OLG Karlsruhe: Irreführende Werbung mit angeblich fehlender Meldepflicht beim Online-Kauf von Edelmetallen

Im digitalen Zeitalter boomt der Online-Handel mit Edelmetallen. Doch auch hier müssen sich Händler an die Regeln des Wettbewerbsrechts halten. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einem aktuellen Urteil eine zentrale Frage zur Zulässigkeit von Werbeaussagen im Zusammenhang mit dem Geldwäschegesetz (GwG) geklärt und eine Werbung als irreführend eingestuft.

Der Fall: Onlineshop wirbt mit fehlender Meldepflicht

Ein Händler für Edelmetalle bewarb seinen Onlineshop mit der Aussage „Bestellungen über 2.000 € sind bei uns nicht meldepflichtig!“. In der weiteren Beschreibung wurde ausgeführt, dass „Online-Bestellungen…nämlich nicht der gesetzlichen Meldepflicht“ unterliegen, im Gegensatz zu „Barkäufen im stationären Handel“. Der Händler stellte dies als Vorteil seines Angebots dar, der unter anderem für „volle Diskretion und Anonymität“ sorgen solle.

Ein qualifizierter Wirtschaftsverband, dem zahlreiche Münzhändler angehören, sah darin eine irreführende und unzulässige Werbung und mahnte den Händler ab. Da dieser die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigerte, wurde eine einstweilige Verfügung beantragt. Das Landgericht wies den Antrag zunächst ab, da die Werbung nach seiner Ansicht lediglich auf einen generellen Vorteil des Online-Handels hinweise.

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe folgte in der Berufung der Argumentation des Verbandes und gab dem Unterlassungsantrag statt. Es stellte klar, dass die fragliche Werbeaussage eine irreführende geschäftliche Handlung nach § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellt.

Entscheidend war für das Gericht die Gesamtschau der Werbung. Die Aussage des Händlers erweckt bei einem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, dass eine Barzahlung von über 2.000 € in einem Ladengeschäft zwangsläufig eine Meldepflicht gegenüber den Finanzbehörden nach sich ziehen würde. Dies ist jedoch objektiv falsch.

Das Gericht stellte in den Urteilsgründen klar, dass das Geldwäschegesetz keine generelle Meldepflicht für Barzahlungen ab 2.000 € kennt. Eine Meldepflicht nach § 43 GwG besteht vielmehr nur bei konkreten Verdachtsfällen – unabhängig von der Höhe der Transaktion oder der Art der Bezahlung (bar, Überweisung etc.). Es gibt also keinen rechtlichen Vorteil des Online-Handels gegenüber dem stationären Handel, wie er vom beklagten Händler behauptet wurde. Die Werbeaussage ist daher eine unwahre Tatsachenbehauptung, die geeignet ist, Verbraucher zu täuschen.

Das OLG betonte, dass die Behauptung, Barzahlungen in Ladengeschäften würden zwangsläufig eine Meldung ans Finanzamt auslösen, die Kaufentscheidung erheblich beeinflussen kann. Die bloße Möglichkeit von behördlichen Nachfragen ist für einen Teil der Marktteilnehmer bereits ein Motiv, sich für einen Online-Kauf zu entscheiden. Da diese Annahme falsch ist, handelt es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung.

Fazit für Unternehmer

Das Urteil unterstreicht, wie wichtig es ist, Werbeaussagen sorgfältig zu prüfen, insbesondere wenn sie sich auf rechtliche Sachverhalte beziehen. Eine vermeintliche „Grauzone“ oder ein „Vorteil“, der in der Realität nicht existiert, kann schnell zu einer teuren Abmahnung oder Unterlassungsklage führen. Selbst wenn die Aussage auf den ersten Blick harmlos wirkt, ist entscheidend, welchen Gesamteindruck sie beim Verbraucher hinterlässt. Die beworbene Abwesenheit einer angeblich existierenden rechtlichen Einschränkung kann ebenso irreführend sein wie die falsche Behauptung positiver Eigenschaften.

  • Gericht: OLG Karlsruhe
  • Datum: 19.09.2025
  • Aktenzeichen: 14 U 72/25

OLG Köln: Unterlassungsvertrag mit dem IDO-Verband wirksam gekündigt – Stärkung für Unternehmer gegen missbräuchliche Abmahnungen

Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass ein Unternehmen einen mit dem IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (IDO-Verband) geschlossenen Unterlassungsvertrag wirksam außerordentlich kündigen kann, wenn der Verband nicht mehr die gesetzlichen Voraussetzungen für Abmahnungen erfüllt. Der IDO-Verband ist seit Jahren für seine massenhaften Abmahnungen bekannt und steht in der Kritik, rechtsmissbräuchlich zu handeln.

Worum ging es?

Die Klägerin hatte mit dem IDO-Verband in den Jahren 2015 und 2018 Unterlassungsverträge geschlossen, um wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Im April 2022 kündigte sie diese Verträge außerordentlich, da der IDO-Verband nicht in die Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen war – eine Voraussetzung, um weiterhin Abmahnungen aussprechen zu dürfen. Zudem bestehen Zweifel an der Seriosität früherer Abmahnungen des Verbandes.

Der IDO-Verband argumentierte, seine Klagebefugnis könne wiederaufleben, sobald er eingetragen werde, und berief sich auf die Übergangsvorschrift des § 15a UWG.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und erklärte die Kündigung für wirksam. Es erkannte das Fehlen der Eintragung als qualifizierten Verband als ausreichenden wichtigen Grund im Sinne des § 314 BGB an. Das Gericht stellte klar, dass auch Altunterlassungsverträge gekündigt werden können, wenn der Gläubiger – hier der IDO-Verband – seine gesetzlich vorgesehene Klagebefugnis verliert. Die Klägerin müsse es nicht hinnehmen, durch einen nicht mehr qualifizierten Verband weiter kontrolliert zu werden. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Kündigung – und zu diesem war der Verband nicht mehr sachbefugt.

Hintergrund zum IDO-Verband

Der IDO-Verband ist seit Jahren für seine massenhaften Abmahnungen bekannt und steht in der Kritik, rechtsmissbräuchlich zu handeln. So hatte das OLG Hamm in einem Urteil festgestellt, dass die Abmahntätigkeit des IDO in der Vergangenheit rechtsmissbräuchlichen Charakter hatte. Der BGH hob dieses Urteil zwar auf, verwies den Fall aber zur erneuten Prüfung zurück und betonte die Notwendigkeit einer genauen Prüfung bei zahlreichen nicht weiterverfolgten Abmahnungen.

Zudem ist der IDO-Verband unter Online-Händlern für seine Umtriebigkeit berüchtigt. Eine Abmahnwelle folgt der nächsten – stets nach dem gleichen Muster. Immer wieder geht es um Wettbewerbsverstöße, die sich einfach aufspüren lassen und dann massenhaft abgemahnt werden.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist ein starkes Signal an Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich gegen Altverträge mit Abmahnverbänden wie dem IDO-Verband zur Wehr setzen wollen. Wer durch einen solchen Verband vor Inkrafttreten der UWG-Reform zur Unterlassung verpflichtet wurde, kann unter bestimmten Umständen die Vertragsbindung durch außerordentliche Kündigung lösen.

Fazit

Das Urteil des OLG Köln stärkt die Rechte von Unternehmen gegen missbräuchliche Abmahnpraktiken. Es zeigt deutlich, dass nur qualifizierte und gesetzeskonforme Verbände berechtigt sind, wettbewerbsrechtlich tätig zu werden. Abmahnvereine wie der IDO-Verband, die diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, können sich nicht auf alte Unterlassungsverträge stützen.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG Köln ist noch nicht rechtskräftig.

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Datum der Entscheidung: 04.04.2025
Aktenzeichen: 6 U 116/24
Vorinstanz: LG Köln, Urteil vom 31.10.2024 – 33 O 127/24
Veröffentlichung: MIR 2025, Dok. 031