Irreführende „Super-Knüller“-Werbung bei Edeka: Landgericht Offenburg setzt Grenzen

Das Landgericht Offenburg hat mit Urteil vom 8. Juli 2025 (AZ: 5 O 1/23 KfH) entschieden, dass eine von Edeka verwendete „Super-Knüller“-Werbung für Möhren unzulässig ist.
Der Fall zeigt eindrücklich, wie streng Gerichte bei Preisangaben vorgehen – und dass Verstöße gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) schnell zu Unterlassungsansprüchen führen können.

Der Sachverhalt

Edeka bewarb in einem Prospekt Möhren aus Deutschland für 0,99 € pro 750-g-Schale mit dem Zusatz „Sie sparen 33 %“ und der hervorgehobenen Bezeichnung „SUPER-KNÜLLER“.
In einer Fußnote wurde zwar darauf hingewiesen, dass der niedrigste Gesamtpreis in den letzten 30 Tagen bei 0,88 € lag – die beworbene prozentuale Ersparnis bezog sich jedoch nicht auf diesen Wert, sondern auf einen regulären Preis von 1,49 €, der im Prospekt nicht genannt war.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht sah darin einen klaren Verstoß gegen:

  • § 11 Abs. 1 PAngV – die Pflicht, bei Preisermäßigungen den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage als Bezugspunkt anzugeben,
  • § 5 UWG – Irreführung über das Vorliegen eines besonderen Preisvorteils.

Besonders beanstandet wurde, dass der Angebotspreis (0,99 €) höher lag als der in der Fußnote genannte Referenzpreis (0,88 €). Damit wurde der Eindruck eines Preisvorteils erweckt, der tatsächlich nicht bestand.
Das Gericht stellte zudem klar: Prozentangaben oder Schlagworte wie „SUPER-KNÜLLER“ müssen sich nachvollziehbar aus dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage ableiten lassen.
Diese Auslegung folgt dem Ziel der EU-Richtlinie 98/6/EG, sogenannte „Preisschaukeln“ zu verhindern.

Folgen für Unternehmen

Für Händler bedeutet das Urteil:

  • Wer mit Preisermäßigungen wirbt, muss die Berechnungsgrundlage klar und transparent angeben.
  • Prozentangaben müssen immer auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage bezogen werden.
  • Fußnoten helfen nur, wenn sie die fehlenden Informationen tatsächlich klar und deutlich vermitteln.
  • Begriffe wie „Super-Knüller“ oder ähnliche Werbeverstärker sind nur zulässig, wenn der tatsächliche Vorteil im Verhältnis zum Referenzpreis besteht.

Das Gericht verurteilte Edeka zur Unterlassung der beanstandeten Werbung und zur Zahlung der Abmahnkosten an die Verbraucherzentrale. Eine Widerklage auf Erstattung eigener Anwaltskosten wies es ab.


Gericht: Landgericht Offenburg, 5. Zivilkammer (Handelskammer)
Datum: 8. Juli 2025
Aktenzeichen: 5 O 1/23 KfH

Rechtsmissbrauch durch unzureichende Empfangskontrollen

In einem bemerkenswerten Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main, AZ: 6 U 310/24, entschieden, dass die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs im Eilverfahren rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn der Antragsteller keine ausreichenden Vorkehrungen trifft, um die Reaktion des Gegners auf eine Abmahnung entgegenzunehmen und dem Gericht mitzuteilen.

Worum ging es?
Ein Wettbewerbsverband hatte ein spanisches Unternehmen wegen des Vertriebs und der Werbung für diätetische Lebensmittel wie „DAOfood“ und „fibroDAO“ abgemahnt. Die Abmahnung enthielt eine kurze Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Parallel beantragte der Verband eine einstweilige Verfügung, wobei er angab, es habe keine Reaktion auf die Abmahnung gegeben. Tatsächlich hatte die Antragsgegnerin mehrfach per E-Mail geantwortet – unter anderem schon vor der Antragstellung –, doch die Nachrichten waren entweder im „Trash“-Ordner gelandet oder versehentlich als „gelesen“ markiert worden.

Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Frankfurt stellte klar:

  • Wer im Eilverfahren eine Abmahnung vorlegt und behauptet, darauf sei keine Reaktion erfolgt, übernimmt die Verantwortung, dass etwaige Antworten auch tatsächlich zur Kenntnis genommen und dem Gericht unverzüglich vorgelegt werden.
  • Die Pflicht zu einer redlichen Prozessführung folgt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie trifft insbesondere den Antragsteller, wenn er durch die Abmahnung vorprozessuale Äußerungsmöglichkeiten geschaffen hat.
  • Ein bloßes Versehen, wie das Übersehen von E-Mails im Spam- oder Papierkorb, kann bei einer solchen Verantwortung nicht mehr als einfache Nachlässigkeit gewertet werden. Vielmehr stellt das Verhalten eine unredliche Prozessführung dar.

Das Gericht betonte ausdrücklich: Auch wenn keine vorsätzliche Täuschung vorlag, reichte die Häufung der Versäumnisse – Nicht-Kontrolle der Spam-Ordner, voreilige Antragstellung, zögerliche Information des Gerichts nach Bekanntwerden der Antwort – aus, um einen Rechtsmissbrauch anzunehmen.

Konsequenzen für den Wettbewerbsverband
Die Folge war gravierend:

  • Die einstweilige Verfügung wurde aufgehoben.
  • Der materielle Unterlassungsanspruch blieb zwar unberührt, muss aber nun in einem regulären Klageverfahren durchgesetzt werden.
  • Der Verband musste die Kosten des gesamten Verfahrens tragen.

Praxishinweis für Unternehmen und Verbände
Das Urteil unterstreicht die hohe Sorgfaltspflicht bei der Abmahnung und der Antragstellung im Eilverfahren. Wer den Gegner abmahnt, muss:

  • sicherstellen, dass sämtliche Kommunikationskanäle (insbesondere Spam-Ordner) überwacht werden,
  • Reaktionen sofort sichten,
  • das Gericht umgehend informieren.

Unternehmen, die selbst Abmahnungen erhalten, sollten wiederum darauf achten, dass ihre Erwiderung nachweisbar beim Gegner ankommt – insbesondere wenn Fristen laufen und einstweilige Verfügungen drohen.

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main (6. Zivilsenat)
Datum der Entscheidung: 17.04.2025
Aktenzeichen: 6 U 310/24
Fundstelle: BeckRS 2025, 771 (Juris)

OLG Stuttgart: Fehlende Datenschutzerklärung kann abgemahnt werden

Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 27.02.2020, Az.: 2 U 257/19, entschieden, dass derjenige, der auf seiner Internetseite keine Datenschutzerklärung vorhält, deswegen von einem Verband abgemahnt werden kann.

Das Urteil des OLG Stuttgart ist aus zweierlei Gründen zu beachten:

In der Rechtsprechung und vor allem in der juristischen Fachliteratur ist die Frage umstritten, ob die DSGVO sämtliche Rechtsbehelfe abschließend regelt. Wäre dem der Fall, so könnten ein Verband oder ein Wettbewerber, gestützt auf das UWG, nicht Verstöße gegen die DSGVO abmahnen.

Das OLG Stuttgart ist der Meinung, dass die DSGVO die Rechtsbehelfe nicht abschließend regelt. Damit eröffnet das OLG den Anwendungsbereich des UWG.

Darüber hinaus ist das Gericht der Meinung, dass die DSGVO, speziell die Pflicht, eine Datenschutzerklärung vorzuhalten, eine sog. Marktverhaltensregelung ist, weswegen gemäß § 3a UWG das Fehlen einer solchen Datenschutzerklärung jedenfalls von einem Verband abgemahnt werden kann.

In dem Fall ging es darum, dass ein Händler auf eBay keine solche Datenschutzerklärung abrufbar hielt.

Dies wurde ihm nun zum Verhängnis.

Der Klage des abmahnenden Verbandes wurde in der Berufung vollumfänglich stattgegeben.

Damit öffnet das OLG eventuell die „Büchse der Pandora“. Bislang waren diese Fragen höchst streitig. Dies hat dazu geführt, dass jedenfalls meiner Erfahrung nach die Abmahntätigkeit von Verbänden (und vor allem auch von Wettbewerbern) nicht sehr ausgeprägt war.

Das könnte sich nun ändern.