Online-Shop nur auf Englisch und die Folgen für die Pflichtangaben

Viele Unternehmer, die ihre Produkte europaweit vertreiben, stellen sich eine entscheidende Frage: Muss ein Online-Shop, der sich auch an deutsche Kunden richtet, zwingend in deutscher Sprache sein? Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem aktuellen Urteil eine praxisnahe Antwort gegeben und gleichzeitig an drei weitere, oft übersehene Fallstricke im E-Commerce erinnert.

Der Fall: Polnischer Händler, englischer Shop, deutsche Kunden

Ein deutscher Händler für Dekorationsartikel verklagte seinen polnischen Wettbewerber. Dieser bot seine Waren über eine Website an, die ausschließlich in englischer Sprache verfügbar war, lieferte aber weltweit und bewarb seine Produkte auch gezielt in Deutschland. Der Kläger sah darin mehrere Wettbewerbsverstöße, unter anderem weil Pflichtinformationen und AGB nicht auf Deutsch bereitgestellt wurden. Das Gericht gab dem Kläger nur teilweise recht und schuf damit wichtige Leitplanken für den internationalen Online-Handel.

Die Kernaussage: Englisch ist nicht per se unzulässig

Die wohl wichtigste Erkenntnis aus dem Urteil: Ein Online-Shop muss nicht zwangsläufig in deutscher Sprache gehalten sein, um rechtssicher in Deutschland Produkte anzubieten.

Das Gericht entschied, dass ein Unternehmer in der Wahl der Sprache für sein Angebot grundsätzlich frei ist. Wenn die Website – vom ersten Besuch über die Produktbeschreibung bis zum Abschluss des Bestellvorgangs – konsequent und ausschließlich in einer Fremdsprache (hier: Englisch) gehalten ist, müssen auch die gesetzlichen Pflichtinformationen nicht zusätzlich ins Deutsche übersetzt werden. Die Richter gehen davon aus, dass ein Kunde, der in der Lage ist, einen englischsprachigen Bestellprozess zu durchlaufen, auch die dazugehörigen englischen Rechtstexte verstehen kann.

Diese Entscheidung ist eine gute Nachricht für international ausgerichtete Unternehmen, da sie eine erhebliche Hürde für den Eintritt in den deutschen Markt beseitigt.

Falle 1: Das Impressum – Ein „mailto“-Link ist zu wenig

Obwohl der Shop in Sachen Sprache Recht bekam, scheiterte er an einer grundlegenden Anforderung des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG, ehemals Telemediengesetz). Im Impressum war keine E-Mail-Adresse ausgeschrieben. Stattdessen fand sich nur ein Link mit dem Text „Write us an e-mail“, der beim Anklicken das E-Mail-Programm des Nutzers öffnet.

Das Gericht stellte klar: Das ist nicht ausreichend. Die „Adresse der elektronischen Post“ muss für eine schnelle und unmittelbare Kontaktaufnahme direkt sichtbar und lesbar sein. Ein „mailto“-Link funktioniert nur, wenn der Nutzer ein entsprechendes Programm konfiguriert hat, was nicht immer der Fall ist. Die E-Mail-Adresse muss also zwingend ausgeschrieben werden (z. B. „info@beispielshop.de“).

Falle 2: Die finale Bestellseite – Alle Infos auf einen Blick

Ein weiterer entscheidender Fehler lag im Aufbau der letzten Seite des Bestellvorgangs. Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Ware, den Gesamtpreis und alle anfallenden Versandkosten wurden dem Kunden auf einer Seite vor der finalen Bestellseite angezeigt. Auf der Seite mit dem „Kaufen“-Button selbst fehlten diese Angaben.

Auch hier urteilte das Gericht streng: Diese Informationen müssen dem Verbraucher „unmittelbar bevor“ er seine Bestellung abgibt, in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, sie müssen auf derselben Seite stehen, auf der der Kunde den Bestellvorgang zahlungspflichtig abschließt. Ein Anzeigen auf einer vorgeschalteten Seite genügt nicht.

Falle 3: Das Widerrufsrecht – Keine eigenen Regeln erfinden

Schließlich hatte der Händler versucht, das gesetzliche Widerrufsrecht des Verbrauchers unzulässig einzuschränken. In seinen Bedingungen hieß es unter anderem, dass mit einem Club-Gutschein gekaufte Waren nicht zurückgegeben werden könnten oder eine Erstattung von der Verwendung eines speziell ausgedruckten Versandetiketts abhinge.

Das Gericht bekräftigte, dass das 14-tägige gesetzliche Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen nicht zum Nachteil des Verbrauchers verändert werden darf. Solche Klauseln sind unwirksam und stellen einen klaren Wettbewerbsverstoß dar, der abgemahnt werden kann.

Fazit für Unternehmer

Die Entscheidung des LG Frankfurt liefert wertvolle Leitlinien:

  1. Ein konsequent fremdsprachiger Online-Shop ist auch für den deutschen Markt zulässig.
  2. Die Details zählen: Im Impressum muss die E-Mail-Adresse immer ausgeschrieben sein.
  3. Die letzte Seite vor dem Kauf muss alle wesentlichen Bestellinformationen zusammenfassen.
  4. Das gesetzliche Widerrufsrecht ist für Verbraucher unantastbar und darf nicht durch eigene Bedingungen eingeschränkt werden.

Betreiber von Online-Shops sind gut beraten, ihre Prozesse anhand dieser klaren Vorgaben zu überprüfen, um kostspielige Abmahnungen zu vermeiden.

Gericht: Landgericht Frankfurt am Main
Datum: 05.03.2025
Aktenzeichen: 2-06 O 38/25

Ein Blick in die DSGVO-Absurdität: Warum eine Google-Recherche 250 Euro kosten kann

Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 19. August 2025 (Az. 42 C 61/25) eine Entscheidung getroffen, die erneut zeigt, welche absurden Blüten die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in der Praxis treiben kann.

Die Fallkonstellation: Recherche im Rechtsstreit

Ein Unternehmen hatte sich gegen eine Klage verteidigt, die von einem Kläger eingereicht wurde, der sich zuvor bei ihm beworben hatte. Um die Glaubwürdigkeit des Klägers zu überprüfen und einen möglichen Missbrauch zu klären, führte das Unternehmen eine Recherche durch – ganz einfach per Google. Dabei stieß es auf Informationen, die es für den Rechtsstreit als relevant ansah und in einem Schriftsatz vor Gericht verwendete. Was das Unternehmen jedoch versäumte: Es informierte den Kläger nicht unmittelbar über die durchgeführte Recherche.


Was das Gericht sagt: Der Recherche ist die Transparenz zu folgen

Das Gericht stellte fest, dass die Recherche an sich zulässig war, da sie der Wahrung berechtigter Interessen des Unternehmens diente, nämlich der Rechtsverteidigung in einem Gerichtsverfahren. Das Amtsgericht Düsseldorf stellte klar, dass dies auch gilt, wenn die Ergebnisse der Google-Suche negative oder abwertende Inhalte über die betroffene Person zutage fördern.

Der entscheidende Haken, der die Verurteilung auslöste, war die fehlende Information des Klägers über die Datenerhebung. Nach Ansicht des Gerichts genügte es nicht, die Recherche-Ergebnisse lediglich im gerichtlichen Schriftsatz zu erwähnen. Das Unternehmen hätte den Kläger vielmehr „unverzüglich“ und „unmittelbar“ nach der Durchführung der Recherche über die Kategorien der verarbeiteten Daten informieren müssen.


Immaterieller Schaden ohne „Erheblichkeit“: Der Kontrollverlust genügt

Das Urteil unterstreicht, dass bereits ein einfacher Verstoß gegen die Informationspflicht einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz auslösen kann. Ein „erheblicher Nachteil“ der betroffenen Person ist dabei nicht erforderlich. Das Gericht beruft sich hierbei auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach bereits der „Verlust der Kontrolle“ über die eigenen Daten einen ersatzfähigen immateriellen Schaden darstellt, selbst wenn es zu keiner missbräuchlichen Verwendung gekommen ist.

Besonders bemerkenswert ist, dass das Gericht dem Kläger in diesem Fall einen Schadensersatz von 250 Euro zusprach. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die Recherche im Gegensatz zu anderen Fällen keine Außenwirkung hatte, da sie ausschließlich im Rahmen des Rechtsstreits stattfand. Zudem berücksichtigte das Gericht, dass der Kläger nach eigenen Angaben bereits eine Vielzahl vergleichbarer Verfahren geführt hatte und ein Datenschutzverstoß für ihn daher eine geringere „Strahlkraft“ habe.


Ein Fazit, das die Absurditäten der DSGVO offenlegt

Dieses Urteil ist ein beispielhafter Beweis für die Absurditäten der DSGVO. Es macht deutlich, dass selbst ein Unternehmen, das sich in einem Gerichtsverfahren wehrt und dafür im Internet frei verfügbare Informationen über den Kläger recherchiert, in eine DSGVO-Falle tappen kann. Die DSGVO verlangt hier nicht nur Transparenz, sie verlangt sie unverzüglich. Die Folgen sind bekannt: Auch wenn man alles richtig gemacht hat, kann man wegen eines Formfehlers zu Schadensersatz verurteilt werden.

An dieser Stelle drängt sich der Verweis auf unser Blog-Update vom 5. September 2025 auf. Dort haben wir bereits dargelegt, wie die aktuelle Rechtsprechung die DSGVO-Auswüchse weiter befeuert. Insbesondere sei hier auf das jüngste Urteil des EuGH vom 4. September 2025 (Az. C-655/23) verwiesen, das dem Trend des „Schadensersatzes ohne Schaden“ Tür und Tor öffnet und die Situation für Unternehmen noch weiter verschärft.


Gericht: Amtsgericht Düsseldorf
Datum: 19.08.2025
Aktenzeichen: 42 C 61/25
Fundstelle: GRUR-RS 2025, 22886

LG Rostock: Materialangabe bei Textilien muss auf der Bestellseite stehen

Das Landgericht Rostock (AZ: 6 HK O 28/24) hat entschieden, dass Online-Händler die wesentliche Materialzusammensetzung von Textilien direkt auf der letzten Bestellseite angeben müssen. Eine Angabe nur auf der Produktdetailseite reicht nicht aus.

Hintergrund des Falls

Ein Händler bot in seinem Onlineshop einen „VIP Seidenschal“ zum Preis von 19,90 € an. Auf der Produktseite wurde korrekt angegeben, dass der Schal aus Polyester besteht. Auf der finalen Bestellseite vor dem Klick auf „Bestellung abschließen“ fehlte jedoch jede Information zum Material. Sichtbar waren nur der Produktname, die Anzahl und der Preis.

Ein Verbraucherschutzverein sah darin einen Verstoß gegen gesetzliche Informationspflichten und klagte auf Unterlassung. Die Bezeichnung „Seidenschal“ erweckte nach Auffassung des Gerichts zudem einen irreführenden Eindruck, da tatsächlich keine Seide enthalten war.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht bejahte einen Wettbewerbsverstoß. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB und § 312j Abs. 2 BGB muss der Unternehmer dem Verbraucher unmittelbar vor Abgabe der Bestellung klar und verständlich die wesentlichen Eigenschaften der Ware mitteilen. Bei Textilien gehört dazu insbesondere die Materialzusammensetzung.

Die Pflichtinformation muss in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Bestellbutton stehen. Eine bloße Verlinkung oder eine frühere Angabe im Bestellprozess genügt nicht. Das Vorenthalten dieser Information kann den Verbraucher zu einer Kaufentscheidung verleiten, die er bei vollständiger Information möglicherweise nicht getroffen hätte.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt deutlich, dass Händler ihre Bestellseiten prüfen und anpassen müssen. Insbesondere bei Textilien ist die Materialangabe zwingend auf der letzten Bestellseite erforderlich. Andernfalls drohen hohe Ordnungsgelder oder sogar Ordnungshaft für den Geschäftsführer.


Gericht: Landgericht Rostock, 2. Kammer für Handelssachen
Datum: 07.01.2025
Aktenzeichen: 6 HK O 28/24

BGH zur Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen: Keine Pflicht zur Faxnummer – Klarstellung für den gesamten Onlinehandel

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 22. Juli 2025 (Az. VIII ZR 5/25) entschieden, dass die Angabe einer Telefaxnummer in der Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen mit Verbrauchern nicht erforderlich ist – selbst wenn der Unternehmer sie im Impressum aufführt.

Die Entscheidung betrifft zwar einen konkreten Fall im Neuwagenhandel – hat jedoch grundsätzliche Bedeutung für alle Kaufverträge im Fernabsatz, etwa im Onlinehandel mit Möbeln, Elektronik oder Bekleidung. Sie bringt damit Rechtssicherheit für zahlreiche Unternehmen, die Waren im Internet an Verbraucher verkaufen.

Was war passiert?

Ein Verbraucher hatte zwei Neuwagen über die Internetseite eines Autohändlers bestellt. Der Unternehmer nutzte eine individuelle Widerrufsbelehrung, in der er seine Postanschrift und E-Mail-Adresse angab – nicht jedoch seine Telefon- oder Faxnummer. Dabei hatte er im Impressum seiner Website sowohl Telefon- als auch Faxnummer veröffentlicht.

Fast ein Jahr nach Übergabe der Fahrzeuge widerrief der Käufer seine Vertragserklärungen per E-Mail. Die Klage auf Rückabwicklung der Kaufverträge blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde wollte der Käufer erreichen, dass der BGH den Fall zur Revision annimmt. Er argumentierte unter anderem, die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Belehrung noch nicht zu laufen begonnen.

Der BGH stellt klar: Keine Pflicht zur Faxangabe

Der Bundesgerichtshof hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die Widerrufsfrist hatte ordnungsgemäß mit der Fahrzeugübergabe begonnen und war bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen.

Entscheidend ist: Die Belehrung war auch ohne Angabe der Faxnummer wirksam. Zwar hatte der Händler in seiner Widerrufsbelehrung den Widerruf „per Brief, Telefax oder E-Mail“ erwähnt – die Telefaxnummer selbst aber nicht angegeben. Das genügt laut BGH:

Ein Unternehmer muss in der Widerrufsbelehrung nicht zwingend seine Faxnummer angeben, sofern er dem Verbraucher zumindest eine Postanschrift und eine funktionierende E-Mail-Adresse mitteilt.

Auch die Tatsache, dass die Faxnummer im Impressum genannt wurde, führt nicht zu einer Pflicht, sie in die Widerrufsbelehrung aufzunehmen. Selbst wenn diese Nummer nicht erreichbar gewesen wäre, hätte das laut Gericht keinen Einfluss auf den Fristbeginn gehabt. Der durchschnittliche Verbraucher würde sich davon nicht abhalten lassen, sein Widerrufsrecht auszuüben – zumal ihm andere, praktikable Kontaktwege offenstehen.

Allgemeine Bedeutung für den E-Commerce

Obwohl sich der entschiedene Fall auf den Neuwagenkauf bezieht, hat die Entscheidung weitreichende Bedeutung für sämtliche Fernabsatzverträge mit Verbrauchern, insbesondere im Onlinehandel:

  • Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung sind nicht schon deshalb verletzt, weil dort eine im Impressum genannte Faxnummer fehlt oder nicht funktioniert.
  • Entscheidend ist, dass mindestens ein effizienter Kommunikationsweg wie E‑Mail oder Postanschrift benannt wird.
  • Die Entscheidung bestätigt damit einen praxisgerechten Maßstab, der auch für andere Branchen wichtig ist – vom Onlineversandhaus über den Möbelhandel bis hin zu spezialisierten Webshops.

Weitere Klarstellungen

Der Senat hat zudem weitere Streitfragen geklärt:

  • Keine Pflicht zur Schätzung der Rücksendekosten: Die fehlende Angabe zu den (geschätzten) Rücksendekosten in der Belehrung steht dem Fristbeginn ebenfalls nicht entgegen. Etwaige Informationsmängel wirken sich nur auf die Kostentragungspflicht nach § 357 BGB aus, nicht auf die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung.
  • Verweis auf Verbrauchereigenschaft zulässig: Der Hinweis „Wenn Sie Verbraucher sind…“ genügt. Der Unternehmer muss nicht für jeden Einzelfall prüfen, ob der Käufer tatsächlich Verbraucher ist. Das ist Aufgabe des Kunden.

Fazit für Unternehmer

Die Entscheidung stärkt die Position von Unternehmern im E-Commerce und stationären Fernabsatz:

  • Eine vollständige Widerrufsbelehrung muss nicht alle im Impressum genannten Kommunikationsmittel aufführen.
  • Faxgeräte dürfen außen vor bleiben, solange moderne und praktikable Kommunikationswege geboten werden.
  • Wer Postanschrift und E-Mail angibt, handelt rechtskonform.
  • Die Nutzung der gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrung bleibt dennoch der rechtssicherste Weg.

Gericht: Bundesgerichtshof
Datum der Entscheidung: 22. Juli 2025
Aktenzeichen: VIII ZR 5/25
Fundstelle: Pressemitteilung Nr. 145/2025 vom 29. Juli 2025

Werbung mit „Kauf auf Rechnung“

Werbung mit „Kauf auf Rechnung“ ist ein „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 15. Mai 2025 in der Rechtssache C-100/24 klargestellt, dass ein Hinweis auf eine bestimmte Zahlungsmodalität – hier der „Kauf auf Rechnung“ – auf einer Website ein „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne von Art. 6 lit. c der Richtlinie 2000/31/EG darstellen kann. Das Urteil erging auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs im Streit zwischen der Verbraucherzentrale Hamburg und der bonprix Handelsgesellschaft mbH.

Worum ging es?

bonprix warb auf seiner Website mit der Aussage „Bequemer Kauf auf Rechnung“. Die Verbraucherzentrale Hamburg hielt dies für irreführend, da nicht sofort ersichtlich sei, dass diese Zahlungsmöglichkeit nur nach erfolgreicher Bonitätsprüfung zur Verfügung steht. Die Klage auf Unterlassung blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bundesgerichtshof legte dem EuGH die Frage vor, ob ein solcher Hinweis bereits als „Angebot zur Verkaufsförderung“ anzusehen ist und damit den besonderen Transparenzanforderungen der Richtlinie unterliegt.

Die Entscheidung des EuGH

Der Gerichtshof bejahte die Vorlagefrage. Entscheidend sei, ob die Zahlungsmodalität dem Verbraucher einen objektiven und sicheren Vorteil verschafft, der sein Verhalten beeinflussen kann. Der EuGH stellte klar, dass:

  • „Angebote zur Verkaufsförderung“ nicht nur klassische Preisnachlässe oder Geschenke umfassen, sondern auch andere objektiv vorteilhafte Bedingungen wie den Aufschub der Kaufpreiszahlung;
  • dieser Vorteil nicht notwendigerweise einen erheblichen Geldwert haben muss;
  • der Hinweis auf eine Zahlungsart wie den Kauf auf Rechnung einen objektiven, sicheren Vorteil darstellen kann, etwa durch gesteigerte Liquidität oder verminderte Risiken für den Verbraucher.

Daher müsse bereits im Rahmen der Werbung klar und eindeutig auf etwaige Voraussetzungen – hier insbesondere die erforderliche Bonitätsprüfung – hingewiesen werden.

Praxishinweis für Onlinehändler

Das Urteil hat erhebliche praktische Relevanz für die Gestaltung von Online-Werbung. Wer mit bestimmten Zahlungsmodalitäten wirbt, muss sicherstellen, dass die Bedingungen für deren Inanspruchnahme klar, leicht zugänglich und eindeutig dargestellt sind. Verstöße könnten abmahnfähig sein.

Händler sollten ihre Werbeangaben insbesondere zu Zahlungsoptionen auf Transparenz und Verständlichkeit prüfen, um rechtlichen Risiken vorzubeugen.

Fazit

Der EuGH bestätigt mit diesem Urteil seine verbraucherschutzfreundliche Linie. Bereits ein scheinbar neutraler Hinweis wie „Kauf auf Rechnung“ kann ein verkaufsförderndes Angebot darstellen und unterliegt dann strengen Informationspflichten.

Bezahlte Produktbewertung ohne Hinweis ist unlauter

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 09.06.2022, Az.: 6 U 232/21, entschieden, dass in Fällen, in denen für eine Produktrezension eine wenn auch nur sehr geringe Belohnung bezahlt wird, darauf auch bei der Bewertung hingewiesen werden muss. Fehlt ein solcher Hinweis, liegt eine unlautere getarnte Werbung vor.

In dem Verfahren wurde Amazon in Anspruch genommen, weil bei einigen Bewertungen nicht darauf hingewiesen wurde, dass der Bewerter eine Entlohnung bzw. Belohnung für die Bewertung enthielt.

Bei einer bezahlten Kundenrezension sei nicht sichergestellt, dass die Abgabe der Bewertung frei von sachfremden Einflüssen sei, weswegen ein solcher Hinweis notwendig sei, so das OLG.

Das Urteil des OLG steht auch im Einklang mit den seit 28.05.2022 geltenden neuen Informationspflichten für Kundenbewertungen. Wer mit Kundenbewertungen wirbt, muss den User darauf aufmerksam machen, nach welchen Kriterien die Bewertungen erstellt und veröffentlicht werden.

Aber weder das OLG noch das Gesetz verbieten generell, dass ein Onlinehändler für Kundenbewertungen bezahlt. Er muss „nur“ darauf hinweisen, dass für Bewertungen eine Entlohnung oder Belohnung, z.B. in Form von Gutscheinen, erfolgt.

UWG-Reform ab 28. Mai 2022

Mit Wirkung ab dem 28. Mai 2022 werden neue verbraucherschützende Regelungen in das UWG aufgenommen. Im Wesentlichen wird dadurch die EU-Richtlinie zur Modernisierung des Verbraucherschutzrechts in deutsches Recht umgesetzt.

Im Folgenden ein Überblick über die Neuerungen:

1. Influencer-Marketing

Die umstrittenen und nur zum Teil durch BGH-Urteile vom letzten Jahr geklärten Fragen, wann Postings von sog. Influencern mit „Werbung“ zu kennzeichnen sind, sollen nun durch Einfügung eines neuen § 5a Abs. 4 UWG geklärt werden.

Diese Vorschrift legt fest, dass ein kommerzieller Zweck einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens und eine darauf begründende Kennzeichnungspflicht nicht vorliegt, wenn der Handelnde kein Entgelt und keine ähnliche Gegenleistung erhält. In einem solchen Fall ist das Posting nicht anders zu behandeln, als der redaktionelle Inhalt eines Magazins oder Blogs. Die Beweispflicht, dass keine Gegenleistung gewährt wurde, trifft den Influencer. Daraus folgt, dass in Fällen, in denen ein Influencer Waren selbst kauft, Kassenbelege aufbewahrt werden sollten.

Als „ähnliche Gegenleistung“ gelten auch Provisionen, kostenlos zur Verfügung gestellte Produkte durch Unternehmen, kostenlose Reisen oder Übernachtungen, kostenloses Zurverfügungstellen von Ausrüstung etc. Es soll eine weite Auslegung des Begriffs der „Gegenleistung“ gelten.

Diese Kennzeichnungspflicht gilt dann nicht, wenn sich der kommerzielle Zweck des Postings unmittelbar aus den Umständen ergibt. Dies entspricht auch den Bestimmungen des Medienstaatsvertrags der Länder, wonach Werbung als solche kenntlich zu machen ist, wenn diese als solche nicht erkennbar ist.

2. Informationspflichten zu Nutzerbewertungen

Denjenigen, der auf seiner Webseite Bewertungen seiner Produkte oder Dienstleistungen nutzt, hat nun gewisse Informationspflichten zu erfüllen.

Dies betrifft zum einen die typischen Produkt- oder Unternehmensbewertungen mittels Sternebewertungen oder vergleichbaren. Zum anderen aber voraussichtlich auch entsprechende Angaben, die mit Kundenzufriedenheit, Kundenreferenzen und ähnlichem auf ihrer Webseite werben.

Da diese Gesetzesänderung auf eine EU-Richtlinie zurückzuführen ist, setzt der Gesetzgeber auf Aufklärung und Information. Der Onlineshop-Betreiber muss angeben, ob bzw. inwieweit er sicherstellt, dass veröffentlichte Beurteilungen von „echten Käufern“ stammen und auch, ob sämtliche Bewertungen veröffentlicht werden oder nach welchen Regeln bestimmte (meist schlechte) Bewertungen gelöscht werden.

Der Gesetzeswortlaut zwingt nicht den Unternehmer dazu, die Bewertungen als solche generell zu überprüfen. Nimmt er keinerlei Überprüfungen vor und veröffentlicht jede Bewertung, so muss er im Zuge seiner Informationspflicht darauf hinweisen, dass die auf seiner Seite veröffentlichten Bewertungen von ihm nicht überprüft werden.

Die neue Regelung klärt nicht darüber auf, wo und wie die Informationspflichten zu Bewertungen veröffentlicht werden müssen.

Geht man davon aus, dass auch die bisherigen Grundsätze gelten, so wird der Onlineshop-Betreiber seine Bewertungsregeln in unmittelbarer Nähe zu den Bewertungen selbst anbringen müssen. Dafür dürfte es auch genügen, wenn dies über einen typischen Sternchenhinweis erfolgt. Auf der Seite könnte z.B. bei dem Begriff „Kundenbewertungen“ ein „*“ angebracht werden, welches vom Nutzer angeklickt werden kann, wodurch er dann zu den Informationspflichten automatisch verlinkt wird. Im Footer der Webseite könnte dann noch zusätzlich ein neuer Untermenüpunkt „Hinweise zu Bewertungen“ angebracht werden, auf den z.B. bei Anklicken des Sternchens auch verlinkt wird.

3. Ranking von Suchergebnissen

Weitergehende Informationspflichten treffen die Betreiber von Plattformen mit Suchfunktionen. Darunter fallen z.B. Plattformen wie Amazon oder eBay, aber auch Vergleichsportale wie Check24, Verivox oder Idealo. Nicht erfasst sind Suchmaschinen bei reinen Onlineshops sowie allgemeine Suchmaschinen, wie z.B. Google.

Der Betreiber einer solchen Plattform muss nun den Nutzer darüber informieren, in welcher Weise er Rankings der Suchergebnisse vornimmt. Die „Hauptparameter“ für das Ranking sind anzugeben. Die Grenze liegt dort, wo eine Offenlegung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Plattform offenlegen würde.

Die Plattform muss also darüber informieren, ob z.B. Suchergebnisse bevorzugt werden, die dafür ein Entgelt bezahlen. Werden also beim Ranking einer Plattform z.B. Händlerbewertungen, Verkaufszahlen oder Beliebtheit, Rückgabequote etc. verwendet, müsste jedenfalls dies angegeben werden. Der im Gesetzeswortlaut verwendete Betriff „Hauptparameter“ ist allerdings nicht definiert und auch in den Gesetzesmaterialien nicht erläutert.

In Anbetracht der aber sehr unklaren Formulierungen dürften hier die Gerichte in den nächsten Monaten und Jahren einiges klarstellen müssen.

4. Informationspflichten über Unternehmereigenschaft

Eine neue weitere Informationspflicht betrifft den Hinweis eines Anbieters von Waren oder Dienstleistungen, ob er Unternehmer oder Verbraucher ist, sofern dies nicht sowieso schon klar ist. Eine Pflicht, die daher vor allem an eBay-Händler gerichtet sein dürfte.

5. Informationspflichten bei sog. Produktvarianten

Irreführend ist künftig eine Werbung, bei der eine Ware auf unterschiedlich geografischen Märkten als identisch beworben wird, obwohl sich die Waren in ihrer Zusammensetzung oder ihren Merkmalen voneinander unterscheiden. Kein Kriterium ist die Qualität, sofern es hier keine „wesentlichen Unterschiede“ gibt. Beispiel wäre hier die Füllmenge eines Produktes. Auch hier setzt der Gesetzgeber auf Aufklärung.

6. Verbraucherschadenersatz

Neu und erstmals in das UWG aufgenommen wird ein eigener Schadenersatzanspruch für Verbraucher.

Bislang konnten Schadenersatzansprüche über das UWG nur von Mitbewerbern geltend gemacht werden.

Allerdings kann ein Verbraucher nicht für jede wettbewerbswidrige Handlung oder Werbung einen Schadenersatz einfordern. Ausgeschlossen vom Schadenersatzanspruch sind anspruchsbegründende Normen, die dem Marktverhalten oder dem Mitbewerberschutz dienen (z.B. § 6 UWG, der vergleichende Werbung regelt oder die Fälle des § 4 UWG). Dieser Schadenersatz dürfte daher beschränkt sein auf Verstöße gegen die sog. UGP-Richtlinie (Verbot unlauterer Geschäftspraktiken, geregelt in § 3 UWG). Der Anspruch ist darüber hinaus auf den Ersatz des sog. Vertrauensschadens beschränkt. Dem Verbraucher wird also nur der Schaden ersetzt, den er erlitten hat, weil er auf eine Werbeaussage eines Unternehmens vertraut hat. Ein Beispiel dafür wäre eine Werbung eines Unternehmens mit besonders günstigen Angeboten in seinem Ladenlokal, ohne dass der Unternehmer die so beworbene Ware bevorratet bzw. ausreichend bevorratet hat, also ein typischer „Anlockfall“. Fährt der Verbraucher in das Ladenlokal und stellt fest, dass die beworbene Ware nicht oder nicht ausreichend vorhanden war, so könnte er als Vertrauensschaden z.B. die Reisekosten erstattet verlangen.

Ob dieser Schadenersatzanspruch für Verbraucher in der Praxis künftig eine große Rolle spielen wird, ist offen, weil der Anwendungsbereich beschränkt und insbesondere auch die Schadenshöhe durch den Ersatz des Vertrauensschadens beschränkt ist.

7. Bußgelder bei Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften

Neben der individuellen Rechtsdurchsetzung für Verbraucher im Wege des Schadenersatzes gibt es künftig auch die Möglichkeit, dass die dafür zuständige Behörde gegen einen Unternehmer ein Bußgeld verhängen kann. Dies war im UWG nur ausnahmsweise möglich. Der Anwendungsbereich ist nun erweitert worden. Zuständig sein werden wahrscheinlich die jeweiligen Behörden der Bundesländer, wobei noch nicht klar ist, welche Behörde dies sein wird (z.B. Gewerbe- oder Ordnungsamt). Die zuständige Behörde kann in solchen Fällen durchaus empfindlich hohe und umsatzabhängige Bußgelder festsetzen.

8. Werbung mit Garantien

Neben der Gesetzesreform will ich noch auf ein aktuelles Urteil des EuGH hinweisen, welches sich auch mit den Informationspflichten von Onlinehändlern befasst.

Es ging um die Frage, ob Händler auf Online-Marktplätzen wie Amazon oder im eigenen Shop Verbraucher über Herstellergarantien informieren müssen. Bei Herstellern oder Händler, die eigene Garantien geben, ist die Rechtslage klar: hier muss auf die Garantiebedingungen hingewiesen werden.

Umstritten war die Frage, ob Händler auch auf Herstellergarantien hinweisen müssen. Muss also ein Händler, der auf Amazon, eBay oder im eigenen Shop z.B. einen Fernseher verkauft, auch auf Garantien des Herstellers hinweisen und auf dessen Garantiebedingungen z.B. verlinken?

Der EuGH (Urt. v. 05.05.2022, AZ C-179/21) entschied, dass ein Onlinehändler nur dann auf eine solche Herstellergarantie und die entsprechenden Bedingungen der Inanspruchnahme hinweisen muss, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse an der Information habe, um seine Kaufentscheidung treffen zu können. Ein Interesse des Verbrauchers an der Information sah der EuGH dann als gegeben, wenn die Garantie des Herstellers ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Verkaufsangebots darstelle. Dies sei dann anzunehmen, wenn der Händler die Garantie als Verkaufs- oder Werbeargument nutze, um sein Angebot im Vergleich zu denen der Mitbewerber als besonders attraktiv darzustellen. Weitere Kriterien für die Beurteilung seien der Inhalt und die allgemeine Gestaltung des Warenangebots. Inwiefern die Erwähnung der Garantie als Verkaufs- oder Werbeargument von Bedeutung sei oder andere, mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot erwähnt würden, müsse ebenfalls beachtet werden. Liege ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers vor, so müssten neben der Garantiedauer und dem Geltungsbereich auch der Reparaturort, mögliche Beschränkungen der Garantie sowie Name und Anschrift des Garantiegebers angegeben werden.

9. Fazit

Den Onlinehändler treffen also künftig weitere Informationspflichten als ohnehin schon bestehen. Ob dem gesetzgeberischen Ziel der Aufklärung von Verbrauchern damit gedient ist, wenn dem Verbraucher immer mehr und immer umfangreichere Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen, darf durchaus bezweifelt werden. Aber Händler sollen die neuen Regelungen umsetzen, weil Verstöße abgemahnt werden können.

Sollten Sie zu dem einen oder anderen Punkt bzw. der Umsetzung Fragen haben, so stehe ich dafür gerne zur Verfügung.

Doch keine Hinweispflicht für Herstellergarantien?

Wie in der Newsmeldung vom 16.01.2020 berichtet, hatte das Landgericht Bochum entschieden, dass ein Onlinehändler aktiv darauf hinweisen muss, ob der Hersteller des von ihm verkauften Produkts eine Herstellergarantie abgibt und – falls dem so ist – die gesetzlich vorgeschriebenen Hinweispflichten für diese Herstellergarantie zur Verfügung stellen muss.

Zu einer anderen Rechtsauffassung ist nun das OLG Celle in seinem Urteil vom 26.03.2020, Az.: 13 U 73/19, gelangt:

Dort war ein eBay-Angebot des beklagten Onlinehändlers für eine Bohrmaschine streitgegenständlich. Der Hersteller der Bohrmaschine bietet für diese Produkte eine Herstellergarantie an. Der Onlinehändler erwähnte dies im eBay-Angebot aber nicht.

Das OLG Celle hat die in Artikel 246a § 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB normierte Pflicht für Onlinehändler, auf Garantien hinzuweisen und die Garantiebedingungen darzustellen, nun dahingehend ausgelegt, dass diese Hinweispflichten nicht Herstellergarantien umfassen, sondern lediglich Garantien des Händlers selbst.

Eine erfreuliche und praxisnahe Entscheidung.