Kein Provisionsanspruch bei Online-Maklerverträgen ohne klare Zahlungsbestätigung

Immobilienmakler, die ihre Leistungen online anbieten, müssen seit Jahren besondere Anforderungen beachten. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer neuen Grundsatzentscheidung klargestellt: Wird ein Maklervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen, ist dieser nur dann wirksam, wenn der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, eine Zahlungspflicht einzugehen – etwa durch eine Schaltfläche mit der Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“. Eine bloße Schaltfläche mit der Bezeichnung „Senden“ reicht nicht aus.

Der Fall

Eine Maklerin hatte dem Interessenten (Verbraucher) im Sommer 2021 ein Web-Exposé zu einer Immobilie übersandt. Der Zugang zum Exposé war an die Annahme eines Maklervertrags über ein Online-Formular gekoppelt. Der Interessent setzte die erforderlichen Häkchen und klickte auf „Senden“. Später kam es zum Kaufvertrag – die Maklerin verlangte daraufhin eine Provision von rund 29.000 Euro.

Der Käufer verweigerte die Zahlung. Das Landgericht wies die Klage ab, das OLG Stuttgart gab ihr statt. Der BGH hob dieses Urteil nun auf.

Der rechtliche Kern

Der BGH stellt klar: Ein Maklervertrag ist ein entgeltlicher Verbrauchervertrag im Sinne von § 312j BGB. Wird dieser im Internet geschlossen, muss der Makler sicherstellen, dass der Verbraucher unmittelbar vor Vertragsschluss ausdrücklich bestätigt, sich zu einer Zahlung zu verpflichten. Fehlt diese ausdrückliche Bestätigung – wie im entschiedenen Fall durch die Schaltfläche „Senden“ – ist der Vertrag endgültig unwirksam.

Besonders bedeutsam: Der Vertrag ist nicht nur „schwebend unwirksam“, wie das OLG meinte, sondern von vornherein nichtig. Auch ein späteres Verhalten des Verbrauchers (etwa die Vereinbarung eines Besichtigungstermins) reicht nicht aus, um den Vertrag nachträglich wirksam zu machen. Eine Bestätigung im Sinne von § 141 BGB wäre nur dann wirksam, wenn sie ebenfalls die ausdrückliche Zustimmung zur Zahlung enthält – auch das war hier nicht der Fall.

Auswirkungen für die Praxis

Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für Makler, Plattformbetreiber und andere Dienstleister im elektronischen Geschäftsverkehr:

  • Gestaltung der Bestellprozesse: Wer Verträge online schließt, muss eine eindeutig beschriftete Schaltfläche („zahlungspflichtig bestellen“ o. ä.) verwenden.
  • Makler müssen umdenken: Viele Makler nutzen automatisierte Systeme zur Exposé-Versendung, die oft keine rechtssichere Zahlungsbestätigung beinhalten.
  • Kein Anspruch auf Wertersatz: Auch ein Rückgriff auf das Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) ist ausgeschlossen, wenn die Informationspflichten verletzt wurden – selbst bei erbrachter Leistung.

Fazit

Das Urteil ist ein weiterer Beleg für die große Bedeutung des Verbraucherschutzes im digitalen Vertragsrecht. Für Makler bedeutet das: Wer mit Verbrauchern online Verträge schließt, muss die formellen Vorgaben haargenau einhalten – andernfalls droht der vollständige Rechts- und Provisionsverlust.


Gericht: Bundesgerichtshof
Datum: 09.10.2025
Aktenzeichen: I ZR 159/24

Mogelpackung bei Kaufland: LG Heilbronn stoppt irreführende Tofu-Verpackung

Ein Verbraucherverband verklagte den Discounter Kaufland, weil dieser unter seiner Eigenmarke ein Produkt mit geräuchertem Bio-Tofu verkaufte, dessen Umverpackung nur zu etwa 36 Prozent mit Ware befüllt war. Die Kartonverpackung täuschte damit einen deutlich größeren Inhalt vor, als tatsächlich vorhanden war. Trotz Abmahnung durch den Verband verweigerte Kaufland eine Unterlassungserklärung – der Fall landete vor Gericht.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Heilbronn (Urteil vom 10.09.2025 – Me 8 O 227/24) gab der Klage statt und stellte klar: Eine derart überdimensionierte Verpackung ist irreführend und verstößt gegen das Wettbewerbsrecht (§ 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG). Die Richter bejahten einen klaren Verstoß, da

  • das tatsächliche Füllvolumen bei lediglich einem Drittel der Verpackung lag,
  • keinerlei technische Notwendigkeit für die übergroße Verpackung bestand,
  • und der Verbraucher – gerade bei einem einfachen Alltagsprodukt wie Tofu – eine deutlich vollere Verpackung erwartet.

Das Gericht verwies darauf, dass der durchschnittliche Käufer bei einer nicht einsehbaren Kartonverpackung davon ausgehe, dass diese zumindest zu zwei Dritteln gefüllt sei. Eine Füllmenge von nur 36 % überschreite die vom Bundesgerichtshof gezogene Relevanzschwelle für eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung deutlich.

Wer muss was beweisen?

Ein zentraler Aspekt des Urteils betrifft die Beweislast: Das Gericht stellte klar, dass es Sache des Unternehmens ist, darzulegen und zu beweisen, wenn eine bestimmte Verpackungsgröße aus technischen Gründen erforderlich ist. Gelingt dieser Nachweis nicht – wie im vorliegenden Fall – wird angenommen, dass die Gestaltung allein dem Zweck dient, einen größeren Inhalt vorzutäuschen. Pauschales Bestreiten reicht dabei nicht aus.

Bedeutung über Lebensmittel hinaus

Auch wenn es im konkreten Fall um ein Lebensmittelprodukt ging, gilt das Urteil nicht nur für diesen Bereich. Entscheidend ist die Sichtbeziehung zum Produkt: Immer dann, wenn Waren typischerweise „auf Sicht“ gekauft werden – also durch bloße Betrachtung von Form, Größe oder Verpackung einen Eindruck vom Inhalt vermitteln sollen –, ist eine Täuschung über das tatsächliche Volumen oder die Menge unzulässig.

Dies betrifft z. B. auch Kosmetika, Spielwaren, Elektronik-Zubehör oder Non-Food-Produkte des täglichen Bedarfs. Unternehmer sollten daher unabhängig von der Branche prüfen, ob ihre Verpackungsgestaltung objektiv geeignet ist, falsche Erwartungen beim Verbraucher zu wecken.

Fazit

Die Entscheidung des LG Heilbronn zeigt deutlich: Verpackung ist nicht nur Hülle, sondern Teil der geschäftlichen Kommunikation mit dem Verbraucher. Wer durch übermäßige Luftanteile oder rein werblich motivierte Verpackungsgrößen einen falschen Eindruck erweckt, handelt wettbewerbswidrig. Unternehmen sollten bei der Verpackungsgestaltung daher sorgfältig abwägen, ob Größe und Inhalt in einem angemessenen Verhältnis stehen – und im Zweifel technische Gründe für größere Verpackungen auch belegen können.


LG Heilbronn, Urteil vom 10.09.2025 – Me 8 O 227/24, GRUR-RS 2025, 25178

BGH-Urteil: Verweis auf Online-AGB in postalischer Vertragsanbahnung ist unwirksam

Die Digitalisierung vereinfacht viele Geschäftsprozesse. Ein gängiges Vorgehen ist es, bei postalisch angebahnten Verträgen für die Details auf die online verfügbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu verweisen. Dieses Vorgehen spart Papier und Aufwand. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einer solchen Vorgehensweise nun in einer Entscheidung eine Absage erteilt. Die Begründung dafür ist für die Vertragsgestaltung von Unternehmen von grundsätzlicher Bedeutung.

Der zugrundeliegende Sachverhalt

Ein Telekommunikationsunternehmen bewarb einen DSL-Anschluss mittels Postwurfsendungen. Ein Vertragsschluss konnte durch das Ausfüllen und postalische Zurücksenden eines beigefügten Formulars erfolgen. In diesem Formular fand sich die Klausel: „Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www.1n.de/agb)“.

Ein Verbraucherschutzverband klagte gegen die Verwendung dieser Klausel. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Düsseldorf, gab der Klage statt und begründete dies im Wesentlichen mit einem unzumutbaren „Medienbruch“. Es sei einem Verbraucher nicht zuzumuten, bei einem per Post geschlossenen Vertrag für die Lektüre der AGB auf das Internet zugreifen zu müssen. Der BGH bestätigte das Ergebnis, wählte aber einen anderen juristischen Weg.

Die Entscheidung des BGH: Fokus auf Transparenz statt Medienbruch

Der Bundesgerichtshof stufte die Klausel ebenfalls als unwirksam ein, ließ die Frage des Medienbruchs jedoch ausdrücklich offen. Die Richter legten den Fokus stattdessen auf die Formulierung der Klausel selbst und wandten den Maßstab der kundenfeindlichsten Auslegung an.

Nach diesem Grundsatz wird eine Klausel im Verbandsklageverfahren so ausgelegt, wie sie von einem rechtlich unbedarften Kunden im für ihn ungünstigsten, aber noch denkbaren Fall verstanden werden könnte. Die Klausel „Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www.1n.de/agb)“ stellt nach Ansicht des BGH eine dynamische Verweisung dar.

Dies bedeutet, die Klausel verweist nicht auf eine bestimmte, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fixierte Version der AGB. Stattdessen könnte sie so verstanden werden, dass das Unternehmen die online hinterlegten AGB jederzeit einseitig ändern kann und die jeweils aktuelle Fassung automatisch für den bestehenden Vertrag Geltung beansprucht. Damit würde sich der Klauselverwender ein weitreichendes Recht zur einseitigen Vertragsänderung vorbehalten.

Verstoß gegen das Transparenzgebot

Eine solche Möglichkeit zur einseitigen Vertragsanpassung verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Für den Vertragspartner ist bei Vertragsschluss nicht klar und vorhersehbar, welche Rechte und Pflichten ihn zukünftig treffen werden. Das wirtschaftliche Risiko ist für ihn nicht abschätzbar. Eine Klausel, die derart weitreichende, unbestimmte Änderungsmöglichkeiten eröffnet, benachteiligt den Vertragspartner unangemessen und ist folglich unwirksam.

Konsequenzen aus dem Urteil für die Vertragspraxis

  1. Pauschale AGB-Verweise sind riskant: Auf pauschale Verweise, die lediglich eine URL zu einer AGB-Seite ohne Versionsangabe enthalten, sollte verzichtet werden. Die Gefahr einer Einstufung als unzulässige dynamische Verweisung ist hoch.
  2. Statische Einbeziehung ist erforderlich: Es muss sichergestellt werden, dass eine konkrete, datierbare Version der AGB Vertragsbestandteil wird.
    • Bei Offline-Verträgen: Der sicherste Weg bleibt das Beifügen eines Ausdrucks der AGB.
    • Bei Online-Verträgen: Hier empfiehlt sich die Einbindung der AGB als festes, speicherbares Dokument (z.B. PDF) und die Einholung einer Bestätigung des Kunden (z.B. per Checkbox), dass die AGB in einer bestimmten, klar bezeichneten Version akzeptiert werden.
  3. Anforderungen an Änderungsklauseln: Sogenannte Änderungs- und Anpassungsklauseln in AGB, die spätere Modifikationen ermöglichen sollen, unterliegen strengen Transparenzanforderungen. Grund, Umfang und Voraussetzungen für eine Änderung müssen darin präzise beschrieben sein.

Fazit

Die Entscheidung des BGH stärkt das Transparenzgebot und den Schutz von Vertragspartnern vor überraschenden, einseitigen Vertragsänderungen. Für Unternehmen unterstreicht das Urteil die Notwendigkeit, die eigenen Prozesse zur Einbindung von AGB kritisch zu prüfen und auf eine klare, faire und rechtssichere Gestaltung zu achten.


Gericht: Bundesgerichtshof
Datum: 10.07.2025
Aktenzeichen: III ZR 59/24

Werbung mit „Kauf auf Rechnung“

Werbung mit „Kauf auf Rechnung“ ist ein „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 15. Mai 2025 in der Rechtssache C-100/24 klargestellt, dass ein Hinweis auf eine bestimmte Zahlungsmodalität – hier der „Kauf auf Rechnung“ – auf einer Website ein „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne von Art. 6 lit. c der Richtlinie 2000/31/EG darstellen kann. Das Urteil erging auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs im Streit zwischen der Verbraucherzentrale Hamburg und der bonprix Handelsgesellschaft mbH.

Worum ging es?

bonprix warb auf seiner Website mit der Aussage „Bequemer Kauf auf Rechnung“. Die Verbraucherzentrale Hamburg hielt dies für irreführend, da nicht sofort ersichtlich sei, dass diese Zahlungsmöglichkeit nur nach erfolgreicher Bonitätsprüfung zur Verfügung steht. Die Klage auf Unterlassung blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bundesgerichtshof legte dem EuGH die Frage vor, ob ein solcher Hinweis bereits als „Angebot zur Verkaufsförderung“ anzusehen ist und damit den besonderen Transparenzanforderungen der Richtlinie unterliegt.

Die Entscheidung des EuGH

Der Gerichtshof bejahte die Vorlagefrage. Entscheidend sei, ob die Zahlungsmodalität dem Verbraucher einen objektiven und sicheren Vorteil verschafft, der sein Verhalten beeinflussen kann. Der EuGH stellte klar, dass:

  • „Angebote zur Verkaufsförderung“ nicht nur klassische Preisnachlässe oder Geschenke umfassen, sondern auch andere objektiv vorteilhafte Bedingungen wie den Aufschub der Kaufpreiszahlung;
  • dieser Vorteil nicht notwendigerweise einen erheblichen Geldwert haben muss;
  • der Hinweis auf eine Zahlungsart wie den Kauf auf Rechnung einen objektiven, sicheren Vorteil darstellen kann, etwa durch gesteigerte Liquidität oder verminderte Risiken für den Verbraucher.

Daher müsse bereits im Rahmen der Werbung klar und eindeutig auf etwaige Voraussetzungen – hier insbesondere die erforderliche Bonitätsprüfung – hingewiesen werden.

Praxishinweis für Onlinehändler

Das Urteil hat erhebliche praktische Relevanz für die Gestaltung von Online-Werbung. Wer mit bestimmten Zahlungsmodalitäten wirbt, muss sicherstellen, dass die Bedingungen für deren Inanspruchnahme klar, leicht zugänglich und eindeutig dargestellt sind. Verstöße könnten abmahnfähig sein.

Händler sollten ihre Werbeangaben insbesondere zu Zahlungsoptionen auf Transparenz und Verständlichkeit prüfen, um rechtlichen Risiken vorzubeugen.

Fazit

Der EuGH bestätigt mit diesem Urteil seine verbraucherschutzfreundliche Linie. Bereits ein scheinbar neutraler Hinweis wie „Kauf auf Rechnung“ kann ein verkaufsförderndes Angebot darstellen und unterliegt dann strengen Informationspflichten.