Laut einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 09.11.2021 hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 09.11.2021 die Klage einer Online-Versandapotheke gegen einen Bescheid des Landesdatenschutzbeauftragten von Niedersachsen abgewiesen.
Der Landesdatenschutzbeauftragte beanstandete zweierlei:
Zum einen die Abfrage der Online-Apotheke nach dem Geburtsdatum des Kunden. Zum anderen die Angabe einer Anrede, weil lediglich die Auswahlmöglichkeiten „Herr/Frau“ zur Verfügung standen.
Das Verwaltungsgericht gab dem Landesdatenschutzbeauftragten Recht:
Da es nicht ersichtlich sei, dass das Geburtsdatum für die Abwicklung einer Bestellung notwendig sei, weil diese nicht eine altersspezifische Beratung erforderten, verstoße die Erhebung des Geburtsdatums gegen das in der DSGVO normierte Prinzip der Datenminimierung. Demzufolge bedürfe es einer expliziten Einwilligung des Kunden in die Erhebung und Verarbeitung des Geburtsdatums, die nicht eingeholt worden sei.
Bezüglich der geschlechterspezifischen Anrede „Herr/Frau“ verständigten sich die Parteien darauf, dass der Onlineshop die zusätzliche Auswahloption „ohne Angabe“ einfügen müsse, woraufhin über diesen Punkt nicht mehr entschieden werden musste.
Auch das Landgericht Frankfurt/Main hatte sich in einem Verfahren wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung bereits mit der Frage der gendergerechten Ansprache eines Kunden zu befassen (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 03.12.2020, Az.: 2-13 O 131/20, openJur 2020, 79049).
In dem vom Landgericht Frankfurt entschiedenen Fall hatte eine (so in den Urteilsgründen bezeichnete) „klagende Person“ einen Anspruch auf Unterlassung und Zahlung einer Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtverletzung gegen einen Onlineshop geltend gemacht. Wer dort bestellen wollte, musste bei dem Bestellformular ebenfalls die Anrede auswählen, wobei auch hier lediglich die Auswahlmöglichkeiten „Herr“ oder „Frau“ zur Verfügung gestanden hatten. Da die in diesem Verfahren „klagende Person“ eine „nicht binäre Geschlechtsidentität“ besaß, sah sie sich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte auf Unterlassung, Zahlung einer Geldentschädigung und Erstattung von Abmahnkosten.
Das Landgericht bejahte zwar eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, war jedoch der Auffassung, dass darin keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liege, die einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens gewähre, egal, ob dieser Anspruch auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder auf Persönlichkeitsrechtsverletzung gestützt werde. Gleichwohl musste der Onlineshop zumindest einen Teil der Abmahnkosten erstatten.
Onlineshops sollten daher dringend prüfen, ob sie im Rahmen des Bestellprozesses
– > unnötige Daten, wie z.B. das Geburtsdatum, eines Bestellers erheben, obwohl das Geburtsdatum für die Bestellung nicht erforderlich ist
und
-> entweder komplett auf die Auswahl einer Anredemöglichkeit verzichten oder zumindest eine dritte Möglichkeit z.B. „ohne Angabe“ oder „Neutral“ einfügen.
Beide oben genannten Fälle zeigen, dass dies sowohl Ansprüche von potentiellen Kunden wie aber auch vor allem ein Vorgehen von Landesdatenschutzbeauftragten auslösen können.