Sound-Marken im Aufwind: Das BVG-Urteil des EuG zur Hörmarke

Die Anmeldung von Klängen oder Melodien als Marken gewinnt immer mehr an Bedeutung. Sie dienen als akustisches Äquivalent zur visuellen Marke und sollen die Herkunft von Waren und Dienstleistungen im Gedächtnis der Verbraucher verankern. Die jüngste Entscheidung eines Gerichts markiert einen wichtigen Erfolg für alle Unternehmen, die ihre akustische Identität schützen wollen.

Der Fall: Zu kurz und zu banal?

Ein Dienstleistungsunternehmen, hier die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), meldete eine europäische Klangmarke an, die aus einem kurzen, nur zwei Sekunden langen Klang einer Melodie mit vier verschiedenen Tönen besteht. Die Marke sollte Dienstleistungen wie Transportwesen und Personenbeförderung kennzeichnen.

Die zuständige Behörde in Europa lehnte die Eintragung ab. Die Argumentation: Die Melodie sei „so kurz und banal“, dass ihr jede Unterscheidungskraft fehle. Sie würde von den Verbrauchern lediglich als funktionales Element wahrgenommen, um die Aufmerksamkeit auf nachfolgende Ansagen zu lenken – aber nicht als Herkunftshinweis eines bestimmten Unternehmens.

Die Kehrtwende des Gerichts: Ein Jingle ist mehr als nur ein Signal

Ein europäisches Gericht hob die ablehnende Entscheidung auf. Das Gericht betonte mehrere entscheidende Punkte:

1. Die Rolle von Jingles im Sektor

Das Gericht stellte klar, dass es in Branchen wie dem Transportwesen zunehmend üblich ist, kurze, einprägsame Klangmotive (Jingles) zu nutzen. Solche Klangmarken dienen gerade dazu, eine wiedererkennbare klangliche Identität zu schaffen und die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen zu lenken.

2. Unterscheidungskraft trotz Kürze und Einfachheit

Entgegen der Auffassung der Behörde sind die Merkmale der angemeldeten Melodie (zwei Sekunden, vier Töne) kein automatisches Ausschlusskriterium. Die Kürze ist vielmehr ein typisches Merkmal von Jingles und soll deren Merkbarkeit erleichtern. Die Melodie hatte keinen unmittelbaren funktionalen oder technischen Bezug zu den Dienstleistungen, da es sich nicht um ein übliches Geräusch aus dem Betrieb handelt.

3. Vergleich mit akzeptierter Praxis

Das Gericht zog zum Vergleich bereits eingetragene Klangmarken anderer großer Unternehmen heran. Es verwies auch auf die eigenen Prüfungsrichtlinien der Behörde, in denen vergleichbare Klangfolgen als akzeptierte Marken aufgeführt wurden. Die Verweigerung der Unterscheidungskraft war daher fehlerhaft.

4. Funktionale Nutzung schließt Markenschutz nicht aus

Selbst wenn der Jingle zur Einleitung von Lautsprecherdurchsagen verwendet wird (eine funktionale Aufgabe), steht dies der Funktion als Herkunftszeichen nicht entgegen. Im Gegenteil: In einem solchen Kontext soll der Klang es den angesprochenen Verkehrskreisen gerade ermöglichen, das betreffende Unternehmen von Konkurrenten zu unterscheiden.

Fazit und Bedeutung für Unternehmen

Dieses Urteil ist ein wichtiger Wegweiser für alle Unternehmen, die eine Klangmarke anmelden möchten. Es bestätigt, dass kurze, prägnante Melodien (Jingles) im Rahmen der Gewohnheiten des jeweiligen Wirtschaftssektors durchaus die erforderliche Mindest-Unterscheidungskraft aufweisen können. Die bloße Kürze oder Einfachheit eines Klangs führt nicht automatisch zur Ablehnung. Entscheidend ist, ob der Klang geeignet ist, im Gedächtnis des Verbrauchers eine Verbindung zum Unternehmen herzustellen.

Gericht: Gericht der Europäischen Union (Zweite Kammer)

Datum: 10. September 2025

Aktenzeichen: T-288/24

Streit um „Testa Rossa“: BPatG verneint Bösgläubigkeit bei Markenanmeldung

Ein bekannter Name, eine lange Unternehmensgeschichte, ein exzellenter Ruf – und plötzlich meldet ein Dritter diesen Namen als Marke für völlig andere Produkte an. Ein Szenario, das bei vielen Unternehmern für Empörung sorgt und schnell den Vorwurf der „Bösgläubigkeit“ auf den Plan ruft. Doch die rechtlichen Hürden für die Löschung einer Marke aus diesem Grund sind enorm hoch. Das hat das Bundespatentgericht (BPatG) in einer grundlegenden Entscheidung im Fall der legendären Automobilbezeichnung „Testa Rossa“ eindrucksvoll bestätigt.

Worum ging es im Fall „Testa Rossa“?

Ein weltberühmter italienischer Hersteller von Sportwagen sah sich mit der Tatsache konfrontiert, dass ein deutscher Unternehmer die Marke „Testa Rossa“ für eine breite Palette von Waren hatte eintragen lassen – von elektrischen Bohrmaschinen und Rasierapparaten über Fahrräder bis hin zu Angelgeräten.

Der Sportwagenhersteller, der den Namen „Testarossa“ seit den 1950er Jahren für ikonische Fahrzeuge verwendet, argumentierte, die Anmeldung sei bösgläubig. Der Anmelder wolle sich gezielt den exzellenten Ruf der Marke zunutze machen, um die eigenen Produkte aufzuwerten. Ferner sei die Anmeldung ein Akt der Revanche in einer langjährigen Auseinandersetzung über Lizenzgebühren in der Modellauto-Branche.

Der Markeninhaber konterte, er verfolge ein legitimes Geschäftsmodell. Ähnlich wie bei seiner Marke „Carrera“ plane er, den Namen „Testa Rossa“ für verschiedenste Konsumgüter zu lizenzieren. Eine Absicht, den Sportwagenhersteller zu behindern, bestehe nicht.

Die Entscheidung des Bundespatentgerichts: Ein plausibles Geschäftsmodell schlägt den Bösgläubigkeitsvorwurf

Das Gericht lehnte den Löschungsantrag ab und stellte klar, dass für die Annahme von Bösgläubigkeit mehr erforderlich ist als das bloße Aufgreifen eines bekannten Namens. Die Richter prüften die gängigen Fallgruppen der Bösgläubigkeit und verneinten sie allesamt:

  1. Keine reine Spekulationsmarke: Der Anmelder konnte ein nachvollziehbares Geschäftsinteresse darlegen, nämlich die Verwertung der Marke durch Lizenzvergabe. Allein der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung noch keine konkreten Produkte existierten, macht die Marke nicht zu einer unzulässigen Spekulations- oder Vorratsmarke. Das Markengesetz gewährt jedem Anmelder eine fünfjährige Schonfrist, um die Benutzung aufzunehmen.
  2. Keine gezielte Behinderungsabsicht: Das Gericht verlangt für den Vorwurf der Bösgläubigkeit den Nachweis, dass die Anmeldung primär darauf abzielt, einen Wettbewerber zu stören oder zu blockieren. Dies konnte dem Anmelder nicht nachgewiesen werden. Auch die Tatsache, dass er sich in der Vergangenheit kritisch über die Lizenzpraxis der Automobilindustrie geäußert hatte, wurde nicht als Beleg für eine unlautere Absicht bei dieser speziellen Markenanmeldung gewertet.
  3. „Trittbrettfahren“ allein ist nicht bösgläubig: Das Gericht machte eine entscheidende Unterscheidung: Der Schutz einer bekannten Marke vor Rufausbeutung ist eine Frage der relativen Rechte, die im Widerspruchs- oder Verletzungsverfahren geklärt werden muss. Der Vorwurf der Bösgläubigkeit ist hingegen ein absolutes Nichtigkeitsargument, das einen schwerwiegenden Rechtsmissbrauch voraussetzt. Vom guten Ruf einer anderen Marke profitieren zu wollen, ist für sich genommen noch kein solcher Missbrauch.

Fazit für die Praxis: Strategie ist entscheidend

Die „Testa Rossa“-Entscheidung ist eine wichtige Lektion für alle Markeninhaber. Sie zeigt, dass das Gefühl, von einem Wettbewerber unfair behandelt zu werden, nicht mit dem juristischen Tatbestand der Bösgläubigkeit gleichzusetzen ist.

  • Hohe Hürden: Eine Markenlöschung wegen Bösgläubigkeit ist die absolute Ausnahme. Es müssen handfeste Beweise für eine gezielte Störungsabsicht oder einen Rechtsmissbrauch vorliegen.
  • Legitimes Interesse zählt: Wer eine Marke anmeldet und dafür ein schlüssiges, wenn auch zukünftiges, wirtschaftliches Konzept vorweisen kann, hat gute Karten, sich gegen den Vorwurf der Bösgläubigkeit zu verteidigen.
  • Der richtige Weg: Wer seine bekannte Marke vor Nachahmern schützen will, sollte sich nicht allein auf den Bösgläubigkeitsvorwurf verlassen. Der klassische und weitaus aussichtsreichere Weg führt über den Widerspruch aus eigenen älteren Markenrechten und den Nachweis der Verwechslungsgefahr oder der unlauteren Rufausnutzung.

Der Fall wurde zur Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob die höchste Instanz diese strenge Linie bestätigt.

Gericht: Bundespatentgericht
Datum: 15. Januar 2025
Aktenzeichen: 29 W (pat) 14/21

Keine Marke für „Bayern Bazi“ – Bundespatentgericht lehnt Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft ab

Das Bundespatentgericht (BPatG), AZ: 30 W (pat) 525/22, hat entschieden, dass die Wortkombination „Bayern Bazi“ nicht als Marke eingetragen werden kann. Das Gericht sieht in der Bezeichnung einen rein beschreibenden Hinweis auf die Herkunft oder Eigenart der Waren und Dienstleistungen – ein markenrechtlicher Schutz scheidet deshalb aus.

Hintergrund der Entscheidung

Die Antragstellerin hatte den Begriff „Bayern Bazi“ als Wortmarke unter anderem für Bekleidungsstücke, Lebensmittel, Spielwaren sowie Dienstleistungen der Gastronomie und Beherbergung angemeldet. Sie argumentierte, dass es sich um eine kreative Kombination handele, die keine klare inhaltliche Aussage habe und vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werde.

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts lehnte die Eintragung jedoch ab. Ihrer Auffassung nach erkennt der Verbraucher in „Bayern Bazi“ lediglich die Beschreibung eines (typischen) Bayern aus Bayern – also keinen fantasievollen, unterscheidungskräftigen Begriff.

Die rechtliche Einordnung durch das Bundespatentgericht

Das BPatG bestätigte diese Auffassung. Entscheidend war die Auslegung des Begriffs „Bazi“: Im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch wird dieser (oft spöttisch oder scherzhaft) als Bezeichnung für einen Bayern verwendet. Das Gericht verwies auf Einträge im Duden und zahlreiche Pressequellen, in denen „Bazi“ mit „Bayer“ gleichgesetzt wird.

Die Kombination „Bayern Bazi“ sei daher für die Verbraucher ohne weiteres verständlich – nämlich als schlichte Beschreibung eines „Bayern aus Bayern“. Eine besondere Fantasie, ein neuartiger Bedeutungsgehalt oder ein prägnanter Herkunftshinweis seien nicht erkennbar.

Auch die Tatsache, dass solche Begriffe häufig plakativ auf Bekleidungsstücken oder Verpackungen verwendet werden, ändere nichts: Gerade in diesem Kontext versteht das Publikum solche Aufdrucke regelmäßig als bloße Selbstaussage oder regionale Identitätsbekundung – nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen.

Vergleich mit anderen Entscheidungen

Die Antragstellerin hatte auf frühere Entscheidungen verwiesen, bei denen Dialektbegriffe („Lauseandl“, „Gamsig“) als unterscheidungskräftig angesehen worden waren. Das Gericht stellte klar, dass diese Fälle nicht vergleichbar seien: Bei „Bazi“ sei die Bedeutung allgemein bekannt und keine reine Mundart. Zudem habe der Begriff in Verbindung mit „Bayern“ eine eindeutig beschreibende Wirkung.

Die Argumentation, dass der Begriff grammatikalisch ungewöhnlich sei („Bayern Bayer“), ließ das Gericht nicht gelten – der Verkehr verstehe auch diese Verkürzung ohne Weiteres.

Praxishinweis

Unternehmen sollten bei Markenanmeldungen sorgfältig prüfen, ob der gewählte Begriff nicht lediglich beschreibend ist. Selbst vermeintlich originelle Kombinationen aus regionalen oder umgangssprachlichen Begriffen können als reine Sachangabe gelten. Wer sich Markenschutz sichern will, sollte auf deutlich fantasievolle oder zumindest mehrdeutige Wortschöpfungen setzen.


Gericht: Bundespatentgericht (BPatG)
Datum der Entscheidung: 26. Februar 2025
Aktenzeichen: 30 W (pat) 525/22
Fundstelle: GRUR-RR 2025, 287

Bundespatentgericht erklärt Marke wegen Urheberrechtsverletzung für nichtig – „Engelsflügel“ auf Kleidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 21. Oktober 2024 die Löschung der eingetragenen Bildmarke „Engelsflügel“ (Nr. 30 2019 015 590) wegen eines älteren Urheberrechts angeordnet. Die Entscheidung unterstreicht, dass nicht eingetragene Werke der angewandten Kunst, wie etwa Applikationen auf Kleidung, markenrechtliche Eintragungen zu Fall bringen können – sofern sie urheberrechtlich geschützt sind.

Der Fall: Strassbesetzte Flügel gegen geschützte Kreativität

Die Antragstellerseite – ein Designerpaar aus Hamburg – hatte bereits 2015 ein auffälliges Motiv für Textilien entworfen: Zwei Engelsflügel, verbunden durch eine Korsettschnürung, umgesetzt mit Strass-Steinen. Dieses Motiv wurde im eigenen Ladengeschäft verkauft und beworben. Jahre später ließ ein Konkurrent aus der unmittelbaren Nachbarschaft ein ähnliches Motiv als Marke eintragen.

Der Streit: Urheberrecht gegen Markenrecht

Gegen die Marke wurde Nichtigkeitsantrag gestellt – gestützt auf ein älteres Urheberrecht. Das DPMA lehnte den Antrag zunächst ab mit der Begründung, es fehle an der erforderlichen Schöpfungshöhe. Doch das Bundespatentgericht sah das anders: Es bejahte die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Gestaltung, da sie eine eigenschöpferische Leistung darstelle, die sich ausreichend vom vorbekannten Formenschatz abhebe. Besonders die konkrete Ausgestaltung der Schnürung und die Komposition der Flügel seien Ausdruck künstlerischer Freiheit.

Angemeldete Marke:

Älteres Design:

Die Entscheidung: Marke gelöscht

Das BPatG stellte klar: Die Eintragung der Marke war nichtig, da sie ein älteres Urheberrecht verletze. Die Marke sei keine freie Benutzung im Sinne des alten
§ 24 UrhG, sondern eine unfreie Bearbeitung. Der Urheber könne demnach bundesweit Unterlassung verlangen. Auch wenn der Schutzbereich aufgrund der Vielzahl an Engelsflügelmotiven gering sei, werde er im konkreten Fall durch die besondere Schnürung und den kompositorischen Kontrast bestimmt.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung zeigt, dass auch nicht eingetragene Werke – etwa Designs auf Kleidung – schutzfähig sein und bestehende Markenrechte zu Fall bringen können. Besonders relevant ist dies für Branchen, in denen kreative Designs zur Produktidentität gehören, wie Mode oder Accessoires. Unternehmer sollten sich daher nicht allein auf eine Markenanmeldung verlassen, sondern auch bestehende Urheberrechte Dritter sorgfältig prüfen.

Gericht: Bundespatentgericht (BPatG)
Datum der Entscheidung: 21. Oktober 2024
Aktenzeichen: 29 W (pat) 39/21
Fundstelle: GRUR 2025, 755

Matratzen und das Markenrecht

Ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs I. Instanz (EuG) vom 19.11.2015, Az.:  T-526/14 – „Matratzen Concord/MATRATZEN“ zeigt anschaulich, dass sich die deutsche Sichtweise nicht mit der europäischen decken muss.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Anmeldung einer europäischen Gemeinschaftsmarke, und zwar der Wortmarke „Matratzen Concord“, angemeldet u.a. für Matratzen, Betten, Bettzeug und Einzelhandelsleistungen dafür. Gegen diese Anmeldung wurde Widerspruch eingelegt aus zwei spanischen Wortmarken, die beide nur aus dem Wort „Matratzen“ bestehen und von denen die eine Marke eingetragen ist u.a. für Betten und Matratzen, die andere für Einzelhandelsleistungen für Matratzen und Betten.

Aus deutscher Sicht liegt der Ausgang des Rechtsstreits auf der Hand: Die angemeldete Marke sowie die Widerspruchsmarke stimmen in dem Wortbestandteil „Matratzen“ überein. Da alle Marken ausschließlich für die entsprechenden Waren und Einzelhandelsdienstleistungen mit diesen Waren angemeldet bzw. eingetragen sind und der Begriff „Matratze“ natürlich glatt beschreibend ist, muss aus rein deutscher Sicht der Widerspruch erfolglos bleiben. Denn nach deutscher Rechtsprechung löst die Übereinstimmung in einem rein beschreibenden Markenbestandteil keine Verwechslungsgefahr aus.

Der EuG sowie zuvor schon das Harmonisierungsamt bejahten dagegen eine Verwechslungsgefahr.

Entscheidend bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr war im vorliegenden Fall die Tatsache, dass die beiden älteren Marken nationale spanische Wortmarken waren. Stehen sich eine ältere spanische Marke sowie eine jüngere europäische Gemeinschaftsmarke gegenüber, kommt es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur auf das Verkehrsverständnis der spanischen Öffentlichkeit an. Und in Spanien versteht niemand das Wort „Matratze“. Für einen Spanier stellt sich dieser Begriff daher als Phantasiebezeichnung dar, weswegen das spanische Markenamt auch eine Wortmarke „Matratze“ für die entsprechende Ware auch überhaupt eingetragen hatte.

Und kommt es ausschließlich auf das Verkehrsverständnis der spanischen Verbraucher an und versteht in Spanien niemand den Begriff „Matratze“ bzw. dessen Bedeutung, so stehen sich für den spanischen Verbraucher die Phantasiebegriffe „Matratzen Concord“ und „Matratzen“ gegenüber. Werden diese Marken für identische Waren benutzt, so liegt nach Auffassung des EuG Verwechslungsgefahr vor, weil die Verbraucher ihr Augenmerk auf den Wortanfang der Marke legen und dieser identisch sei.

Das Ergebnis mag daher aus spanischer Sicht vertretbar sein. Aus deutscher Sicht ist es nicht nachvollziehbar, wobei die Ungerechtigkeit des Ergebnisses sogar auf der Hand liegt. Denn derjenige, der in Spanien zwei Wortmarken „Matratzen“ für die entsprechenden Waren angemeldet hat, kann dies eigentlich nur mit der Absicht getan haben, andere, insbesondere deutschsprachige Markenanmelder bei der Anmeldung europäischer Marken zu behindern. Eventuell hat sich diese Behinderungsabsicht aber nicht beweisen lassen, was zu diesem aus deutscher Sicht merkwürdigen Ergebnis führte.

Das Urteil verdeutlicht aber, dass sowohl bei der Anmeldung von Marken wie auch bei der Prüfung von Verwechslungsgefahr nicht nur die „rein deutsche Brille“ aufzusetzen ist. Stattdessen ist immer im Einzelfall auch das Verkehrsverständnis anderer europäischer EU-Staaten mit zu berücksichtigen.