In einem wegweisenden Urteil hat das Landgericht Frankfurt a. M. (Urteil vom 13.03.2025, AZ: 2-03 O 430/21, GRUR-RS 2025, 6896) die Stiftung Warentest zur Zahlung von Schadensersatz dem Grunde nach verurteilt. Gegenstand des Verfahrens war ein Produkttest aus der Ausgabe 1/2021 der Zeitschrift „test“, in dem der Rauchwarnmelder PX-1 der Firma Pyrexx mit der Note „mangelhaft“ bewertet wurde. Diese Bewertung basierte auf Testergebnissen eines belgischen Prüfinstituts, das die Wirksamkeit des Melders bei Bränden untersuchte.
Pyrexx erhob Einwände gegen die Testmethodik und die daraus resultierende Bewertung, da sie der Ansicht war, dass die Tests nicht den geltenden Normen, insbesondere der DIN EN 14604, entsprachen. Trotz dieser Hinweise veröffentlichte die Stiftung Warentest den Testbericht und hielt zunächst an der Bewertung fest. Erst am 22.02.2024 zog die Stiftung das Testurteil zurück und entfernte den PX-1 aus der Testtabelle.
Die Klageanträge
Die Klägerin, Pyrexx, stellte folgende Anträge:
- Unterlassung der Veröffentlichung der kritisierten Aussagen und Bewertungsergebnisse,
- Veröffentlichung einer Richtigstellung im nächsten Heft,
- Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten,
- Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
Die Stiftung Warentest erkannte einige dieser Anträge an, was am 05.03.2024 zu einem Teilanerkenntnisurteil führte. Offen blieb insbesondere der Antrag auf Schadensersatz in Höhe von rund 7,7 Millionen Euro.
Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Frankfurt a. M. stellte fest, dass der Produkttest nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde und die Stiftung Warentest ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat. Insbesondere wurde bemängelt, dass trotz konkreter Hinweise auf mögliche Fehler im Testverfahren keine weiteren Überprüfungen oder Korrekturen vorgenommen wurden. Das Gericht betonte die besondere Verantwortung der Stiftung Warentest, da ihre Testurteile erhebliche Auswirkungen auf den Markt und die betroffenen Unternehmen haben.
Zentral für die Entscheidung war die Feststellung des Gerichts, dass das veröffentlichte Qualitätsurteil „mangelhaft“ ein Werturteil darstellte, das jedoch auf unzureichend gesicherten Tatsachen beruhte. Die für die Bewertung herangezogenen Testergebnisse seien fehlerhaft zustande gekommen, da das beauftragte Prüfinstitut von den Vorgaben der maßgeblichen DIN EN 14604 abgewichen sei. Diese Abweichung war für die Stiftung Warentest erkennbar – insbesondere, da entsprechende Diagramme zur Überprüfung fehlten und die Klägerin frühzeitig auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen hatte.
Ein Werturteil, das auf einer unzureichenden tatsächlichen Grundlage basiert, ist nach ständiger Rechtsprechung unzulässig und stellt eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Aus diesem Grund sei die Bewertung als „mangelhaft“ unzulässig gewesen. Da Stiftung Warentest dennoch an der Veröffentlichung festhielt, wurde ihr Verhalten als rechtswidrig eingestuft und eine Schadensersatzpflicht dem Grunde nach bejaht.
Das Gericht entschied somit, dass die Stiftung Warentest dem Grunde nach schadensersatzpflichtig ist. Die genaue Höhe des Schadensersatzes wird in einem gesonderten Verfahren festgelegt.
Bedeutung für die Praxis
Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Unternehmen und Institutionen, die Produkttests veröffentlichen. Es unterstreicht die Notwendigkeit, Testverfahren sorgfältig und normgerecht durchzuführen, insbesondere wenn die Ergebnisse erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben können.
Für Hersteller bedeutet das Urteil, dass sie bei fehlerhaften Testberichten nicht nur auf Unterlassung und Richtigstellung klagen können, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Anspruch auf Schadensersatz haben. Es empfiehlt sich, bei Zweifeln an der Objektivität von Produkttests frühzeitig rechtliche Schritte einzuleiten und eigene Prüfberichte zu dokumentieren.