„Klimaneutral bis 2050“ – Landgericht beanstandet frühere Werbeaussage des Sportartikelherstellers Adidas

Die pauschale Werbung mit Klimaschutz ist irreführend und unzulässig. Der beklagte Sportartikelhersteller hatte in seiner Werbung nicht ausreichend dar-gestellt, wie die Klimaneutralität konkret erreicht werden soll. Weil damit der unzutreffende Eindruck erweckt wurde, dass dies allein durch Emissionsreduzierungen erfolgt, wurde das Unternehmen zur Unterlassung der entsprechenden Aussage verurteilt.

Der Beklagte ist ein regionaler Sportartikelhersteller und erklärte im Juli 2024 auf seiner Unternehmens-Webseite unter dem Reiter „Nachhaltigkeit“ und der Überschrift „Unsere Ziele für 2025 und darüber hinaus“ unter anderem: „Bis zum Jahr 2050 werden wir klimaneutral sein“. Auf der Homepage erläuterte das beklagte Unternehmen seine Nachhaltigkeitsziele. In Ausklappmenüs wurden einzelne Maßnahmen und Teilziele zur Emissionsreduzierung für den Zeitraum bis 2025 und teilweise 2030 genannt. Unter anderem wurde als Ziel für die Zeit nach 2025 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 30 % bis zum Jahr 2030 (im Vergleich zu 2017) ausgelobt. Das Unternehmen machte in den Ausklappmenüs keine ausdrücklichen Angaben dazu, ob die anstrebte Klimaneutralität allein durch eine Reduktion der CO2-Emissionen oder auch über CO2-Kompensationszertifikate erreicht werden soll. Tatsächlich will der Sportartikelhersteller zur Erreichung von Klimaneutralität im Jahr 2050 zu einem gewissen Grad Kompensationsmaßnahmen in Form des Erwerbs von Grünstromzertifikaten einsetzen. Diese Information konnte einem verlinkten Geschäftsbericht entnommen werden.

Ein Verbraucherverband hielt die Werbeaussage zur Klimaneutralität auf der Unternehmens-Webseite wettbewerbsrechtlich für unzulässig und mahnte den Hersteller im August 2024 ab. Das Unternehmen änderte daraufhin die strittige Aussage ab, gab aber keine Erklärung ab, dies zukünftig nicht wieder aufzugreifen. Der Verbraucherverband reichte daraufhin eine Unterlassungsklage beim Landgericht ein. 

Das Landgericht Nürnberg-Fürth beurteilte die damalige Werbeaussage zur Klimaneutralität als irreführend und verurteilte den beklagten Hersteller am 25. März 2025 zur Unterlassung der Aussage und Erstattung vorgerichtlicher Abmahngebühren. Die angegriffene Werbeaussage sei unlauter, da der unzutreffende Eindruck erweckt werde, dass der Beklagte im Jahr 2050 allein durch eigene Emissionseinsparungen klimaneutral sein werde. Dies entspreche nicht den Tatsachen, weil der Beklagte zu einem gewissen Grad Kompensationsmaßnahmen durch den Erwerb von Grünstromzertifikaten ergreifen will und selbst nicht ohne CO2-Emissionen auskomme.  Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gelten für die Werbung mit Umweltschutzbegriffen strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die Umweltfreundlichkeit habe eine große Bedeutung bei der Kaufentscheidung des Verbrauchers. Nachdem der Begriff „klimaneutral“ mehrdeutig sei, hätte der Beklagte zur Vermeidung einer Irreführung in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutern müssen, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Dies sei nicht ausreichend erfolgt. Außerhalb der Werbung stehende, vom Verbraucher erst durch eigene Tätigkeit zu ermittelnde aufklärende Hinweise erfüllen nicht die strengen Anforderungen an die Aufklärungspflicht. Die Informationen im Geschäftsbericht „Nachhaltigkeit 2023“ seien deshalb nicht zu berücksichtigen.

Das Gericht kam weiter zu dem Ergebnis, dass die auf der Unternehmens-Webseite befindliche strittige Aussage zur Klimaneutralität sich nicht ausschließlich an Investoren, sondern an die Allgemeinheit und damit auch an Verbraucher richtet. Dass der Beklagte eine weitere Internetseite mit einem Online-Shop betreibt, auf welchem die Nachhaltigkeitsziele nicht direkt enthalten waren, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn der betriebene Online-Shop diene den Verbrauchern als Einkaufsmöglichkeit, während die Unternehmens-Webseite eine Informationsmöglichkeit hinsichtlich produktübergreifender Themen eröffne.

Die Geeignetheit der vorgesehenen Maßnahmen zum Klimaschutz des Sportartikelherstellers war nicht Gegenstand des Zivilverfahrens.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der beklagte Hersteller kann Berufung einlegen.

(Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. März 2025, Az. 3 HK O 6524/24)

Pressemitteilung vom 26. März 2025 Nr. 14/2025

„Green Claims“ – Umweltbezogene Werbung

Da die Bedeutung des Umwelt- und Klimaschutzes in den letzten Jahren immer größer wurde hat auch die Werbung mit umweltbezogenen Begriffen immer größere Bedeutung eingenommen.

Auch deshalb haben sich bereits in Deutschland die Gerichte mit solcher umweltbezogener Werbung befassen müssen, und zwar unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Insbesondere die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ hat die Gerichte in den letzten Jahren beschäftigt, also die Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen mit „Klimaneutralität“ geworben werden darf, exemplarisch siehe hierzu meine Newsmeldung vom 16.11.2022:

In Folge dieser zunehmenden Bedeutung hat sich nun die EU der Sache angenommen und will für eine EU-einheitliche Regelung der Zulässigkeit der Verwendung solcher sog. Green Claims sorgen. Derzeit sind zwei Richtlinien geplant bzw. in Umsetzung:

Zum einen die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel – sog. EMPCO-Richtlinie. Zum anderen die Green-Claims-Richtlinie.

Während die EMPCO-Richtlinie kürzlich vom EU-Parlament und vom Rat beschlossen wurde, befindet sich die Green-Claims-Richtlinie noch im Gesetzgebungsprozess. Der finale Text steht noch nicht fest.

Die EMPCO-Richtlinie muss noch in deutsches Recht transformiert werden und wird voraussichtlich Mitte 2026 in Kraft treten.

Mit der Verabschiedung der Green-Claims-Richtlinie im Laufe des Jahres wird jedenfalls gerechnet; hier ist eine Umsetzung und das Wirksamwerden der Richtlinie ebenfalls entweder für das Jahr 2026 oder dann spätestens 2027 geplant.

Die EMPCO-Richtlinie hat rein wettbewerbsrechtlichen Charakter: Sie ergänzt künftig die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Letztere wurde bereits vor längerem in das deutsche Recht überführt und zwar als Anhang zum UWG. Dieser Anhang enthält eine „Schwarze Liste“ für Werbemaßnahmen, die stets und ohne Ausnahme wettbewerbswidrig sind.

Die Vorgaben der EMPCO-Richtlinie sollen dann diese „Schwarze Liste“ entsprechend ergänzen um umweltbezogene Aussagen, was zur Folge hat, dass die Verwendung umweltbezogener Aussagen aus der „Schwarzen Liste“ ebenfalls stets und ohne Ausnahme unzulässig und damit wettbewerbswidrig sein wird.

Folgende wesentliche Ergänzungen wird die „Schwarze Liste“ erhalten:

  • Das Verbot von allgemeinen Umweltaussagen, wie z.B. „umweltfreundlich“ oder „klimafreundlich“ für die das werbende Unternehmen keine „hervorragende Umweltleistung“ nachweisen kann.
  • Verbot der Verwendung von „Nachhaltigkeitssiegeln“, welche nicht auf einem Zertifizierungssystem beruhen oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurden. Eigene, von einem Unternehmen entwickelte „Umweltlabels“, „Umweltsiegel“ oder „Nachhaltigkeitslabel“ dürfen dann nicht mehr ohne Weiteres verwendet werden.
  • Verbot von Umweltaussagen zum gesamten Produkt oder zum gesamten Unternehmen, wenn die Umweltleistung nur einen bestimmten Aspekt des Produkts oder nur eine bestimmte Tätigkeit des Unternehmens betrifft.
  • Verbot der Behauptung, dass ein Produkt aufgrund der Kompensation von Treibhausgasemissionen eine neutrale, reduzierte oder positive Auswirkung auf die Umwelt in Bezug auf Treibhausgasemissionen hat. Hierunter fallen künftig dann Aussagen wie „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“ etc.
  • Bei Umweltaussagen in Bezug auf künftige Umweltleistungen (Beispiel: „Unser Unternehmen wird bis 2030 klimaneutral sein“) gelten dann als irreführend, wenn das Unternehmen, welches damit wirbt, keine klaren, objektiven, öffentlich zugängliche und überprüfbare Verpflichtungen getroffen hat, die in einem detaillierten und realistischen Umsetzungsplan dargelegt sind, der messbare und zeitlich festgelegte Zielvorgaben aufweist. Dieser Umsetzungsplan muss zudem regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen überprüft werden und die Ergebnisse müssen öffentlich zugänglich sein.

Diese „per se“-Verbote gelten voraussichtlich ab Mitte 2026.

Die Green-Claims-Richtlinie soll dann ergänzend grundsätzliche Regelungen für sämtliche umweltbezogene Werbung enthalten.

Danach soll künftig nur dann eine umweltbezogene Werbeaussage zulässig sein, wenn diese einer externen Bewertung unterzogen worden ist. Diese Bewertung muss auf anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen beruhen und belegen, dass die beworbenen Umweltauswirkungen erheblich sind. Diese Begleitinformationen zu solchen umweltbezogenen sog. Green Claims müssen dann zusammen mit dem Green Claim veröffentlicht werden (z.B. über einen Link oder mittels eines QR-Codes).

Schließlich sollen EU-weit einheitliche Standards für Umweltsiegel und -labels eingeführt werden: Diese Siegel und Labels müssen vor der Nutzung von einer unabhängigen Prüfstelle geprüft und zertifiziert werden.

Neben den wettbewerbsrechtlichen Bezügen der Green-Claims-Richtlinie werden dort voraussichtlich auch – vergleichbar mit der DSGV oder dem DSA – auch Sanktionen wie z.B. Bußgelder für werbende Unternehmen enthalten sein.

Da der aktuelle Richtlinientext noch nicht feststeht, ist unklar, ob die Green-Claims-Richtlinie für alle werbenden Unternehmen gilt oder ob es Ausnahmen für kleinere oder mittlere Unternehmen geben wird.

Auch wenn es noch etwas dauern wird mit der Geltung der neuen EU-weiten Regelungen:

Es bietet sich natürlich bereits jetzt an, bei umweltbezogener Werbung und bei Verwendung solcher Green Claims diese neuen Regelungen bereits im Auge zu haben bzw. geplante oder künftige Green Claims auf diese Voraussetzungen hin zu überprüfen und abzustimmen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Gerichte auch bei der aktuellen Prüfung solcher Green Claims bereits jetzt auf die geplanten strengeren Vorgaben Bezug nehmen werden.

Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“

Wie bereits am 09.08.2022 berichtet, gibt es derzeit einige Gerichtsentscheidungen zur Frage, ob bzw. unter welchen Umständen bzw. wie ein Unternehmen mit Klimaneutralität werben darf.

Umweltbezogene Aussagen in Werbebotschaften werden immer wichtiger. Allerdings möchte man sog. Greenwashing verhindern. Unter Greenwashing versteht man den Versuch, sich z.B. durch Geldspenden für ökologische Projekte als besonders umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen.

Das OLG Frankfurt hat sich nun in einem aktuellen Urteil vom 10.11.2022, Az.: 6 U 104/22, ebenfalls dazu geäußert. Das OLG stellte zunächst fest, dass die Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“ erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung von Verbrauchern haben kann. Deshalb sieht das Gericht eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zur Aufklärung über grundlegende Umstände der von dem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität. Fehlt ein solcher aufklärender Hinweis, kann eine Werbung daher irreführend sein. Weil in dem vom OLG entschiedenen Fall ein solcher aufklärender Zusatz fehlte und (wohl unstreitig) bestimmte Emissionsarten, die vom werbenden Unternehmen vorgenommen wurden, nicht kompensiert worden sind, bejahte das OLG in dem entschiedenen Fall eine Irreführung und damit eine Wettbewerbswidrigkeit. Bislang liegt nur eine Pressemitteilung des OLG vor, die Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht.

Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“

Sowohl das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Urteil vom 30.06.2022, Az.: 6 U 46/21) als auch das Landgericht Kleve (Urteil vom 22.06.2022, Az.: 8 O 44/21) mussten sich mit der Frage befassen, ob bzw. in welcher Weise ein Unternehmen mit dem Begriff „klimaneutral“ werben darf.

Gerade in der heutigen Zeit kann es für Unternehmen wichtig sein, mit einer umwelt- bzw. klimafreundlichen Produktion zu werben.

Die Fragen, die sich dann stellen:

Wann darf ich mit dem Begriff „klimaneutral“ werben?

Bedarf es durch einen „Sternchen-Hinweis“ sodann eines aufklärenden Zusatzes, in dem die Klimaneutralität erläutert wird?

Im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts ging es um eine Werbung für Müllbeutel. Der Hersteller bewarb eine bestimmte Produktserie als „klimaneutral“. Das Unternehmen machte allerdings keine Angaben dazu, wie die Klimaneutralität erreicht wurde, ob also die Produktion als solches klimaneutral ist oder ob der entstandene CO2-Ausstoß durch Emissionszertifikate kompensiert wurde.

Im Fall des LG Kleve ging es um eine Werbung an Fachkreise für Fruchtgummis und Lakritze der Firma Katjes. Im Rahmen dieses Verfahrens war es unstreitig, dass die Produktion als solche nicht klimaneutral abläuft, allerdings unterstützte der Hersteller verschiedene Klimaschutzprojekte als Kompensation. Ein Hinweis darauf fand sich in der Werbung nicht.

In beiden Fällen wiesen die Gerichte die jeweiligen Klagen ab.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht wies in den Entscheidungsgründen darauf hin, dass der Begriff der Klimafreundlichkeit eine klare und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare Aussage enthalte, weil es eine entsprechende DIN-Norm dafür gäbe. Danach werde der Begriff „CO2-neutral“ so bestimmt, dass er sich auf ein bestimmtes Produkt beziehe, bei dem der sogenannte Carbonfootprint Null oder ausgeglichen worden sei, weshalb also beide Möglichkeiten – also kein CO2-Ausstoß während der Produktion oder aber Ausgleich dafür – durch die Definition erfasst seien. Auch das Landgericht Kleve legte den Begriff „klimaneutral“ dahingehend aus, dass auch eine Kompensation durch Ausgleichszahlungen erfolgen könne.

Beide Gerichte waren des Weiteren der Meinung, dass ein aufklärender Hinweis, z. B. in Form eines sogenannten „Sternchen-Hinweises“, nicht notwendig sei, um die Verbraucher über die konkreten Umstände aufzuklären.

Da Umwelt- und Klimathemen zwischenzeitlich auch ein wichtiges Thema sind, wissen nach Auffassung beider Gerichte die angesprochenen Verkehrskreise – sowohl Verbraucher als auch Fachkreise – davon, dass ein etwaiger CO2-Ausstoß während der Produktion auch durch einen Ausgleich abgegolten werden kann, so beide Gerichte.

Das Thema ist allerdings in der Rechtsprechung umstritten:

Diverse andere Gerichte, z. B. das OLG Hamm oder das LG Mönchengladbach, haben eine andere Auffassung vertreten und jedenfalls aufklärende Zusätze, z. B. durch Sternchen-Hinweise, gefordert.

Es dürfte daher nicht mehr allzu lange dauern, bis auch der BGH über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Begriffs „klimaneutral“ in der Werbung entscheiden wird.

Auch die EU-Kommission hat im März einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/38/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen veröffentlicht. Die EU möchte die Verwendung umweltbezogener Begriffe in der Werbung stärker regulieren als bisher.