OLG Bamberg: Unzulässige Gestaltung der Ticketversicherung auf eventim.de – Dark Pattern verletzt Verbraucherrechte

Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hat mit Urteil vom 5. Februar 2025 einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Ticketplattform CTS Eventim teilweise stattgegeben. Es ging um die visuelle und funktionale Gestaltung des Angebots einer kostenpflichtigen Ticketversicherung im Bestellprozess auf eventim.de. Nach Ansicht des Gerichts verstößt die Plattform mit ihrer sogenannten „Empfehlungsseite“ gegen Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit der europäischen Verordnung über digitale Dienste (DSA).​ Gegenstand des Verfahrens waren u.a. sog. Dark Patterns.

Was sind „Dark Patterns“?

„Dark Patterns“ sind Gestaltungsmuster in Benutzeroberflächen, die gezielt darauf ausgelegt sind, Nutzer zu bestimmten Entscheidungen zu drängen – meist zugunsten des Unternehmens. Typische Beispiele sind:

  • Nagging: wiederholte Aufforderungen zur Entscheidung, obwohl der Nutzer bereits eine Auswahl getroffen hat.
  • Framing: visuelle Hervorhebungen oder suggestive Formulierungen, die eine Option attraktiver erscheinen lassen als andere.
  • Trickfragen oder versteckte Kosten: verwirrende Formulierungen oder Zusatzangebote, die schwer zu erkennen oder zu umgehen sind.

Solche Praktiken beeinträchtigen die Fähigkeit der Nutzer, freie und informierte Entscheidungen zu treffen. Der Digital Services Act (DSA) verbietet bestimmte Dark Patterns ausdrücklich, um Verbraucher besser zu schützen.

Hintergrund des Falls: Die Gestaltung der Ticketversicherung

Eventim bietet beim Ticketkauf optional eine Ticketversicherung an. Diese wird in einer farblich hervorgehobenen Weise präsentiert. Wird sie nicht ausgewählt, erscheint beim Weiterklicken zur Kasse ein zusätzliches Fenster („Empfehlungsseite“), in dem die Nutzer erneut zur Entscheidung über die Versicherung aufgefordert werden. Dabei ist der Button zur Ablehnung mit „Ich trage das volle Risiko“ beschriftet.​

Die Klage des vzbv

Der vzbv beantragte, Eventim die konkrete Gestaltung der Versicherungsoption zu untersagen, da diese gegen Art. 25 der DSA verstoße. Im Detail kritisierte er zwei Punkte:​

  1. Die farbliche Hervorhebung der Versicherungsoption auf der Bestellseite.​
  2. Die wiederholte Aufforderung zur Auswahl der Ticketversicherung auf der „Empfehlungsseite“, insbesondere in Kombination mit der suggestiven Button-Beschriftung.​

Das Urteil im Detail

Das OLG Bamberg gab der Klage nur teilweise statt:​

  • Antrag zur Bestellseite: Abgewiesen. Zwar liege ein „Framing“ im Sinne der DSA vor – also eine unneutrale Präsentation –, jedoch sei die Schwelle einer „maßgeblichen Beeinträchtigung“ der Entscheidungsfreiheit nicht überschritten. Ein durchschnittlicher, informierter Nutzer könne erkennen, dass es sich um ein freiwilliges Zusatzangebot handelt.​
  • Antrag zur Empfehlungsseite: Stattgegeben. Das Gericht sah hier ein sogenanntes „Dark Pattern“ im Sinne von Art. 25 Abs. 3 lit. b) DSA – konkret ein „Nagging“: Die Nutzer werden erneut zur Entscheidung aufgefordert, obwohl sie bereits keine Versicherung gewählt hatten. In Kombination mit der Angabe „Ich trage das volle Risiko“ entsteht ein bedrohliches Szenario, das die Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinflusst. Dieses Vorgehen sei auch nach §§ 3 Abs. 2, 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG unzulässig.​

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt deutlich: Anbieter von Online-Diensten müssen bei der Gestaltung ihrer Nutzeroberflächen auf Neutralität achten. Wiederholte Nachfragen oder suggestive Formulierungen können unzulässig sein, wenn sie die Entscheidungsfreiheit der Nutzer spürbar beeinträchtigen. Die Entscheidung stellt ein wichtiges Signal für die Anwendung des Digital Services Act dar und konkretisiert die Anforderungen an sogenannte Dark Patterns.​

Urteil gegen ALDI SÜD: Irreführende UVP-Werbung unzulässig

Das Landgericht Düsseldorf /Urteil vom 04.04.2025 – Az. 38 O 284/24) hat entschieden, dass ALDI SÜD nicht mit prozentualen Preisnachlässen werben darf, wenn diese sich auf die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers und nicht auf den niedrigsten eigenen Verkaufspreis der letzten 30 Tage beziehen.​

Hintergrund des Falls

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte eine Werbung in einem ALDI-Prospekt aus dem November 2024 beanstandet. Dort wurde ein Energy-Drink mit einem Preis von 0,99 € angeboten, der als „-23%“ günstiger im Vergleich zur „UVP 1,29 €“ des Herstellers beworben wurde. Die Verbraucherschützer hielten dies für unzulässig, da nach § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) bei einer Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern der niedrigste Preis der letzten 30 Tage angegeben werden muss – nicht jedoch die UVP.​

Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht gab der Klage in vollem Umfang statt:​

Die Werbung verstößt gegen § 11 Abs. 1 PAngV. Die Angabe einer UVP erwecke bei einem verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck, es handle sich um eine Preisermäßigung – auch wenn tatsächlich nur ein Vergleich mit der UVP beabsichtigt war. Daher hätte ALDI SÜD den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage angeben müssen.​

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; ALDI SÜD kann Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen. ​

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung zeigt, wie streng Gerichte inzwischen mit Preiswerbung umgehen, die auf UVPs Bezug nimmt. Bereits der äußere Eindruck kann genügen, damit eine Werbung als „Preisermäßigung“ gewertet wird – mit der Folge, dass § 11 PAngV anwendbar ist. Händler sollten ihre Werbemittel daher genau prüfen und im Zweifel zusätzlich zum UVP-Vergleich auch den tatsächlichen Niedrigstpreis der letzten 30 Tage angeben.​

„Klimaneutral bis 2050“ – Landgericht beanstandet frühere Werbeaussage des Sportartikelherstellers Adidas

Die pauschale Werbung mit Klimaschutz ist irreführend und unzulässig. Der beklagte Sportartikelhersteller hatte in seiner Werbung nicht ausreichend dar-gestellt, wie die Klimaneutralität konkret erreicht werden soll. Weil damit der unzutreffende Eindruck erweckt wurde, dass dies allein durch Emissionsreduzierungen erfolgt, wurde das Unternehmen zur Unterlassung der entsprechenden Aussage verurteilt.

Der Beklagte ist ein regionaler Sportartikelhersteller und erklärte im Juli 2024 auf seiner Unternehmens-Webseite unter dem Reiter „Nachhaltigkeit“ und der Überschrift „Unsere Ziele für 2025 und darüber hinaus“ unter anderem: „Bis zum Jahr 2050 werden wir klimaneutral sein“. Auf der Homepage erläuterte das beklagte Unternehmen seine Nachhaltigkeitsziele. In Ausklappmenüs wurden einzelne Maßnahmen und Teilziele zur Emissionsreduzierung für den Zeitraum bis 2025 und teilweise 2030 genannt. Unter anderem wurde als Ziel für die Zeit nach 2025 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 30 % bis zum Jahr 2030 (im Vergleich zu 2017) ausgelobt. Das Unternehmen machte in den Ausklappmenüs keine ausdrücklichen Angaben dazu, ob die anstrebte Klimaneutralität allein durch eine Reduktion der CO2-Emissionen oder auch über CO2-Kompensationszertifikate erreicht werden soll. Tatsächlich will der Sportartikelhersteller zur Erreichung von Klimaneutralität im Jahr 2050 zu einem gewissen Grad Kompensationsmaßnahmen in Form des Erwerbs von Grünstromzertifikaten einsetzen. Diese Information konnte einem verlinkten Geschäftsbericht entnommen werden.

Ein Verbraucherverband hielt die Werbeaussage zur Klimaneutralität auf der Unternehmens-Webseite wettbewerbsrechtlich für unzulässig und mahnte den Hersteller im August 2024 ab. Das Unternehmen änderte daraufhin die strittige Aussage ab, gab aber keine Erklärung ab, dies zukünftig nicht wieder aufzugreifen. Der Verbraucherverband reichte daraufhin eine Unterlassungsklage beim Landgericht ein. 

Das Landgericht Nürnberg-Fürth beurteilte die damalige Werbeaussage zur Klimaneutralität als irreführend und verurteilte den beklagten Hersteller am 25. März 2025 zur Unterlassung der Aussage und Erstattung vorgerichtlicher Abmahngebühren. Die angegriffene Werbeaussage sei unlauter, da der unzutreffende Eindruck erweckt werde, dass der Beklagte im Jahr 2050 allein durch eigene Emissionseinsparungen klimaneutral sein werde. Dies entspreche nicht den Tatsachen, weil der Beklagte zu einem gewissen Grad Kompensationsmaßnahmen durch den Erwerb von Grünstromzertifikaten ergreifen will und selbst nicht ohne CO2-Emissionen auskomme.  Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gelten für die Werbung mit Umweltschutzbegriffen strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die Umweltfreundlichkeit habe eine große Bedeutung bei der Kaufentscheidung des Verbrauchers. Nachdem der Begriff „klimaneutral“ mehrdeutig sei, hätte der Beklagte zur Vermeidung einer Irreführung in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutern müssen, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Dies sei nicht ausreichend erfolgt. Außerhalb der Werbung stehende, vom Verbraucher erst durch eigene Tätigkeit zu ermittelnde aufklärende Hinweise erfüllen nicht die strengen Anforderungen an die Aufklärungspflicht. Die Informationen im Geschäftsbericht „Nachhaltigkeit 2023“ seien deshalb nicht zu berücksichtigen.

Das Gericht kam weiter zu dem Ergebnis, dass die auf der Unternehmens-Webseite befindliche strittige Aussage zur Klimaneutralität sich nicht ausschließlich an Investoren, sondern an die Allgemeinheit und damit auch an Verbraucher richtet. Dass der Beklagte eine weitere Internetseite mit einem Online-Shop betreibt, auf welchem die Nachhaltigkeitsziele nicht direkt enthalten waren, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn der betriebene Online-Shop diene den Verbrauchern als Einkaufsmöglichkeit, während die Unternehmens-Webseite eine Informationsmöglichkeit hinsichtlich produktübergreifender Themen eröffne.

Die Geeignetheit der vorgesehenen Maßnahmen zum Klimaschutz des Sportartikelherstellers war nicht Gegenstand des Zivilverfahrens.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der beklagte Hersteller kann Berufung einlegen.

(Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. März 2025, Az. 3 HK O 6524/24)

Pressemitteilung vom 26. März 2025 Nr. 14/2025

Irreführende UVP-Werbung: OLG Stuttgart gibt Verbraucherzentrale recht

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 06.03.2025, AZ: 2 U 142/23) hat der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren gegen den bekannten Discounter Lidl recht gegeben. Gegenstand war die Online-Werbung für ein Fitnessgerät unter Bezugnahme auf eine angeblich unverbindliche Preisempfehlung (UVP). Die Entscheidung verdeutlicht, unter welchen Voraussetzungen UVP-Werbung irreführend und damit unzulässig sein kann – insbesondere bei verbundenen Unternehmen.

Was war passiert?

Lidl hatte auf seiner Website ein Ergometer-Modell „Christopeit Sport AL 2 Black Edition“ mit einer durchgestrichenen UVP von 649 € beworben und daneben den Verkaufspreis von 303,05 € hervorgehoben. Tatsächlich bot die Christopeit-Sport GmbH – ein mit dem Markeninhaber (Streithelferin) eng verbundenes Unternehmen – das gleiche Produkt regelmäßig zu deutlich niedrigeren Preisen an. Die Verbraucherzentrale sah hierin eine irreführende Werbung mit einem „Mondpreis“ und klagte auf Unterlassung und Kostenerstattung.

Wie entschied das Gericht?

Das Landgericht Heilbronn wies die Klage zunächst ab, doch das OLG Stuttgart gab der Berufung der Verbraucherzentrale statt und stellte eine wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 UWG fest.

Die Richter führten aus, dass die beworbene UVP keine marktgerechte Orientierungshilfe darstelle, da das mit dem Hersteller eng verbundene Unternehmen das Gerät regelmäßig deutlich günstiger anbot. Dies entwerte die UVP, sodass sie für Verbraucher keine sinnvolle Vergleichsbasis mehr sei. Die Bezugnahme auf eine solche „entwertete“ Preisempfehlung sei irreführend.

Kernaussagen der Entscheidung:

  • – Eine UVP darf nur verwendet werden, wenn sie auf einer ernsthaften Kalkulation beruht und eine marktgerechte Orientierungshilfe bietet.
  • – Wird ein Produkt regelmäßig zu Preisen angeboten, die weit unter der UVP liegen – insbesondere durch eng verbundene Unternehmen –, entfällt diese Orientierungshilfe.
  • – Eine Irreführung liegt auch dann vor, wenn die UVP formal existiert, aber faktisch keine Relevanz mehr für den Marktpreis hat.

Fazit für Unternehmer:

Wer mit UVPs wirbt, sollte sicherstellen, dass diese eine realistische, marktorientierte Preisempfehlung des Herstellers darstellen – insbesondere dann, wenn eigene Tochtergesellschaften oder Lizenznehmer dieselben Produkte zu deutlich niedrigeren Preisen anbieten. Andernfalls droht eine Abmahnung wegen irreführender Werbung.

Anforderungen an die Werbung mit einer „Sternebewertung“ im Internet

Der BGH (Urteil vom 25.07.2024, Az.: I ZR 143/23) musste zur Frage urteilen, wie auf einer Webseite bzw. in einem Onlineshop mit den mittlerweile typischen „Sternebewertungen“ geworben werden darf.

Beim BGH ging es nur noch um die Frage, ob bei einer Werbung mit Sternebewertungen eine konkrete Aufschlüsselung nach den einzelnen Kategorien erfolgen muss, ob also konkret angegeben werden muss, wie viele „Ein-Sterne-Bewertungen“, „Zwei-Sterne-Bewertungen“ usw. abgegeben worden sind.

Der BGH hat – in diesem Fall unternehmerfreundlich – entschieden, dass den Verbrauchern aufgrund ihrer Erfahrung bekannt sei, dass einer durchschnittlichen Sternebewertung in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen zugrunde liegen, die zum Teil auch divergieren können, so dass eine Aufschlüsselung nicht nötig sei. Die Pressemitteilung des BGH findet sich hier.

Was allerdings nicht vom BGH geprüft wurde, aber bei den Vorinstanzen beim LG Hamburg und beim OLG Hamburg streitgegenständlich war, ist die Frage, ob gleichwohl der Händler gewisse Mindestanforderungen bei der Wiedergabe von Sternebewertungen zu erfüllen hat. Und hier hatte bereits die I. Instanz (LG Hamburg, Urteil vom 16.09.2022, Az.: 315 O 160/21) entschieden, dass jedenfalls bei der Wiedergabe von Sternebewertungen in einem Onlineshop zumindest die Gesamtzahl der angegebenen Kundenbewertungen und/oder der Zeitraum der berücksichtigten Kundenbewertung anzugeben ist. Und/oder deshalb, weil dies nicht ganz klar ist.

Die Entscheidungsgründe des Hamburger Urteils sprechen dabei für ein „und“, so dass beides anzugeben ist:

„Auch die Angabe des Zeitraums, in dem Bewertungen für eine Durchschnittsbewertung berücksichtigt wurden, stellt eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG n.F. dar. Ein Verbraucher wird Bewertungen, die aus aktuellerer Zeit stammen, stärker bei seiner Entscheidung berücksichtigen, während er ältere Bewertungen bei seiner Entscheidung eher vernachlässigen oder sogar komplett ignorieren wird. Es ist daher erforderlich, dass aus der Darstellung der Durchschnittsbewertung in irgendeiner Form erkennbar ist, aus welchem Zeitraum die berücksichtigten Bewertungen stammen, sei es durch Einblendung der eingeflossenen Bewertungen mit ihrem jeweiligen Datum oder durch eine Beschreibung berücksichtigten Zeitraums.“

Dies bedeutet:

Wer mit Sternebewertungen wirbt, muss zwar die einzelnen Sternebewertungskategorien nicht aufschlüsseln, jedoch die Gesamtzahl der Bewertungen und darüber hinaus wohl auch den Zeitraum angeben, seit wann Kundenbewertungen erfasst sind.

In vielen Shops findet sich zwar die Gesamtzahl der Bewertungen, häufig ist jedoch der Zeitraum nicht angegeben.

Nimmt man die Ausführungen des LG Hamburg wörtlich, so müsste auch bei jeder Wiedergabe von Sternebewertungen nicht nur die Gesamtzahl der eingegangenen Bewertungen, sondern auch der Zeitraum mit angegeben werden.

Da bei der BGH-Entscheidung dieser Punkt vom BGH nicht zu prüfen war, weil das beklagte Unternehmen die Verurteilung des LG nicht angegriffen hatte, ist die Entscheidung des LG Hamburg in diesem Punkt rechtskräftig.

Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“

Wie bereits am 09.08.2022 berichtet, gibt es derzeit einige Gerichtsentscheidungen zur Frage, ob bzw. unter welchen Umständen bzw. wie ein Unternehmen mit Klimaneutralität werben darf.

Umweltbezogene Aussagen in Werbebotschaften werden immer wichtiger. Allerdings möchte man sog. Greenwashing verhindern. Unter Greenwashing versteht man den Versuch, sich z.B. durch Geldspenden für ökologische Projekte als besonders umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen.

Das OLG Frankfurt hat sich nun in einem aktuellen Urteil vom 10.11.2022, Az.: 6 U 104/22, ebenfalls dazu geäußert. Das OLG stellte zunächst fest, dass die Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“ erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung von Verbrauchern haben kann. Deshalb sieht das Gericht eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zur Aufklärung über grundlegende Umstände der von dem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität. Fehlt ein solcher aufklärender Hinweis, kann eine Werbung daher irreführend sein. Weil in dem vom OLG entschiedenen Fall ein solcher aufklärender Zusatz fehlte und (wohl unstreitig) bestimmte Emissionsarten, die vom werbenden Unternehmen vorgenommen wurden, nicht kompensiert worden sind, bejahte das OLG in dem entschiedenen Fall eine Irreführung und damit eine Wettbewerbswidrigkeit. Bislang liegt nur eine Pressemitteilung des OLG vor, die Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht.

Influencer-Marketing: Kennzeichnungspflicht auch ohne Gegenleistung

Mit Urteil vom 19.05.2022, Az.: 6 U 56/21, hat das OLG Frankfurt entschieden, dass ein Influencer auch dann ein Posting auf Instagram mit „Werbung“ kennzeichnen muss, wenn er für ein Posting zwar keine unmittelbare Gegenleistung, jedoch das im Posting thematisierte Produkt umsonst erhalten hat.

In dem Verfahren ging es um ein Posting eines Influencers, in dem auf eBooks zum Thema „Vegane Ernährung“ hingewiesen worden ist. Für das Posting wurde der Influencer nicht bezahlt. Jedoch wurden ihm die eBooks kostenlos zur Verfügung gestellt.

Nach Auffassung des OLG Frankfurt führt dies zu einer Kennzeichnungspflicht des Postings mit „Werbung“. Das kostenlose Zurverfügungstellen des Produkts sei ein geldwerter Vorteil, weswegen das Posting als Werbung zu behandeln sei, so das OLG. Da das Posting auch nicht von vornherein und sofort als Werbung erkennbar sei, müsse auch ein entsprechender Hinweis erfolgen. Da dies unterlassen wurde, führte die Klage zu einer Verurteilung des Influencers.

Das Urteil des OLG erging noch zur „alten Rechtslage“. Zwischenzeitlich ist in § 5a Abs. 4 UWG die Rechtsauffassung des OLG bezüglich des unentgeltlichen Zurverfügungstellens des Produkts auch Gesetzeslage. Der Begriff der „Gegenleistung“ wird weit ausgelegt und insbesondere ist der Influencer dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass keine „Gegenleistung“ vorliegt.

„Gekaufte Likes“ auf Facebook sind irreführend

Das Landgericht Bonn musste in einem Verfahren darüber entscheiden, ob eine Werbeaktion einer Apotheke wettbewerbswidrig ist, weil diese u.a. einen (wenn auch nur geringen) wirtschaftlichen Vorteil dafür versprach, dass ein Kunde die Facebook-Seite der Apotheke „liked“ (LG Bonn, Urteil vom 04.12.2020, Az.: 14 O 82/19). Das Landgericht war der Meinung, dass es sich bei dieser Aktion um eine Werbung mit „bezahlten Empfehlungen Dritter“ handelt, die dann irreführend und damit unlauter sei, wenn dieser Umstand – also das „Bezahlen für den Like – nicht offengelegt werde. Einem „Like“ auf Facebook wohne nämlich eine positive Bewertung inne, auch wenn diese nicht mit einem Text verbunden sei, so dass sich die Zahl der „Likes“ positiv bei den Usern widerspiegle und daher mittelbar auch auf eine Kundenzufriedenheit schließen lasse. Selbst wenn der gewährte Vorteil nur sehr geringwertig sei, sei dies eine Gegenleistung, weshalb die Werbeaktion als irreführend und unlauter eingestuft wurde.

Zur Zulässigkeit der Werbeangabe „Made in Germany“

Mit Beschluss vom 27.11.2014 – I ZR 16/14 (OLG Hamm), BeckRS 2015, 03937, stellte der BGH Kriterien auf, wann mit der Aussage „Made in Germany“ geworben werden darf.

Der BGH ist der Auffassung, dass sich die Werbeangabe „Made in Germany“ auf den eigentlichen Herstellungsprozess des Produkts bezieht und die maßgeblichen Produktionsschritte daher im Inland, und nicht im Ausland stattfinden dürfen. Andererseits hält es der BGH nicht für erforderlich, dass alle Produktionsschritte in Deutschland erbracht werden. Für die Richtigkeit der Werbeangabe „Made in Germany“ sei es notwendig, aber auch ausreichend, dass die Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, durch die das herzustellende Produkt die aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält. Denn dem Verkehr sei das Phänomen der internationalen Arbeitsteilung bekannt und er erwarte im Allgemeinen nicht, dass alle Produktionsvorgänge am selben Ort stattfinden.

Wird nur die Qualitätskontrolle in Deutschland durchgeführt und die Ware im Inland verkehrsfähig gemacht, so genügt dies nach Meinung des BGH aber nicht. Das angesprochene Publikum versteht die Werbeangabe „Made in Germany“ nach Meinung des BGH nämlich dahingehend, dass nicht zwangsläufig alle Produktionsschritte, aber zumindest diejenigen im Inland vorgenommen werden, die qualitätsrelevante Bestandteile oder wesentliche produktspezifische Eigenschaften betreffen. Die Bewerbung eines Produkts mit „Made in Germany“ ist damit nur dann zulässig, wenn zumindest diese Produktionsschritte im Inland stattgefunden haben.