Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg, AZ: 3 U 2376/24 UWG, hat weitreichende Konsequenzen für Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel, die verderbliche Ware im Preis herabsetzen. Das Urteil befasst sich mit der Frage, wie Preisreduzierungen für Produkte mit kurzer Haltbarkeit korrekt gekennzeichnet werden müssen, um rechtssicher zu sein.
Warum rote Aufkleber allein nicht mehr genügen
Viele Händler greifen auf rote Aufkleber mit prozentualen Rabatten (z. B. „-30%“) zurück, um auf Lebensmittel hinzuweisen, deren Haltbarkeitsdatum bald abläuft. Das OLG Nürnberg stellte jedoch klar, dass diese Kennzeichnung allein nicht ausreicht.
Das Gericht begründet dies damit, dass Verbraucher in „geeigneter Weise“ darüber informiert werden müssen, warum der Preis gesenkt wurde. Ein bloßer Prozent-Aufkleber erfüllt diese Anforderung nicht, da der Kunde nicht erkennen kann, ob der Rabatt auf eine Sonderaktion, einen Sortimentswechsel oder auf die drohende Verderblichkeit zurückzuführen ist.
Die Preisangabenverordnung (§§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 11 Abs. 4 Nr. 2 PAngV) sieht eine Ausnahme von der Pflicht zur Nennung eines neuen Gesamt- und Grundpreises nur dann vor, wenn der Grund für die Reduzierung klar kenntlich gemacht wird. Ziel dieser Vorschrift ist es, dem Verbraucher eine informierte Wahl zu ermöglichen und ihn davor zu warnen, dass das Produkt rasch verbraucht werden muss.
Klare Hinweise sind jetzt Pflicht
Um wettbewerbsrechtliche Verstöße zu vermeiden, müssen Händler ihre Preiskennzeichnung anpassen. Statt des bloßen Prozentsatzes sollten sie eindeutig auf den Grund der Preisreduzierung hinweisen, etwa durch Hinweise wie „reduziert wegen kurzer Haltbarkeit“ oder „wegen bevorstehendem Verderb“. Dies kann entweder direkt auf dem Produktaufkleber erfolgen oder durch eine Kennzeichnung des gesamten Warenkorbs oder Regals, in dem die reduzierten Waren angeboten werden. Das Gericht betont, dass der Verbraucher durch diese Informationen darüber aufgeklärt wird, dass sich das Produkt nicht zur Bevorratung eignet.
Preiskennzeichnung am Regal: Das Zusammenspiel zählt
Das Urteil befasste sich auch mit der Preisauszeichnung am Regal selbst. Ein Verbraucherverband hatte die Beklagte abgemahnt, weil sie am selben Regal verschiedene Preistypen – Gesamtpreis, Grundpreis pro 100 Gramm und Einzelpreise für unterschiedliche Gewichtseinheiten – verwendete. Dies sei intransparent und verwirrend.
Das OLG Nürnberg sah hier jedoch keinen Verstoß. Ausschlaggebend war, dass die gesamte Preiskommunikation berücksichtigt wurde, also sowohl die Schilder am Regal als auch die Etiketten auf den einzelnen Produktverpackungen. Da die Preise auf den Verpackungen korrekt und vollständig waren und die Regalschilder klar auf diese verwiesen (z. B. mit „Preis s. Pckg.“), wurde keine Irreführung der Verbraucher festgestellt.
Auch die blickfangmäßige Angabe eines 100-Gramm-Preises für unterschiedlich schwere Käsepackungen ist nicht zu beanstanden. Das Gericht befand diese Praxis sogar als eine nützliche Orientierungshilfe für Kunden.
Fazit für Unternehmen
Dieses Urteil ist ein klares Signal an den gesamten Lebensmitteleinzelhandel. Die bisherige Praxis, verderbliche Ware mit einfachen Prozentrabatten zu kennzeichnen, birgt ein hohes Abmahnrisiko. Um dies zu vermeiden, sollten Unternehmen ihre Preiskennzeichnungssysteme anpassen und den Grund für die Preisreduzierung klar und eindeutig kommunizieren. Gleichzeitig bestätigt das Gericht, dass eine transparente und schlüssige Kombination von Preisangaben am Regal und auf dem Produkt selbst zulässig ist.
Gericht, Datum und Aktenzeichen:
- Gericht: OLG Nürnberg
- Datum: 05.08.2025
- Aktenzeichen: 3 U 2376/24 UWG
- Fundstelle: GRUR-RS 2025, 19334