Streichpreise im Online-Handel: LG Wiesbaden bestätigt doppeltes Risiko für Händler

Die Werbung mit durchgestrichenen Preisen, sogenannten Streichpreisen, ist ein beliebtes und wirksames Marketinginstrument im Online-Handel. Sie suggeriert dem Kunden ein besonders gutes Geschäft und eine erhebliche Ersparnis. Doch Vorsicht: Die rechtlichen Anforderungen an eine solche Preiswerbung sind streng. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 24. April 2025, AZ: 11 O 1/25, macht deutlich, dass Händler hier gleich zwei Vorschriften beachten müssen, um teure Abmahnungen zu vermeiden.

Der Fall: Ein Modellauto und ein irreführender Rabatt

Ein Online-Händler für Modellautos bewarb ein bestimmtes Fahrzeugmodell mit einem Sonderpreis von 31,20 €. Als Vergleichspreis wurde ein durchgestrichener Preis von 72,95 € angezeigt, was eine Ersparnis von über 57 % suggerierte.

Der Haken an der Sache: Der Preis von 72,95 € war ein alter Preis, der schon seit vielen Monaten nicht mehr verlangt wurde. Unmittelbar bevor der Preis auf 31,20 € gesenkt wurde, kostete das Modellauto bereits nur noch 39,00 €.

Der Händler argumentierte, der Streichpreis von 72,95 € sei die ursprüngliche unverbindliche Preisempfehlung (UVP) gewesen, die er nach der Markteinführung für eine lange Zeit verlangt habe. Ein klagebefugter Wirtschaftsverband sah darin jedoch eine Irreführung der Verbraucher und zog vor Gericht.

Die rechtlichen Fallstricke: PAngV und UWG gelten nebeneinander

Im Zentrum des Verfahrens standen zwei verschiedene rechtliche Regelungen:

  1. Die Preisangabenverordnung (§ 11 PAngV): Seit einer Gesetzesänderung sind Händler verpflichtet, bei jeder Rabattwerbung den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den sie für das Produkt innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung verlangt haben. Gegen diese Vorschrift hatte der Händler unstrittig verstoßen und diesen Teil der Klage anerkannt.
  2. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 5 UWG): Dieses Gesetz verbietet ganz allgemein irreführende geschäftliche Handlungen. Eine Werbung mit einem Streichpreis ist dann irreführend, wenn der durchgestrichene Preis nicht derjenige ist, der unmittelbar vor der Preissenkung verlangt wurde.

Der Händler war der Ansicht, dass die spezielle Regelung der Preisangabenverordnung die allgemeine Regel des Wettbewerbsrechts verdränge. Wer also die Vorgaben der PAngV beachte, könne nicht mehr wegen Irreführung nach dem UWG belangt werden.

Die Entscheidung des LG Wiesbaden: Kein Entweder-oder!

Dieser Argumentation erteilte das Gericht eine klare Absage. Das Landgericht Wiesbaden stellte fest, dass beide Vorschriften – § 11 PAngV und § 5 UWG – nebeneinander anwendbar sind. Ein Händler muss also beide Regelungen beachten.

Die Werbung mit dem alten Preis von 72,95 € wurde als irreführend eingestuft, weil der Verbraucher bei einem Streichpreis davon ausgeht, dass es sich um den zuletzt gültigen Preis handelt. Indem ein viel höherer, aber veralteter Preis als Referenz genutzt wird, wird dem Kunden eine Ersparnis vorgegaukelt, die in dieser Höhe nicht der Realität entspricht. Ein solches Vorgehen ist geeignet, den Verbraucher zu einer Kaufentscheidung zu bewegen, die er bei Kenntnis der wahren Umstände möglicherweise nicht getroffen hätte.

Fazit und Praxistipp für Unternehmer

Das Urteil des LG Wiesbaden ist eine wichtige Mahnung für alle Online-Händler. Es genügt nicht, nur den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben. Wer mit Streichpreisen wirbt, muss sicherstellen, dass zwei Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

  1. Der Streichpreis muss der Preis sein, der unmittelbar vor der Rabattaktion verlangt wurde. Die Verwendung von alten „Mondpreisen“ oder lange zurückliegenden UVPs ist unzulässig, wenn das Produkt zwischenzeitlich bereits günstiger angeboten wurde.
  2. Zusätzlich muss der niedrigste Preis der letzten 30 Tage vor der Aktion angegeben werden.

Wer diese doppelte Anforderung missachtet, riskiert kostspielige Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände. Eine sorgfältige Preisdokumentation und eine korrekte Umsetzung der Preiswerbung sind daher unerlässlich.

Gericht: Landgericht Wiesbaden
Datum: 24.04.2025
Aktenzeichen: 11 O 1/25

Werbeslogan „einfachstes und effizientestes Lernmanagementsystem“ ist unzulässige Spitzenstellungswerbung

Unternehmer stehen permanent vor der Herausforderung, ihre Produkte und Dienstleistungen wirksam zu bewerben. Dabei wird oft zu Superlativen gegriffen, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Doch wann ist eine solche Werbung noch zulässig und wann wird sie zur rechtlichen Stolperfalle? Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, AZ: 9 U 443/25, hat in einer aktuellen Entscheidung aus dem Juli klare Leitplanken für die sogenannte Spitzenstellungswerbung gesetzt und zugleich wichtige Aspekte zum Rechtsmissbrauch bei Abmahnungen beleuchtet.


Worum ging es in dem Fall?

Zwei Unternehmen, beide Anbieter von digitalen Lernmanagement-Systemen (LMS), standen sich vor Gericht gegenüber. Das beklagte Unternehmen hatte sein Produkt auf seiner Website und in Google-Ads-Anzeigen mit den Slogans „das einfachste und effizienteste Lernmanagementsystem“ und „die einfachste & effizienteste LMS-Lösung“ beworben. Der Konkurrent sah darin eine unzulässige, irreführende Werbung und mahnte das Unternehmen ab.

Nachdem die Abmahnung zurückgewiesen wurde, landete der Fall vor dem Landgericht Mainz. Dieses wies den Antrag auf eine einstweilige Verfügung zunächst zurück. Zwar sah auch das Landgericht in der Werbung mit dem Begriff „effizienteste“ einen Wettbewerbsverstoß, stufte diesen jedoch als so geringfügig ein, dass es die Geltendmachung als rechtsmissbräuchlich ansah. Die Begründung: Die in der Abmahnung geforderte Vertragsstrafe und der angesetzte Gegenstandswert seien überhöht gewesen.


Die Entscheidung des OLG Koblenz:

Das OLG Koblenz korrigierte die Entscheidung der Vorinstanz und gab dem Kläger vollständig recht. Es verurteilte das beklagte Unternehmen, die Verwendung der Werbeslogans zu unterlassen. Die Richter stellten klar, dass es sich bei den Aussagen um sogenannte Spitzenstellungsbehauptungen handelt, die im Wettbewerbsrecht nur unter strengen Voraussetzungen zulässig sind.

1. Superlative sind objektiv nachprüfbar

Das Gericht argumentierte, dass Begriffe wie „einfachste“ und „effizienteste“ nicht bloße subjektive Werturteile oder leere Werbeanpreisungen sind. Vielmehr besitzen sie einen objektiv nachprüfbaren Tatsachenkern. Die Effizienz einer Software lasse sich anhand von Kriterien wie Energie-, Kosten- und Zeiteffizienz messen, für die es sogar ISO-Normen gebe. Auch die „Einfachheit“ der Bedienung sei objektivierbar, etwa durch die Anzahl der Klicks, die intuitive Nutzerführung oder die Erfolgsquote der Anwender.

Wer mit solchen Superlativen wirbt, muss daher in der Lage sein, diese Spitzenstellung auch zweifelsfrei zu beweisen. Da das beklagte Unternehmen dies nicht konnte, war die Werbung irreführend und unlauter gemäß § 5 UWG. Solche Behauptungen sind besonders werbewirksam, da sie die Qualität des Produkts hervorheben und die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen können.

2. Kein Rechtsmissbrauch trotz hoher Forderungen in der Abmahnung

Ein zentraler Punkt der Entscheidung war die Auseinandersetzung mit dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs (§ 8c UWG). Das beklagte Unternehmen hatte argumentiert, die Abmahnung sei missbräuchlich, weil die geforderte Vertragsstrafe (10.000 €) und der angesetzte Gegenstandswert (30.000 €) überhöht seien.

Das OLG Koblenz widersprach dieser Auffassung deutlich:

  • Gegenstandswert: Ein Wert von 30.000 € für zwei separate Wettbewerbsverstöße (Website und Google Ads) wurde in diesem Fall nicht als unangemessen hoch eingestuft. Das Gericht berücksichtigte die große Reichweite der Werbung im Internet und das erhebliche wirtschaftliche Schadenspotenzial für den Konkurrenten. Eine solche Werbung stellt die Marktposition und die Produktqualität des Mitbewerbers in Frage.
  • Vertragsstrafe: Das einmalige Fordern einer möglicherweise überhöhten Vertragsstrafe begründet für sich allein noch keinen Rechtsmissbrauch. Das Gesetz (§ 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG) spricht von „Vertragsstrafen“ im Plural, was nahelegt, dass ein systematisches Vorgehen erforderlich ist.
  • Fehlerhafte Formulierungen: Auch unglückliche Formulierungen in der Abmahnung, wie die Verknüpfung von Unterlassungsanspruch und Kostenerstattung, führen nicht automatisch zur Annahme von Rechtsmissbrauch, solange ein starkes und nachvollziehbares Interesse an der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes besteht.

Praktische Schlussfolgerungen

Die Entscheidung des OLG Koblenz führt zu folgenden Erkenntnissen:

  1. Vorsicht bei Superlativen: Werbung mit Begriffen wie „der Beste“, „der Schnellste“ oder „der Effizienteste“ ist extrem risikoreich. Eine solche Alleinstellung am Markt muss objektiv und lückenlos beweisbar sein. Gelingt das nicht, liegt eine irreführende und damit unzulässige Werbung vor, die teure Abmahnungen nach sich ziehen kann.
  2. Abmahnungen ernst nehmen: Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ist eine oft genutzte Verteidigungsstrategie, die aber nur selten erfolgreich ist. Die Hürden dafür liegen hoch. Es sollte nicht darauf vertraut werden, dass eine Abmahnung wegen kleinerer formaler Fehler oder hoher Forderungen als missbräuchlich eingestuft wird.
  3. Schnelles Handeln ist entscheidend: Das Gericht bestätigte zudem, dass die Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung nicht allein dadurch entfällt, dass ein Wettbewerbsverstoß schon länger andauert. Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem der Mitbewerber davon Kenntnis erlangt. Es besteht keine generelle Pflicht für Unternehmen, den Markt permanent zu beobachten.

Im Zweifel empfiehlt es sich, auf nachprüfbare Fakten und klare Leistungsbeschreibungen zu setzen, anstatt sich auf das Glatteis der Superlativ-Werbung zu begeben.


Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Datum: 08.07.2025
Aktenzeichen: 9 U 443/25

Die Tücken der Abmahnung: Warum die Mitbewerbereigenschaft präzise darlegen werden muss

Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen gehören für viele Unternehmen zum Alltag. Sie dienen dazu, unlauteres Verhalten von Konkurrenten schnell und kosteneffizient abzustellen. Doch eine Abmahnung ist nur dann wirksam, wenn sie den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem aktuellen Urteil erneut klargestellt, wie wichtig die korrekte Begründung der eigenen Berechtigung zur Abmahnung ist. Dies ist eine wichtige Entscheidung für alle Unternehmer, die selbst aktiv gegen unlautere Konkurrenten vorgehen oder sich gegen Abmahnungen wehren müssen.


Was war passiert?

Ein Online-Nachrichten-Portal mahnte einen Konkurrenten wegen einer irreführenden Werbeaussage ab. In der Abmahnung wurde lediglich pauschal darauf hingewiesen, dass die Parteien Mitbewerber seien, da sie beide Online-Nachrichten für dieselbe Region anbieten und um denselben Kundenkreis konkurrieren. Der abgemahnte Konkurrent erkannte zwar den Verstoß an, weigerte sich jedoch, die Kosten für die Abmahnung zu übernehmen. Er war der Ansicht, die Abmahnung sei unwirksam, weil die Mitbewerbereigenschaft nicht ausreichend dargelegt wurde. Stattdessen forderte er seinerseits die Erstattung seiner eigenen Anwaltskosten für die Verteidigung gegen die Abmahnung.


Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main

Das Landgericht Frankfurt am Main gab dem abgemahnten Unternehmen Recht. Es wies nicht nur die Klage auf Erstattung der Abmahnkosten ab, sondern verurteilte den Abmahnenden zur Zahlung der Anwaltskosten für die Verteidigung.

Grundlage des Urteils ist § 13 Absatz 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Diese Vorschrift verlangt, dass die Abmahnung klar und verständlich die Anspruchsberechtigung begründen muss. Das bedeutet, der Abmahnende muss darlegen, warum er überhaupt berechtigt ist, eine Abmahnung auszusprechen.

Das Gericht stellte klar, dass eine bloße Behauptung, man sei Mitbewerber, nicht ausreicht. Es müssen konkrete Umstände vorgetragen werden, die belegen, dass man selbst in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder nachfragt.

Im vorliegenden Fall hatte der Abmahnende dies versäumt. Er gab lediglich die Art seiner Tätigkeit an, lieferte aber keinerlei Informationen zum Umfang seiner Geschäftstätigkeit oder der Dauer seiner Marktpräsenz. Es fehlten Angaben, die eine Tätigkeit in „nicht unerheblichem Maße“ belegen würden, wie zum Beispiel die URL der Website, eine grobe Anzahl monatlicher Aufrufe oder eine ungefähre Umsatzangabe.

Das Gericht bestätigte seine bereits am 10.04.2025 in einer anderen Sache vertretene Rechtsauffassung, dass solche pauschalen Angaben nicht genügen. Das Urteil steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung anderer Gerichte. Wir haben bereits am 27.08.2025 über ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 04.10.2024 berichtet, das ebenfalls entschieden hat, dass in jeder Abmahnung Ausführungen zum konkreten Wettbewerbsverhältnis gemacht werden müssen. Das Landgericht Frankfurt liegt mit dieser Entscheidung voll auf dieser Linie.


Fazit und Empfehlung für Unternehmer

Dieses Urteil ist ein Weckruf für alle Unternehmer. Wer abmahnt, muss sicherstellen, dass die Abmahnung formal korrekt ist. Eine unzureichende Begründung der Mitbewerbereigenschaft kann nicht nur zum Verlust des Anspruchs auf Kostenerstattung führen, sondern auch dazu, dass man selbst die Anwaltskosten des Gegners tragen muss. Dies kann zu einem teuren Bumerang werden.

Achten Sie bei der Formulierung einer Abmahnung daher immer darauf, folgende Punkte präzise und nachvollziehbar darzulegen:

  • Wer Sie sind: Nennen Sie Ihr Unternehmen und Ihre Rechtsform.
  • Was Sie tun: Beschreiben Sie Ihre konkrete Geschäftstätigkeit, Ihre angebotenen Produkte oder Dienstleistungen.
  • Seit wann Sie am Markt sind: Geben Sie einen Hinweis auf die Dauer Ihrer Geschäftstätigkeit.
  • Ihr Marktvolumen: Verzichten Sie auf geheime Unternehmensdaten wie genaue Umsätze. Jedoch sind grobe Angaben (z.B. „mehr als X Kunden pro Jahr“, „Umsatz im niedrigen sechsstelligen Bereich“) oder Kennzahlen wie die Anzahl der Website-Aufrufe hilfreich, um die „nicht unerhebliche“ Geschäftstätigkeit zu belegen.

Eine professionell erstellte Abmahnung ist entscheidend für den Erfolg Ihrer Rechtsdurchsetzung und hilft, teure Überraschungen zu vermeiden.


Gericht: Landgericht Frankfurt am Main, 6. Zivilkammer
Datum: 02.07.2025
Aktenzeichen: 2-06 O 116/25
Fundstelle: REWIS RS 2025, 3820

Teurer Formfehler: OLG Köln verweigert Erstattung von Abmahnkosten

Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist ein scharfes Schwert. Wer unlauter wirbt oder handelt, muss mit einer Unterlassungsaufforderung und der Übernahme der Anwaltskosten des Konkurrenten rechnen. Doch was passiert, wenn die Abmahnung selbst fehlerhaft ist? Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass formale Mängel in der Abmahnung dazu führen können, dass der Abmahnende auf seinen Kosten sitzen bleibt – selbst wenn der Wettbewerbsverstoß tatsächlich vorlag.

Worum ging es in dem Fall?

Ein Unternehmen aus der Nahrungsergänzungsmittel-Branche mahnte einen Konkurrenten wegen verschiedener Werbeaussagen und der Kennzeichnung eines seiner Produkte ab. Die Abmahnung war in der Sache erfolgreich: Das Landgericht und später rechtskräftig das OLG Köln bestätigten den Unterlassungsanspruch. Der Abgemahnte musste die beanstandeten Handlungen einstellen.

Der Knackpunkt lag jedoch bei den Abmahnkosten in Höhe von fast 5.000 Euro. Das abmahnende Unternehmen forderte diese Summe vom Konkurrenten zurück. Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Der Grund: Die Abmahnung erfüllte nicht die seit einigen Jahren verschärften gesetzlichen Anforderungen.

Die Entscheidung des OLG Köln: Keine Kosten ohne klare Angaben

Das Gericht stellte fest, dass die Abmahnung gegen § 13 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt. Nach dieser Vorschrift muss ein abmahnender Mitbewerber in seiner Abmahnung „klar und verständlich“ darlegen, warum er überhaupt anspruchsberechtigt ist.

Es reicht nicht mehr aus, pauschal zu behaupten, man sei ein „Mitbewerber“. Der Gesetzgeber verlangt seit der UWG-Reform konkrete Angaben zur eigenen Marktstellung. Der Abmahnende muss belegen, dass er „in nicht unerheblichem Maße“ Waren oder Dienstleistungen vertreibt.

Im vorliegenden Fall hatte das abmahnende Unternehmen in seinem Schreiben lediglich darauf verwiesen, „bekanntermaßen“ eine Mitbewerberin zu sein und zitierte eine ältere Gerichtsentscheidung, in der es selbst einmal Partei war. Dies genügte dem OLG Köln nicht. Das Gericht führte aus:

  • Konkrete Angaben zur Geschäftstätigkeit sind Pflicht: Der Abmahnende muss zumindest ansatzweise seine eigene Geschäftstätigkeit beschreiben. Er muss darlegen, in welchem Umfang er am Markt tätig ist. Als Beispiele nennt das Gesetz „Größenkategorien der Zahl der Verkäufe“.
  • Wissen des Gegners ist unerheblich: Das Argument, der Abgemahnte wisse doch ohnehin, dass man ein ernstzunehmender Konkurrent sei, ließ das Gericht nicht gelten. Der Gesetzgeber habe bewusst formale Anforderungen geschaffen, um missbräuchliche Abmahnungen zu verhindern, die primär dem Geldverdienen dienen. Diese formalen Hürden können nicht durch das angebliche Wissen des Empfängers umgangen werden.
  • Folge des Formfehlers ist klar: Werden diese formalen Anforderungen nicht erfüllt, entfällt der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten komplett.

Praxistipp für Unternehmer

Die Entscheidung des OLG Köln hat erhebliche praktische Konsequenzen für jeden Unternehmer:

  1. Wenn Sie eine Abmahnung aussprechen: Stellen Sie sicher, dass Ihr Anwalt in das Abmahnschreiben konkrete und nachvollziehbare Angaben zu Ihrer eigenen Geschäftstätigkeit aufnimmt. Beschreiben Sie, dass und in welchem Umfang Sie konkurrierende Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Pauschale Floskeln sind riskant und können dazu führen, dass Sie trotz berechtigter Abmahnung Ihre Anwaltskosten selbst tragen müssen.
  2. Wenn Sie eine Abmahnung erhalten: Lassen Sie die Abmahnung nicht nur inhaltlich, sondern auch auf formale Mängel prüfen. Fehlen Angaben zur Marktposition des Abmahnenden? Ist nicht klar ersichtlich, inwiefern dieser ein ernsthafter Wettbewerber ist? Dann könnte der Anspruch auf Kostenerstattung unberechtigt sein. Dies ist ein wichtiger Hebel für die Verteidigung und kann Ihre Verhandlungsposition erheblich stärken.

Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass im Wettbewerbsrecht Details entscheidend sind. Ein formaler Fehler kann den Unterschied zwischen der erfolgreichen Durchsetzung von Ansprüchen und einem teuren Pyrrhussieg ausmachen.


Gericht: Oberlandesgericht Köln
Datum: 04.10.2024
Aktenzeichen: 6 U 46/24
Fundstelle: GRUR-RR 2025, 298