Für viele Unternehmer sind die Möglichkeiten zur Bewertung des Unternehmens oder von dessen Waren- oder Dienstleistungen ab und zu auch mit Ärger verbunden:
Gerade negative Bewertungen werden häufig von Personen abgegeben, die unter einem Pseudonym bewerten. Und anhand der häufig nur kurzen Bewertungstexte lässt sich für den Unternehmer nicht nachvollziehen, wer konkret die negative Bewertung abgegeben hat. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn in der negativen Bewertung Behauptungen aufgestellt sind, die offensichtlich nicht zutreffend sind.
In einem solchen Fall bleibt dann nur das Vorgehen gegen denjenigen, der die Bewertungsplattform betreibt.
Schon vor einigen Jahren hat der BGH für solche Fälle ein Prozedere entwickelt:
Das bewertete Unternehmen muss sich beim Portalbetreiber unter Angabe von konkreten Darlegungen um die Löschung der Bewertung bemühen. Nach Eingang der Beschwerde beim Portalbetreiber hat dieser die Beschwerde an denjenigen, der die Bewertung verfasst hat, weiterzuleiten. Auch wenn kein Name des Bewerters dem Betreiber bekannt war, so ist es bei (fast) allen Portalbetreibern notwendig, dass jedenfalls vom Bewerter eine E-Mail-Adresse hinterlegt wird.
Der Bewerter muss dann aufgefordert werden, innerhalb einer kurzen, aber angemessenen Frist auf die Beschwerde des Unternehmens Stellung zu nehmen. Geht keine Stellungnahme des Bewerters ein, hat der Portalbetreiber davon auszugehen, dass die Beschwerde inhaltlich zutreffend ist und die negative Bewertung muss gelöscht werden.
Geht eine Stellungnahme ein, hat der Portalbetreiber die Stellungnahme an das beschwerdeführende Unternehmen weiterzuleiten, welches wiederum darauf erwidern kann. Nach Erwiderung muss der Portalbetreiber schließlich entscheiden, ob er die Darlegungen des Unternehmens oder des Bewerters für überzeugend hält. Löscht das Portal die negative Bewertung nicht, so hat es ab diesem Zeitpunkt auch für mögliche Ansprüche des bewerteten Unternehmens einzustehen.
Im Rahmen dieses Prozedere stellt sich häufig die Frage, welche konkreten Darlegungen die Beschwerde des bewerteten Unternehmens enthalten muss, wie ausführlich also diese Beschwerde gegenüber dem Portalbetreiber und dem Bewerter begründet sein musste. Diverse Portalbetreiber haben an diese Darlegungslast des Unternehmens durchaus hohe Hürden gestellt.
Nun hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung vom 09.08.2022, Az.: VI ZR 1244/20, erfreulicherweise diese Darlegungslast für Unternehmen vereinfacht:
In dem vorliegenden Fall (hier: Hotelbewertungsportal) reicht nämlich nach Auffassung des BGH die Rüge des bewerteten Unternehmens, einer Bewertung liege kein Gäste- bzw. Kundenkontakt zugrunde, grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist das bewertete Unternehmen grundsätzlich nicht verpflichtet, so der BGH. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Bewertung konkrete beschreibende Angaben enthalte, die dem bewerteten Unternehmen anhand der konkreten Angaben es ermöglichen, nachzuvollziehen, wer die Person ist, die die Bewertung abgegeben habe. Liegen der negativen Bewertung nur allgemeine abwertende Sätze zugrunde, wie z.B. „Der Service war schlecht“ etc., reicht dies für eine konkrete Identifizierung des Bewertenden nicht aus, so dass für das bewertete Unternehmen es also zunächst genügt, gegenüber dem Portalbetreiber zu behaupten, der Bewerter sei niemals zuvor Kunde beim bewerteten Unternehmen gewesen. Sodann muss das Portal den oben beschriebenen Prozess in Gang setzen.
Eine erhebliche Erleichterung für Unternehmen, die negativ bewertet worden sind.