Viele Unternehmer, die ihre Produkte europaweit vertreiben, stellen sich eine entscheidende Frage: Muss ein Online-Shop, der sich auch an deutsche Kunden richtet, zwingend in deutscher Sprache sein? Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem aktuellen Urteil eine praxisnahe Antwort gegeben und gleichzeitig an drei weitere, oft übersehene Fallstricke im E-Commerce erinnert.
Der Fall: Polnischer Händler, englischer Shop, deutsche Kunden
Ein deutscher Händler für Dekorationsartikel verklagte seinen polnischen Wettbewerber. Dieser bot seine Waren über eine Website an, die ausschließlich in englischer Sprache verfügbar war, lieferte aber weltweit und bewarb seine Produkte auch gezielt in Deutschland. Der Kläger sah darin mehrere Wettbewerbsverstöße, unter anderem weil Pflichtinformationen und AGB nicht auf Deutsch bereitgestellt wurden. Das Gericht gab dem Kläger nur teilweise recht und schuf damit wichtige Leitplanken für den internationalen Online-Handel.
Die Kernaussage: Englisch ist nicht per se unzulässig
Die wohl wichtigste Erkenntnis aus dem Urteil: Ein Online-Shop muss nicht zwangsläufig in deutscher Sprache gehalten sein, um rechtssicher in Deutschland Produkte anzubieten.
Das Gericht entschied, dass ein Unternehmer in der Wahl der Sprache für sein Angebot grundsätzlich frei ist. Wenn die Website – vom ersten Besuch über die Produktbeschreibung bis zum Abschluss des Bestellvorgangs – konsequent und ausschließlich in einer Fremdsprache (hier: Englisch) gehalten ist, müssen auch die gesetzlichen Pflichtinformationen nicht zusätzlich ins Deutsche übersetzt werden. Die Richter gehen davon aus, dass ein Kunde, der in der Lage ist, einen englischsprachigen Bestellprozess zu durchlaufen, auch die dazugehörigen englischen Rechtstexte verstehen kann.
Diese Entscheidung ist eine gute Nachricht für international ausgerichtete Unternehmen, da sie eine erhebliche Hürde für den Eintritt in den deutschen Markt beseitigt.
Falle 1: Das Impressum – Ein „mailto“-Link ist zu wenig
Obwohl der Shop in Sachen Sprache Recht bekam, scheiterte er an einer grundlegenden Anforderung des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG, ehemals Telemediengesetz). Im Impressum war keine E-Mail-Adresse ausgeschrieben. Stattdessen fand sich nur ein Link mit dem Text „Write us an e-mail“, der beim Anklicken das E-Mail-Programm des Nutzers öffnet.
Das Gericht stellte klar: Das ist nicht ausreichend. Die „Adresse der elektronischen Post“ muss für eine schnelle und unmittelbare Kontaktaufnahme direkt sichtbar und lesbar sein. Ein „mailto“-Link funktioniert nur, wenn der Nutzer ein entsprechendes Programm konfiguriert hat, was nicht immer der Fall ist. Die E-Mail-Adresse muss also zwingend ausgeschrieben werden (z. B. „info@beispielshop.de“).
Falle 2: Die finale Bestellseite – Alle Infos auf einen Blick
Ein weiterer entscheidender Fehler lag im Aufbau der letzten Seite des Bestellvorgangs. Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Ware, den Gesamtpreis und alle anfallenden Versandkosten wurden dem Kunden auf einer Seite vor der finalen Bestellseite angezeigt. Auf der Seite mit dem „Kaufen“-Button selbst fehlten diese Angaben.
Auch hier urteilte das Gericht streng: Diese Informationen müssen dem Verbraucher „unmittelbar bevor“ er seine Bestellung abgibt, in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, sie müssen auf derselben Seite stehen, auf der der Kunde den Bestellvorgang zahlungspflichtig abschließt. Ein Anzeigen auf einer vorgeschalteten Seite genügt nicht.
Falle 3: Das Widerrufsrecht – Keine eigenen Regeln erfinden
Schließlich hatte der Händler versucht, das gesetzliche Widerrufsrecht des Verbrauchers unzulässig einzuschränken. In seinen Bedingungen hieß es unter anderem, dass mit einem Club-Gutschein gekaufte Waren nicht zurückgegeben werden könnten oder eine Erstattung von der Verwendung eines speziell ausgedruckten Versandetiketts abhinge.
Das Gericht bekräftigte, dass das 14-tägige gesetzliche Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen nicht zum Nachteil des Verbrauchers verändert werden darf. Solche Klauseln sind unwirksam und stellen einen klaren Wettbewerbsverstoß dar, der abgemahnt werden kann.
Fazit für Unternehmer
Die Entscheidung des LG Frankfurt liefert wertvolle Leitlinien:
- Ein konsequent fremdsprachiger Online-Shop ist auch für den deutschen Markt zulässig.
- Die Details zählen: Im Impressum muss die E-Mail-Adresse immer ausgeschrieben sein.
- Die letzte Seite vor dem Kauf muss alle wesentlichen Bestellinformationen zusammenfassen.
- Das gesetzliche Widerrufsrecht ist für Verbraucher unantastbar und darf nicht durch eigene Bedingungen eingeschränkt werden.
Betreiber von Online-Shops sind gut beraten, ihre Prozesse anhand dieser klaren Vorgaben zu überprüfen, um kostspielige Abmahnungen zu vermeiden.
Gericht: Landgericht Frankfurt am Main
Datum: 05.03.2025
Aktenzeichen: 2-06 O 38/25