Beteiligung von Urhebern an den Werbeeinnahmen von Sendern?

Laut einem Bericht der Legal Tribune Online (LTO) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 15. November 2024 zurückgewiesen. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Dies ist ein bedeutender Erfolg für Urheber und ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz in der Medienbranche.


Das Oberlandesgericht Köln hatte in seiner Entscheidung festgestellt, dass einer Filmemacherin ein Auskunftsanspruch gegenüber einem Sendeunternehmen zusteht, der auch die Werbeeinnahmen umfasst, die im zeitlichen Zusammenhang mit ihren Produktionen erzielt wurden. Der Gerichtshof argumentierte, dass die Auskunftspflicht nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) nicht auf direkte Einnahmen aus der Werknutzung beschränkt sei, sondern auch Vorteile einschließe, die sich aus der Ausstrahlung des Werks ergeben. Dazu gehören Werbespots, die unmittelbar vor, während der Pausen und nach der Sendung gezeigt werden. Das Gericht wies das Argument der Beklagten zurück, diese Einnahmen stünden in keinem kausalen Zusammenhang zur einzelnen Produktion, und sah die Werbeeinnahmen als zentralen wirtschaftlichen Faktor an.


Auskunft und Folgeansprüche: Die zwei Stufen des Urheberrechts

Aus der Verurteilung zur Auskunftspflicht lässt sich nicht zwingend ableiten, dass die Klägerin auch in ihren Folgeansprüchen auf Nachvergütung erfolgreich sein wird. Die Auskunftspflicht ist lediglich die erste Stufe eines zweistufigen Verfahrens. Sie dient dazu, dem Urheber die notwendigen Informationen zu verschaffen, um beurteilen zu können, ob seine ursprüngliche Vergütung im Sinne des sogenannten Fairness-Paragraphen (§ 32a UrhG) „unverhältnismäßig niedrig“ war.

Die Auskunft verschafft dem Urheber die Transparenz über die tatsächlichen Erträge und Vorteile des Verwerters. Erst mit diesen konkreten Zahlen kann er dann in einem zweiten Schritt einen Anspruch auf eine weitere, angemessene Beteiligung geltend machen. Der Erfolg dieses Nachvergütungsanspruchs hängt aber von der individuellen Bewertung ab, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen der ursprünglichen Vergütung und den nun offengelegten Einnahmen besteht. Die Auskunftspflicht ist also ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für einen erfolgreichen Zahlungsanspruch.


Die Bedeutung für Sendeanstalten: Werden Verträge seltener?

Das Urteil des OLG Köln, das nun rechtskräftig ist, stellt Sendeunternehmen vor die Herausforderung, ihre internen Abrechnungssysteme anzupassen. Die detaillierte Zuordnung von Werbeeinnahmen zu einzelnen Produktionen erfordert eine hohe Transparenz in den eigenen Geschäftsprozessen. Die Befürchtung, dass Sender künftig weniger Produktionsaufträge vergeben, um das Risiko einer Beteiligung an Werbeeinnahmen zu vermeiden, ist denkbar.

Diese Entwicklung könnte jedoch auch zu einer positiven Veränderung führen. Die Gesetzgebung zielt darauf ab, ein gerechteres Gleichgewicht zwischen den Kreativen und den Verwertern ihrer Werke zu schaffen. Sender könnten gezwungen sein, ihre Vergütungsmodelle von Grund auf neu zu denken und faire Verträge anzubieten, die von Beginn an eine angemessene Beteiligung der Urheber vorsehen. Anstatt weniger Aufträge zu vergeben, könnten Sendeunternehmen sich auf qualitativ hochwertige Produktionen konzentrieren, die nachweislich einen hohen kommerziellen Wert für sie haben, und die Kreativen daran beteiligen.


Folgen für Film- und TV-Produzenten: Ein zweischneidiges Schwert

Für Produktionsfirmen bietet die Entscheidung des OLG Köln eine stärkere Verhandlungsposition. Sie können sich nun auf einen Präzedenzfall berufen, um eine höhere Transparenz und potenziell bessere Konditionen in den Verträgen zu fordern. Das Urteil ist ein wichtiges Instrument, um den Wert ihrer Arbeit nachvollziehbar zu machen und sich gegen eine unangemessen niedrige Vergütung zu wehren. Das Potenzial für höhere Einnahmen durch Nachvergütungsansprüche ist eine klare Chance.

Gleichzeitig könnten sich die Verhandlungen mit Sendeanstalten als komplexer erweisen. Wenn Sender vorsichtiger werden, könnten sie restriktivere Verträge anbieten, die versuchen, die Auskunftsrechte der Urheber zu beschränken. Zudem kann die rechtliche Durchsetzung der Ansprüche aufwendig und kostspielig sein. Letztlich schafft das Urteil eine stärkere rechtliche Grundlage, um eine angemessene Vergütung durchzusetzen, verlangt von den Produzenten jedoch auch, sich auf neue, potenziell langwierige rechtliche Auseinandersetzungen einzustellen.


Gerichtsentscheidung

  • Gericht: Oberlandesgericht Köln
  • Datum: 15. November 2024
  • Aktenzeichen: 6 U 60/24
  • Fundstelle: openJur 2024, 11087

BGH-Urteil: Nachvergütungs- und Auskunftsansprüche des Fotografen bei werblicher Nutzung eines Portraitfotos

1. Hintergrund des Falls

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18. Juni 2025, AZ: I ZR 82/24, entschieden, dass ein Fotograf grundsätzlich Anspruch auf Auskunft und gegebenenfalls eine zusätzliche Vergütung haben kann, wenn sein Foto über Jahre hinweg umfangreich für Werbung genutzt wurde. Im Streit stand die Verwendung eines Portraitfotos der Geschäftsführerin eines Unternehmens, das Nahrungsergänzungsmittel vertreibt. Das Foto war ursprünglich für einen Trainingsplan gedacht, wurde dann aber millionenfach auf Verpackungen, in Webshops und im Teleshopping eingesetzt. Der Fotograf erhielt zunächst nur 180 Euro Honorar.

2. Was regelt § 32d UrhG?

§ 32d UrhG ist eine Vorschrift des Urheberrechtsgesetzes, die dem Urheber einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft über die Nutzung seines Werkes gibt. Das bedeutet:

  • Der Vertragspartner muss dem Urheber mitteilen, wie, in welchem Umfang und mit welchem wirtschaftlichen Erfolg das Werk verwertet wurde.
  • Ziel ist es, Transparenz zu schaffen, damit der Urheber prüfen kann, ob ihm eine weitere angemessene Vergütung nach § 32a UrhG zusteht.
  • Der Anspruch besteht grundsätzlich einmal jährlich, wenn ein Nutzungsrecht entgeltlich eingeräumt wurde.
  • Nur in bestimmten Ausnahmefällen entfällt die Pflicht zur Auskunft. Das ist z. B. der Fall, wenn der Beitrag des Urhebers nachrangig war oder wenn die Auskunftserteilung unverhältnismäßig wäre.

Im vorliegenden Fall hat der Fotograf diesen Anspruch geltend gemacht, um die Grundlage für eine zusätzliche Vergütung zu schaffen.

3. Werbliche Bedeutung des Fotos – zentrale Begründung des BGH

Ein Schwerpunkt der Entscheidung war die Frage, ob das Portraitfoto nur ein untergeordneter Beitrag zur Gesamtvermarktung der Produkte war. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 UrhG wäre der Auskunftsanspruch ausgeschlossen, wenn der Beitrag des Urhebers nur eine geringe Bedeutung hat.

Der BGH hat klargestellt, dass bei der Nutzung eines Fotos für Werbung vor allem die ökonomische Bedeutung zu prüfen ist. Im konkreten Fall sprach alles gegen eine Nachrangigkeit:

  • Das Foto wurde auf Verpackungen in über 25 Produktkategorien verwendet.
  • Es prägte den Wiedererkennungseffekt der gesamten Produktlinie.
  • Es vermittelte den Verbrauchern den Eindruck, dass die Geschäftsführerin mit ihrem Namen und ihrem Bild persönlich für Qualität und Wirksamkeit einsteht.
  • Das Bild wurde auch im Teleshopping genutzt, wo die Geschäftsführerin selbst die Produkte präsentierte.

Damit war das Foto nach Einschätzung des BGH ein zentrales Marketinginstrument, das den Verkaufserfolg maßgeblich unterstützte. Ein lediglich nachrangiger Beitrag lag daher nicht vor.

4. Voraussetzungen und Zweck des Anspruchs aus § 32d UrhG

Der Anspruch aus § 32d UrhG dient vor allem dazu, Urhebern die Informationsgrundlage für Nachvergütungsansprüche nach § 32a UrhG zu verschaffen. Das bedeutet konkret:

  • Der Urheber muss nicht schon beweisen, dass er Anspruch auf mehr Geld hat.
  • Es reicht aus, dass er die Auskunft benötigt, um die wirtschaftliche Bedeutung der Nutzung zu beurteilen.
  • Diese Transparenz soll sicherstellen, dass der Urheber an einem wirtschaftlichen Erfolg angemessen beteiligt wird.

Gleichzeitig gibt es Grenzen: Der Anspruch kann entfallen, wenn die Inanspruchnahme der Auskunft unverhältnismäßig ist oder wenn der Urheber über Jahre hinweg untätig bleibt und dadurch sein Recht verwirkt.

Im konkreten Fall hatte der Fotograf plausibel dargelegt, dass er die Auskünfte braucht, um die jahrelange Nutzung zu bewerten. Deshalb wurde der Anspruch dem Grunde nach bejaht.

5. Verwirkung wegen jahrelanger Kenntnis?

Obwohl der BGH die Auskunftsrechte im Grundsatz bestätigt hat, wurde das Urteil des Oberlandesgerichts München teilweise aufgehoben. Der Grund: Das Berufungsgericht hatte den Einwand der Beklagten nicht geprüft, der Fotograf habe die Nutzung über Jahre gekannt, akzeptiert und hohe Honorare für andere Leistungen erhalten.

Wenn ein Urheber über lange Zeit weiß, dass sein Werk auf diese Weise genutzt wird, und nicht reagiert, kann sein Anspruch verwirkt sein. Das bedeutet: Er kann dann nach Treu und Glauben keine Ansprüche mehr geltend machen, weil der Vertragspartner berechtigterweise auf sein Schweigen vertraut hat.

Das Berufungsgericht wird nun klären müssen, ob eine solche Verwirkung vorliegt. Sollte das bejaht werden, würden sowohl der Anspruch auf Nachvergütung als auch der Anspruch auf Auskunft entfallen.

6. Bedeutung für Unternehmen und Kreative

Die Entscheidung zeigt deutlich:

  • Auch ein Foto, das „nur“ auf Verpackungen erscheint, kann ein wesentliches Marketingelement sein.
  • Der Urheber hat dann weitreichende Auskunfts- und Nachvergütungsansprüche.
  • Unternehmen sollten bei der Nutzung von Bildmaterial die Vertragsgestaltung besonders sorgfältig prüfen und dokumentieren, welche Nutzungsrechte eingeräumt und wie vergütet wurden.
  • Urheber sollten nicht jahrelang abwarten, sondern frühzeitig prüfen, ob ihre Vergütung dem wirtschaftlichen Erfolg entspricht.

Gericht: Bundesgerichtshof
Datum: 18. Juni 2025
Aktenzeichen: I ZR 82/24
Vorinstanzen: Oberlandesgericht München, Urteil vom 21. März 2024 – 29 U 8077/21; Landgericht München I, Urteil vom 25. Oktober 2021 – 42 O 18987/19