Haftung für KI-generierte Aussagen auf X durch Grok

Mit Beschluss vom 23. September 2025 hat das Landgericht Hamburg entschieden: Auch dann, wenn eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine Künstliche Intelligenz begangen wird, haftet der Betreiber des Accounts, der diese Äußerung öffentlich verbreitet – unabhängig davon, ob der Inhalt menschlichen oder maschinellen Ursprungs ist.

Der Fall: KI-Aussage auf X verletzt Persönlichkeitsrecht

Im konkreten Fall hatte der X-Account „@grok“ – betrieben von xAI, dem von Elon Musk gegründeten KI-Unternehmen – auf einen Nutzerbeitrag reagiert und eine Liste von Organisationen veröffentlicht, denen unterstellt wurde, stark von staatlicher Förderung abhängig zu sein. Unter den Genannten: der Antragsteller, der die Aussage als unwahr zurückwies.

Das Gericht gab ihm recht: Die Behauptung sei prozessual unwahr, verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht und sei zu unterlassen. Entscheidend: Dass die Äußerung durch eine KI generiert wurde, entlastete die Account-Betreiberin nicht. Sie haftet, weil sie den Beitrag über ihren öffentlich zugänglichen X-Account verbreitet und sich damit zu eigen gemacht hat.

Warum das Urteil alle betrifft

Die Entscheidung ist nicht nur für Unternehmen relevant, sondern für jeden, der mit KI-basierten Diensten in Berührung kommt – sei es als Nutzer, als Anbieter oder als Betroffener einer KI-generierten Aussage:

  • Wer eine KI-Plattform wie Grok, ChatGPT oder andere öffentlich einsetzt, trägt Verantwortung für die generierten Inhalte – unabhängig davon, ob sie von Menschen oder Maschinen stammen.
  • Wer von einer solchen Äußerung betroffen ist – etwa durch falsche Tatsachenbehauptungen – hat grundsätzlich Anspruch auf rechtlichen Schutz, selbst wenn der Inhalt nicht von einer Person, sondern von einer KI stammt.
  • Plattformbetreiber, Influencer, Blogger oder Organisationen, die KI-Tools in der öffentlichen Kommunikation einsetzen, sollten wissen: Die Veröffentlichung KI-generierter Aussagen zieht dieselben rechtlichen Folgen nach sich wie jede menschliche Äußerung.

Offene Rechtsfrage: Was gilt bei privaten Nutzeranfragen?

Die Entscheidung betrifft explizit eine öffentlich auf X (vormals Twitter) abrufbare Äußerung. Doch was passiert, wenn ein Nutzer eine private Abfrage an ein KI-System wie Grok stellt – also ohne jegliche öffentliche Verbreitung – und die Antwort enthält eine ehrverletzende Unwahrheit?

Diese Konstellation ist juristisch bislang kaum geklärt. Fraglich ist:

  • Ob eine nicht-öffentliche Antwort rechtlich als „Verbreitung“ oder „Veröffentlichung“ gilt.
  • Ob ein Schaden entstehen kann, wenn die Antwort nur der Anfragende liest.
  • Ob dieselben Maßstäbe wie bei öffentlichen Äußerungen anzuwenden sind.

Solange keine Außenwirkung besteht, dürfte eine Haftung schwer begründbar sein. Dennoch sollten Unternehmen, die KI in Kundenkommunikation oder Beratung einsetzen, sehr genau prüfen, welche Inhalte in welchen Kontexten generiert werden – und welche Kontrolle sie darüber haben.

Fazit

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg zeigt unmissverständlich: Wer öffentlich kommuniziert – auch durch KI – haftet für die Inhalte. Eine Entlastung mit dem Verweis auf „künstliche Autorenschaft“ ist ausgeschlossen, sobald eine Verbreitung über den eigenen Account erfolgt.


LG Hamburg
Beschluss vom 23.09.2025
Az. 324 O 461/25
GRUR-RS 2025, 27056

Löschungsanspruch bei nachweislich unwahren Tatsachenbehauptungen

Der BGH hatte in einem aktuellen Urteil vom 28.07.2015 , Az.: VI ZR 340/14, darüber zu entscheiden, ob derjenige, der nachweislich unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt,  diese zwar von der eigenen Webseite wieder entfernt hatte, darüber hinaus auch verpflichtet ist, auf die Löschung auf Seiten Dritter hinzuwirken.

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte nach Abmahnung durch die Klägerin die auf der Seite des Beklagten abrufbaren unwahren Tatsachenbehauptungen gelöscht. In der Zwischenzeit waren die entsprechenden Passagen in verschiedenen anderen Internetportalen abrufbar. Die Berichterstattung war zudem über Suchmaschinen abrufbar.

Die Klägerin verlangte mit ihrer Klage, dass der Beklagte die Löschung dieser Texte auf den Internetportalen Dritter bewirken, sprich, dass er gegen die Betreiber der Portale vorgehen solle.

Zunächst hat der BGH ausgeführt, dass derjenige, über den nachweislich unwahre Tatsachen berichtet werden, nicht nur Unterlassung, sondern auch Berichtigung und Beseitigung verlangen könne. Der BGH führt dazu aus:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, nämlich nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann.“

Der BGH stellt sodann fest, dass bei nachweislich unwahren Tatsachenbehauptungen daher alleine die Löschung des Beitrags auf der eigenen Internetseite nicht genüge, um dieser Beseitigungspflicht nachzukommen. Zwar könne der Beklagte die Löschung auf Internetseiten Dritter nicht bewirken, er müsse jedoch auf diese Dritte einwirken, so der BGH.

Wie diese Pflicht zur „Einwirkung“ ausgestaltet sein soll, führt der BGH aber nicht weiter aus, so dass durch diese Entscheidung eine Fülle von Fragen offen bleiben:

Wie weit geht diese Pflicht?

Muss der Unterlassungsschuldner die Seitenbetreiber nur anschreiben oder muss er darüber hinaus sogar auf Löschung klagen?

Genügt ein einmaliges Anschreiben oder muss er mehrfach nachfassen?

Es ist zu erwarten, dass es künftig um die Antwort auf diese Fragen noch einige Streitigkeiten und Rechtsunsicherheiten geben wird.