

„Green Claims“ – Umweltbezogene Werbung

Da die Bedeutung des Umwelt- und Klimaschutzes in den letzten Jahren immer größer wurde hat auch die Werbung mit umweltbezogenen Begriffen immer größere Bedeutung eingenommen.

Auch deshalb haben sich bereits in Deutschland die Gerichte mit solcher umweltbezogener Werbung befassen müssen, und zwar unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Insbesondere die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ hat die Gerichte in den letzten Jahren beschäftigt, also die Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen mit „Klimaneutralität“ geworben werden darf, exemplarisch siehe hierzu meine Newsmeldung vom 16.11.2022:

In Folge dieser zunehmenden Bedeutung hat sich nun die EU der Sache angenommen und will für eine EU-einheitliche Regelung der Zulässigkeit der Verwendung solcher sog. Green Claims sorgen. Derzeit sind zwei Richtlinien geplant bzw. in Umsetzung:

Zum einen die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel – sog. EMPCO-Richtlinie. Zum anderen die Green-Claims-Richtlinie.

Während die EMPCO-Richtlinie kürzlich vom EU-Parlament und vom Rat beschlossen wurde, befindet sich die Green-Claims-Richtlinie noch im Gesetzgebungsprozess. Der finale Text steht noch nicht fest.

Die EMPCO-Richtlinie muss noch in deutsches Recht transformiert werden und wird voraussichtlich Mitte 2026 in Kraft treten.

Mit der Verabschiedung der Green-Claims-Richtlinie im Laufe des Jahres wird jedenfalls gerechnet; hier ist eine Umsetzung und das Wirksamwerden der Richtlinie ebenfalls entweder für das Jahr 2026 oder dann spätestens 2027 geplant.

Die EMPCO-Richtlinie hat rein wettbewerbsrechtlichen Charakter: Sie ergänzt künftig die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Letztere wurde bereits vor längerem in das deutsche Recht überführt und zwar als Anhang zum UWG. Dieser Anhang enthält eine „Schwarze Liste“ für Werbemaßnahmen, die stets und ohne Ausnahme wettbewerbswidrig sind.

Die Vorgaben der EMPCO-Richtlinie sollen dann diese „Schwarze Liste“ entsprechend ergänzen um umweltbezogene Aussagen, was zur Folge hat, dass die Verwendung umweltbezogener Aussagen aus der „Schwarzen Liste“ ebenfalls stets und ohne Ausnahme unzulässig und damit wettbewerbswidrig sein wird.

Folgende wesentliche Ergänzungen wird die „Schwarze Liste“ erhalten:

  • Das Verbot von allgemeinen Umweltaussagen, wie z.B. „umweltfreundlich“ oder „klimafreundlich“ für die das werbende Unternehmen keine „hervorragende Umweltleistung“ nachweisen kann.
  • Verbot der Verwendung von „Nachhaltigkeitssiegeln“, welche nicht auf einem Zertifizierungssystem beruhen oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurden. Eigene, von einem Unternehmen entwickelte „Umweltlabels“, „Umweltsiegel“ oder „Nachhaltigkeitslabel“ dürfen dann nicht mehr ohne Weiteres verwendet werden.
  • Verbot von Umweltaussagen zum gesamten Produkt oder zum gesamten Unternehmen, wenn die Umweltleistung nur einen bestimmten Aspekt des Produkts oder nur eine bestimmte Tätigkeit des Unternehmens betrifft.
  • Verbot der Behauptung, dass ein Produkt aufgrund der Kompensation von Treibhausgasemissionen eine neutrale, reduzierte oder positive Auswirkung auf die Umwelt in Bezug auf Treibhausgasemissionen hat. Hierunter fallen künftig dann Aussagen wie „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“ etc.
  • Bei Umweltaussagen in Bezug auf künftige Umweltleistungen (Beispiel: „Unser Unternehmen wird bis 2030 klimaneutral sein“) gelten dann als irreführend, wenn das Unternehmen, welches damit wirbt, keine klaren, objektiven, öffentlich zugängliche und überprüfbare Verpflichtungen getroffen hat, die in einem detaillierten und realistischen Umsetzungsplan dargelegt sind, der messbare und zeitlich festgelegte Zielvorgaben aufweist. Dieser Umsetzungsplan muss zudem regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen überprüft werden und die Ergebnisse müssen öffentlich zugänglich sein.

Diese „per se“-Verbote gelten voraussichtlich ab Mitte 2026.

Die Green-Claims-Richtlinie soll dann ergänzend grundsätzliche Regelungen für sämtliche umweltbezogene Werbung enthalten.

Danach soll künftig nur dann eine umweltbezogene Werbeaussage zulässig sein, wenn diese einer externen Bewertung unterzogen worden ist. Diese Bewertung muss auf anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen beruhen und belegen, dass die beworbenen Umweltauswirkungen erheblich sind. Diese Begleitinformationen zu solchen umweltbezogenen sog. Green Claims müssen dann zusammen mit dem Green Claim veröffentlicht werden (z.B. über einen Link oder mittels eines QR-Codes).

Schließlich sollen EU-weit einheitliche Standards für Umweltsiegel und -labels eingeführt werden: Diese Siegel und Labels müssen vor der Nutzung von einer unabhängigen Prüfstelle geprüft und zertifiziert werden.

Neben den wettbewerbsrechtlichen Bezügen der Green-Claims-Richtlinie werden dort voraussichtlich auch – vergleichbar mit der DSGV oder dem DSA – auch Sanktionen wie z.B. Bußgelder für werbende Unternehmen enthalten sein.

Da der aktuelle Richtlinientext noch nicht feststeht, ist unklar, ob die Green-Claims-Richtlinie für alle werbenden Unternehmen gilt oder ob es Ausnahmen für kleinere oder mittlere Unternehmen geben wird.

Auch wenn es noch etwas dauern wird mit der Geltung der neuen EU-weiten Regelungen:

Es bietet sich natürlich bereits jetzt an, bei umweltbezogener Werbung und bei Verwendung solcher Green Claims diese neuen Regelungen bereits im Auge zu haben bzw. geplante oder künftige Green Claims auf diese Voraussetzungen hin zu überprüfen und abzustimmen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Gerichte auch bei der aktuellen Prüfung solcher Green Claims bereits jetzt auf die geplanten strengeren Vorgaben Bezug nehmen werden.

OLG Hamm zum Urheberrecht: Drohnenaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt

In einer urheberrechtlichen Streitigkeit zwischen der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und einem Verlag aus dem Ruhrgebiet hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm entschieden, dass mittels einer Drohne gefertigte Bildaufnahmen nicht von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit gedeckt sind.

Die klagende Verwertungsgesellschaft nimmt den beklagten Verlag auf Unterlassung, Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch. In zwei von der Beklagten veröffentlichten Büchern werden Kunstwerke auf Bergehalden im Ruhrgebiet vorgestellt. Dabei hat die Beklagte auch Fotografien der im Streit stehenden Kunstwerke „Sonnenuhr mit Geokreuz“, „Spurwerkturm“, „Nachtzeichen“, „Himmelstreppe“, „Tetraeder“ und „Landmarke Geleucht“ verwendet, die mit einer Drohne aufgenommen wurden. Eine Lizenz von der Klägerin hat die Beklagte vor der Veröffentlichung dieser Bilder nicht erworben. Vielmehr vertritt die Beklagte die Auffassung, die Verwendung der Fotografien sei von der Panoramafreiheit des Urheberrechtsgesetzes gedeckt.

Das Landgericht Bochum hat der Klage insgesamt stattgegeben. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte ihr Ziel auf Klageabweisung vor dem Oberlandesgericht Hamm weiterverfolgt. Abgesehen von einer geringfügigen Reduzierung des Schadensersatzes hat der für das Urheberrecht zuständige 4. Zivilsenat das Urteil des Landgerichts bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelte Panoramafreiheit gestatte zwar auch die gewerbliche Nutzung von hierunter fallenden Fotografien. Im Rahmen der Panoramafreiheit sei es nämlich zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, unter anderem mit Mitteln der Fotografie zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Auch befänden sich die hier in Rede stehenden Kunstwerke an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, da die Bergehalden, auf denen die Kunstwerke errichtet wurden, entweder selbst öffentlich zugänglich seien oder jedenfalls von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden könnten. Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestatte, schließe jedoch nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehöre nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive sei nicht mehr von der Panoramafreiheit gedeckt. Dies habe der Bundesgerichtshof bereits für den Einsatz einer Leiter entschieden. Für den Einsatz einer Drohne könne nichts anderes gelten.

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm muss die Beklagte die Wiedergabe der angegriffenen Drohnenbilder und deren Verbreitung unterlassen und der Klägerin Schadensersatz in Form einer Lizenzgebühr über 1.824 Euro sowie gut 2.000 Euro Abmahnkosten, jeweils zuzüglich Zinsen, zahlen. Da noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bewertung von Drohnenaufnahmen im Rahmen der Panoramafreiheit vorliegt, hat der Senat die Revision der Beklagten zugelassen. Die Beklagte hat Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm nicht rechtskräftig ist.

Urteil vom 27. April 2023 – 4 U 247/21

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 24.05.2023

Anmerkung:

Das Landgericht Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 25.11.2020, Az.: 2-06 O 136/20, hatte anders entschieden, und geurteilt, dass die in § 59 UrhG normierte sog. Panoramafreiheit auch für Drohnenaufnahmen gelten soll. Ausführlich dazu meine News vom 15.12.2020