Werbung mit alten Adressen – Wann eine Vertragsstrafe droht und wann nicht

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem aktuellen Beschluss wichtige Leitlinien zur Auslegung von Unterlassungserklärungen bei irreführender Werbung klargestellt. Der Fall betrifft zwei selbstständige Ergotherapeuten, die sich über die Angabe alter Praxisstandorte stritten. Die Entscheidung ist für alle Freiberufler und Unternehmer relevant, die Online-Präsenz und Adressangaben aktuell halten müssen.

Worum ging es?

Ein Ergotherapeut hatte auf seiner Website weiterhin mehrere frühere Praxisadressen aufgeführt, obwohl er nur noch eine Praxis tatsächlich betrieb. Die Mitbewerberin mahnte ihn deswegen ab und verlangte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Der Beklagte unterzeichnete diese Erklärung, fügte aber einen Zusatz hinzu, dass er für Internet-Einträge Dritter (z. B. Bewertungsportale) nicht verantwortlich sei. Später wies Google seine alten Praxisstandorte nur noch als „dauerhaft geschlossen“ aus. Dennoch verlangte die Klägerin eine Vertragsstrafe von über 10.000 €, weil sie der Meinung war, auch der bloße Hinweis auf geschlossene Praxen sei wettbewerbswidrig.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Nürnberg bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und stellte klar:

  • Keine Irreführung bei klarer Kennzeichnung als geschlossen
    Ein Eintrag, der deutlich macht, dass ein Praxisstandort „dauerhaft geschlossen“ ist, erweckt nicht den Eindruck, dort werde noch behandelt. Daher liegt kein wettbewerbswidriger Verstoß nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor.
  • Keine Kerngleichheit mit ursprünglicher Irreführung
    Die ursprüngliche Abmahnung betraf die aktive Täuschung über tatsächlich betriebene Praxen. Ein bloßer Hinweis auf geschlossene Standorte sei davon rechtlich zu unterscheiden. Deshalb konnte die Klägerin keine Vertragsstrafe geltend machen.
  • Schutz des Vertrauens des Unterlassungsschuldners
    Besonders relevant für die Praxis: Der Beklagte hatte Screenshots aller Änderungen vorgelegt und nach Rückfrage die Rückmeldung der Klägerseite erhalten, dass die Angelegenheit erledigt sei. Das Gericht bewertete dieses Verhalten als schutzwürdiges Vertrauen. Wer dem Gegner mitteilt, alles sei erledigt, kann später nicht mehr Vertragsstrafe verlangen.
  • Keine Verpflichtung zu vollständiger Löschung bei Dritten ohne Zumutbarkeit
    Auch eine Verpflichtung, bei allen Drittanbietern eine komplette Löschung zu erreichen, besteht nicht uneingeschränkt. Zumutbarkeit und technische Einflussmöglichkeiten müssen geprüft werden.

Fazit

Das Urteil zeigt, dass Vertragsstrafen nur dann greifen, wenn ein Wettbewerbsverstoß tatsächlich vorliegt und der Unterlassungsschuldner auch für die angegriffenen Inhalte verantwortlich ist. Unternehmer sollten daher sorgfältig prüfen, was genau Gegenstand einer Unterlassungserklärung ist und wie sie im Streitfall ausgelegt werden könnte.

Außerdem macht die Entscheidung deutlich, dass Unterlassungserklärungen in der Regel nicht weiter reichen, als es die gesetzlichen Verbote vorsehen. Bei der Auslegung wird deshalb regelmäßig berücksichtigt, dass der Inhalt der Erklärung dem gesetzlichen Unterlassungsanspruch entspricht und nicht darüber hinausgeht.


Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Datum der Entscheidung: 06.02.2025
Aktenzeichen: 3 U 2143/24
Fundstelle: GRUR-RS 2025, 12701