„Green Claims“ – Umweltbezogene Werbung

Da die Bedeutung des Umwelt- und Klimaschutzes in den letzten Jahren immer größer wurde hat auch die Werbung mit umweltbezogenen Begriffen immer größere Bedeutung eingenommen.

Auch deshalb haben sich bereits in Deutschland die Gerichte mit solcher umweltbezogener Werbung befassen müssen, und zwar unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Insbesondere die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ hat die Gerichte in den letzten Jahren beschäftigt, also die Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen mit „Klimaneutralität“ geworben werden darf, exemplarisch siehe hierzu meine Newsmeldung vom 16.11.2022:

In Folge dieser zunehmenden Bedeutung hat sich nun die EU der Sache angenommen und will für eine EU-einheitliche Regelung der Zulässigkeit der Verwendung solcher sog. Green Claims sorgen. Derzeit sind zwei Richtlinien geplant bzw. in Umsetzung:

Zum einen die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel – sog. EMPCO-Richtlinie. Zum anderen die Green-Claims-Richtlinie.

Während die EMPCO-Richtlinie kürzlich vom EU-Parlament und vom Rat beschlossen wurde, befindet sich die Green-Claims-Richtlinie noch im Gesetzgebungsprozess. Der finale Text steht noch nicht fest.

Die EMPCO-Richtlinie muss noch in deutsches Recht transformiert werden und wird voraussichtlich Mitte 2026 in Kraft treten.

Mit der Verabschiedung der Green-Claims-Richtlinie im Laufe des Jahres wird jedenfalls gerechnet; hier ist eine Umsetzung und das Wirksamwerden der Richtlinie ebenfalls entweder für das Jahr 2026 oder dann spätestens 2027 geplant.

Die EMPCO-Richtlinie hat rein wettbewerbsrechtlichen Charakter: Sie ergänzt künftig die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Letztere wurde bereits vor längerem in das deutsche Recht überführt und zwar als Anhang zum UWG. Dieser Anhang enthält eine „Schwarze Liste“ für Werbemaßnahmen, die stets und ohne Ausnahme wettbewerbswidrig sind.

Die Vorgaben der EMPCO-Richtlinie sollen dann diese „Schwarze Liste“ entsprechend ergänzen um umweltbezogene Aussagen, was zur Folge hat, dass die Verwendung umweltbezogener Aussagen aus der „Schwarzen Liste“ ebenfalls stets und ohne Ausnahme unzulässig und damit wettbewerbswidrig sein wird.

Folgende wesentliche Ergänzungen wird die „Schwarze Liste“ erhalten:

  • Das Verbot von allgemeinen Umweltaussagen, wie z.B. „umweltfreundlich“ oder „klimafreundlich“ für die das werbende Unternehmen keine „hervorragende Umweltleistung“ nachweisen kann.
  • Verbot der Verwendung von „Nachhaltigkeitssiegeln“, welche nicht auf einem Zertifizierungssystem beruhen oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurden. Eigene, von einem Unternehmen entwickelte „Umweltlabels“, „Umweltsiegel“ oder „Nachhaltigkeitslabel“ dürfen dann nicht mehr ohne Weiteres verwendet werden.
  • Verbot von Umweltaussagen zum gesamten Produkt oder zum gesamten Unternehmen, wenn die Umweltleistung nur einen bestimmten Aspekt des Produkts oder nur eine bestimmte Tätigkeit des Unternehmens betrifft.
  • Verbot der Behauptung, dass ein Produkt aufgrund der Kompensation von Treibhausgasemissionen eine neutrale, reduzierte oder positive Auswirkung auf die Umwelt in Bezug auf Treibhausgasemissionen hat. Hierunter fallen künftig dann Aussagen wie „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“ etc.
  • Bei Umweltaussagen in Bezug auf künftige Umweltleistungen (Beispiel: „Unser Unternehmen wird bis 2030 klimaneutral sein“) gelten dann als irreführend, wenn das Unternehmen, welches damit wirbt, keine klaren, objektiven, öffentlich zugängliche und überprüfbare Verpflichtungen getroffen hat, die in einem detaillierten und realistischen Umsetzungsplan dargelegt sind, der messbare und zeitlich festgelegte Zielvorgaben aufweist. Dieser Umsetzungsplan muss zudem regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen überprüft werden und die Ergebnisse müssen öffentlich zugänglich sein.

Diese „per se“-Verbote gelten voraussichtlich ab Mitte 2026.

Die Green-Claims-Richtlinie soll dann ergänzend grundsätzliche Regelungen für sämtliche umweltbezogene Werbung enthalten.

Danach soll künftig nur dann eine umweltbezogene Werbeaussage zulässig sein, wenn diese einer externen Bewertung unterzogen worden ist. Diese Bewertung muss auf anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen beruhen und belegen, dass die beworbenen Umweltauswirkungen erheblich sind. Diese Begleitinformationen zu solchen umweltbezogenen sog. Green Claims müssen dann zusammen mit dem Green Claim veröffentlicht werden (z.B. über einen Link oder mittels eines QR-Codes).

Schließlich sollen EU-weit einheitliche Standards für Umweltsiegel und -labels eingeführt werden: Diese Siegel und Labels müssen vor der Nutzung von einer unabhängigen Prüfstelle geprüft und zertifiziert werden.

Neben den wettbewerbsrechtlichen Bezügen der Green-Claims-Richtlinie werden dort voraussichtlich auch – vergleichbar mit der DSGV oder dem DSA – auch Sanktionen wie z.B. Bußgelder für werbende Unternehmen enthalten sein.

Da der aktuelle Richtlinientext noch nicht feststeht, ist unklar, ob die Green-Claims-Richtlinie für alle werbenden Unternehmen gilt oder ob es Ausnahmen für kleinere oder mittlere Unternehmen geben wird.

Auch wenn es noch etwas dauern wird mit der Geltung der neuen EU-weiten Regelungen:

Es bietet sich natürlich bereits jetzt an, bei umweltbezogener Werbung und bei Verwendung solcher Green Claims diese neuen Regelungen bereits im Auge zu haben bzw. geplante oder künftige Green Claims auf diese Voraussetzungen hin zu überprüfen und abzustimmen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Gerichte auch bei der aktuellen Prüfung solcher Green Claims bereits jetzt auf die geplanten strengeren Vorgaben Bezug nehmen werden.

Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“

Wie bereits am 09.08.2022 berichtet, gibt es derzeit einige Gerichtsentscheidungen zur Frage, ob bzw. unter welchen Umständen bzw. wie ein Unternehmen mit Klimaneutralität werben darf.

Umweltbezogene Aussagen in Werbebotschaften werden immer wichtiger. Allerdings möchte man sog. Greenwashing verhindern. Unter Greenwashing versteht man den Versuch, sich z.B. durch Geldspenden für ökologische Projekte als besonders umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen.

Das OLG Frankfurt hat sich nun in einem aktuellen Urteil vom 10.11.2022, Az.: 6 U 104/22, ebenfalls dazu geäußert. Das OLG stellte zunächst fest, dass die Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“ erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung von Verbrauchern haben kann. Deshalb sieht das Gericht eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zur Aufklärung über grundlegende Umstände der von dem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität. Fehlt ein solcher aufklärender Hinweis, kann eine Werbung daher irreführend sein. Weil in dem vom OLG entschiedenen Fall ein solcher aufklärender Zusatz fehlte und (wohl unstreitig) bestimmte Emissionsarten, die vom werbenden Unternehmen vorgenommen wurden, nicht kompensiert worden sind, bejahte das OLG in dem entschiedenen Fall eine Irreführung und damit eine Wettbewerbswidrigkeit. Bislang liegt nur eine Pressemitteilung des OLG vor, die Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht.

Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“

Sowohl das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Urteil vom 30.06.2022, Az.: 6 U 46/21) als auch das Landgericht Kleve (Urteil vom 22.06.2022, Az.: 8 O 44/21) mussten sich mit der Frage befassen, ob bzw. in welcher Weise ein Unternehmen mit dem Begriff „klimaneutral“ werben darf.

Gerade in der heutigen Zeit kann es für Unternehmen wichtig sein, mit einer umwelt- bzw. klimafreundlichen Produktion zu werben.

Die Fragen, die sich dann stellen:

Wann darf ich mit dem Begriff „klimaneutral“ werben?

Bedarf es durch einen „Sternchen-Hinweis“ sodann eines aufklärenden Zusatzes, in dem die Klimaneutralität erläutert wird?

Im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts ging es um eine Werbung für Müllbeutel. Der Hersteller bewarb eine bestimmte Produktserie als „klimaneutral“. Das Unternehmen machte allerdings keine Angaben dazu, wie die Klimaneutralität erreicht wurde, ob also die Produktion als solches klimaneutral ist oder ob der entstandene CO2-Ausstoß durch Emissionszertifikate kompensiert wurde.

Im Fall des LG Kleve ging es um eine Werbung an Fachkreise für Fruchtgummis und Lakritze der Firma Katjes. Im Rahmen dieses Verfahrens war es unstreitig, dass die Produktion als solche nicht klimaneutral abläuft, allerdings unterstützte der Hersteller verschiedene Klimaschutzprojekte als Kompensation. Ein Hinweis darauf fand sich in der Werbung nicht.

In beiden Fällen wiesen die Gerichte die jeweiligen Klagen ab.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht wies in den Entscheidungsgründen darauf hin, dass der Begriff der Klimafreundlichkeit eine klare und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare Aussage enthalte, weil es eine entsprechende DIN-Norm dafür gäbe. Danach werde der Begriff „CO2-neutral“ so bestimmt, dass er sich auf ein bestimmtes Produkt beziehe, bei dem der sogenannte Carbonfootprint Null oder ausgeglichen worden sei, weshalb also beide Möglichkeiten – also kein CO2-Ausstoß während der Produktion oder aber Ausgleich dafür – durch die Definition erfasst seien. Auch das Landgericht Kleve legte den Begriff „klimaneutral“ dahingehend aus, dass auch eine Kompensation durch Ausgleichszahlungen erfolgen könne.

Beide Gerichte waren des Weiteren der Meinung, dass ein aufklärender Hinweis, z. B. in Form eines sogenannten „Sternchen-Hinweises“, nicht notwendig sei, um die Verbraucher über die konkreten Umstände aufzuklären.

Da Umwelt- und Klimathemen zwischenzeitlich auch ein wichtiges Thema sind, wissen nach Auffassung beider Gerichte die angesprochenen Verkehrskreise – sowohl Verbraucher als auch Fachkreise – davon, dass ein etwaiger CO2-Ausstoß während der Produktion auch durch einen Ausgleich abgegolten werden kann, so beide Gerichte.

Das Thema ist allerdings in der Rechtsprechung umstritten:

Diverse andere Gerichte, z. B. das OLG Hamm oder das LG Mönchengladbach, haben eine andere Auffassung vertreten und jedenfalls aufklärende Zusätze, z. B. durch Sternchen-Hinweise, gefordert.

Es dürfte daher nicht mehr allzu lange dauern, bis auch der BGH über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Begriffs „klimaneutral“ in der Werbung entscheiden wird.

Auch die EU-Kommission hat im März einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/38/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen veröffentlicht. Die EU möchte die Verwendung umweltbezogener Begriffe in der Werbung stärker regulieren als bisher.