Der BGH musste sich mit Frage befassen, ob ein Unternehmen, das wegen einer wettbewerbswidrigen Werbung eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, bereits ausgelieferte Ware zurückrufen muss, damit dieses Unternehmen nicht gegen die Unterlassungserklärung verstößt (BGH, Urteil vom 04.05.2017, AZ I ZR 208/15).
Der BGH urteilte, dass sich das Unternehmen zumindest um einen Rückruf bemühen muss.
Auch bei Wettbewerbsverstößen sei derjenige, der eine Unterlassungserklärung abgibt, nicht nur zur Unterlassung verpflichtet. Von dieser Pflicht seien auch Handlungen erfasst, die dazu notwendig sind, den wettbewerbswidrigen Zustand zu beseitigen.
Anders als die Vorinstanz entschied der BGH, dass der Abnehmer der mit der wettbewerbswidrigen Werbung gekennzeichneten Ware kein Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB des wettbewerbswidrig werbenden Unternehmens sei. Hätte der BGH dies, wie das OLG, bejaht, hätte dies zur Konsequenz gehabt, dass das betroffenen Unternehmen auch für das Verschulden des Abnehmers einzustehen hat, was eine sehr weitreichende Haftung nach sich gezogen hätte.
Allerdings bejaht der BGH die Pflicht des abgemahnten und zur Unterlassung verpflichteten Unternehmens alles dafür zu tun, dass kein Weiterverkauf der unlauter gekennzeichneten Ware möglich ist:
„Das OLG ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund eigenen Fehlverhaltens haftet. Ist der Unterlassungsschuldner zur Vornahme von Handlungen verpflichtet, kann dies die Verpflichtung umfassen, auf Dritte einzuwirken, um diese zu einem Tun oder einem Unterlassen anzuhalten. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist.
Danach muss ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden ist, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner durch vertragliche Vereinbarung eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung übernommen hat. Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit einer wettbewerbswidrigen Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen.“
Mit anderen Worten:
Das Unternehmen hätte auf seinen Abnehmer zumindest einwirken müssen, dass dieser die unlauter gekennzeichnete Ware wieder zurück sendet oder zumindest die wettbewerbswidrige Werbung von der Verpackung entfernt bzw. diese überklebt. Weil dies nicht erfolgt ist, wurde das Unternehmen zur Zahlung einer Vertragsstrafe verurteilt.