„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ kann auch im Markenrecht gelten

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ hat schon Friedrich Schiller in seinem berühmten Gedicht „Das Lied von der Glocke“ angeraten. Nach dem Urteil des Landgerichts München I (Urteil vom 11.10.2022, Az.: 33 O 10784/21) hätten dies nun auch die Parteien im bekannten Streit um die Marke „Spezi“ zwischen den Brauereien Paulaner und Riegele 1974 tun sollen.

1974 hatten die Unternehmen eine Vereinbarung getroffen, wonach Paulaner die Bezeichnung „Spezi“ unter bestimmten Umständen nutzen darf.

Nachdem das „Spezi“ von Paulaner in den letzten Jahren zu einem sehr großen Verkaufserfolg wurde, kündigte Riegele die 1974 getroffene Vereinbarung und bot Paulaner den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages an, allerdings dieses Mal mit der Bezahlung von Lizenzgebühren von Paulaner an Riegele.

Paulaner wies die Kündigung zurück und erhob Feststellungsklage vor dem Landgericht München I.

Erstinstanzlich bekam Paulaner nun Recht:

Riegele wertete die 1974 geschlossene Vereinbarung als Lizenzvertrag. Das Landgericht allerdings ist der Rechtsauffassung, dass es sich bei der 1974 geschlossenen Vereinbarung um eine Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung handelt.

Der – auch hier maßgebliche – Unterschied:

Während Lizenzverträge in der Regel ordentlich kündbar sind, gilt dies nicht für solche Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarungen.

Abgrenzungsvereinbarungen sind im Markenrecht gängig: Kann eine Verwechslungsgefahr zwischen zwei Marken nicht ausgeschlossen werden, so schließen die jeweiligen Markeninhaber häufig zur Vermeidung von langwierigen Streitigkeiten, insbesondere vor Markenämtern, solche Vereinbarungen ab. In einer solchen Abgrenzungsvereinbarung werden dann die jeweiligen Pflichten der Parteien und die Abgrenzung der jeweiligen Marken zueinander festgehalten.

Das Landgericht legte die 1974 geschlossene Vereinbarung zwischen den Brauereien als eine solche Abgrenzungsvereinbarung aus. Das Landgericht München I entschied, dass solche Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarungen nicht ordentlich kündbar seien. Denn die Schutzdauer eingetragener Marken könne durch einfache Gebührenzahlung unbegrenzt verlängert werden, so das Gericht. Mit der Vereinbarung 1974 sei eine endgültige Beilegung bestehender Streitigkeiten zwischen den Parteien beabsichtigt gewesen, so das Landgericht weiter. Im Vertrauen auf diese endgültige Beilegung habe dann Paulaner erhebliche Investitionen in den Aufbau der eigenen Marke getroffen.

Ein Grund zur fristlosen Kündigung der Abgrenzungsvereinbarung aus wichtigem Grund lag nach Auffassung des Landgerichts nicht vor. Das Gericht führt hierzu in seinem Urteil aus:

„Die Klägerin hält die vertraglichen Vereinbarungen unbestritten ein, und Jahrzehnte nach Abschluss der Vereinbarung eingetretene Vertragsreue als Ausfluss des Wunsches der Beklagten, am beachtlichen und wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin zu partizipieren, stellt keinen wichtigen Grund im Rechtssinne dar.“

Ein sehr deutlicher Hinweis des Gerichts auf die eigentliche Motivationslage von Riegele für die Kündigung.

Wer also künftig Abgrenzungsvereinbarungen abschließt, sollte daran denken, dass diese Abgrenzungsvereinbarung ordentlich nicht kündbar ist und „auf ewig“ geschlossen wird. Wer das nicht möchte, müsste dann an den Abschluss eines konkreten Lizenzvertrages denken. bei der Formulierung der Verträge sollte darauf auch entsprechend Wert gelegt werden.