Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 22.05.2020, Az.: 308 S 6/18) musste über die Frage entscheiden, ob bzw. unter welchen Umständen einem Ausschnitt einer Fotografie Motivschutz zukommen kann.
Die Frage, ob bzw. unter welchen Umständen einer Fotografie ein Motivschutz zukommen kann, wenn z.B. das Fotomotiv nachgestellt oder anderweitig übernommen wird, ist bislang noch nicht in allen Einzelheiten geklärt.
In dem vorliegenden Fall ging es um das Foto eines Soldaten, der 2012 in Afghanistan im Einsatz fotografiert worden war. In der Bildmitte befand sich der Soldat in voller Ausrüstung, im Hintergrund ist die Landschaft von Afghanistan zu sehen, wobei der Fotograf geschickt mit Schärfe und Unschärfe der jeweiligen Bildmotive spielte. Rechteinhaber an diesem Foto war die Deutsche Presseagentur (dpa).
Die Beklagte vertrieb Bekleidungsstücke. Auf einem dieser Bekleidungsstücke war als Motiv der Soldat in voller Kampfausrüstung aufgedruckt. Die Besonderheit lag allerdings darin, dass die Beklagte dafür eine eigens von ihr hergestellte Grafik verwendete, die auf den Teil des Fotos zurückging. Die Beklagte hat also einen Teil des Fotos, nämlich den Soldaten, „abgemalt“ und als T-Shirt-Motiv benutzt.
Die dpa erhob Klage und verlangte Unterlassung und Schadenersatz. Die Klage wurde nun rechtskräftig abgewiesen.
Das Landgericht Hamburg begründete in der Berufungsentscheidung die Klageabweisung damit, dass zwar die Fotografie als Ganzes als Lichtbildwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG geschützt sei, im vorliegenden Fall die Beklagte jedoch nur einen Teil des Fotos übernommen habe. Wird aber nicht das Foto als Ganzes übernommen, sondern lediglich ein Teilausschnitt, so kann ein etwaiger Motivschutz nur dann bestehen, wenn der übernommene Teilausschnitt selbständig wiederum als eigenständiges Lichtbildwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG geschützt sei. Dies verneinte das Landgericht.
Es bejahte zwar, dass der Teilausschnitt als Lichtbild im Sinne des § 72 UrhG als Leistungsschutzrecht geschützt sei. Jedoch begründe ein nur bestehendes Leistungsschutzrecht keinen wie auch immer gearteten Motivschutz.
Darüber hinaus bejahte das Landgericht eine freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG.
So sei die Übernahme eines nur als Leistungsschutzrecht geschützten Bildausschnitts durch „Transformation“ in eine eigens angefertigte Schwarz-Weiß-Grafik eine solche freie Bearbeitung, weil zwischen dem Original und der hergestellten Bearbeitung ein ausreichender Abstand bestünde, so das Gericht.