Urheberrechtlicher Schutz für Kassettenschlüsselanhänger verneint: Klage vor dem LG Stuttgart erfolglos

In einem aktuellen Urteil hat das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 29.04.2025, Az. 17 O 412/24, nicht rechtskräftig) eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung und unlauteren Wettbewerbs im Zusammenhang mit einem Kassettenschlüsselanhänger vollumfänglich abgewiesen. Die von uns vertretene Beklagte konnte sich gegen die Ansprüche eines belgischen Herstellers erfolgreich verteidigen.

Worum ging es?

Die Klägerin, ein Unternehmen aus Belgien, produziert und vertreibt dekorative Gebrauchsgegenstände, darunter auch einen Schlüsselanhänger in Form einer handelsüblichen Musikkassette.

Sie machte geltend, dass es sich dabei um ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst handelt. Daneben stützte sie ihre Klage hilfsweise auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften.

Im Mittelpunkt stand der Vorwurf, unsere Mandantin habe einen nahezu identischen Schlüsselanhänger auf Messen in Hamburg und Frankfurt ausgestellt und zum Verkauf angeboten. Gefordert wurde ein umfassendes Unterlassungsgebot, Auskunft, Herausgabe zur Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Stuttgart hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

  1. Kein Urheberrechtsschutz: Der von der Klägerin entworfene Kassettenschlüsselanhänger sei kein Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Die Gestaltung basiere im Wesentlichen auf der Form klassischer Audiokassetten und erreiche nicht die erforderliche Schöpfungshöhe. Es handle sich um eine rein handwerkliche „Miniaturisierung“ eines bekannten Produkts.
  2. Kein wettbewerbsrechtlicher Schutz: Auch unter dem Gesichtspunkt des wettbewerblichen Leistungsschutzes (§ 4 Nr. 3 UWG) konnte die Klägerin keinen Erfolg erzielen. Das Gericht verneinte eine wettbewerbliche Eigenart des Produkts, da es sich bei dekorativen Schlüsselanhängern um sogenannte „Allerweltsprodukte“ handle, bei denen die angesprochenen Verkehrskreise keinen besonderen Herkunftshinweis aus der Gestaltung ableiten.

Fazit

Das Urteil unterstreicht die Anforderungen an den Urheberrechtsschutz von Gebrauchsdesigns und die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung zu bereits bekannten Formgestaltungen. Auch die Anforderungen an den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wurden deutlich herausgearbeitet.

Unsere Kanzlei konnte in diesem Verfahren die Klage erfolgreich abwehren und damit eine aus unserer Sicht wichtige Entscheidung zur Abgrenzung von schutzfähigen Gestaltungen bei Gebrauchsgegenständen mit dekorativem Charakter herbeiführen.

Werbung mit „Kauf auf Rechnung“

Werbung mit „Kauf auf Rechnung“ ist ein „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 15. Mai 2025 in der Rechtssache C-100/24 klargestellt, dass ein Hinweis auf eine bestimmte Zahlungsmodalität – hier der „Kauf auf Rechnung“ – auf einer Website ein „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne von Art. 6 lit. c der Richtlinie 2000/31/EG darstellen kann. Das Urteil erging auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs im Streit zwischen der Verbraucherzentrale Hamburg und der bonprix Handelsgesellschaft mbH.

Worum ging es?

bonprix warb auf seiner Website mit der Aussage „Bequemer Kauf auf Rechnung“. Die Verbraucherzentrale Hamburg hielt dies für irreführend, da nicht sofort ersichtlich sei, dass diese Zahlungsmöglichkeit nur nach erfolgreicher Bonitätsprüfung zur Verfügung steht. Die Klage auf Unterlassung blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bundesgerichtshof legte dem EuGH die Frage vor, ob ein solcher Hinweis bereits als „Angebot zur Verkaufsförderung“ anzusehen ist und damit den besonderen Transparenzanforderungen der Richtlinie unterliegt.

Die Entscheidung des EuGH

Der Gerichtshof bejahte die Vorlagefrage. Entscheidend sei, ob die Zahlungsmodalität dem Verbraucher einen objektiven und sicheren Vorteil verschafft, der sein Verhalten beeinflussen kann. Der EuGH stellte klar, dass:

  • „Angebote zur Verkaufsförderung“ nicht nur klassische Preisnachlässe oder Geschenke umfassen, sondern auch andere objektiv vorteilhafte Bedingungen wie den Aufschub der Kaufpreiszahlung;
  • dieser Vorteil nicht notwendigerweise einen erheblichen Geldwert haben muss;
  • der Hinweis auf eine Zahlungsart wie den Kauf auf Rechnung einen objektiven, sicheren Vorteil darstellen kann, etwa durch gesteigerte Liquidität oder verminderte Risiken für den Verbraucher.

Daher müsse bereits im Rahmen der Werbung klar und eindeutig auf etwaige Voraussetzungen – hier insbesondere die erforderliche Bonitätsprüfung – hingewiesen werden.

Praxishinweis für Onlinehändler

Das Urteil hat erhebliche praktische Relevanz für die Gestaltung von Online-Werbung. Wer mit bestimmten Zahlungsmodalitäten wirbt, muss sicherstellen, dass die Bedingungen für deren Inanspruchnahme klar, leicht zugänglich und eindeutig dargestellt sind. Verstöße könnten abmahnfähig sein.

Händler sollten ihre Werbeangaben insbesondere zu Zahlungsoptionen auf Transparenz und Verständlichkeit prüfen, um rechtlichen Risiken vorzubeugen.

Fazit

Der EuGH bestätigt mit diesem Urteil seine verbraucherschutzfreundliche Linie. Bereits ein scheinbar neutraler Hinweis wie „Kauf auf Rechnung“ kann ein verkaufsförderndes Angebot darstellen und unterliegt dann strengen Informationspflichten.

OLG Köln: Unterlassungsvertrag mit dem IDO-Verband wirksam gekündigt – Stärkung für Unternehmer gegen missbräuchliche Abmahnungen

Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass ein Unternehmen einen mit dem IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (IDO-Verband) geschlossenen Unterlassungsvertrag wirksam außerordentlich kündigen kann, wenn der Verband nicht mehr die gesetzlichen Voraussetzungen für Abmahnungen erfüllt. Der IDO-Verband ist seit Jahren für seine massenhaften Abmahnungen bekannt und steht in der Kritik, rechtsmissbräuchlich zu handeln.

Worum ging es?

Die Klägerin hatte mit dem IDO-Verband in den Jahren 2015 und 2018 Unterlassungsverträge geschlossen, um wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Im April 2022 kündigte sie diese Verträge außerordentlich, da der IDO-Verband nicht in die Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen war – eine Voraussetzung, um weiterhin Abmahnungen aussprechen zu dürfen. Zudem bestehen Zweifel an der Seriosität früherer Abmahnungen des Verbandes.

Der IDO-Verband argumentierte, seine Klagebefugnis könne wiederaufleben, sobald er eingetragen werde, und berief sich auf die Übergangsvorschrift des § 15a UWG.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und erklärte die Kündigung für wirksam. Es erkannte das Fehlen der Eintragung als qualifizierten Verband als ausreichenden wichtigen Grund im Sinne des § 314 BGB an. Das Gericht stellte klar, dass auch Altunterlassungsverträge gekündigt werden können, wenn der Gläubiger – hier der IDO-Verband – seine gesetzlich vorgesehene Klagebefugnis verliert. Die Klägerin müsse es nicht hinnehmen, durch einen nicht mehr qualifizierten Verband weiter kontrolliert zu werden. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Kündigung – und zu diesem war der Verband nicht mehr sachbefugt.

Hintergrund zum IDO-Verband

Der IDO-Verband ist seit Jahren für seine massenhaften Abmahnungen bekannt und steht in der Kritik, rechtsmissbräuchlich zu handeln. So hatte das OLG Hamm in einem Urteil festgestellt, dass die Abmahntätigkeit des IDO in der Vergangenheit rechtsmissbräuchlichen Charakter hatte. Der BGH hob dieses Urteil zwar auf, verwies den Fall aber zur erneuten Prüfung zurück und betonte die Notwendigkeit einer genauen Prüfung bei zahlreichen nicht weiterverfolgten Abmahnungen.

Zudem ist der IDO-Verband unter Online-Händlern für seine Umtriebigkeit berüchtigt. Eine Abmahnwelle folgt der nächsten – stets nach dem gleichen Muster. Immer wieder geht es um Wettbewerbsverstöße, die sich einfach aufspüren lassen und dann massenhaft abgemahnt werden.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist ein starkes Signal an Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich gegen Altverträge mit Abmahnverbänden wie dem IDO-Verband zur Wehr setzen wollen. Wer durch einen solchen Verband vor Inkrafttreten der UWG-Reform zur Unterlassung verpflichtet wurde, kann unter bestimmten Umständen die Vertragsbindung durch außerordentliche Kündigung lösen.

Fazit

Das Urteil des OLG Köln stärkt die Rechte von Unternehmen gegen missbräuchliche Abmahnpraktiken. Es zeigt deutlich, dass nur qualifizierte und gesetzeskonforme Verbände berechtigt sind, wettbewerbsrechtlich tätig zu werden. Abmahnvereine wie der IDO-Verband, die diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, können sich nicht auf alte Unterlassungsverträge stützen.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG Köln ist noch nicht rechtskräftig.

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Datum der Entscheidung: 04.04.2025
Aktenzeichen: 6 U 116/24
Vorinstanz: LG Köln, Urteil vom 31.10.2024 – 33 O 127/24
Veröffentlichung: MIR 2025, Dok. 031

Irreführende UVP-Werbung: OLG Stuttgart gibt Verbraucherzentrale recht

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 06.03.2025, AZ: 2 U 142/23) hat der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren gegen den bekannten Discounter Lidl recht gegeben. Gegenstand war die Online-Werbung für ein Fitnessgerät unter Bezugnahme auf eine angeblich unverbindliche Preisempfehlung (UVP). Die Entscheidung verdeutlicht, unter welchen Voraussetzungen UVP-Werbung irreführend und damit unzulässig sein kann – insbesondere bei verbundenen Unternehmen.

Was war passiert?

Lidl hatte auf seiner Website ein Ergometer-Modell „Christopeit Sport AL 2 Black Edition“ mit einer durchgestrichenen UVP von 649 € beworben und daneben den Verkaufspreis von 303,05 € hervorgehoben. Tatsächlich bot die Christopeit-Sport GmbH – ein mit dem Markeninhaber (Streithelferin) eng verbundenes Unternehmen – das gleiche Produkt regelmäßig zu deutlich niedrigeren Preisen an. Die Verbraucherzentrale sah hierin eine irreführende Werbung mit einem „Mondpreis“ und klagte auf Unterlassung und Kostenerstattung.

Wie entschied das Gericht?

Das Landgericht Heilbronn wies die Klage zunächst ab, doch das OLG Stuttgart gab der Berufung der Verbraucherzentrale statt und stellte eine wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 UWG fest.

Die Richter führten aus, dass die beworbene UVP keine marktgerechte Orientierungshilfe darstelle, da das mit dem Hersteller eng verbundene Unternehmen das Gerät regelmäßig deutlich günstiger anbot. Dies entwerte die UVP, sodass sie für Verbraucher keine sinnvolle Vergleichsbasis mehr sei. Die Bezugnahme auf eine solche „entwertete“ Preisempfehlung sei irreführend.

Kernaussagen der Entscheidung:

  • – Eine UVP darf nur verwendet werden, wenn sie auf einer ernsthaften Kalkulation beruht und eine marktgerechte Orientierungshilfe bietet.
  • – Wird ein Produkt regelmäßig zu Preisen angeboten, die weit unter der UVP liegen – insbesondere durch eng verbundene Unternehmen –, entfällt diese Orientierungshilfe.
  • – Eine Irreführung liegt auch dann vor, wenn die UVP formal existiert, aber faktisch keine Relevanz mehr für den Marktpreis hat.

Fazit für Unternehmer:

Wer mit UVPs wirbt, sollte sicherstellen, dass diese eine realistische, marktorientierte Preisempfehlung des Herstellers darstellen – insbesondere dann, wenn eigene Tochtergesellschaften oder Lizenznehmer dieselben Produkte zu deutlich niedrigeren Preisen anbieten. Andernfalls droht eine Abmahnung wegen irreführender Werbung.

OLG Brandenburg: Wann ist man Unternehmer im Sinne des BGB?

Das OLG Brandenburg, Urteil vom 04.02.2025, AZ: 6 U 48/24, hatte in seiner Entscheidung vom 04.02.2025 die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB zu prüfen. Diese ist entscheidend für die Frage, ob einem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht oder nicht. Im Zentrum des Rechtsstreits stand der Verkauf eines Sportbootes über eine Online-Plattform. Der Beklagte widerrief den Kaufvertrag und berief sich darauf, dass der Verkäufer (Kläger) als Unternehmer gehandelt habe. Das OLG Brandenburg verneinte dies und stellte dabei wesentliche Kriterien heraus, anhand derer eine Unternehmereigenschaft festgestellt wird.

Kriterien für die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB

Nach § 14 BGB ist Unternehmer, wer bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Das Gericht legte folgende Merkmale zur Bestimmung der Unternehmereigenschaft dar:

  1. Planmäßige und auf Dauer angelegte Tätigkeit:
    • Wer regelmäßig Leistungen gegen Entgelt anbietet, kann als Unternehmer gelten.
    • Einzelne oder sporadische Verkäufe genügen nicht.
  2. Art der Verkäufe und Anzahl der Transaktionen:
    • Der Kläger hatte über 600 Transaktionen auf der Plattform durchgeführt, jedoch verteilt über 15 Jahre (durchschnittlich drei Verkäufe pro Monat).
    • Keine Einordnung als gewerbsmäßige Tätigkeit, da keine besondere Systematik oder größere Mengen gleichartiger Produkte verkauft wurden.
  3. Erkennbares unternehmerisches Auftreten:
    • Kein Status als „Powerseller“ oder Ähnliches.
    • Verkauf von Einzelstücken aus verschiedenen Kategorien (Uhren, Schmuck, Werkzeuge, Autozubehör, Bücher, Boot), keine Spezialisierung auf bestimmte Waren.
  4. Vorherige gewerbliche Tätigkeiten:
    • Der Kläger hatte in der Vergangenheit ein Kfz-Gewerbe und Bootstransporte betrieben, dies jedoch vor langer Zeit aufgegeben.
    • Die frühere gewerbliche Tätigkeit hatte keinen erkennbaren Zusammenhang mit dem aktuellen Verkauf des Bootes.
  5. Gewinnerzielungsabsicht:
    • Eine solche ist für die Unternehmereigenschaft nicht zwingend erforderlich, kann aber ein Indiz sein.
    • Der Kläger hatte das Boot ursprünglich für den Eigenbedarf gekauft, was gegen eine gewerbliche Tätigkeit spricht.
  6. Besondere Vertragsklauseln:
    • Die Verwendung einer Haftungsklausel mit pauschalem Schadensersatzanspruch könnte zwar auf ein geschäftliches Handeln hindeuten, reicht jedoch allein nicht aus.

Abgrenzung zur Bagatellgrenze des Steuerrechts

Das Gericht stellte zudem klar, dass das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PlStTG) keine direkte Relevanz für die zivilrechtliche Bewertung hat. Auch wenn eine Person die Bagatellgrenze von 30 Verkäufen und 2000 € Umsatz pro Jahr überschreitet, bedeutet dies nicht automatisch, dass eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des BGB vorliegt.

Fazit: Keine Unternehmereigenschaft des Klägers

Das OLG Brandenburg kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger beim Verkauf des Bootes nicht als Unternehmer gehandelt hat. Der Beklagte konnte sich daher nicht auf ein Widerrufsrecht berufen. Die Entscheidung zeigt, dass die Beurteilung der Unternehmereigenschaft eine Einzelfallprüfung erfordert und verschiedene Kriterien berücksichtigt werden müssen.

Automatisierte Antworten auf Impressums-E-Mails sind irreführend

Das Landgericht München I hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine automatisierte Antwort-E-Mail, die auf alternative Kontaktwege verweist, eine Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a UWG darstellt (Urteil vom 25.02.2025, Az. 33 O 3721/24, nicht rechtskräftig). Die Wettbewerbszentrale hatte gegen einen bekannten Anbieter von Internetdiensten für Performance und Cybersicherheit geklagt, da dieser zwar eine E-Mail-Adresse im Impressum angab, jedoch auf Anfragen an diese Adresse lediglich eine automatisierte Antwort versendete.

Fehlende echte Erreichbarkeit per E-Mail

Laut den Feststellungen des Gerichts ist eine im Impressum angegebene E-Mail-Adresse nur dann gesetzeskonform, wenn sie eine unmittelbare Kommunikation ermöglicht. Diese Anforderung ergibt sich aus § 5 Digitale-Dienste-Gesetz (DDG), welcher die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG umsetzt. Eine echte Erreichbarkeit sei nicht gegeben, wenn Anfragen nur mit einer automatisierten Antwort quittiert werden, die auf alternative Kommunikationswege wie ein Kontaktformular verweist.

Das Gericht betonte, dass der Gesetzgeber bewusst die E-Mail als Kommunikationsmittel vorgeschrieben habe, da sie eine unmittelbare Kontaktaufnahme ohne Einschränkungen durch Zeichenbegrenzungen oder vordefinierte Kategorien ermögliche. Ein Verweis auf andere Kontaktmöglichkeiten genüge daher nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Auswirkungen auf Unternehmen

Das Urteil hat weitreichende Folgen für Unternehmen, die im Impressum eine E-Mail-Adresse angeben, aber in der Praxis nur automatisierte Antworten verschicken. Wer eine E-Mail-Adresse nennt, muss sicherstellen, dass diese auch tatsächlich zur Kommunikation genutzt werden kann. Andernfalls drohen Abmahnungen und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen.

Unternehmen sollten daher prüfen, ob ihre E-Mail-Adresse im Impressum tatsächlich für den unmittelbaren Kontakt nutzbar ist. Eine rein automatisierte Antwort, die lediglich alternative Kontaktwege aufzeigt, ist nicht ausreichend und kann als wettbewerbswidrig gewertet werden.

Verknüpfung von Gewinnspielen mit der Abgabe einer Kundenbewertung

Das OLG Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 20.06.2024, Az.: 6 U 128/23, entschieden, dass ein Onlinehändler wettbewerbswidrig handelt, wenn er die Teilnahme an einem Gewinnspiel mit der Abgabe einer (positiven) Kundenbewertung verknüpft.

Das OLG war der Meinung, dass eine solche Verknüpfung mit einer „gekauften Kundenbewertung“ gleichzusetzen und damit unlauter sei.

Die Unlauterkeit könne nur dann ausgeschlossen werden, wenn der Händler im Zusammenhang mit den Kundenbewertungen, die aufgrund der Teilnahme am Gewinnspiel erfolgt seien, einen aufklärenden Zusatz anbringe. Im vorliegenden Fall war zwar ein Hinweis des Onlinehändlers enthalten, jedoch nur unauffällig und mit einem nicht ausreichenden Text, was das Gericht für nicht ausreichend hielt.

Anforderungen an die Werbung mit einer „Sternebewertung“ im Internet

Der BGH (Urteil vom 25.07.2024, Az.: I ZR 143/23) musste zur Frage urteilen, wie auf einer Webseite bzw. in einem Onlineshop mit den mittlerweile typischen „Sternebewertungen“ geworben werden darf.

Beim BGH ging es nur noch um die Frage, ob bei einer Werbung mit Sternebewertungen eine konkrete Aufschlüsselung nach den einzelnen Kategorien erfolgen muss, ob also konkret angegeben werden muss, wie viele „Ein-Sterne-Bewertungen“, „Zwei-Sterne-Bewertungen“ usw. abgegeben worden sind.

Der BGH hat – in diesem Fall unternehmerfreundlich – entschieden, dass den Verbrauchern aufgrund ihrer Erfahrung bekannt sei, dass einer durchschnittlichen Sternebewertung in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen zugrunde liegen, die zum Teil auch divergieren können, so dass eine Aufschlüsselung nicht nötig sei. Die Pressemitteilung des BGH findet sich hier.

Was allerdings nicht vom BGH geprüft wurde, aber bei den Vorinstanzen beim LG Hamburg und beim OLG Hamburg streitgegenständlich war, ist die Frage, ob gleichwohl der Händler gewisse Mindestanforderungen bei der Wiedergabe von Sternebewertungen zu erfüllen hat. Und hier hatte bereits die I. Instanz (LG Hamburg, Urteil vom 16.09.2022, Az.: 315 O 160/21) entschieden, dass jedenfalls bei der Wiedergabe von Sternebewertungen in einem Onlineshop zumindest die Gesamtzahl der angegebenen Kundenbewertungen und/oder der Zeitraum der berücksichtigten Kundenbewertung anzugeben ist. Und/oder deshalb, weil dies nicht ganz klar ist.

Die Entscheidungsgründe des Hamburger Urteils sprechen dabei für ein „und“, so dass beides anzugeben ist:

„Auch die Angabe des Zeitraums, in dem Bewertungen für eine Durchschnittsbewertung berücksichtigt wurden, stellt eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG n.F. dar. Ein Verbraucher wird Bewertungen, die aus aktuellerer Zeit stammen, stärker bei seiner Entscheidung berücksichtigen, während er ältere Bewertungen bei seiner Entscheidung eher vernachlässigen oder sogar komplett ignorieren wird. Es ist daher erforderlich, dass aus der Darstellung der Durchschnittsbewertung in irgendeiner Form erkennbar ist, aus welchem Zeitraum die berücksichtigten Bewertungen stammen, sei es durch Einblendung der eingeflossenen Bewertungen mit ihrem jeweiligen Datum oder durch eine Beschreibung berücksichtigten Zeitraums.“

Dies bedeutet:

Wer mit Sternebewertungen wirbt, muss zwar die einzelnen Sternebewertungskategorien nicht aufschlüsseln, jedoch die Gesamtzahl der Bewertungen und darüber hinaus wohl auch den Zeitraum angeben, seit wann Kundenbewertungen erfasst sind.

In vielen Shops findet sich zwar die Gesamtzahl der Bewertungen, häufig ist jedoch der Zeitraum nicht angegeben.

Nimmt man die Ausführungen des LG Hamburg wörtlich, so müsste auch bei jeder Wiedergabe von Sternebewertungen nicht nur die Gesamtzahl der eingegangenen Bewertungen, sondern auch der Zeitraum mit angegeben werden.

Da bei der BGH-Entscheidung dieser Punkt vom BGH nicht zu prüfen war, weil das beklagte Unternehmen die Verurteilung des LG nicht angegriffen hatte, ist die Entscheidung des LG Hamburg in diesem Punkt rechtskräftig.

„Green Claims“ – Umweltbezogene Werbung

Da die Bedeutung des Umwelt- und Klimaschutzes in den letzten Jahren immer größer wurde hat auch die Werbung mit umweltbezogenen Begriffen immer größere Bedeutung eingenommen.

Auch deshalb haben sich bereits in Deutschland die Gerichte mit solcher umweltbezogener Werbung befassen müssen, und zwar unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Insbesondere die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ hat die Gerichte in den letzten Jahren beschäftigt, also die Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen mit „Klimaneutralität“ geworben werden darf, exemplarisch siehe hierzu meine Newsmeldung vom 16.11.2022:

In Folge dieser zunehmenden Bedeutung hat sich nun die EU der Sache angenommen und will für eine EU-einheitliche Regelung der Zulässigkeit der Verwendung solcher sog. Green Claims sorgen. Derzeit sind zwei Richtlinien geplant bzw. in Umsetzung:

Zum einen die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel – sog. EMPCO-Richtlinie. Zum anderen die Green-Claims-Richtlinie.

Während die EMPCO-Richtlinie kürzlich vom EU-Parlament und vom Rat beschlossen wurde, befindet sich die Green-Claims-Richtlinie noch im Gesetzgebungsprozess. Der finale Text steht noch nicht fest.

Die EMPCO-Richtlinie muss noch in deutsches Recht transformiert werden und wird voraussichtlich Mitte 2026 in Kraft treten.

Mit der Verabschiedung der Green-Claims-Richtlinie im Laufe des Jahres wird jedenfalls gerechnet; hier ist eine Umsetzung und das Wirksamwerden der Richtlinie ebenfalls entweder für das Jahr 2026 oder dann spätestens 2027 geplant.

Die EMPCO-Richtlinie hat rein wettbewerbsrechtlichen Charakter: Sie ergänzt künftig die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Letztere wurde bereits vor längerem in das deutsche Recht überführt und zwar als Anhang zum UWG. Dieser Anhang enthält eine „Schwarze Liste“ für Werbemaßnahmen, die stets und ohne Ausnahme wettbewerbswidrig sind.

Die Vorgaben der EMPCO-Richtlinie sollen dann diese „Schwarze Liste“ entsprechend ergänzen um umweltbezogene Aussagen, was zur Folge hat, dass die Verwendung umweltbezogener Aussagen aus der „Schwarzen Liste“ ebenfalls stets und ohne Ausnahme unzulässig und damit wettbewerbswidrig sein wird.

Folgende wesentliche Ergänzungen wird die „Schwarze Liste“ erhalten:

  • Das Verbot von allgemeinen Umweltaussagen, wie z.B. „umweltfreundlich“ oder „klimafreundlich“ für die das werbende Unternehmen keine „hervorragende Umweltleistung“ nachweisen kann.
  • Verbot der Verwendung von „Nachhaltigkeitssiegeln“, welche nicht auf einem Zertifizierungssystem beruhen oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurden. Eigene, von einem Unternehmen entwickelte „Umweltlabels“, „Umweltsiegel“ oder „Nachhaltigkeitslabel“ dürfen dann nicht mehr ohne Weiteres verwendet werden.
  • Verbot von Umweltaussagen zum gesamten Produkt oder zum gesamten Unternehmen, wenn die Umweltleistung nur einen bestimmten Aspekt des Produkts oder nur eine bestimmte Tätigkeit des Unternehmens betrifft.
  • Verbot der Behauptung, dass ein Produkt aufgrund der Kompensation von Treibhausgasemissionen eine neutrale, reduzierte oder positive Auswirkung auf die Umwelt in Bezug auf Treibhausgasemissionen hat. Hierunter fallen künftig dann Aussagen wie „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“ etc.
  • Bei Umweltaussagen in Bezug auf künftige Umweltleistungen (Beispiel: „Unser Unternehmen wird bis 2030 klimaneutral sein“) gelten dann als irreführend, wenn das Unternehmen, welches damit wirbt, keine klaren, objektiven, öffentlich zugängliche und überprüfbare Verpflichtungen getroffen hat, die in einem detaillierten und realistischen Umsetzungsplan dargelegt sind, der messbare und zeitlich festgelegte Zielvorgaben aufweist. Dieser Umsetzungsplan muss zudem regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen überprüft werden und die Ergebnisse müssen öffentlich zugänglich sein.

Diese „per se“-Verbote gelten voraussichtlich ab Mitte 2026.

Die Green-Claims-Richtlinie soll dann ergänzend grundsätzliche Regelungen für sämtliche umweltbezogene Werbung enthalten.

Danach soll künftig nur dann eine umweltbezogene Werbeaussage zulässig sein, wenn diese einer externen Bewertung unterzogen worden ist. Diese Bewertung muss auf anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen beruhen und belegen, dass die beworbenen Umweltauswirkungen erheblich sind. Diese Begleitinformationen zu solchen umweltbezogenen sog. Green Claims müssen dann zusammen mit dem Green Claim veröffentlicht werden (z.B. über einen Link oder mittels eines QR-Codes).

Schließlich sollen EU-weit einheitliche Standards für Umweltsiegel und -labels eingeführt werden: Diese Siegel und Labels müssen vor der Nutzung von einer unabhängigen Prüfstelle geprüft und zertifiziert werden.

Neben den wettbewerbsrechtlichen Bezügen der Green-Claims-Richtlinie werden dort voraussichtlich auch – vergleichbar mit der DSGV oder dem DSA – auch Sanktionen wie z.B. Bußgelder für werbende Unternehmen enthalten sein.

Da der aktuelle Richtlinientext noch nicht feststeht, ist unklar, ob die Green-Claims-Richtlinie für alle werbenden Unternehmen gilt oder ob es Ausnahmen für kleinere oder mittlere Unternehmen geben wird.

Auch wenn es noch etwas dauern wird mit der Geltung der neuen EU-weiten Regelungen:

Es bietet sich natürlich bereits jetzt an, bei umweltbezogener Werbung und bei Verwendung solcher Green Claims diese neuen Regelungen bereits im Auge zu haben bzw. geplante oder künftige Green Claims auf diese Voraussetzungen hin zu überprüfen und abzustimmen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Gerichte auch bei der aktuellen Prüfung solcher Green Claims bereits jetzt auf die geplanten strengeren Vorgaben Bezug nehmen werden.

Werbe-Mails nach Vertragsstornierung

Das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 21.09.2022, Az.: 4 HK O 655/21) musste sich mit einer Fragestellung zu § 7 Abs. 3 UWG befassen.

In § 7 Abs. 3 UWG ist die Ausnahmevorschrift geregelt, wonach ein Unternehmer auch Verbrauchern Werbe-E-Mails zusenden darf, wenn der Unternehmer die E-Mail-Adresse des Verbrauchers im Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat, diese E-Mail-Adresse für die Direktwerbung für ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, der Verbraucher der Verwendung nicht widersprochen hat und der Verbraucher bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

In dem vom Landgericht Nürnberg-Fürth entschiedenen Fall ging es nun darum, dass der zugrundeliegende Vertrag zwischen einem Onlinehändler und einem Verbraucher storniert wurde – in diesem speziellen Fall vom Händler selbst. Im Anschluss daran erhielt der Verbraucher gleichwohl einen Newsletter des Onlinehändlers. Obwohl der Onlinehändler zutreffend auch über die in § 7 Abs. 3 UWG genannten Voraussetzungen belehrt hatte, war das Landgericht der Meinung, dass der Onlinehändler sich nicht auf diese Vorschrift berufen könne. Grund hierfür sei die Tatsache, dass der Vertrag nämlich nicht zustande gekommen sei, weil die Bestellung storniert worden sei. Denn § 7 Abs. 3 UWG setze voraus, dass ein wirksamer Kaufvertrag vorgelegen habe.

Auch wenn dies nicht Gegenstand des Urteils war: mit dieser Argumentation des LG lässt sich auch begründen, dass auch bei einem Widerruf eines Vertrags durch einen Verbraucher diesem künftig keine E-Mail-Werbung oder Newsletter zugeschickt werden dürfen. Dies hätte zur Konsequenz, dass in sämtlichen Fällen, in denen es, warum auch immer, nicht zu einem wirksamen Vertrag kommt, dem Verbraucher künftig keine Werbe-Mails oder Newsletter zugesendet werden dürfen.