Kurz vor Weihnachten hat der Bundestag das Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung verabschiedet. Voraussichtlich zum 01.03.2017 wird das Gesetz in Kraft treten.
Während der erste Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums aus dem Herbst 2015 sehr weitreichende Änderungen enthielt, wurden im Laufe des Verfahrens einige zu Gunsten der Urheber vorgesehene Änderungen abgeschwächt. Dennoch enthält das Gesetz einige Neuerungen, die insbesondere für Verwerter von urheberrechtlichen Leistungen die Frage aufwerfen, wie künftig damit und mit Vergütungsfragen von Urhebern umzugehen ist.
- Bisherige Rechtslage
Bereits im Jahre 2002 wurde vom Gesetzgeber ein Anspruch der Urheber auf Zahlung einer angemessenen Vergütung in das Gesetz eingefügt. Darüber hinaus wurde der sog. Bestseller-Paragraph zugunsten der Urheber geändert.
Der Anspruch auf angemessene Vergütung gibt einem Urheber im Ergebnis die Möglichkeit, eine branchenübliche Zahlung von seinem Auftraggeber/Arbeitgeber zu verlangen, falls die eigentlich vereinbarte Vergütung unter der üblichen Spanne liegt.
Der Bestseller-Paragraph gewährt dem Urheber einen Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung, wenn sich bei der Verwertung des Werkes ergibt, dass die Verwertung ein sehr großer Erfolg ist.
Die beiden Ansprüche unterscheiden sich dadurch, dass der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung dann in Betracht kommt, wenn die Zahlung, die der Urheber erhalten hat, von Anfang an viel zu niedrig war, während bei dem Anspruch auf zusätzliche Vergütung aufgrund des Bestseller-Paragraphen die ursprüngliche Vergütung angemessen war, sich jedoch aufgrund des sehr großen Erfolgs unter Gerechtigkeitserwägungen ergibt, dass der Urheber an diesem sehr großen Erfolg zusätzlich partizipieren soll.
Schließlich wurde ein Verfahren zur Festlegung sog. Gemeinsamer Vergütungsregelungen geschaffen. Der Gesetzgeber wollte erreichen, dass Interessenverbände von Urhebern und Verwertern sich an den Verhandlungstisch setzen, um allgemein gültige Vergütungsregeln für die Bezahlung von Urhebern in bestimmten Branchen zu verhandeln und festzusetzen, ähnlich wie bei einem Tarifvertrag.
- Aktuelle Änderungen des Gesetzes
Der kürzlich verabschiedete Gesetzesentwurf enthält zwei wesentliche Änderungen und Neuregelungen:
Zum einen gewährt das Gesetz den Urhebern gegenüber den Verwertern einen Auskunftsanspruch für erfolgte Verwertungshandlungen. Zum anderen sieht das Gesetz vor, dass bei sog. Total-Buyout-Verträgen – also bei Zahlung einer einmaligen Pauschale für eine umfassende exklusive Rechteeinräumung – nach Ablauf von zehn Jahren der jeweilige Urheber die entsprechenden Rechte wieder neu vergeben kann, der Verwerter zwar weiter nutzen darf, dies jedoch nicht mehr exklusiv.
Von diesen Neuregelungen darf nicht zum Nachteil des Urhebers abgewichen werden. Nur in den oben genannten Gemeinsamen Vergütungsregeln könnte dies getan werden, wenn also ein Interessenverband von Urhebern mit Interessenvertretern von Verwertern solche Gemeinsamen Vergütungsregeln beschließen würde und der betroffene Verwerter Mitglied eines solchen Interessenverbandes wäre.
Dazu im Einzelnen:
a) Auskunftsanspruch
Nach den neu geschaffenen § 32 d UrhG und § 32 e UrhG kann ein Urheber von seinem Vertragspartner sowie von dessen Lizenznehmern einmal jährlich Auskunft und Rechenschaft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile verlangen. Davon gibt es Ausnahmen, die vorliegen, wenn
– der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat oder
– die Inanspruchnahme des Verwerters aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist oder
– es sich bei dem Werk um ein Computerprogramm handelt.
Wann ein lediglich untergeordneter Beitrag vorliegt bzw. eine Auskunft für einen Verwerter unverhältnismäßig ist, ist nicht näher definiert und wird sehr wahrscheinlich im Laufe der nächsten Jahre von der Rechtsprechung ausgestaltet werden. Im Gesetz und in der Gesetzesbegründung heißt es nur, dass ein solcher untergeordneter Beitrag dann vorliegt, wenn der Beitrag den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt oder im Verhältnis zur Gesamtwertschöpfung, die durch das Werk erzielt wird, nur einen geringen Beitrag leistet. In der Gesetzesbegründung explizit erwähnt ist hier die Erstellung einer Werbegrafik.
Vermutlich ist damit Folgendes gemeint:
Erstellt z.B. ein Grafiker das Layout für eine Werbeanzeige für z.B. ein Auto und verkauft sich dieses Auto sehr gut, so wird man sehr wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Werbeanzeige für den Verkaufserfolg des Autos eher von untergeordneter Bedeutung ist. In diesem Fall könnte also der Grafiker nicht mit der Behauptung gehört werden, dass erst seine Werbeanzeige dazu geführt hat, dass das Auto sehr häufig verkauft worden ist und er an diesem Verkaufserfolg partizipieren soll. Entsprechendes ist anzunehmen, wenn ein Grafiker ein Firmenlogo erstellt und die Firma später erfolgreich am Markt tätig ist. Auch hier dürfte das Auskunftsverlangen des Grafikers unbegründet sein, da der Verwerter sicherlich argumentieren kann, dass das Firmenlogo für den Unternehmenserfolg nur von untergeordneter Bedeutung ist. Anders könnte es aber wiederum sein, wenn ein Designer oder Grafiker ein Logo für eine Modemarke entwirft.
Wann die Inanspruchnahme eines Verwerters unverhältnismäßig ist, ist ebenfalls nicht definiert. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, dass eine Auskunft dann unverhältnismäßig sein kann, wenn ein Herausgeber eines umfangreichen Sammelbandes mit Beiträgen zahlreicher Autoren/Fotografen etc. jedem einzelnen Urheber Auskunft erteilen müsste. Zudem, so die Gesetzesbegründung, kann die Auskunft unverhältnismäßig sein, wenn eine Rechtspflicht des Vertragspartners besteht, die begehrte Auskunft geheim zu halten, etwa weil Geheimhaltungsinteressen dagegen sprechen, oder aber der Auskunftsanspruch rechtsmissbräuchlich geltend gemacht wird.
Schließlich findet sich ein weiterer Ausnahmetatbestand im Gesetz, der ausschließlich auf die Urheber und Verwerter von Computerprogrammen zugeschnitten ist. Der Verwerter von Computerprogrammen muss den entsprechenden Urhebern, also den Softwareentwicklern, keine Auskunft erteilen, was damit begründet wird, dass umfangreiche Softwareprogramme in aller Regel von zahlreichen Softwareentwicklern programmiert werden und es für einen Softwarehersteller ein unverhältnismäßig hoher Aufwand wäre, jedem dieser einzelnen Programmierer jährlich Auskunft zu erteilen. Unklar ist hier, ob sich diese Ausnahme nur auf die Softwareentwickler bezieht. Besteht die Software nicht nur aus einem urheberrechtlich geschützten Computerprogramm, sondern auch aus weiteren urheberrechtlich geschützten Elementen, wie es z.B. bei Computer-Games üblich ist (z.B. Grafiken, Figuren, Handlungen, Musik etc.), so stellt sich die Frage, ob zwar der Programmierer keine Auskunft verlangen kann, dafür jedoch z.B. ein Game-Designer.
Besteht ein Auskunftsanspruch, so kann dieser vom Urheber nicht nur gegen seinen Vertragspartner geltend gemacht werden. Der Urheber kann Auskunft auch von Lizenznehmern seines Vertragspartners verlangen, also von Unternehmen oder Personen, mit denen der Urheber gar nicht in einem Vertragsverhältnis steht.
b) Rechterückfall bei Pauschalvergütungen
Eingefügt ins Gesetz wurde ein ebenfalls neuer § 40 a UrhG, welcher ein Recht des Urhebers zur anderweitigen Verwertung nach zehn Jahren bei Pauschalvergütungen vorsieht. Nach Abs. 1 ist ein Urheber berechtigt, ein Werk nach Ablauf von zehn Jahren selbst anderweitig zu verwerten, wenn er einem Verwerter ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen Zahlung einer Pauschalvergütung eingeräumt hat.
Damit wollte der Gesetzgeber den sog. Total-Buyout-Verträgen Einhalt gebieten.
Häufig lassen sich Verwerter von den Urhebern sämtliche Verwertungsrechte am Werk exklusiv und zeitlich, räumlich und inhaltlich unbegrenzt einräumen, so dass nur noch ausschließlich die Verwerter umfassend und für die Dauer des Urheberrechts berechtigt sind, sämtliche Verwertungshandlungen vorzunehmen. Dabei folgt eine Bezahlung des Urhebers z.B. bei Rechteeinräumung über eine Pauschalzahlung, eine Beteiligung an möglichen Verwertungserlösen ist nicht vorgesehen.
Nunmehr soll es so sein, dass bei solchen Vertragsgestaltungen nach Ablauf von zehn Jahren der Urheber sein ursprünglich dem Verwerter eingeräumtes Recht wieder selbst neu verwerten (oder vergeben) darf. Dem Verwerter verbleibt noch ein einfaches Nutzungsrecht. Das heißt, dass der Verwerter zwar weiterhin zu Verwertungshandlungen berechtigt ist, jedoch nicht mehr alleine.
Auch hiervon gibt es Ausnahmen:
Ebenso wie beim Auskunftsanspruch entfällt dieser Rechterückfall an Urheber, die nur einen lediglich untergeordneten Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht haben. Dies entspricht dem obigen, beim Auskunftsanspruch Ausgeführten.
Des Weiteren entfällt ein Rechterückfall, wenn es um ein Computerprogramm geht. Auch hier gilt das oben Gesagte entsprechend.
Der Rechterückfall tritt nicht ein, wenn es sich bei dem Werk um ein Werk der Baukunst oder um einen Entwurf eines solchen Werkes handelt (lediglich relevant für Architekten).
Ein Rechterückfall entfällt, wenn ein Werk nicht veröffentlich werden soll.
Ferner entfällt der Rechterückfall für ein Werk, das mit Zustimmung des Urhebers für eine Marke oder ein sonstiges Kennzeichen, ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster bestimmt ist. Letzteres betrifft typischerweise Logo-Gestaltungen oder das Produkt- oder Webdesign. Erstellt z.B. ein Urheber ein neues Logo für ein Unternehmen und wird das Logo nachher als Marke oder als sog. Unternehmenskennzeichen eingetragen/benutzt, so soll ebenfalls kein Rechterückfall an den Urheber erfolgen.
Daraus folgt, dass Unternehmen, die mit Designern oder Werbeagenturen oder Grafikern zusammenarbeiten, in den Verträgen mit den Urhebern jedenfalls festhalten sollten, dass das vom Urheber zu erstellende Werk die Grundlage für eine Marken-, Design- oder Geschmacksmusteranmeldung sein soll.
Schlussendlich gilt der Rechterückfall auch nicht bei Filmwerken. Ein (Mit-)Urheber eines Films erhält also nach zehn Jahren seine Rechte ebenfalls nicht zurück (z.B. der Regisseur eines Films).
Der Verwerter und der Urheber können frühestens fünf Jahre nach Rechteübertragung darüber neu verhandeln, ob eine Rechteeinräumung exklusiv für den Verwerter auch nach Ablauf der zehn Jahre gelten soll.
c) Weitere Änderungen:
Gemeinsame Vergütungsregelungen:
Das Verfahren zur Aufstellung solcher Gemeinsamer Vergütungsregelungen wurde gestrafft und es wurde ein – wenn auch sehr abgeschwächter – Verbandsklageanspruch eingeführt für Fälle, in denen ein Mitglied eines Verwerterverbands sich nicht an die vom eigenen Verband aufgestellten Gemeinsamen Vergütungsregelungen hält und diese zu Lasten der Urheber unterschreitet.
Recht zur Wiederverfilmung:
Die Urheber vorbestehender Werke bei Filmen (z.B. Romane, Drehbücher) können nach 10 Jahren ihre Werke wieder neu verfilmen lassen. Davon kann nur in Gemeinsamen Vergütungsregelungen abgewichen werden.
Vergütung des ausübenden Künstlers für später bekannte Nutzungsarten:
Die Vorschrift gibt den ausübenden Künstlern einen Anspruch auf eine gesonderte angemessene Vergütung für die Nutzung auf neue, vorher unbekannte Nutzungsarten. Voraussetzung ist, dass die Verwertung der Darbietung auf unbekannte Nutzungsarten vertraglich bereits grundsätzlich verabredet ist. Die Regelung orientiert sich an den bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen für Urheber, so dass damit die Rechtsstellung des ausübenden Künstlers der Stellung des Urhebers angepasst wird. Auch ausübende Künstler erhalten den neu eingeführten Anspruch auf Auskunft nach § 32 d UrhG und § 32 e UrhG.
d) Geltung der neuen Vorschriften
Voraussichtlich zum 01.03.2017 tritt das Gesetz in Kraft, wobei die Änderungen des Gesetzes keine Rückwirkung haben. Für alle davor abgeschlossenen Verträge gelten noch die alten Bestimmungen. Nur für Verträge, die nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen werden, gilt das neue Gesetz. Dies ist aber etwas unklar in Bezug auf den Auskunftsanspruch. Es ist derzeit nicht absehbar, ob ein Auskunftsanspruch auch dann geltend gemacht werden kann, wenn der Vertrag zwar vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen wurde, aber die Auskunft nur in Bezug auf Verwertungshandlungen gemacht wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes vorgenommen worden sind.