OLG Köln zur „Counter-Notification“ auf YouTube – Keine Haftung des Gesellschafters für Urheberrechtsverletzung der Gesellschaft

Im Mittelpunkt der Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 28.02.2025, AZ: 6 U 107/24) stand die Frage, ob ein Gesellschafter persönlich für Urheberrechtsverletzungen haftet, die durch seine Gesellschaft über einen YouTube-Kanal begangen wurden – insbesondere dann, wenn er in einem sog. „Counter-Notification“-Verfahren gegenüber YouTube auftritt.

Die Antragstellerin verlangte im Wege einer einstweiligen Verfügung die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung von Videoausschnitten auf YouTube. Sie behauptete, über Nutzungsrechte an den verwendeten Inhalten zu verfügen bzw. diese in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen.

Die Anträge der Antragstellerin

Die Antragstellerin beantragte, dem Antragsgegner unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro zu untersagen, das beanstandete Video auf YouTube ganz oder teilweise öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen. Sie verwies dabei insbesondere darauf, dass der Antragsgegner im Rahmen des sogenannten „Counter-Notification“-Verfahrens bei YouTube aufgetreten sei und sich dort als Empfangsbevollmächtigter bezeichnet habe.

Was ist eine „Counter-Notification“?

Die sogenannte „Counter-Notification“ stammt ursprünglich aus dem US-amerikanischen Digital Millennium Copyright Act (DMCA). Sie ist Teil des Verfahrens, das Plattformen wie YouTube weltweit anwenden, wenn es um mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen geht. Wird ein Video wegen eines behaupteten Verstoßes gesperrt oder entfernt, kann der betroffene Nutzer eine „Counter-Notification“ einreichen, um die Sperrung anzufechten. In dieser Gegendarstellung erklärt der Nutzer, warum seiner Ansicht nach kein Urheberrechtsverstoß vorliegt, und fordert die Wiederherstellung des Inhalts.

Wichtig: Die Abgabe einer solchen Erklärung führt dazu, dass die Plattform den ursprünglichen Rechteinhaber informiert und ihm eine Frist setzt, um gerichtliche Schritte einzuleiten. Erfolgt dies nicht, wird der Inhalt in der Regel wieder freigeschaltet.

Im Fall des OLG Köln hatte der Antragsgegner eine solche „Counter-Notification“ gegenüber YouTube eingereicht – allerdings im Namen seiner Gesellschaft. Die Antragstellerin wollte daraus seine persönliche Verantwortlichkeit ableiten. Das Gericht lehnte dies jedoch ab.

Entscheidung des OLG Köln

Das Oberlandesgericht Köln bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Köln und wies die Berufung zurück. Es stellte klar:

  • Keine Passivlegitimation: Die Antragstellerin konnte nicht glaubhaft machen, dass der Antragsgegner persönlich für die beanstandete Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei. Insbesondere war er weder Geschäftsführer noch sonst operativ tätig.
  • Gesellschafterhaftung ausgeschlossen: Die bloße Gesellschafterstellung reicht nicht aus, um eine urheberrechtliche Haftung zu begründen. Eine Ausdehnung der Störerhaftung auf Gesellschafter würde gegen die Trennung von Gesellschaft und Gesellschafter verstoßen.
  • Keine Indizwirkung der „Counter-Notification“: Auch die Tatsache, dass der Antragsgegner eine „Counter-Notification“ bei YouTube eingereicht hatte und sich darin als Empfangsbevollmächtigter ausgab, begründet keine Verantwortlichkeit. Dies sei lediglich als Verfahrenshandlung im Rahmen der Plattformprozesse zu werten und nicht als Eingeständnis einer Täterschaft.

Relevanz der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG Köln ist für Unternehmen mit Social-Media-Präsenz und ihre Gesellschafter von erheblicher Bedeutung. Sie betont die zivilrechtliche Trennung zwischen der Gesellschaft und deren Gesellschaftern und schützt letztere vor einer Haftung für Plattforminhalte, solange keine weitergehenden Anhaltspunkte für eine persönliche Beteiligung bestehen.

Zugleich schafft das Urteil Klarheit hinsichtlich der Reichweite und rechtlichen Bedeutung einer „Counter-Notification“: Wer eine solche gegenüber YouTube abgibt, etwa als Kommunikationsschnittstelle der eigenen Gesellschaft, erklärt damit noch nicht, selbst für etwaige Urheberrechtsverletzungen einzustehen.

Kunstfreiheit vs. Persönlichkeitsrecht: OLG Hamburg bestätigt Schutz fiktiver Romanfiguren trotz realer Vorbilder

In einem viel beachteten Beschluss hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 18. März 2025, AZ: 7 W 23/25, BeckRS 2025, 6014068) klargestellt, dass die Kunstfreiheit eines Romans auch dann überwiegen kann, wenn reale Personen als Vorbilder erkennbar sind – solange die Darstellung als fiktional erkennbar bleibt und keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt.

Der Fall

Ein prominentes Galeristenpaar aus Berlin verlangte im Eilverfahren die Unterlassung der Veröffentlichung des Romans „Innerstädtischer Tod“. Sie sahen sich in den Romanfiguren „Konrad Raspe“ und „Eva-Kristin Raspe“ wiedererkannt und machten eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte geltend. Die Figuren wiesen zahlreiche Parallelen zu den Antragstellern auf – unter anderem betreiben beide Paare eine Galerie in einer ehemaligen Kirche, und gegen den Antragsteller zu 1) wurden – wie im Roman – Vorwürfe sexueller Übergriffe öffentlich erhoben.

Die Entscheidung

Das OLG wies die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf einstweilige Verfügung zurück. Es bestätigte die Entscheidung des LG Hamburg vom 24. Februar 2025 (Az. 324 O 44/25) und stellte sich auf die Seite der Kunstfreiheit:

  • Erkennbarkeit allein genügt nicht: Auch wenn die Antragsteller als reale Vorbilder identifiziert werden können, führt dies nicht automatisch zu einem Unterlassungsanspruch. Entscheidend sei die Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Kunstfreiheit.
  • Keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung: Die Romanfiguren seien deutlich fiktionalisiert, wiesen Unterschiede zu den Antragstellern auf (z. B. kein gemeinsames Kind, abweichende Altersstruktur, andere Galeriearchitektur) und seien eingebettet in ein vielschichtiges literarisches Werk mit wechselnden Perspektiven und Themenkomplexen.
  • Fiktionaler Charakter erkennbar: Der Roman erhebe keinen Faktizitätsanspruch, bezeichne sich explizit als fiktiv und enthalte einen „Disclaimer“, der auf die künstlerische Gestaltung verweist. Die Leser würden den Text als literarische Fiktion und nicht als Tatsachenbericht wahrnehmen.
  • Keine Verletzung der Intimsphäre: Selbst die expliziten Szenen – wie eine Affäre zwischen der Romanfigur „Eva-Kristin Raspe“ und einem Künstler – seien klar als Fiktion erkennbar und dienten literarischen Zwecken.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung stärkt die Kunstfreiheit und gibt Verlagen sowie Autoren mehr Sicherheit im Umgang mit realitätsnahen literarischen Werken. Auch wenn reale Personen als Vorbilder dienen, ist entscheidend, dass das Werk insgesamt als Fiktion erkennbar bleibt und keine schwerwiegende Herabwürdigung oder Bloßstellung erfolgt. Gleichzeitig mahnt das OLG zur sorgfältigen Abwägung im Einzelfall, insbesondere wenn sensible Lebensbereiche wie Sexualität oder Gesundheit betroffen sind.

Die vom Gericht entwickelten Abwägungsgrundsätze gelten nicht nur für Romane, sondern lassen sich grundsätzlich auch auf andere Kunstformen wie Theaterstücke oder Filme übertragen. Entscheidend ist stets, ob ein Werk einen Faktizitätsanspruch erhebt oder sich als Fiktion zu erkennen gibt. Auch bei filmischen Darstellungen, die an reale Ereignisse oder Personen angelehnt sind, ist daher zu prüfen, ob eine ausreichende Verfremdung vorliegt und der fiktionale Charakter deutlich wird.

Unberechtigte Weitergabe von Zugangsdaten

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit seinem Urteil vom 27.12.2024 (AZ: 19 O 556/24, GRUR-RS 2024, 39936) entschieden, dass die unberechtigte Weitergabe von Zugangsdaten zu einer geschäftlichen Datenbank eine Verletzung vertraglicher Pflichten und von Geschäftsgeheimnissen darstellt. Die Beklagte wurde zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadenersatz verpflichtet.

Sachverhalt

Der Kläger betreibt eine kostenpflichtige gesundheitspolitische Informationsdatenbank, die nur durch individuell zugewiesene Passwörter zugänglich ist. Die Beklagte, ein Unternehmen im Gesundheitssektor, hatte eine Lizenz für bis zu zehn benannte Nutzer. Entgegen den vertraglichen Bestimmungen wurden jedoch Zugangsdaten an zwei Mitarbeiter eines verbundenen Unternehmens weitergegeben, die nicht als berechtigte Nutzer registriert waren.

Entscheidung des Gerichts

Das LG Nürnberg-Fürth gab der Klage teilweise statt und entschied:

  1. Unterlassungsanspruch: Die Beklagte darf zukünftig keine individuell vergebenen Zugangsdaten an Dritte weitergeben. Dies begründete das Gericht sowohl mit einer Vertragsverletzung (§§ 280, 241 BGB) als auch mit einem Verstoß gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG). Die Datenbank und die Zugangsdaten stellen Geschäftsgeheimnisse dar, da sie wirtschaftlichen Wert besitzen und durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt sind.
  2. Auskunftsanspruch: Die Beklagte muss umfassend darlegen, an wen und in welchem Umfang Zugangsdaten weitergegeben wurden. Dies umfasst auch die Vorlage relevanter Belege. Das Gericht stützte diesen Anspruch auf § 8 GeschGehG sowie § 242 BGB.
  3. Schadensersatzfeststellung: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte dem Kläger allen durch die Weitergabe entstandenen und noch entstehenden Schaden ersetzen muss. Der genaue Umfang ist noch zu beziffern.
  4. Abweisung der Klage in Teilen:
    • Kein Urheberrechtsverstoß: Die reine Weitergabe von Passwörtern stellt keine urheberrechtliche Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe der Datenbank dar (§ 87b UrhG).
    • Kein Wettbewerbsverstoß: Eine gezielte unlautere Behinderung nach § 4 UWG wurde abgelehnt, da die Beklagte keine Verdrängungsabsicht hatte.
    • Kein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung: Eine öffentliche Bekanntmachung des Urteils auf Kosten der Beklagten wurde als unverhältnismäßig angesehen.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, dass die unberechtigte Weitergabe von Zugangsdaten nicht nur eine Vertragsverletzung darstellt, sondern auch gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz verstoßen kann. Unternehmen sollten daher strikte interne Regelungen zur Passwortverwaltung und Zugangskontrolle einhalten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

GEMA klagt gegen Suno: Was bedeutet das für KI-generierte Musik und das Urheberrecht?

Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) hat Klage gegen das US-amerikanische KI-Unternehmen Suno Inc. eingereicht. Suno bietet ein KI-Tool an, das mithilfe von einfachen Anweisungen (sogenannten Prompts) Audioinhalte erzeugen kann. Die GEMA wirft Suno vor, geschützte Aufnahmen aus ihrem Repertoire ohne Lizenz verwendet zu haben, was eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Konkret geht es darum, dass die KI Audioinhalte generiere, die bekannten Songs wie „Forever Young“, „Atemlos“ oder „Daddy Cool“ zum Verwechseln ähnlich sein sollen.

Was sind die Vorwürfe der GEMA?

  • Urheberrechtsverletzung: Die GEMA argumentiert, dass Suno durch die Nutzung der Werke ihrer Mitglieder das Urheberrecht verletze. Dies betreffe sowohl die Erstellung der Aufnahmen in den Systemen von Suno als auch die Nutzung der Originalwerke zum Trainieren der KI.
  • Fehlende Vergütung: Die GEMA kritisiert, dass Suno das Repertoire der GEMA systematisch für das Training ihres Musiktools genutzt und dieses nun kommerziell verwertet habe, ohne die Urheber finanziell zu beteiligen.
  • Forderung nach einem fairen Miteinander: Die GEMA betont, dass eine partnerschaftliche Lösung mit KI-Unternehmen nur mit der Einhaltung von Grundregeln eines fairen Miteinanders möglich sei, einschließlich des Erwerbs von Lizenzen.

Was fordert die GEMA?

Die GEMA fordert eine faire Vergütung für die Nutzung der Werke ihrer Mitglieder. Sie schlägt ein „Zwei-Säulen“-Lizenzmodell vor:

  • Vergütung für das KI-Training: Die GEMA verlangt, dass 30 Prozent der Netto-Einnahmen von Suno an die Urheber fließen, inklusive einer Mindestvergütung.
  • Beteiligung an generierten Werken: Die GEMA ist der Ansicht, dass die generierten Werke so stark auf den Originalwerken basieren, dass die Urheber auch an deren Nutzung beteiligt werden müssen.

Rechtliche Herausforderungen

Das Verfahren wirft wichtige Fragen in Bezug auf das Urheberrecht auf:

  • Rechtmäßigkeit des KI-Trainings: War das Training der Suno-KI mit urheberrechtlich geschützten Werken rechtmäßig? Das Urheberrechtsgesetz erlaubt in bestimmten Fällen das „Text- und Data Mining“ (§§ 44b, 60d UrhG), also die automatisierte Analyse digitaler Werke zur Mustererkennung. Allerdings gibt es hier Einschränkungen, insbesondere wenn die Urheber der Nutzung ihrer Werke für das KI-Training widersprochen haben.
  • Nutzungsvorbehalt: Entscheidend ist, ob die GEMA einen wirksamen Nutzungsvorbehalt erklärt hat. Seit 2021 erlaubt § 44b UrhG Text- und Data Mining, es sei denn, die Urheber haben dem „maschinenlesbar“ widersprochen. Ob ein solcher Widerspruch in maschinenlesbarer Form vorliegt, ist jedoch umstritten.
  • Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe: Die GEMA argumentiert, dass bereits die Generierung der KI-Songs eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe darstellt. KI-Systeme arbeiten jedoch nicht mit exakten Kopien, sondern mit statistischen Mustern.
  • Pflichten der KI-Anbieter: Nach dem AI Act müssen Anbieter von Mehrzweck-KI-Systemen wie Suno eine Strategie zur Einhaltung des EU-Urheberrechts vorlegen.

LG Hamburg: Nutzung von Bildern für KI-Training

Das Landgericht Hamburg hat sich in einem Urteil vom 27.09.2024 (Az. 310 O 227/23) mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für das Training von KI-Systemen zulässig ist. Das Gericht hat entschieden, dass die Schrankenregelung des § 44a UrhG (vorübergehende Vervielfältigungshandlungen) für Trainingszwecke von KI nicht anwendbar ist.

  • Keine Flüchtigkeit: Das Gericht argumentierte, dass die Speicherung der Werke auf den Servern des KI-Herstellers nicht „flüchtig“ im Sinne des Gesetzes sei.
  • Keine Begleitfunktion: Das Herunterladen der Bilddateien zur Analyse sei kein bloß begleitender Prozess, sondern ein bewusster Beschaffungsprozess.

Allerdings tendierte das LG Hamburg in seiner Entscheidung dazu, dass ein Nutzungsvorbehalt in natürlicher Sprache (z.B. in AGB) genügen müsse, um die Nutzung eines Werkes für KI-Training zu untersagen. Dies könnte auch für die Klage der GEMA relevant sein, da es fraglich ist, ob die GEMA bzw. ihre Mitglieder einen solchen maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt rechtzeitig erklärt haben.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Klage der GEMA gegen Suno ist ein Präzedenzfall. Es ist noch unklar, wie die Gerichte die Nutzungsvorbehalte der Urheber bewerten werden. Das Urteil könnte richtungsweisende Antworten auf die Frage geben, wie mit KI-generierter Musik und dem Urheberrecht umzugehen ist.

Parallele in den USA

Auch in den USA gibt es ähnliche Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit KI-Training und Urheberrecht.

  • Ein US-Gericht, der District Court of Delaware, hat im Fall Thomson Reuters ./. Ross Intelligence entschieden, dass die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte zum Training einer KI nicht unter die „Fair Use“-Doktrin fällt, wenn das KI-Training kommerziellen Zwecken dient und sich negativ auf den Wert des geschützten Werks auswirkt.
  • Dieses Urteil könnte Auswirkungen auf KI-Anbieter haben, die in den USA tätig sind. Bemerkenswert ist, dass das Gericht die meisten Gerichtsentscheidungen, auf die sich KI-Unternehmen bislang berufen haben, als „irrelevant“ abgelehnt hat.
  • Die Entscheidung des US-Gerichts betraf einen Fall, in dem eine KI-Suchmaschine mit urheberrechtlich geschützten Headnotes trainiert wurde. Das Gericht argumentierte, dass die Nutzung nicht „transformierend“ sei, da die KI lediglich ein Konkurrenzprodukt erstellen sollte. Dies könnte ein wichtiger Unterschied zur generativen KI sein, die neue und transformative Werke schaffen kann. Das Gericht betonte, dass Ross mit seiner KI direkt mit Westlaw konkurrieren wollte, was ausreiche, um eine Marktbeeinträchtigung festzustellen. Es sei unerheblich, ob Reuters bereits KI-Trainingsdaten vermarkte – die Möglichkeit, dies zu tun, sei rechtlich schutzwürdig.

Auswirkungen für Deutschland

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtslage im Bereich der KI-generierten Musik, aber auch bei Texten, Grafiken etc., entwickeln wird.

Die mit der Nutzung von urheberrechtlichen Inhalten zu Trainingszwecken verbundenen urheberrechtlichen Fragen werden vermutlich erst in einigen Jahren höchstrichterlich geklärt werden. Es könnte sein, dass sich bis dahin entweder der Gesetzgeber entschließt, das Thema neu zu regeln (und dann, so ist meine Vermutung, eine „KI-Abgabe“ einführt, die an Verwertungsgesellschaften wie die GEMA zu zahlen ist) oder es zu Vereinbarungen zwischen Anbietern von KI und Verwertungsgesellschaften kommen wird.

Europäischer Gerichtshof zum Framing

Der EuGH hat mit Urteil vom 09.03.2021, Az.: C-392/19, eine Grundsatzentscheidung dazu getroffen, ob bzw. ab wann das sog. Framing die Rechte eines Urhebers verletzen kann.

Unter Framing versteht man die Einbindung der Inhalte fremder Internetseiten in den eigenen Webauftritt. Typisches Beispiel ist die Einbindung von YouTube-Videos auf die eigene Seite. Im Rechtssinne liegt Framing dann vor, wenn die Sichtbarkeit des eingebundenen Inhalts nicht mehr gegeben ist, wenn von der Originalwebseite der Inhalt entfernt wird. Wird also im obigen Beispielsfall das YouTube-Video auf YouTube gelöscht, so ist auch das geframte Video auf der Webseite, auf der das YouTube-Video eingebunden war, nichts mehr zu sehen.

In seinem Urteil stellt der EuGH zunächst klar, dass Framing grundsätzlich urheberrechtlich zulässig ist. Auch die Änderung der Größe eines eingebundenen Werks spielt keine Rolle. Um beim obigen Beispiel zu bleiben: Wurde also bei YouTube das Werk vom Originalurheber eingestellt und wird dieses eingestellte Video in den eigenen Webauftritt eingebunden, so muss der Webseitenbetreiber nicht noch zusätzlich die Zustimmung zur sog. öffentlichen Zugänglichmachung vom Originalurheber des YouTube-Videos einholen. Nur dann, wenn weitere Rechte betroffen sein könnten (z.B. Werberecht), kann eine solche Zustimmung notwendig werden.

Im vorliegenden Fall ging es jedoch um eine Ausnahme:

Nämlich darum, ob sich an diesem Grundsatz etwas ändert, wenn der Originalurheber auf der eigenen Seite technische Maßnahmen getroffen hat, damit ein solches Framing nicht möglich ist. Um das Original also dann zu „framen“, müsste man die vom Originalurheber getroffenen Beschränkungen in irgendeiner Weise überwinden. Der EuGH hat nun geurteilt, dass in Fällen, in denen der Originalurheber solche beschränkenden Maßnahmen trifft, das Framing (ausnahmsweise) in die Rechte des Originalurhebers eingreift, weil der Originalurheber durch die beschränkenden Maßnahmen klar zu erkennen gegeben hat, dass er die Veröffentlichung für das allgemeine Publikum auf allen Webseiten nicht wünscht. Berücksichtigt man dies nicht und framed den Inhalt trotz der Beschränkungen, so liegt eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung des Urhebers vor, so der EuGH.

Uploadfilter & Co.

Wer wissen möchte, was nach Inkrafttreten im Juni des neuen „Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes“ kommen kann, dem empfehle ich einen Artikel auf laut.de über eine Liveperformance der Band „Metallica“ auf der US-Spielemesse „BlizzCon“. Speziell das Ansehen und vor allem Anhören des Videos des Auftritts lohnt sich…

Die Spielemesse fand online statt. Im Rahmen der Eröffnung der Messe spielte die Band „Metallica“ einen ihrer bekanntesten Songs live. U.a. über die Platttform „Twitch“ wurde die Performance live gestreamt.

Kurz nach Beginn des Auftritts war bei „Twitch“ allerdings nicht die Liveperformance der Band zu hören, sondern anstatt der Musik belangloser Computersound. In das Video wurde ein Hinweis von „Twitch“ eingeblendet, dass die Darbietung dem Urheberrechtsschutz des Rechteinhabers unterliege.

In den USA sieht sich die Plattform „Twitch“ diversen Klagen der Musikindustrie ausgesetzt und verwendet deshalb entsprechende Filter, um urheberrechtlich geschützte Musik zu erkennen und auszublenden. Beim Auftritt der Band „Metallica“ hatte der Filter natürlich nicht erkannt, dass die originären Rechteinhaber selbst spielten und demzufolge auch eine Zustimmung zum Streaming vorlag. Die „künstliche Intelligenz“ ist eben doch (noch?) nicht so weit wie die menschliche….

Ein „Vorgeschmack“ auf die ab Juni geltende Rechtslage in Deutschland kann es deshalb sein, weil im neuen „Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz“ nach §§ 7, 8 ein Rechteinhaber die Möglichkeit hat, die „erforderlichen Informationen“ für eine Plattform zu hinterlegen, dass bei einem Upload dieses Rechterepertoires von vornherein kein solcher Upload für den Anwender möglich ist. Würde z.B. Metallica oder das Label von Metallica ab Juni bei einer Plattform die „erforderlichen Informationen“ hinterlegen, die für das Erkennen von Songs der Band notwendig sind, so könnte es auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes dazu kommen, dass eine Plattform eine solche Liveperformance des Rechteinhabers von vornherein nicht zulässt und entsprechend sperrt.

Urheberrechtsreform

Das Gesetzespaket „zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts“ wurde gestern dem Bundestag zur Beschlussfassung vorgelegt. Es ist auch davon auszugehen, dass der Gesetzesentwurf in der vorliegenden Fassung beschlossen wird.

Mit diesem Gesetzesvorhaben wird die vor gut zwei Jahren auf den Weg gebrachte EU-Urheberrechtsreform in nationales deutsches Recht umgesetzt.

Dazu wurde bereits viel geschrieben. Insbesondere das Thema „Uploadfilter“ hatte die Gemüter erhitzt.

Einer der zentralen Punkte des Gesetzespakets ist die Frage, ob bzw. ab wann Plattformen für Urheberrechtsverletzungen haften. Dazu wird ein neues Gesetz geschaffen, dass „Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz“. Auch wenn dort das Wort „Uploadfilter“ nicht benutzt wird, so läuft es natürlich darauf hinaus, dass solche Filter vermehrt zum Einsatz kommen werden.

Bereits im Herbst im Rahmen einer Vortragsveranstaltung habe ich versucht, den damaligen, ersten Entwurf des Gesetzes in ein Schema zu fassen. Da Juristen Schemata lieben und sich nicht allzu viel geändert hat, habe ich mein damaliges Schema an die überarbeiteten Bestimmungen angepasst. Wer möchte, kann sich das entsprechende pdf von meiner Seite herunterladen. Da es sich um ein neues Gesetz handelt, erhebe ich natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und vor allem auch Richtigkeit. Über Anregungen und Kritik freue ich mich.

EuGH-Urteil zu Fotos im Internet

Die einfachsten Sachverhalte beinhalten oft die schwierigsten Rechtsfragen.

Der Sachverhalt, der dem aktuellen Urteil des EuGH vom 07.08.2018, Az.: C-161/17, zugrunde liegt, ist ein solcher:

Für ein Referat verwendete ein Schüler ein Foto der spanischen Stadt Cordoba. Dieses Foto stammte ursprünglich von der Webseite eines Reiseportals. Die Schule veröffentlichte das Referat des Schülers auf ihrer Internetseite. Zwar war eine Art Quellenhinweis vorhanden – in dem Referat wurde auf das Reiseportal hingewiesen. Jedoch holte weder der Schüler noch die Schule Nutzungsrechte beim Fotografen ein. So kam es wie es kommen musste: Der Fotograf entdeckte die Nutzung seines Fotos und mahnte ab. Die Begründung: Er habe nur dem Reiseportal ein Nutzungsrecht eingeräumt, nicht jedoch der Schule. Daher verlangte er Unterlassung und Zahlung von Schadenersatz in Höhe von EUR 400,00.

Das Landgericht gab der Klage statt. Schließlich landete der Fall beim Bundesgerichtshof (BGH), der darin auch eine Urheberrechtsverletzung sah. Allerdings sah sich der BGH veranlasst, aufgrund der Rechtsprechung des EuGH diesem im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens diverse Fragen zur Beantwortung vorzulegen. Rechtlich geht es um die Frage, ob durch die Nutzung des Fotos im Referat und des Einstellens des Referats auf der Internetseite der Schule ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19 a UrhG vorliegt oder nicht.

Wenn man sich den oben dargestellten Sachverhalt vor Augen führt, fragt man sich zunächst, weshalb überhaupt ein Streit über die Frage entbrannt ist, ob hier eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder nicht. Der „gesunde Menschenverstand“ sagt einem, dass man sich nicht einfach irgendwelcher Fotos, die im Internet veröffentlicht worden sind, zur Bebilderung eigener Werke bedienen kann. Würde man dies für zulässig erachten, wäre dies ein herber Schlag nicht nur für Fotografen, sondern auch für alle Kreativen. Denn dies hätte zur Konsequenz, dass urheberrechtlich geschützte Werke, die mit Zustimmung des Urhebers einmal im Internet veröffentlicht worden sind, von jedermann frei genutzt werden könnten.

Der BGH sah sich gleichwohl zu der Vorlage an den EuGH gezwungen, weil der EuGH zu der Auslegung der „öffentlichen Zugänglichmachung“ bei Framing und Verlinkung Definitionen verwendet hatte, aus denen man schließen könnte, dass so etwas zulässig ist. Für das Verlinken oder Framen andernorts abrufbarer urheberrechtlich geschützter Inhalte hat der EuGH nämlich entschieden, dass das Verlinken und Framen (prinzipiell) zulässig ist und hierfür ein Prüfungsschema entwickelt, das er bewusst nach allen Seiten offenhält, indem er diverse Kriterien in Wechselwirkung zueinander anwendet und diese Kriterien (eventuell auch bewusst) aber sehr unbestimmt gehalten sind. Kurz gefasst kann man die Position des EuGH so zusammenfassen, dass eine öffentliche Wiedergabe (und damit auch eine öffentliche Zugänglichmachung) vorliegt, wenn entweder ein geschütztes Werk unter Verwendung eines neuen technischen Verfahrens wiedergegeben wird oder aber wenn ein „neues Publikum“ erreicht wird. Also ein solches, an das der Urheber nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte.

In Anbetracht dieser Definition entschied der EuGH, dass sowohl Framing als auch Linking (im Prinzip) immer möglich ist und bei einer Verlinkung auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk bzw. beim Framing eines urheberrechtlich geschützten Werkes keine Urheberrechtsverletzung vorliegt. In Anbetracht dieser offenen Definition verwundert es dann nicht, dass sich die beklagte Schule auf den Standpunkt stellte, dass keine öffentliche Wiedergabe vorliege, weil durch die Nutzung des Fotos im Rahmen des Referats kein neues technisches Verfahren verwendet worden sei bzw. auch kein „neues Publikum“ erreicht worden sei. Denn das „Publikum“ sei immer dasselbe, nämlich die Nutzer des Internets.

Entsetzen bei den Kreativen brach spätestens dann aus, als der Generalanwalt sich in seinem Schlussantrag der Argumentation der Schule anschloss und ebenfalls die Auffassung vertrat, dass durch die Nutzung des Fotos im Referat kein „neues Publikum“ erreicht werde, weshalb keine öffentliche Zugänglichmachung vorliege. Das Entsetzen war durchaus berechtigt, weil in ca. 70 bis 80 % aller Fälle der EuGH sich der Rechtsauffassung des Generalanwalts anschließt.

Zum Glück für alle Kreativen und Urheber entschied der EuGH aber in diesem Fall anders.

Der EuGH urteilte, dass seine Rechtsprechung zum Framing und Verlinken beim Hochladen eines Werkes nicht greife. Entscheidend dafür sei die fehlende Kontrolle des Rechteinhabers über die weitere Verwendung. Bei einer Veröffentlichung eines Fotos auf einer anderen Webseite werde es dem Urheber unmöglich gemacht, jedenfalls aber sehr erschwert, die neue Wiedergabe des Fotos zu beenden. Bei einer bloßen Verlinkung bzw. beim Framing sei dies anders: Werde das Werk nach Setzen des Links bzw. nach dem Framen von der ursprünglichen Internetseite entfernt, führt auch der Link bzw. das Framing ins Leere.

Bei einem eigenständigen Upload habe aber der Urheber keine Kontrolle mehr über die Nutzung seines Werkes und durch diese unabhängige Nutzung des Werkes werde ein „neues Publikum“ erreicht, nämlich die Nutzer der Webseite (in diesem Fall der Schule).

Auch wenn die Argumentation „etwas gekünstelt“ klingt, im Kern ist sie natürlich richtig. Daher können alle Kreativen (und nicht nur die Fotografen) aufatmen: Nach wie vor können solche Rechtsverletzungen verfolgt werden.

„Jetzt geht´s los“ – aber nicht für die NPD

Der BGH hat mit jetzt veröffentlichtem Beschluss vom 11. Mai 2017 (AZ: I ZR 147/16) ein Urteil des OLG Jena bestätigt, wonach das Abspielen der Lieder „Wenn nicht jetzt, wann dann“ und „Jetzt geht’s los“ von der Kölner Band „Die Höhner“ bei NPD-Wahlkampfveranstaltungen das Urheberpersönlichkeitsrecht der Bandmitglieder verletzt.

Während des Landtagswahlkampfs 2014 in Thüringen hatte die NPD unter anderem die genannten Musikstücke abgespielt nachdem der Landesvorsitzende seine Wahlkampfrede gehalten hatte und in die Gespräche mit den Bürgern überleitete.

Der BGH führt dazu aus:

„Die Verwendung von Musikwerken im Wahlkampf einer politischen Partei, und sei es nur durch einen Transfer der von den Werken ausgehenden Stimmung, ist besonders geeignet, die Interessen der Urheber zu beeinträchtigen. Dabei muss der Urheber von Unterhaltungsmusik mit der Vereinnahmung durch verfassungsfeindliche Parteien nicht rechnen.“

Das Gericht hat bei der Abwägung auch die Verfassungsfeindlichkeit der NPD als Argument herangezogen. Ob ein Urheber sich auch dagegen wehren kann, wenn seine Musik für Wahlkampfveranstaltungen verfassungskonformer Parteien verwendet wird, der Urheber sich aber mit der Politik dieser Partei nicht identifiziert, bleibt offen.

 

BGH: Bildersuche durch Suchmaschinen verletzt grundsätzlich keine Urheberrechte

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass eine Anzeige von urheberrechtlich geschützten Bildern, die von Suchmaschinen im Internet aufgefunden worden sind, grundsätzlich keine Urheberrechte verletzt.

Die Klägerin betreibt eine Internetseite, auf der sie Fotografien anbietet. Bestimmte Inhalte ihres Internetauftritts können nur von registrierten Kunden gegen Zahlung eines Entgelts und nach Eingabe eines Passworts genutzt werden. Die Kunden dürfen die im passwortgeschützten Bereich eingestellten Fotografien auf ihre Rechner herunterladen.

Die Beklagte bietet auf ihrer Internetseite die kostenfreie Durchführung einer Bilderrecherche anhand von Suchbegriffen an, die Nutzer in eine Suchmaske eingeben können. Für die Durchführung der Bilderrecherche greift die Beklagte auf die Suchmaschine von Google zurück, zu der sie auf ihrer Webseite einen Link gesetzt hat. Die Suchmaschine ermittelt die im Internet vorhandenen Bilddateien, indem sie die frei zugänglichen Webseiten in regelmäßigen Abständen nach dort eingestellten Bildern durchsucht. Die aufgefundenen Bilder werden in einem automatisierten Verfahren nach Suchbegriffen indexiert und als verkleinerte Vorschaubilder auf den Servern von Google gespeichert. Geben die Internetnutzer in die Suchmaske der Beklagten einen Suchbegriff ein, werden die von Google dazu vorgehaltenen Vorschaubilder abgerufen und auf der Internetseite der Beklagten in Ergebnislisten angezeigt.

Bei Eingabe bestimmter Namen in die Suchmaske der Beklagten wurden im Juni 2009 verkleinerte Fotografien von unter diesen Namen auftretenden Models als Vorschaubilder angezeigt. Die Bildersuchmaschine von Google hatte die Fotografien auf frei zugänglichen Internetseiten aufgefunden.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Fotografien erworben und diese in den passwortgeschützten Bereich ihrer Internetseite eingestellt. Von dort hätten Kunden die Bilder heruntergeladen und unerlaubt auf den von der Suchmaschine erfassten Internetseiten veröffentlicht. Sie sieht in der Anzeige der Vorschaubilder auf der Internetseite der Beklagten eine Verletzung ihrer urheberrechtlichen Nutzungsrechte und hat diese auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dadurch, dass sie die von der Suchmaschine aufgefundenen und als Vorschaubilder gespeicherten Fotografien auf ihrer Internetseite angezeigt hat, nicht das ausschließliche Recht der Klägerin aus § 15 Abs. 2 UrhG* zur öffentlichen Wiedergabe der Lichtbilder verletzt. Das gilt auch für den Fall, dass die Fotografien ohne Zustimmung der Klägerin ins frei zugängliche Internet gelangt sind.

§ 15 Abs. 2 UrhG setzt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (GRUR 2016, 1152 – GS Media/Sanoma u.a.) stellt das Setzen eines Links auf eine frei zugängliche Internetseite, auf der urheberrechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers eingestellt sind, nur dann eine öffentliche Wiedergabe dar, wenn der Verlinkende die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Internetseite kannte oder vernünftigerweise kennen konnte. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass das Internet für die Meinungs- und Informationsfreiheit von besonderer Bedeutung ist und Links zum guten Funktionieren des Internets und zum Meinungs- und Informationsaustausch in diesem Netz beitragen. Diese Erwägung gilt auch für Suchmaschinen und für Links, die – wie im Streitfall – den Internetnutzern den Zugang zu Suchmaschinen verschaffen.

Im Streitfall musste die Beklagte nicht damit rechnen, dass die Fotografien unerlaubt in die von der Suchmaschine aufgefundenen Internetseiten eingestellt worden waren. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union besteht zwar bei Links, die mit Gewinnerzielungsabsicht auf Internetseiten mit rechtswidrig eingestellten Werken gesetzt worden sind, eine widerlegliche Vermutung, dass sie in Kenntnis der fehlenden Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers zur Veröffentlichung der Werke im Internet gesetzt worden sind. Diese Bewertung beruht auf der Annahme, dass von demjenigen, der Links mit Gewinnerzielungsabsicht setzt, erwartet werden kann, dass er sich vor der öffentlichen Wiedergabe vergewissert, dass die Werke auf der verlinkten Internetseite nicht unbefugt veröffentlicht worden sind. Diese Vermutung gilt wegen der besonderen Bedeutung von Internetsuchdiensten für die Funktionsfähigkeit des Internets jedoch nicht für Suchmaschinen und für Links, die zu einer Suchmaschine gesetzt werden. Von dem Anbieter einer Suchfunktion kann nicht erwartet werden, dass er überprüft, ob die von der Suchmaschine in einem automatisierten Verfahren aufgefundenen Bilder rechtmäßig ins Internet eingestellt worden sind, bevor er sie auf seiner Internetseite als Vorschaubilder wiedergibt.

Für die Annahme einer öffentlichen Wiedergabe muss deshalb feststehen, dass der Anbieter der Suchfunktion von der fehlenden Erlaubnis des Rechtsinhabers zur Veröffentlichung der Werke im Internet wusste oder hätte wissen müssen. Im Streitfall hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte bei der Wiedergabe der Fotografien als Vorschaubilder auf ihrer Internetseite damit rechnen musste, dass die Bilder unerlaubt ins frei zugängliche Internet eingestellt worden waren.

Urteil vom 21. September 2017 – I ZR 11/16 – Vorschaubilder III

Quelle: Pressemiteilung des BGH vom 21.09.2017