Sperrung eines Verkäuferkontos auf Amazon

Das Landgericht München I musste sich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit der Frage auseinandersetzen, ob bzw. unter welchen Umständen Amazon dazu berechtigt ist, einen Amazon-Marketplace-Verkäufer von Verkaufsaktivitäten auf der Plattform auszuschließen bzw. dessen Konto zu sperren (Endurteil des LG München I vom 12.05.2021, Az.: 37 O 32/21, BeckRS 2021, 10613).

In dem Verfahren hatte das Landgericht München I zunächst eine einstweilige Verfügung gegen Amazon erlassen. Im Rahmen der einstweiligen Verfügung wurde Amazon untersagt, das Verkäuferkonto des Verfügungsklägers zu deaktivieren bzw. vollständig zu löschen. Nachdem Widerspruch von Amazon eingelegt wurde, erging ein Endurteil nach mündlicher Verhandlung. Im Rahmen dieses Endurteils wurde die einstweilige Verfügung wieder aufgehoben und der Verfügungsantrag des Amazon-Verkäufers zurückgewiesen.

Der Verfügungskläger verkaufte über Amazon diverse Produkte und erwirtschaftete einen großen Teil seines Umsatzes über Amazon. Nachdem Amazon seinen Verkäufer-Account gesperrt hatte, ging der Amazon-Verkäufer dagegen vor und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Gestützt wurde dieser Anspruch auf Kartellrecht, und zwar auf §§ 33 Abs. 1, 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB.

Diese Vorschriften verbieten einem marktbeherrschenden Unternehmen, ein anderes Unternehmen unbillig zu behindern oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund anders zu behandeln als gleichartige Unternehmen.

Zunächst hatte das Landgericht München I keine Probleme damit, Amazon als marktbeherrschendes Unternehmen einzustufen. Dabei stützte sich das Landgericht auch auf einschlägige Verfahren und Berichte des Bundeskartellamtes.

Im Folgenden stellte sich dann die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Amazon einen auf der Plattform tätigen Verkäufer sperren kann.

Das Gericht forderte zunächst, dass vor Sperrung bzw. Deaktivierung eines solchen Verkäufer-Accounts eine umfangreiche Prüfung und auch Begründung durch Amazon erfolgen müsse. Lediglich pauschale Begründungen genügen dafür nicht.

Im vorliegenden Fall war es aber so, dass der betroffene Amazon-Verkäufer bereits schon in der Vergangenheit von Abmahnungen von Amazon bzw. einer kurzzeitigen Kontosperrung betroffen war und dass die nun im Verfahren gegenständliche erneute Kontosperrung auf denselben Gründen beruhte.

Dabei urteilte das Gericht, dass mehrfache, gleichgelagerte Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen von Amazon dafür genügen können. Im vorliegenden Fall ging es um manipulierte Nutzerbewertungen. Amazon konnte gegenüber dem Gericht glaubhaft machen, dass der entsprechende Amazon-Verkäufer Nutzerbewertungen gekauft bzw. manipuliert hatte. Da dies nun insgesamt zum dritten Mal von Amazon entdeckt und auch abgemahnt wurde, sah es das Gericht als gerechtfertigt an, dass Amazon eine entsprechende Sperrung des Accounts durchführte, auch wenn dies für den Amazon-Verkäufer und hiesigen Verfügungskläger eine starke Umsatzeinbuße zur Folge hatte.

OLG Frankfurt bejaht die kartellrechtliche Zulässigkeit des Verbots des Verkaufs von Markenartikel über amazon.de

Laut einer vom OLG Frankfurt veröffentlichten Pressemitteilung vom 22.12.2015 hat das OLG entschieden, dass das Verbot in einem Vertriebsvertrag für Markenrucksäcke, diese auf Internetverkaufsplattformen wie Amazon zu verkaufen, aus kartellrechtlicher Sicht zulässig ist.

Dagegen hat es eine Klausel, wonach es dem Händler darüber hinaus untersagt sein soll, die Markenware auch über Preissuchmaschinen zu bewerben, für unzulässig gehalten.

In der Pressemitteilung heißt es zur Begründung:

„Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Hersteller von Markenprodukten dürfe grundsätzlich in einem sog. selektiven Vertriebssystem zum Schutz der Marke steuern, unter welchen Bedingungen seine Markenprodukte weitervertrieben werden. Bei dem Verbot des Vertriebs über die Internetplattform Amazon überwiege das Interesse des Herstellers an einer qualitativen hochwertigen Beratung sowie der Signalisierung einer hohen Produktqualität der Marke. Im Gegensatz zu den Preissuchmaschinen erscheine bei Amazon auch bei Händlershops das Produktangebot als ein solches von Amazon und nicht als ein solches des Fachhändlers. Dem Hersteller werde damit ein Händler „untergeschoben“, mit dem der Hersteller keine Vertragsbeziehung unterhalte und auf dessen Geschäftsgebaren er keinen Einfluss habe. Die Tatsache, dass der Vertrieb über „Amazon-Marketplace“ für kleine Händler die Wahrnehmbarkeit und Auffindbarkeit erheblich erhöhe, stehe dem nicht entgegen. Der Hersteller könne nicht zu einer aktiven Förderung des Wettbewerbs kleiner und mittlerer Unternehmen im Internet-Handel durch die Zulassung eines Verkaufs über Amazon verpflichtet werden.
Der Hersteller missbrauche jedoch seine durch die Abhängigkeit der Händler bestehende Stellung, wenn er diesen verbiete, die Markenprodukte über Preissuchmaschinen zu bewerben. Dies sei zur Aufrechterhaltung des Markenimages nicht erforderlich, da diese Suchmaschinen in den Augen der Verbraucher nicht dem unmittelbaren Verkauf dienten, sondern lediglich dem Auffinden von Händlern, die das gesuchte Produkt anbieten. Dem Markenimage stehe nicht entgegen, dass durch die Anhäufung von gleichförmigen Produktabbildungen und Preisangaben beim potentiellen Käufer der monotone Eindruck einer massenhaften Verfügbarkeit entstehe. Diesem Aspekt komme – jedenfalls solange keine Luxusgüter vertrieben würden – keine Bedeutung zu.“

Die Entscheidungsgründe des Urteils sind noch nicht veröffentlicht, so dass eine genaue Analyse der Begründung noch nicht möglich ist. Auch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Das Urteil setzt sich mit einer, derzeit strittigen Frage auseinander, ob bzw. inwieweit in Vertriebsverträgen der Hersteller eines Markenprodukts den Vertrieb über das Internet durch die mit ihm vertraglich verbundenen Händler einschränken kann. Die Vorinstanz sowie das LG Kiel haben diese rechtliche Frage anders beantwortet und eine Unwirksamkeit eines Verbots des Verkaufs über Amazon gesehen. Rechtssicherheit in diesem Punkt wird es erst dann geben, wenn sich der BGH dazu äußert.