Cheat‑Software bei Spielkonsolen

Der Bundesgerichtshof hat am 31. Juli 2025 eine wegweisende Entscheidung zum Einsatz sogenannter Cheat‑Software getroffen. Die Richter stellten klar: Wer mit Zusatzprogrammen den Ablauf eines Videospiels manipuliert, ohne dabei den Quell‑ oder Objektcode zu verändern, verletzt das Urheberrecht des Spieleherstellers nicht. Damit wird die Linie des Europäischen Gerichtshofs bestätigt und für Deutschland verbindlich konkretisiert. Die Entscheidung betrifft zahlreiche Entwickler, Händler und Nutzer solcher Softwareprodukte – und sorgt für mehr rechtliche Klarheit im Gaming-Markt.

Was ist „Cheat‑Software“?
Cheat‑Software wie „Action Replay“ oder ähnliche Tools sind Zusatzprogramme, die Spielern ermöglichen, bestimmte Einschränkungen eines Konsolenspiels gezielt zu umgehen. Dazu gehören etwa unbegrenzte Nutzung von „Turbos“, das Freischalten gesperrter Inhalte oder das Anpassen von Spielparametern. Technisch verändert diese Software nicht das Spiel selbst, sondern greift während der Ausführung in die variablen Daten im Arbeitsspeicher der Konsole ein. Das Programm „glaubt“ dadurch, sich in einem bestimmten Spielzustand zu befinden, ohne dass dieser tatsächlich erreicht wurde.

Die urheberrechtliche Bewertung:
Nach deutschem Urheberrecht (§§ 69a ff. UrhG) sind Computerprogramme urheberrechtlich geschützt – allerdings nur in ihren Ausdrucksformen, insbesondere im Quell‑ und Objektcode. Reine Funktionalitäten oder Ideen eines Programms sind ausdrücklich nicht geschützt. Das bedeutet: Eingriffe in den Programmablauf oder Arbeitsspeicher, die den eigentlichen Code nicht verändern, berühren nicht den urheberrechtlichen Schutzbereich.

Entscheidung des EuGH und des BGH:
Sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesgerichtshof stellten klar: Eine Software, die den Spielablauf lediglich zur Laufzeit beeinflusst, aber den Quell‑ oder Objektcode nicht ändert, stellt keine „Umarbeitung“ im Sinne des § 69c Nr. 2 UrhG dar. Die Rechte des Spieleherstellers bleiben unberührt, solange dessen geschützte Programmbestandteile nicht verändert oder vervielfältigt werden.

Weshalb liegt hier keine Urheberrechtsverletzung vor?

  • Die Cheat‑Software verändert nicht den Code der Spielesoftware.
  • Sie beeinflusst lediglich den Ablauf des Spiels im RAM – also zur Laufzeit.
  • Der urheberrechtliche Schutz bezieht sich jedoch ausschließlich auf den Programmcode, nicht auf seine Ausführung oder temporäre Speicherinhalte.

Praktische Bedeutung:
Das Urteil bringt mehr Klarheit für Entwickler und Vertreiber solcher Zusatzsoftware. Solange kein Eingriff in den Quell‑ oder Objektcode erfolgt, liegt keine Urheberrechtsverletzung vor. Dennoch ist Vorsicht geboten: Auch wenn das Urheberrecht nicht greift, können andere Rechtsnormen – etwa vertragliche Nutzungsbedingungen oder das Wettbewerbsrecht – betroffen sein.

Gericht: Bundesgerichtshof
Entscheidungsdatum: 31. Juli 2025
Aktenzeichen: I ZR 157/21

OLG München zu vorvertraglichen Aufklärungspflichten eines Softwareanbieters

Das OLG München (Beschluss vom 08.08.2022, Az.: 20 U 3236/22) musste in einem Streit zwischen einem Anbieter von Software (hier: Buchungssoftware für Hotels) und einem Kunden über den Umfang und die Reichweite von Aufklärungspflichten eines Softwareanbieters entscheiden.

Die dortige Klägerin bot eine Standardsoftwarelösung für Hotelbuchungen als „Software as a Service“ an. Kurz nach Installation stellte das beklagte Boardinghouse fest, dass die von der Klägerin installierte Software diverse Funktionen, die für die Beklagte wichtig waren, nicht enthielt.

Da trotz Mangelrüge keine Anpassungsarbeiten stattfanden, kündigte die Beklagte und die Klägerin forderte u.a. die Zahlung von Lizenzgebühren.

Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen. Nach Einlegung der Berufung und Begründung derselben durch die Klägerin erließ das OLG München einen Hinweisbeschluss, wonach nach Auffassung des OLG die Berufung unbegründet ist.

Streitig war u.a. die Frage, welche Funktionen die Software zu erfüllen hatte, ein entsprechendes Pflichtenheft oder dergl. gab es nicht.

Das OLG hat im Rahmen des Beschlusses darauf hingewiesen, dass ein Anbieter einer Standardsoftware vor Vertragsschluss selbst zunächst klären müsse, welcher Art des Betrieb sein Kunde führt und welche Anforderungen die Software im Betrieb des Kunden erfüllen soll. Dies gelte auch dann, wenn kein Pflichtenheft vorliege, so das OLG. Denn der Softwareanbieter sei als (einziger) Fachkundiger überhaupt in der Lage, eine solche Aufklärung zu leisten. Sofern der Softwareanbieter dies unterlasse, gehe dies zu seinen Lasten, so das Gericht.

Das Gericht hat also aufgrund der – nach Auffassung des Gerichts einseitigen – Fachkunde eines Softwareanbieters vorvertragliche Aufklärungspflichten konstruiert, und zwar u.a. dahingehend, dass ein Softwareanbieter von sich aus zunächst selbst prüfen muss, ob „seine Software“ überhaupt auf dem System des Kunden lauffähig ist und alle vom Kunden gewünschte Anforderungen erfüllt.

Da auch der Softwareanbieter dafür beweispflichtig ist, dass er diese vorvertraglichen Aufklärungspflichten erfüllt hat, bleibt es einem Softwareanbieter dann – aus seiner Sicht leider – nicht erspart, eine solche vorvertragliche Aufklärung auch sauber zu dokumentieren.

Dekompilierung von Software zur Fehlerbehebung

Der EuGH hat mit Urteil vom 06.10.2021, Az.: C-13/20, entschieden, dass ein Anwender urheberrechtlich geschützte Software dekompilieren darf, um Programmfehler, die die Ablauffähigkeit der Software beeinträchtigten, selbst zu beheben.

Im vorliegenden Fall ging es um einen Rechtsstreit zwischen einer Behörde und einem Softwareanbieter. Beide Parteien konnten sich auf die Bedingungen zur Durchführung der Fehlerbehebung durch den Hersteller nicht einigen. Die Behörde hat dann auf Eigeninitiative das Programm dekompiliert und den Fehler selbst behoben. Wer sich wundert, weil in einem Satz das Wort „Behörde“ und „Eigeninitiative“ vorkommt: Es handelte sich um eine belgische Behörde und das dem EuGH-Verfahren vorausgegangene Verfahren spielte sich in Belgien ab.

Der EuGH gab der belgischen Behörde Recht. Dabei berief sich der EuGH auf die sog. Computerprogramm-Richtlinie der EU aus dem Jahre 1991 (Richtlinie 91/250/EWG). Dort ist u.a. festgeschrieben, dass das Vervielfältigen und Übersetzen von Programmen nicht der Zustimmung des Urhebers bedarf, wenn dies für eine Fehlerbehebung notwendig ist. Der EuGH hat in der aktuellen Entscheidung auch explizit das Dekompilieren und das sog. Reverse Engineering eingeschlossen, da bei urheberrechtlich geschützter Software anders eine Fehlerbehebung nicht möglich sei. Da die entsprechenden Vorgaben aus der Computerprogramm-Richtlinie auch in deutsches Recht (§§ 69c, 69d UrhG) umgesetzt worden sind, hat die Entscheidung des EuGH auch Auswirkungen auf das deutsche Urheberrecht.