BGH zur Darlegungs- und Beweispflicht bei Unternehmensbewertungen

Für viele Unternehmer sind die Möglichkeiten zur Bewertung des Unternehmens oder von dessen Waren- oder Dienstleistungen ab und zu auch mit Ärger verbunden:

Gerade negative Bewertungen werden häufig von Personen abgegeben, die unter einem Pseudonym bewerten. Und anhand der häufig nur kurzen Bewertungstexte lässt sich für den Unternehmer nicht nachvollziehen, wer konkret die negative Bewertung abgegeben hat. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn in der negativen Bewertung Behauptungen aufgestellt sind, die offensichtlich nicht zutreffend sind.

In einem solchen Fall bleibt dann nur das Vorgehen gegen denjenigen, der die Bewertungsplattform betreibt.

Schon vor einigen Jahren hat der BGH für solche Fälle ein Prozedere entwickelt:

Das bewertete Unternehmen muss sich beim Portalbetreiber unter Angabe von konkreten Darlegungen um die Löschung der Bewertung bemühen. Nach Eingang der Beschwerde beim Portalbetreiber hat dieser die Beschwerde an denjenigen, der die Bewertung verfasst hat, weiterzuleiten. Auch wenn kein Name des Bewerters dem Betreiber bekannt war, so ist es bei (fast) allen Portalbetreibern notwendig, dass jedenfalls vom Bewerter eine E-Mail-Adresse hinterlegt wird.

Der Bewerter muss dann aufgefordert werden, innerhalb einer kurzen, aber angemessenen Frist auf die Beschwerde des Unternehmens Stellung zu nehmen. Geht keine Stellungnahme des Bewerters ein, hat der Portalbetreiber davon auszugehen, dass die Beschwerde inhaltlich zutreffend ist und die negative Bewertung muss gelöscht werden.

Geht eine Stellungnahme ein, hat der Portalbetreiber die Stellungnahme an das beschwerdeführende Unternehmen weiterzuleiten, welches wiederum darauf erwidern kann. Nach Erwiderung muss der Portalbetreiber schließlich entscheiden, ob er die Darlegungen des Unternehmens oder des Bewerters für überzeugend hält. Löscht das Portal die negative Bewertung nicht, so hat es ab diesem Zeitpunkt auch für mögliche Ansprüche des bewerteten Unternehmens einzustehen.

Im Rahmen dieses Prozedere stellt sich häufig die Frage, welche konkreten Darlegungen die Beschwerde des bewerteten Unternehmens enthalten muss, wie ausführlich also diese Beschwerde gegenüber dem Portalbetreiber und dem Bewerter begründet sein musste. Diverse Portalbetreiber haben an diese Darlegungslast des Unternehmens durchaus hohe Hürden gestellt.

Nun hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung vom 09.08.2022, Az.: VI ZR 1244/20, erfreulicherweise diese Darlegungslast für Unternehmen vereinfacht:

In dem vorliegenden Fall (hier: Hotelbewertungsportal) reicht nämlich nach Auffassung des BGH die Rüge des bewerteten Unternehmens, einer Bewertung liege kein Gäste- bzw. Kundenkontakt zugrunde, grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist das bewertete Unternehmen grundsätzlich nicht verpflichtet, so der BGH. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Bewertung konkrete beschreibende Angaben enthalte, die dem bewerteten Unternehmen anhand der konkreten Angaben es ermöglichen, nachzuvollziehen, wer die Person ist, die die Bewertung abgegeben habe. Liegen der negativen Bewertung nur allgemeine abwertende Sätze zugrunde, wie z.B. „Der Service war schlecht“ etc., reicht dies für eine konkrete Identifizierung des Bewertenden nicht aus, so dass für das bewertete Unternehmen es also zunächst genügt, gegenüber dem Portalbetreiber zu behaupten, der Bewerter sei niemals zuvor Kunde beim bewerteten Unternehmen gewesen. Sodann muss das Portal den oben beschriebenen Prozess in Gang setzen.

Eine erhebliche Erleichterung für Unternehmen, die negativ bewertet worden sind.

UWG-Reform ab 28. Mai 2022

Mit Wirkung ab dem 28. Mai 2022 werden neue verbraucherschützende Regelungen in das UWG aufgenommen. Im Wesentlichen wird dadurch die EU-Richtlinie zur Modernisierung des Verbraucherschutzrechts in deutsches Recht umgesetzt.

Im Folgenden ein Überblick über die Neuerungen:

1. Influencer-Marketing

Die umstrittenen und nur zum Teil durch BGH-Urteile vom letzten Jahr geklärten Fragen, wann Postings von sog. Influencern mit „Werbung“ zu kennzeichnen sind, sollen nun durch Einfügung eines neuen § 5a Abs. 4 UWG geklärt werden.

Diese Vorschrift legt fest, dass ein kommerzieller Zweck einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens und eine darauf begründende Kennzeichnungspflicht nicht vorliegt, wenn der Handelnde kein Entgelt und keine ähnliche Gegenleistung erhält. In einem solchen Fall ist das Posting nicht anders zu behandeln, als der redaktionelle Inhalt eines Magazins oder Blogs. Die Beweispflicht, dass keine Gegenleistung gewährt wurde, trifft den Influencer. Daraus folgt, dass in Fällen, in denen ein Influencer Waren selbst kauft, Kassenbelege aufbewahrt werden sollten.

Als „ähnliche Gegenleistung“ gelten auch Provisionen, kostenlos zur Verfügung gestellte Produkte durch Unternehmen, kostenlose Reisen oder Übernachtungen, kostenloses Zurverfügungstellen von Ausrüstung etc. Es soll eine weite Auslegung des Begriffs der „Gegenleistung“ gelten.

Diese Kennzeichnungspflicht gilt dann nicht, wenn sich der kommerzielle Zweck des Postings unmittelbar aus den Umständen ergibt. Dies entspricht auch den Bestimmungen des Medienstaatsvertrags der Länder, wonach Werbung als solche kenntlich zu machen ist, wenn diese als solche nicht erkennbar ist.

2. Informationspflichten zu Nutzerbewertungen

Denjenigen, der auf seiner Webseite Bewertungen seiner Produkte oder Dienstleistungen nutzt, hat nun gewisse Informationspflichten zu erfüllen.

Dies betrifft zum einen die typischen Produkt- oder Unternehmensbewertungen mittels Sternebewertungen oder vergleichbaren. Zum anderen aber voraussichtlich auch entsprechende Angaben, die mit Kundenzufriedenheit, Kundenreferenzen und ähnlichem auf ihrer Webseite werben.

Da diese Gesetzesänderung auf eine EU-Richtlinie zurückzuführen ist, setzt der Gesetzgeber auf Aufklärung und Information. Der Onlineshop-Betreiber muss angeben, ob bzw. inwieweit er sicherstellt, dass veröffentlichte Beurteilungen von „echten Käufern“ stammen und auch, ob sämtliche Bewertungen veröffentlicht werden oder nach welchen Regeln bestimmte (meist schlechte) Bewertungen gelöscht werden.

Der Gesetzeswortlaut zwingt nicht den Unternehmer dazu, die Bewertungen als solche generell zu überprüfen. Nimmt er keinerlei Überprüfungen vor und veröffentlicht jede Bewertung, so muss er im Zuge seiner Informationspflicht darauf hinweisen, dass die auf seiner Seite veröffentlichten Bewertungen von ihm nicht überprüft werden.

Die neue Regelung klärt nicht darüber auf, wo und wie die Informationspflichten zu Bewertungen veröffentlicht werden müssen.

Geht man davon aus, dass auch die bisherigen Grundsätze gelten, so wird der Onlineshop-Betreiber seine Bewertungsregeln in unmittelbarer Nähe zu den Bewertungen selbst anbringen müssen. Dafür dürfte es auch genügen, wenn dies über einen typischen Sternchenhinweis erfolgt. Auf der Seite könnte z.B. bei dem Begriff „Kundenbewertungen“ ein „*“ angebracht werden, welches vom Nutzer angeklickt werden kann, wodurch er dann zu den Informationspflichten automatisch verlinkt wird. Im Footer der Webseite könnte dann noch zusätzlich ein neuer Untermenüpunkt „Hinweise zu Bewertungen“ angebracht werden, auf den z.B. bei Anklicken des Sternchens auch verlinkt wird.

3. Ranking von Suchergebnissen

Weitergehende Informationspflichten treffen die Betreiber von Plattformen mit Suchfunktionen. Darunter fallen z.B. Plattformen wie Amazon oder eBay, aber auch Vergleichsportale wie Check24, Verivox oder Idealo. Nicht erfasst sind Suchmaschinen bei reinen Onlineshops sowie allgemeine Suchmaschinen, wie z.B. Google.

Der Betreiber einer solchen Plattform muss nun den Nutzer darüber informieren, in welcher Weise er Rankings der Suchergebnisse vornimmt. Die „Hauptparameter“ für das Ranking sind anzugeben. Die Grenze liegt dort, wo eine Offenlegung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Plattform offenlegen würde.

Die Plattform muss also darüber informieren, ob z.B. Suchergebnisse bevorzugt werden, die dafür ein Entgelt bezahlen. Werden also beim Ranking einer Plattform z.B. Händlerbewertungen, Verkaufszahlen oder Beliebtheit, Rückgabequote etc. verwendet, müsste jedenfalls dies angegeben werden. Der im Gesetzeswortlaut verwendete Betriff „Hauptparameter“ ist allerdings nicht definiert und auch in den Gesetzesmaterialien nicht erläutert.

In Anbetracht der aber sehr unklaren Formulierungen dürften hier die Gerichte in den nächsten Monaten und Jahren einiges klarstellen müssen.

4. Informationspflichten über Unternehmereigenschaft

Eine neue weitere Informationspflicht betrifft den Hinweis eines Anbieters von Waren oder Dienstleistungen, ob er Unternehmer oder Verbraucher ist, sofern dies nicht sowieso schon klar ist. Eine Pflicht, die daher vor allem an eBay-Händler gerichtet sein dürfte.

5. Informationspflichten bei sog. Produktvarianten

Irreführend ist künftig eine Werbung, bei der eine Ware auf unterschiedlich geografischen Märkten als identisch beworben wird, obwohl sich die Waren in ihrer Zusammensetzung oder ihren Merkmalen voneinander unterscheiden. Kein Kriterium ist die Qualität, sofern es hier keine „wesentlichen Unterschiede“ gibt. Beispiel wäre hier die Füllmenge eines Produktes. Auch hier setzt der Gesetzgeber auf Aufklärung.

6. Verbraucherschadenersatz

Neu und erstmals in das UWG aufgenommen wird ein eigener Schadenersatzanspruch für Verbraucher.

Bislang konnten Schadenersatzansprüche über das UWG nur von Mitbewerbern geltend gemacht werden.

Allerdings kann ein Verbraucher nicht für jede wettbewerbswidrige Handlung oder Werbung einen Schadenersatz einfordern. Ausgeschlossen vom Schadenersatzanspruch sind anspruchsbegründende Normen, die dem Marktverhalten oder dem Mitbewerberschutz dienen (z.B. § 6 UWG, der vergleichende Werbung regelt oder die Fälle des § 4 UWG). Dieser Schadenersatz dürfte daher beschränkt sein auf Verstöße gegen die sog. UGP-Richtlinie (Verbot unlauterer Geschäftspraktiken, geregelt in § 3 UWG). Der Anspruch ist darüber hinaus auf den Ersatz des sog. Vertrauensschadens beschränkt. Dem Verbraucher wird also nur der Schaden ersetzt, den er erlitten hat, weil er auf eine Werbeaussage eines Unternehmens vertraut hat. Ein Beispiel dafür wäre eine Werbung eines Unternehmens mit besonders günstigen Angeboten in seinem Ladenlokal, ohne dass der Unternehmer die so beworbene Ware bevorratet bzw. ausreichend bevorratet hat, also ein typischer „Anlockfall“. Fährt der Verbraucher in das Ladenlokal und stellt fest, dass die beworbene Ware nicht oder nicht ausreichend vorhanden war, so könnte er als Vertrauensschaden z.B. die Reisekosten erstattet verlangen.

Ob dieser Schadenersatzanspruch für Verbraucher in der Praxis künftig eine große Rolle spielen wird, ist offen, weil der Anwendungsbereich beschränkt und insbesondere auch die Schadenshöhe durch den Ersatz des Vertrauensschadens beschränkt ist.

7. Bußgelder bei Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften

Neben der individuellen Rechtsdurchsetzung für Verbraucher im Wege des Schadenersatzes gibt es künftig auch die Möglichkeit, dass die dafür zuständige Behörde gegen einen Unternehmer ein Bußgeld verhängen kann. Dies war im UWG nur ausnahmsweise möglich. Der Anwendungsbereich ist nun erweitert worden. Zuständig sein werden wahrscheinlich die jeweiligen Behörden der Bundesländer, wobei noch nicht klar ist, welche Behörde dies sein wird (z.B. Gewerbe- oder Ordnungsamt). Die zuständige Behörde kann in solchen Fällen durchaus empfindlich hohe und umsatzabhängige Bußgelder festsetzen.

8. Werbung mit Garantien

Neben der Gesetzesreform will ich noch auf ein aktuelles Urteil des EuGH hinweisen, welches sich auch mit den Informationspflichten von Onlinehändlern befasst.

Es ging um die Frage, ob Händler auf Online-Marktplätzen wie Amazon oder im eigenen Shop Verbraucher über Herstellergarantien informieren müssen. Bei Herstellern oder Händler, die eigene Garantien geben, ist die Rechtslage klar: hier muss auf die Garantiebedingungen hingewiesen werden.

Umstritten war die Frage, ob Händler auch auf Herstellergarantien hinweisen müssen. Muss also ein Händler, der auf Amazon, eBay oder im eigenen Shop z.B. einen Fernseher verkauft, auch auf Garantien des Herstellers hinweisen und auf dessen Garantiebedingungen z.B. verlinken?

Der EuGH (Urt. v. 05.05.2022, AZ C-179/21) entschied, dass ein Onlinehändler nur dann auf eine solche Herstellergarantie und die entsprechenden Bedingungen der Inanspruchnahme hinweisen muss, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse an der Information habe, um seine Kaufentscheidung treffen zu können. Ein Interesse des Verbrauchers an der Information sah der EuGH dann als gegeben, wenn die Garantie des Herstellers ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Verkaufsangebots darstelle. Dies sei dann anzunehmen, wenn der Händler die Garantie als Verkaufs- oder Werbeargument nutze, um sein Angebot im Vergleich zu denen der Mitbewerber als besonders attraktiv darzustellen. Weitere Kriterien für die Beurteilung seien der Inhalt und die allgemeine Gestaltung des Warenangebots. Inwiefern die Erwähnung der Garantie als Verkaufs- oder Werbeargument von Bedeutung sei oder andere, mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot erwähnt würden, müsse ebenfalls beachtet werden. Liege ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers vor, so müssten neben der Garantiedauer und dem Geltungsbereich auch der Reparaturort, mögliche Beschränkungen der Garantie sowie Name und Anschrift des Garantiegebers angegeben werden.

9. Fazit

Den Onlinehändler treffen also künftig weitere Informationspflichten als ohnehin schon bestehen. Ob dem gesetzgeberischen Ziel der Aufklärung von Verbrauchern damit gedient ist, wenn dem Verbraucher immer mehr und immer umfangreichere Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen, darf durchaus bezweifelt werden. Aber Händler sollen die neuen Regelungen umsetzen, weil Verstöße abgemahnt werden können.

Sollten Sie zu dem einen oder anderen Punkt bzw. der Umsetzung Fragen haben, so stehe ich dafür gerne zur Verfügung.

Zu-Eigen-Machen von Äußerungen durch Betreiber eines Bewertungsportals

Mit Urteil vom Urteil vom 4. April 2017 – AZ: VI ZR 123/16 – hat der BGH seine Rechtsprechung zur Haftung von Bewertungsportalen weiter präzisiert.

In dem entschiedenen Fall hatte das Bewertungsportal auf ein Löschungsersuchen eines Betroffenen inhaltliche Änderungen an dem Text der Bewertung vorgenommen, ohne dies mit der Person abzusprechen, die die Bewertung online gestellt hatte. Das betroffene Unternehmen war auch mit dem abgeänderten Text nicht einverstanden und klagte.

Die Instanzgerichte und nun auch der BGH gaben der Klage statt.

Das Bewertungsportal habe die Äußerungen auf die Rüge der Klägerin inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen, indem es selbständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Autoren der Bewertung – entschieden habe, welche Äußerungen es abändere oder entferne und welche es beibehalte, so das Gericht.

Bei der gebotenen objektiven Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände habe das beklagte Portal somit die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen. Da es sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen und um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handele, habe das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückzutreten, so das Fazit des BGH.

Bundesgerichtshof konkretisiert Pflichten des Betreibers eines Bewertungsportals

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 01.03.2016 (Az.: VI ZR 34/15) die Pflichten des Betreibers eines Ärztewertungsportals konkretisiert:

Der Kläger ist Zahnarzt. Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.jameda.de ein Portal zur Arztsuche und -bewertung. Dort können Interessierte Informationen über Ärzte aufrufen. Registrierten Nutzern bietet das Portal zudem die Möglichkeit, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Die Bewertung, die der jeweilige Nutzer ohne Angabe seines Klarnamens abgeben kann, erfolgt dabei anhand einer sich an Schulnoten orientierenden Skala für insgesamt fünf vorformulierte Kategorien, namentlich „Behandlung“, „Aufklärung“, „Vertrauensverhältnis“, „genommene Zeit“ und „Freundlichkeit“. Ferner besteht die Möglichkeit zu Kommentaren in einem Freitextfeld.

Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist die Bewertung des Klägers durch einen anonymen Nutzer, er könne den Kläger nicht empfehlen. Als Gesamtnote war 4,8 genannt. Sie setzte sich aus den in den genannten Kategorien vergebenen Einzelnoten zusammen, darunter jeweils der Note „6“ für „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“. Der Kläger bestreitet, dass er den Bewertenden behandelt hat.

Der Kläger forderte die Beklagte vorprozessual zur Entfernung der Bewertung auf. Diese sandte die Beanstandung dem Nutzer zu. Die Antwort des Nutzers hierauf leitete sie dem Kläger unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken nicht weiter. Die Bewertung beließ sie im Portal.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten, es zu unterlassen, die dargestellte Bewertung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Das Landgericht hat der Klage stattgeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Der für das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die beanstandete Bewertung ist keine eigene „Behauptung“ der Beklagten, weil diese sie sich inhaltlich nicht zu eigen gemacht hat. Die Beklagte haftet für die vom Nutzer ihres Portals abgegebene Bewertung deshalb nur dann, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. Deren Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihr obliegende Prüfpflichten verletzt. Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Kläger weiterleiten müssen. Im weiteren Verfahren werden die Parteien Gelegenheit haben, zu von der Beklagten ggf. ergriffenen weiteren Prüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.

Vorinstanzen:

LG Köln – 28 O 516/13 – Entscheidung vom 09. Juli 2014;
OLG Köln – 15 U 141/14 Entscheidung vom 16. Dezember 2014

§ 12 Abs. 1 TMG lautet:

Grundsätze
(1) Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.
(2)…(3)…

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 01.03.2016

Bundesgerichtshof zur Haftung eines Hotelbewertungsportals für unwahre Tatsachenbehauptungen eines Nutzers

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass die Betreiberin eines Hotelbewertungsportals nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 8 UWG* oder § 3 Abs. 1 UWG** auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen eines Nutzers auf ihrem Portal haftet.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels. Sie verlangt von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein damit verknüpftes Hotelbewertungsportal betreibt, Unterlassung einer unwahren, von der Klägerin als geschäftsschädigend eingestuften Tatsachenbehauptung. Unter der Überschrift „Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen“ erschien im Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des Hotels der Klägerin.

Nutzer können im Portal der Beklagten Hotels auf einer Skala zwischen eins (sehr schlecht) und sechs (sehr gut) bewerten. Hieraus berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte und eine Weiterempfehlungsrate. Bevor die Beklagte Nutzerbewertungen in ihr Portal aufnimmt, durchlaufen diese eine Wortfiltersoftware, die u.a. Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und dann ggf. manuell freigegeben.

Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die beanstandete Bewertung von ihrem Portal entfernte, jedoch die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterwerfungserklärung nicht abgab.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.

Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene „Behauptung“ der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht „verbreitet“. Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 2 Nr. 1 TMG***, der – wie die Beklagte – eine neutrale Rolle einnimmt, ist nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG**** eingeschränkt. Er haftet nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Die Beklagte hat danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG verletzt. Im Streitfall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.

Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 94/13 – Hotelbewertungsportal

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 19.03.2015.