Vollständige Namensnennung einer Richterin in kritischem Sachbuch zulässig – OLG Frankfurt bestätigt Pressefreiheit

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 8. Mai 2025, AZ: 16 U 11/23, entschieden, dass die namentliche Nennung einer Richterin in einem Buch über Missstände in der Justiz zulässig ist. Die Klägerin, eine Vorsitzende Richterin, hatte gegen den Verlag auf Unterlassung geklagt, weil ihr Name im Zusammenhang mit einem Strafverfahren genannt wurde, das im Buch kritisch beleuchtet wird.

Worum ging es?

Die Richterin hatte ein bedeutendes Strafverfahren geleitet, das im Buch als Beispiel für strukturelle Defizite in der Justiz dient. Dort wird sie mit einem Zitat aus ihrer Urteilsbegründung wiedergegeben. Der Titel des Buches und seine Kapitelüberschriften lassen einen Bezug zu „rechten Richtern“ erkennen, auch wenn die Klägerin im Text nicht ausdrücklich so bezeichnet wird. Sie sah sich dennoch durch die Namensnennung in ein negatives Licht gerückt und machte eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts geltend.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt wies die Berufung zurück – mit folgenden zentralen Begründungen:

  1. Zulässige Namensnennung bei amtlicher Tätigkeit: Wer als Richterin öffentlich ein Verfahren leitet, muss damit rechnen, dass Name und Wirken auch in der Presse aufgegriffen werden. Die Namensnennung stellt zwar einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, ist aber durch das Interesse der Öffentlichkeit gedeckt.
  2. Verfassungsrechtlich geschütztes Öffentlichkeitsprinzip: Das Gericht verweist ausdrücklich auf die „normative Stoßrichtung“ des in § 169 GVG verankerten Öffentlichkeitsgrundsatzes: Dieser soll nicht nur Transparenz schaffen, sondern auch personelle Verantwortlichkeiten sichtbar machen. Dies gilt insbesondere für Vorsitzende Richter, die Urteile verkünden und Verfahren öffentlich führen.
  3. Keine Prangerwirkung oder falsche Tatsachen: Die Darstellung der Klägerin sei sachlich, ihre zitierte Äußerung korrekt wiedergegeben. Sie werde nicht als „rechte Richterin“ diffamiert, sondern lediglich im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit einem konkreten Verfahren erwähnt.
  4. Kein überwiegendes Persönlichkeitsinteresse: Weder wurde eine konkrete Gefährdungslage dargelegt, noch liegt eine Rufschädigung vor. Die Klägerin muss sich daher die Berichterstattung über ihre amtliche Tätigkeit gefallen lassen – auch in Form eines Buches, das dauerhaft veröffentlicht wird.
  5. Pressefreiheit überwiegt: Die Presse darf selbst entscheiden, welche Informationen sie für berichtenswert hält. Eine gerichtliche „Bedürfnisprüfung“, ob die Namensnennung wirklich erforderlich war, findet nicht statt.

Was bedeutet das für die Praxis?

Das Urteil betont, dass Mitglieder der Justiz – insbesondere Richterinnen und Richter – im Rahmen ihrer öffentlichen Funktion einer kritischen Berichterstattung nicht ausweichen können. Das Interesse der Öffentlichkeit an einer transparenten Justiz wiegt in der Regel schwerer als das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Auch eine dauerhafte Publikation in Buchform ändert daran nichts.

Fazit

Das OLG Frankfurt stellt klar: Wer öffentlich in gerichtlichen Verfahren agiert, muss auch mit einer namentlichen Nennung in der öffentlichen Diskussion rechnen – vorausgesetzt, die Berichterstattung ist sachlich korrekt. Der Schutz der Pressefreiheit und das öffentliche Interesse an der Kontrolle staatlichen Handelns haben in diesem Fall Vorrang.

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Entscheidungsdatum: 8. Mai 2025
Aktenzeichen: 16 U 11/23
Vorinstanz: Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.12.2022 – 2-03 O 60/22
Zitierung: GRUR-RS 2025, 9439

Streit um „Dschinghis Khan“

Alle älteren Leser werden sich sicherlich erinnern und die Songs „Dschinghis Khan“ und „Moskau“ sofort im Ohr haben: Anlässlich des Eurovision Song Contests 1979 wurde vom bekannten deutschen Musikproduzenten und -komponisten Ralph Siegel die Musikgruppe „Dschinghis Khan“ zusammengestellt. Mit dem gleichnamigen Song belegte die Gruppe damals Platz 4.

1985 trennte sich die Musikgruppe.

2005 kam es zu einer Reunion der Band, bei der zahlreiche Gründungsmitglieder mitwirkten, u.a. der Leadsänger der Ursprungsformation.

2014 schied dann dieses Gründungsmitglied wegen Unstimmigkeiten aus und tritt seitdem selbst unter dem Namen „Dschinghis Khan“ auf. Da das damalige Gründungsmitglied vorwiegend in Osteuropa musikalisch tätig war, störte sich Ralph Siegel daran zunächst nicht.

Anlässlich der Fußball-WM 2018 in Russland entschied sich Ralph Siegel, sein Projekt „Dschinghis Khan“ wiederzubeleben, und zwar mit dem damaligen Hit „Moskau“.

Der damalige Leadsänger, der zwischenzeitlich Inhaber einer Wort-/Bildmarke war, versuchte im Anschluss, Auftritte dieser, von Ralph Siegel initiierten neuen Formation zu verhindern.

Das Landgericht München I hatte nun einen Rechtsstreit zwischen Ralph Siegel als Kläger und dem damaligen Leadsänger als Beklagten zu entscheiden. Insbesondere ging es um die Frage, wem die Rechte am Bandnamen „Dschinghis Khan“ ursprünglich zustanden und ob diese Rechte durch Auflösung der Band erloschen sind oder eben nicht.

Kennzeichenrechtlich standen sich also ein sog. Unternehmenskennzeichenrecht aus § 5 MarkenG und ein Markenrecht, nämlich die Wort-/Bildmarke des damaligen Leadsängers, gegenüber. Entscheidend war damit, wer die älteren Rechte inne hat.

Das Landgericht München I entschied nun mit Urteil vom 27.07.2021, Az.: 33 O 6282/19, dass Ralph Siegel die älteren Rechte zustehen.

Das Landgericht war zunächst der Meinung, dass Inhaber des Unternehmenskennzeichenrechts im vorliegenden Fall nicht die Musikgruppe „Dschinghis Kahn“, sondern deren Schöpfer Ralph Siegel sei. Darüber hinaus sei das damalige Unternehmenskennzeichenrecht aus dem Jahre 1979 auch nicht erloschen. Als Grund hierfür verwies das Landgericht auf Besonderheiten aus der Musikbranche, weil nämlich auch nach Auflösung der Band Tonträger dieser Band weiterverkauft worden seien. Alleine deshalb könne nicht von einem Erlöschen des Unternehmenskennzeichenrechts ausgegangen werden, so das Landgericht.

Dieser Rechtsstreit betrifft eine, speziell in der Musikbranche interessante und noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage:

Wem steht eigentlich ein „Recht am Bandnamen“ zu und vor allem: Erlischt dieses Recht am Namen der Band, wenn sich die Band auflöst oder eines oder mehrere Mitglieder aus der Band ausscheiden?

Gibt es keine Vereinbarung zwischen den Bandmitgliedern oder dem „Schöpfer“ der Band und den Bandmitgliedern, so lässt sich durchaus auch die Rechtsauffassung vertreten, dass mit „Auflösung“ der Band auch das Unternehmenskennzeichenrecht erlischt. Denn bei einer Band handelt es sich in aller Regel um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Und sofern es keine gegensätzlichen vertraglichen Vereinbarungen gibt, erlischt die GbR entweder mit Ausscheiden eines Mitglieds oder mit der Liquidation der GbR. Wenn nun also das BGB die Auflösung der GbR vorsieht, so lässt sich durchaus argumentieren, dass damit auch das Unternehmenskennzeichenrecht dieser GbR erlischt. So hatte es z.B. das OLG München im Jahre 1998 entschieden, als es um den Namen eines Trios ging, welches vor allem durch Live-Auftritte eine Bekanntheit erlangt hatte.

Um solche Streitigkeiten von vornherein nicht entstehen zu lassen, sollte daher jede Band, die professionell Musik machen möchte, nach Gründung in einem GbR- oder Band-Vertrag auch die Folgen der Auflösung oder das Ausscheiden von Mitgliedern aus der Band und die Auswirkungen auf den Band-Namen regeln.

Ob der damalige Leadsänger Berufung gegen das Urteil des Landgerichts einlegen wird, ist noch nicht bekannt. Unter rechtlichen Aspekten wäre es sicherlich interessant, wenn der Rechtsstreit am Ende vom Bundesgerichtshof entschieden werden würde, um zu diesem Thema ein Grundsatzurteil zu haben.