Print-Unterlassung endet nicht im Papierkorb – Online gilt mit

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Köln (26. Juni 2025, Az. 14 O 165/24) zeigt: Wer eine Unterlassungserklärung wegen unlizenzierter Bildnutzung abgibt, muss mit einer weiten Auslegung rechnen – selbst dann, wenn das ursprünglich abgemahnte Medium ein anderes war als die letztlich streitige Veröffentlichung.

Ein Online-Händler hatte eines seiner Produktfotos, das er selbst professionell erstellt hatte, ohne seine Zustimmung in der Printausgabe einer Zeitschrift entdeckt. Der verantwortliche Verlag, der über 100 verschiedene Titel vertreibt, gab nach einer Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Diese bezog sich auf die öffentliche Zugänglichmachung genau dieses Bildes.

Wenig später stellte sich heraus: Auch in einer anderen Zeitschrift desselben Verlages war das Foto erschienen – bereits vor Abgabe der Unterlassungserklärung. Diese Zeitschrift war zwar nicht mehr im Handel erhältlich, aber weiterhin über eine digitale Presseplattform abrufbar. Der Verlag meinte, das falle nicht mehr unter die Unterlassungspflicht – schließlich sei das Heft „veraltet“ und die Erklärung habe sich nur auf die konkret abgemahnte Zeitschrift bezogen.

Gericht: Wortlaut der Erklärung genügt nicht – maßgeblich ist der Inhalt

Das Landgericht Köln sah das anders. Zwar war die ursprüngliche Abmahnung auf die gedruckte Verbreitung in einer bestimmten Zeitschrift gerichtet – die daraufhin formulierte Unterlassungserklärung bezog sich aber ausdrücklich auf die „öffentliche Zugänglichmachung“ des Bildes. Damit war der Wortlaut technisch auf digitale Nutzungen im Sinne von § 19a UrhG gerichtet – obwohl der Streit eigentlich die Printnutzung betraf (§ 17 UrhG).

Deshalb war es erforderlich, die Erklärung nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen: Aus Sicht des Gerichts war klar, dass der Fotograf nicht nur eine bestimmte Veröffentlichung, sondern jede weitere Nutzung des Bildes unterbinden wollte – egal, ob gedruckt oder digital. Der Verlag hätte demnach prüfen müssen, ob das Bild noch in anderen Ausgaben verwendet wurde – und insbesondere über digitale Dienste weiterhin abrufbar war.

Fazit des Gerichts:

  • Die Unterlassungserklärung war umfassend auszulegen.
  • Auch die Nutzung in anderen, bereits veröffentlichten Heften ist umfasst, sofern diese noch digital abrufbar sind.
  • Der Verlag hätte aktiv auf die Plattform einwirken müssen, um die Inhalte dort entfernen zu lassen.

Resultat:

  • Vertragsstrafe: 6.000 €
  • Ersatz beider Abmahnkosten
  • Zinszahlungen
  • vollständige Kostentragung des Verfahrens durch den Verlag

Was Unternehmer daraus lernen sollten:

  • Unterlassungserklärungen gelten umfassend – nicht nur für das konkret abgemahnte Medium, sondern für jede gleichartige Nutzung.
  • Wer viele Inhalte über verschiedene Kanäle veröffentlicht, muss intern sicherstellen, dass Verstöße umfassend geprüft und abgestellt werden.
  • Digitale Nachverwertungen – etwa über Plattformen – müssen zwingend berücksichtigt werden.

Gericht: Landgericht Köln
Datum: 26. Juni 2025
Aktenzeichen: 14 O 165/24

US-Urteil zu Anthropic und urheberrechtlich geschützten Büchern – Was bedeutet das für Deutschland?

Die Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) erfordert enorme Datenmengen – oft in Form urheberrechtlich geschützter Texte. Doch was darf verwendet werden? Wann ist eine Nutzung rechtlich zulässig? Ein aktuelles Urteil aus den USA gibt darauf teils überraschende Antworten – mit wichtigen Implikationen für den deutschen Rechtsraum.

Der Fall: Anthropic und das KI-Training mit Millionen Büchern

Das US-Unternehmen Anthropic, Betreiber des LLM-Systems „Claude“, hatte Millionen Bücher zum Training seines Sprachmodells genutzt – teils aus legalen, teils aus illegalen Quellen. Drei Autoren klagten wegen Urheberrechtsverletzung. Das zuständige Bundesgericht (Northern District of California, Urteil vom 23.06.2025 – Az. C 24-05417 WHA) entschied differenziert:

  • Erlaubt: Training mit rechtmäßig gekauften und digitalisierten Büchern – die Nutzung sei „transformativ“ und falle unter „Fair Use“.
  • Erlaubt: Digitalisierung von Printbüchern zur internen Nutzung – als zulässiger Formatwechsel.
  • Nicht erlaubt: Aufbau einer digitalen Bibliothek mit Pirateriekopien – hierfür gebe es keine rechtliche Grundlage.

Fair Use – die US-Schranke im Überblick

Das US-Recht kennt eine offene Schranke namens „Fair Use“. Ob eine Nutzung erlaubt ist, wird anhand dieser vier Kriterien bewertet:

  1. Zweck der Nutzung (kommerziell oder gemeinnützig; transformativ?)
  2. Art des Werkes (Sachbuch oder Fiktion?)
  3. Umfang der Nutzung
  4. Auswirkungen auf den Marktwert des Originals

Diese Bewertung erfolgt stets im Einzelfall und lässt dem Gerichtsspielraum – das unterscheidet das US-System deutlich vom deutschen.

Und wie ist die Rechtslage in Deutschland?

Das deutsche Urheberrecht enthält keine offene Fair-Use-Klausel, sondern streng definierte gesetzliche Ausnahmen:

§ 44a UrhG – Technisch bedingte Vervielfältigungen

Erlaubt sind nur flüchtige Kopien, etwa beim Streaming oder Caching. Gezielte Speicherung zur Analyse (z. B. für KI) ist davon nicht erfasst – das hat zuletzt auch das LG Hamburg (Urt. v. 27.09.2024 – 310 O 227/23) bestätigt.

§ 60d UrhG – Data Mining für wissenschaftliche Zwecke

Diese Vorschrift erlaubt Text- und Data-Mining – jedoch ausschließlich für nicht-kommerzielle Forschungseinrichtungen. Unternehmen können sich hierauf nicht berufen.

§ 44b UrhG – Kommerzielles Data Mining mit Opt-Out-Möglichkeit

Erlaubt automatisiertes Auslesen (TDM) durch Unternehmen – sofern der Rechteinhaber dem nicht widersprochen hat (z. B. durch maschinenlesbaren Hinweis). Wichtig: Die verwendeten Daten dürfen nicht dauerhaft gespeichert werden.

Was bedeutet das für Unternehmen, die LLMs trainieren möchten?

  • Der Einsatz von urheberrechtlich geschützten Texten bedarf einer sorgfältigen Prüfung.
  • Pirateriequellen sind rechtlich ausgeschlossen – unabhängig vom Verwendungszweck.
  • Für kommerzielle TDM-Prozesse kann § 44b UrhG einen rechtlichen Rahmen bieten – vorausgesetzt, die rechtlichen Voraussetzungen (kein Widerspruch, spätere Löschung) werden eingehalten.
  • Eine pauschale Ausnahme wie im US-amerikanischen „Fair Use“ existiert nicht.

Fazit

Die Entscheidung aus den USA zeigt: KI-Training mit urheberrechtlich geschützten Inhalten kann zulässig sein – aber es kommt auf den Zweck, die Herkunft der Daten und die Nutzungsart an. In Deutschland gelten klare Regeln: Wer mit urheberrechtlich geschützten Werken arbeitet, braucht entweder eine Lizenz oder muss sich genau innerhalb der gesetzlichen Schranken bewegen.