LG Ingolstadt: UVP-Werbung ist keine Preisermäßigung – Keine Irreführung durch Prozentangaben

Darf ein Online-Händler mit durchgestrichenen Preisen und prozentualen Rabatten werben, wenn sich diese auf die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers beziehen? Oder täuscht er damit Verbraucher über eine tatsächliche Preisermäßigung und verstößt gegen die Preisangabenverordnung (PAngV)?

Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Ingolstadt zu befassen – und entschied zugunsten der Beklagten: Eine Werbung mit UVP sei keine unzulässige Preisermäßigung. Auch rechnerisch ungenaue Prozentangaben seien wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, solange sie den Verbraucher nicht in relevanter Weise irreführen.

Der Fall

Ein Verbraucherschutzverband hatte gegen einen Elektronikhändler geklagt, der auf seiner Website Elektrogeräte wie Smartphones und Trockner mit hervorgehobenen Preisnachlässen bewarb. Diese Rabatte bezogen sich nicht auf eigene ehemalige Preise, sondern auf die UVP des jeweiligen Herstellers.

Der Kläger rügte unter anderem:

  • Die Werbung sei irreführend, weil der Verbraucher eine Reduzierung vom vorherigen Händlerpreis vermute.
  • Die prozentuale Ermäßigung sei nicht korrekt berechnet worden.
  • Die Bezugnahme auf eine UVP sei unzulässig, wenn der Hersteller selbst zu günstigeren Preisen verkaufe.

Ziel war es, die Werbung mit solchen Angaben zu untersagen.

Die Entscheidung

Das Landgericht Ingolstadt wies die Klage vollumfänglich ab. Es stellte klar:

  1. Keine Preisermäßigung im Sinne der PAngV
    Die Werbung stelle keine „Bekanntgabe einer Preisermäßigung“ dar, sondern einen zulässigen Preisvergleich mit der UVP. Die Kombination aus durchgestrichenem Preis, der Angabe „UVP“ und einer Prozentzahl werde vom durchschnittlichen Verbraucher zutreffend als Vergleich verstanden – nicht als Rabatt auf einen früheren Händlerpreis.
  2. Keine Irreführung durch Prozentangabe
    Zwar wurde rechnerisch nicht exakt gearbeitet – statt 48,87 % wurde ein Preisnachlass von 48 % angegeben –, jedoch sei diese Ungenauigkeit unerheblich. Verbraucher erwarteten keine mathematisch exakte Prozentangabe, sondern eine gerundete Orientierung.
  3. Zulässige Bezugnahme auf die UVP trotz günstigerer Herstellerpreise
    Dass der Hersteller selbst sein Produkt zeitweise günstiger verkauft hatte, ändere nichts daran, dass die UVP weiterhin als marktgerechte Preisempfehlung angesehen werden könne. Die UVP diene gewerblichen Händlern als Orientierung und könne auch dann verwendet werden, wenn der Hersteller selbst Rabattaktionen durchführe.

Einordnung

Das Urteil stärkt die Position von Onlinehändlern, die mit UVP-Vergleichen arbeiten. Solange transparent kommuniziert wird, dass sich der Vergleich auf die UVP bezieht, liegt keine Preisermäßigung im rechtlichen Sinne vor – und § 11 PAngV findet keine Anwendung.

Auch kleinere Ungenauigkeiten bei der Angabe von Rabatten sind wettbewerbsrechtlich unschädlich, solange sie sich zum Nachteil des Händlers auswirken und keine wesentliche Irreführung des Verbrauchers bewirken.

Hinweis

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob Berufung eingelegt wird und wie höhere Instanzen den Fall bewerten. Andere Gerichte hatten ähnliche Konstellationen in der Vergangenheit anders beurteilt.


LG Ingolstadt, Urteil vom 30.09.2025, Az. 1 HK O 1943/24, REWIS RS 2025, 9481

BGH zur Streichpreiswerbung: Klare Regeln für den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage

Die Bewerbung von Sonderangeboten mit durchgestrichenen Preisen ist ein beliebtes Mittel, um Verbraucher zum Kauf zu animieren. Doch wie transparent muss ein solcher „Streichpreis“ tatsächlich sein? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 9. Oktober 2025 (Az. I ZR 183/24) klargestellt, welche Anforderungen an die Angabe des niedrigsten Gesamtpreises der letzten 30 Tage vor einer Preisermäßigung zu stellen sind.

Worum ging es? Ein Lebensmitteldiscounter hatte in einem Werbeprospekt das Produkt „Jacobs Krönung“ mit einem aktuellen Preis von 4,44 Euro sowie einem durchgestrichenen Preis von 6,99 Euro und dem Hinweis „-36 %“ beworben. Der durchgestrichene Preis war mit einer Fußnote versehen, die unter anderem darauf hinwies, dass es sich um den bisherigen 30-Tage-Bestpreis handle. Allerdings war der Preis für das Produkt tatsächlich schon eine Woche zuvor für 4,44 Euro angeboten worden.

Die Wettbewerbszentrale sah darin eine irreführende Preiswerbung und klagte auf Unterlassung.

Was hat der BGH entschieden? Der BGH hat die Entscheidung des OLG Nürnberg bestätigt und die Revision des Discounters zurückgewiesen. Nach § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) ist bei einer Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung verlangt wurde.

Wichtig: Diese Angabe muss klar, eindeutig und gut lesbar erfolgen. Eine versteckte Platzierung in einer kleingedruckten Fußnote reicht nicht aus. Der Verbraucher muss die Herkunft des durchgestrichenen Preises nachvollziehen können, um den angeblichen Preisvorteil realistisch einschätzen zu können.

Welche Rolle spielt der niedrigste Preis? Die Regelung soll verhindern, dass Käufer durch vermeintlich große Preisnachlässe getäuscht werden, die tatsächlich keine sind. Ein durchgestrichener Preis darf nur dann angegeben werden, wenn es sich dabei um den niedrigsten Preis handelt, der in den letzten 30 Tagen vor der Reduktion tatsächlich verlangt wurde. Wird ein höherer Referenzpreis genannt, ist dies nur zulässig, wenn zugleich deutlich und unmissverständlich auch der niedrigste Preis kenntlich gemacht wird.

Was müssen Händler beachten? Händler, insbesondere im Online- und Lebensmitteleinzelhandel, sollten folgende Punkte bei der Gestaltung von Streichpreiswerbung beachten:

  1. Dokumentation des 30-Tage-Niedrigstpreises: Halten Sie systematisch fest, zu welchen Preisen ein Produkt in den letzten 30 Tagen verkauft wurde.
  2. Transparente Darstellung: Der niedrigste Preis muss klar, eindeutig und gut lesbar angegeben werden.
  3. Verzicht auf verwirrende Fußnoten: Preisangaben dürfen nicht in schwer lesbaren Anmerkungen versteckt werden.
  4. Keine fiktiven Preisnachlässe: Der angegebene Streichpreis muss tatsächlich einmal verlangt worden sein und darf nicht künstlich erhöht worden sein, um den Rabattanteil größer erscheinen zu lassen.

Fazit Mit seiner Entscheidung hat der BGH für mehr Preisklarheit gesorgt. Verbraucher sollen auf einen Blick erkennen können, ob ein Sonderangebot tatsächlich einen echten Preisvorteil bietet. Wer als Händler mit Rabatten wirbt, muss die Vorgaben der Preisangabenverordnung genau einhalten – insbesondere hinsichtlich der Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage.

Gericht: Bundesgerichtshof
Datum: 9. Oktober 2025
Aktenzeichen: I ZR 183/24

Streichpreise im Online-Handel: LG Wiesbaden bestätigt doppeltes Risiko für Händler

Die Werbung mit durchgestrichenen Preisen, sogenannten Streichpreisen, ist ein beliebtes und wirksames Marketinginstrument im Online-Handel. Sie suggeriert dem Kunden ein besonders gutes Geschäft und eine erhebliche Ersparnis. Doch Vorsicht: Die rechtlichen Anforderungen an eine solche Preiswerbung sind streng. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 24. April 2025, AZ: 11 O 1/25, macht deutlich, dass Händler hier gleich zwei Vorschriften beachten müssen, um teure Abmahnungen zu vermeiden.

Der Fall: Ein Modellauto und ein irreführender Rabatt

Ein Online-Händler für Modellautos bewarb ein bestimmtes Fahrzeugmodell mit einem Sonderpreis von 31,20 €. Als Vergleichspreis wurde ein durchgestrichener Preis von 72,95 € angezeigt, was eine Ersparnis von über 57 % suggerierte.

Der Haken an der Sache: Der Preis von 72,95 € war ein alter Preis, der schon seit vielen Monaten nicht mehr verlangt wurde. Unmittelbar bevor der Preis auf 31,20 € gesenkt wurde, kostete das Modellauto bereits nur noch 39,00 €.

Der Händler argumentierte, der Streichpreis von 72,95 € sei die ursprüngliche unverbindliche Preisempfehlung (UVP) gewesen, die er nach der Markteinführung für eine lange Zeit verlangt habe. Ein klagebefugter Wirtschaftsverband sah darin jedoch eine Irreführung der Verbraucher und zog vor Gericht.

Die rechtlichen Fallstricke: PAngV und UWG gelten nebeneinander

Im Zentrum des Verfahrens standen zwei verschiedene rechtliche Regelungen:

  1. Die Preisangabenverordnung (§ 11 PAngV): Seit einer Gesetzesänderung sind Händler verpflichtet, bei jeder Rabattwerbung den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den sie für das Produkt innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung verlangt haben. Gegen diese Vorschrift hatte der Händler unstrittig verstoßen und diesen Teil der Klage anerkannt.
  2. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 5 UWG): Dieses Gesetz verbietet ganz allgemein irreführende geschäftliche Handlungen. Eine Werbung mit einem Streichpreis ist dann irreführend, wenn der durchgestrichene Preis nicht derjenige ist, der unmittelbar vor der Preissenkung verlangt wurde.

Der Händler war der Ansicht, dass die spezielle Regelung der Preisangabenverordnung die allgemeine Regel des Wettbewerbsrechts verdränge. Wer also die Vorgaben der PAngV beachte, könne nicht mehr wegen Irreführung nach dem UWG belangt werden.

Die Entscheidung des LG Wiesbaden: Kein Entweder-oder!

Dieser Argumentation erteilte das Gericht eine klare Absage. Das Landgericht Wiesbaden stellte fest, dass beide Vorschriften – § 11 PAngV und § 5 UWG – nebeneinander anwendbar sind. Ein Händler muss also beide Regelungen beachten.

Die Werbung mit dem alten Preis von 72,95 € wurde als irreführend eingestuft, weil der Verbraucher bei einem Streichpreis davon ausgeht, dass es sich um den zuletzt gültigen Preis handelt. Indem ein viel höherer, aber veralteter Preis als Referenz genutzt wird, wird dem Kunden eine Ersparnis vorgegaukelt, die in dieser Höhe nicht der Realität entspricht. Ein solches Vorgehen ist geeignet, den Verbraucher zu einer Kaufentscheidung zu bewegen, die er bei Kenntnis der wahren Umstände möglicherweise nicht getroffen hätte.

Fazit und Praxistipp für Unternehmer

Das Urteil des LG Wiesbaden ist eine wichtige Mahnung für alle Online-Händler. Es genügt nicht, nur den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben. Wer mit Streichpreisen wirbt, muss sicherstellen, dass zwei Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

  1. Der Streichpreis muss der Preis sein, der unmittelbar vor der Rabattaktion verlangt wurde. Die Verwendung von alten „Mondpreisen“ oder lange zurückliegenden UVPs ist unzulässig, wenn das Produkt zwischenzeitlich bereits günstiger angeboten wurde.
  2. Zusätzlich muss der niedrigste Preis der letzten 30 Tage vor der Aktion angegeben werden.

Wer diese doppelte Anforderung missachtet, riskiert kostspielige Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände. Eine sorgfältige Preisdokumentation und eine korrekte Umsetzung der Preiswerbung sind daher unerlässlich.

Gericht: Landgericht Wiesbaden
Datum: 24.04.2025
Aktenzeichen: 11 O 1/25