BGH zu Werbeprospekten von Franchisegebern

Der BGH hat mit Urteil vom 04.02.2016 – Az.: I ZR 194/14 -„Fressnapf“, entschieden, dass in einem Werbeprospekt eines Franchisegebers für seine Franchisenehmer alleine der Hinweis „nur in teilnehmenden Märkten“ nicht genügt, um den Pflichten aus § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 2 UWG nachzukommen.

Damit handelt derjenige wettbewerbswidrig, der nicht im Prospekt die teilnehmenden Märkte einzeln mit Namen und Anschrift angibt.

Dem Urteil lag ein Werbeprospekt der Franchisegeberin für ihre Franchisenehmer zugrunde, die unter der Bezeichnung „Fressnapf“ firmieren, und unter dieser Marke Tiernahrung und Tierbedarf anbieten. Die einzelnen Märkte werden von selbständigen Unternehmern eigenverantwortlich geführt. Die Werbung für die Märkte wird von der Franchisegeberin zentral organisiert. Die Franchisegeberin warb in einem 24 Seiten umfassenden Farbprospekt, für Angebote, die in der Zeit vom 3. bis zum 11. Januar 2011 galten. Die dem Franchisesystem der beklagten Franchisegeberin angeschlossenen Unternehmer entschieden jeweils für sich, ob und welche der angebotenen Produkte sie führten und zu welchem Preis sie diese anboten. Im Prospekt befand sich daher auf der ersten Seite und auf jeder der nachfolgenden Doppelseiten unten der Hinweis „Alle Angebote sind ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich.“. Auf der letzten Seite des Prospekts wurden bei dem Hinweis „Fressnapf-Märkte in deiner Nähe!“ acht Märkte mit Anschrift und Telefonnummer genannt.

Der BGH bewertetet den Hinweis „Alle Angebote sind ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich“ als nicht ausreichend. Im vorliegenden Fall hätte in den Werbematerialien mitgeteilt werden müssen, ob und welche der genannten Fressnapf-Märkte überhaupt an der Aktion teilnehmen. Der einschränkende Hinweis „nur in teilnehmenden Märkten“ genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, denn es bleibe weiterhin unklar, ob und welche der Niederlassungen die Produkte anbieten würden und welche nicht. Im Urteil heißt es dazu eindeutig:

„Es genügt nicht, dass sich unter diesen Märkten auch die örtlich nahegelegenen Märkte befunden haben, die an der von der Beklagten beworbenen Verkaufsaktion teilgenommen haben. Entgegen der Ansicht der Revision genügt es ferner nicht, dass der Verbraucher sich durch einen Telefonanruf bei dem jeweiligen Markt informieren kann, ob dieser an der beworbenen Aktion teilnimmt. Die Beklagte war vielmehr verpflichtet, bereits im Werbeprospekt klar, verständlich und eindeutig anzugeben, welche der von ihr auf der letzten Seite dieses Prospektes im Einzelnen mit Namen und Anschrift aufgeführten Fressnapf-Märkte an der Verkaufsaktion teilnehmen und die beworbenen Produkte zu den angegebenen Preisen anbieten. Diese Verpflichtung hat die Beklagte nicht erfüllt.“

Da bei Franchisesystemen dieser Hinweis häufig verwendet wird und dann in den Werbematerialien gerade nicht die tatsächlich teilnehmenden Märkte aufgelistet werden, hat das Urteil große praktische Bedeutung für Franchisesysteme.

Bundesgerichtshof konkretisiert Pflichten des Betreibers eines Bewertungsportals

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 01.03.2016 (Az.: VI ZR 34/15) die Pflichten des Betreibers eines Ärztewertungsportals konkretisiert:

Der Kläger ist Zahnarzt. Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.jameda.de ein Portal zur Arztsuche und -bewertung. Dort können Interessierte Informationen über Ärzte aufrufen. Registrierten Nutzern bietet das Portal zudem die Möglichkeit, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Die Bewertung, die der jeweilige Nutzer ohne Angabe seines Klarnamens abgeben kann, erfolgt dabei anhand einer sich an Schulnoten orientierenden Skala für insgesamt fünf vorformulierte Kategorien, namentlich „Behandlung“, „Aufklärung“, „Vertrauensverhältnis“, „genommene Zeit“ und „Freundlichkeit“. Ferner besteht die Möglichkeit zu Kommentaren in einem Freitextfeld.

Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist die Bewertung des Klägers durch einen anonymen Nutzer, er könne den Kläger nicht empfehlen. Als Gesamtnote war 4,8 genannt. Sie setzte sich aus den in den genannten Kategorien vergebenen Einzelnoten zusammen, darunter jeweils der Note „6“ für „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“. Der Kläger bestreitet, dass er den Bewertenden behandelt hat.

Der Kläger forderte die Beklagte vorprozessual zur Entfernung der Bewertung auf. Diese sandte die Beanstandung dem Nutzer zu. Die Antwort des Nutzers hierauf leitete sie dem Kläger unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken nicht weiter. Die Bewertung beließ sie im Portal.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten, es zu unterlassen, die dargestellte Bewertung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Das Landgericht hat der Klage stattgeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Der für das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die beanstandete Bewertung ist keine eigene „Behauptung“ der Beklagten, weil diese sie sich inhaltlich nicht zu eigen gemacht hat. Die Beklagte haftet für die vom Nutzer ihres Portals abgegebene Bewertung deshalb nur dann, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. Deren Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihr obliegende Prüfpflichten verletzt. Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Kläger weiterleiten müssen. Im weiteren Verfahren werden die Parteien Gelegenheit haben, zu von der Beklagten ggf. ergriffenen weiteren Prüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.

Vorinstanzen:

LG Köln – 28 O 516/13 – Entscheidung vom 09. Juli 2014;
OLG Köln – 15 U 141/14 Entscheidung vom 16. Dezember 2014

§ 12 Abs. 1 TMG lautet:

Grundsätze
(1) Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.
(2)…(3)…

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 01.03.2016

Matratzen und das Markenrecht

Ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs I. Instanz (EuG) vom 19.11.2015, Az.:  T-526/14 – „Matratzen Concord/MATRATZEN“ zeigt anschaulich, dass sich die deutsche Sichtweise nicht mit der europäischen decken muss.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Anmeldung einer europäischen Gemeinschaftsmarke, und zwar der Wortmarke „Matratzen Concord“, angemeldet u.a. für Matratzen, Betten, Bettzeug und Einzelhandelsleistungen dafür. Gegen diese Anmeldung wurde Widerspruch eingelegt aus zwei spanischen Wortmarken, die beide nur aus dem Wort „Matratzen“ bestehen und von denen die eine Marke eingetragen ist u.a. für Betten und Matratzen, die andere für Einzelhandelsleistungen für Matratzen und Betten.

Aus deutscher Sicht liegt der Ausgang des Rechtsstreits auf der Hand: Die angemeldete Marke sowie die Widerspruchsmarke stimmen in dem Wortbestandteil „Matratzen“ überein. Da alle Marken ausschließlich für die entsprechenden Waren und Einzelhandelsdienstleistungen mit diesen Waren angemeldet bzw. eingetragen sind und der Begriff „Matratze“ natürlich glatt beschreibend ist, muss aus rein deutscher Sicht der Widerspruch erfolglos bleiben. Denn nach deutscher Rechtsprechung löst die Übereinstimmung in einem rein beschreibenden Markenbestandteil keine Verwechslungsgefahr aus.

Der EuG sowie zuvor schon das Harmonisierungsamt bejahten dagegen eine Verwechslungsgefahr.

Entscheidend bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr war im vorliegenden Fall die Tatsache, dass die beiden älteren Marken nationale spanische Wortmarken waren. Stehen sich eine ältere spanische Marke sowie eine jüngere europäische Gemeinschaftsmarke gegenüber, kommt es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur auf das Verkehrsverständnis der spanischen Öffentlichkeit an. Und in Spanien versteht niemand das Wort „Matratze“. Für einen Spanier stellt sich dieser Begriff daher als Phantasiebezeichnung dar, weswegen das spanische Markenamt auch eine Wortmarke „Matratze“ für die entsprechende Ware auch überhaupt eingetragen hatte.

Und kommt es ausschließlich auf das Verkehrsverständnis der spanischen Verbraucher an und versteht in Spanien niemand den Begriff „Matratze“ bzw. dessen Bedeutung, so stehen sich für den spanischen Verbraucher die Phantasiebegriffe „Matratzen Concord“ und „Matratzen“ gegenüber. Werden diese Marken für identische Waren benutzt, so liegt nach Auffassung des EuG Verwechslungsgefahr vor, weil die Verbraucher ihr Augenmerk auf den Wortanfang der Marke legen und dieser identisch sei.

Das Ergebnis mag daher aus spanischer Sicht vertretbar sein. Aus deutscher Sicht ist es nicht nachvollziehbar, wobei die Ungerechtigkeit des Ergebnisses sogar auf der Hand liegt. Denn derjenige, der in Spanien zwei Wortmarken „Matratzen“ für die entsprechenden Waren angemeldet hat, kann dies eigentlich nur mit der Absicht getan haben, andere, insbesondere deutschsprachige Markenanmelder bei der Anmeldung europäischer Marken zu behindern. Eventuell hat sich diese Behinderungsabsicht aber nicht beweisen lassen, was zu diesem aus deutscher Sicht merkwürdigen Ergebnis führte.

Das Urteil verdeutlicht aber, dass sowohl bei der Anmeldung von Marken wie auch bei der Prüfung von Verwechslungsgefahr nicht nur die „rein deutsche Brille“ aufzusetzen ist. Stattdessen ist immer im Einzelfall auch das Verkehrsverständnis anderer europäischer EU-Staaten mit zu berücksichtigen.

Wettbewerbsrechtliche Haftung für Links

Gleich zu Beginn des Jahres wurden nunmehr die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 18.06.2015, Az.: l ZR 74/14 – „Haftung für Hyperlink“, veröffentlicht.

Das Urteil beschäftigt sich ausführlich mit der Frage, ob bzw. unter welchen Umständen ein Unternehmer für das Setzen eines sogenannten Hyperlinks auf die Webseite eines Dritten haftet, wenn auf der Webseite des Dritten wettbewerbswidrige Inhalte abrufbar sind.

Zunächst die gute Nachricht: Auch wenn das Setzen eines Links eine geschäftliche Handlung darstellen kann begründet allein die Setzung eines solchen Links noch keine generelle Verantwortlichkeit für die dort abrufbaren Inhalte.

Allerdings kann sich unter gewissen Voraussetzungen gleichwohl eine Haftung ergeben:

Zum einen, wenn sich der Unternehmer die Informationen auf der verlinkten Webseite zu Eigen macht, weil die dortigen Ausführungen gezielt zur eigenen Werbung eingesetzt werden. In diesem Fall haftet der Unternehmer für die verlinkten Inhalte wie für eigene Inhalte und damit unmittelbar als sogenannter Störer.

Zum anderen kann dem Unternehmer, der auf eine Webseite Dritter verlinkt, unter gewissen Umständen eine Verletzung von Prüfpflichten vorgeworfen werden. Zu dem Umfang dieser Prüfpflichten führt der Bundesgerichtshof in Tz. 24 des Urteils aus:

„Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen Hyperlink setzt oder aufrechterhält, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die Webseite oder der Internetauftritt, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen. Auch dann, wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Haftung begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, etwa nach einer Abmahnung oder Klageerhebung, ergeben hätte, dass mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird.“

Mit anderen Worten:

Wer einen Link zu einer Webseite eines Dritten setzt, muss sich diese Webseite des Dritten zumindest anschauen.

Ist eine Rechtsverletzung oder ein Wettbewerbsverstoß auf der Seite des Dritten nicht offensichtlich erkennbar, kann verlinkt werden.

Wird der Unternehmer dann z.B. aufgrund einer Abmahnung oder eines Anschreibens darauf aufmerksam gemacht, dass sich auf der Webseite des Dritten wettbewerbswidrige oder sonstige rechtsverletzende Inhalte befinden, muss er die Sache erneut prüfen.

Entfernt der Unternehmer dann den Link, hat er alles getan, was getan werden musste. Er muss insbesondere keine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben und die Kosten der Abmahnung nicht ersetzen.

Wird der Link aber nicht entfernt, haftet der Unternehmer ab diesem Zeitpunkt für die verlinkten Inhalte wie für eigene Inhalte.

Der Bundesgerichtshof hat damit die Haftung für das Setzen eines Links ausgestaltet wie die Haftung von Foren- und Chat-Betreiber bzw. für Betreiber von Social-Media-Plattformen, die üblicherweise auch erst dann haften, wenn sie auf eine Rechtsverletzung aufmerksam gemacht wurden und trotz Hinweis die Rechtsverletzung nicht entfernen.

OLG Frankfurt bejaht die kartellrechtliche Zulässigkeit des Verbots des Verkaufs von Markenartikel über amazon.de

Laut einer vom OLG Frankfurt veröffentlichten Pressemitteilung vom 22.12.2015 hat das OLG entschieden, dass das Verbot in einem Vertriebsvertrag für Markenrucksäcke, diese auf Internetverkaufsplattformen wie Amazon zu verkaufen, aus kartellrechtlicher Sicht zulässig ist.

Dagegen hat es eine Klausel, wonach es dem Händler darüber hinaus untersagt sein soll, die Markenware auch über Preissuchmaschinen zu bewerben, für unzulässig gehalten.

In der Pressemitteilung heißt es zur Begründung:

„Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Hersteller von Markenprodukten dürfe grundsätzlich in einem sog. selektiven Vertriebssystem zum Schutz der Marke steuern, unter welchen Bedingungen seine Markenprodukte weitervertrieben werden. Bei dem Verbot des Vertriebs über die Internetplattform Amazon überwiege das Interesse des Herstellers an einer qualitativen hochwertigen Beratung sowie der Signalisierung einer hohen Produktqualität der Marke. Im Gegensatz zu den Preissuchmaschinen erscheine bei Amazon auch bei Händlershops das Produktangebot als ein solches von Amazon und nicht als ein solches des Fachhändlers. Dem Hersteller werde damit ein Händler „untergeschoben“, mit dem der Hersteller keine Vertragsbeziehung unterhalte und auf dessen Geschäftsgebaren er keinen Einfluss habe. Die Tatsache, dass der Vertrieb über „Amazon-Marketplace“ für kleine Händler die Wahrnehmbarkeit und Auffindbarkeit erheblich erhöhe, stehe dem nicht entgegen. Der Hersteller könne nicht zu einer aktiven Förderung des Wettbewerbs kleiner und mittlerer Unternehmen im Internet-Handel durch die Zulassung eines Verkaufs über Amazon verpflichtet werden.
Der Hersteller missbrauche jedoch seine durch die Abhängigkeit der Händler bestehende Stellung, wenn er diesen verbiete, die Markenprodukte über Preissuchmaschinen zu bewerben. Dies sei zur Aufrechterhaltung des Markenimages nicht erforderlich, da diese Suchmaschinen in den Augen der Verbraucher nicht dem unmittelbaren Verkauf dienten, sondern lediglich dem Auffinden von Händlern, die das gesuchte Produkt anbieten. Dem Markenimage stehe nicht entgegen, dass durch die Anhäufung von gleichförmigen Produktabbildungen und Preisangaben beim potentiellen Käufer der monotone Eindruck einer massenhaften Verfügbarkeit entstehe. Diesem Aspekt komme – jedenfalls solange keine Luxusgüter vertrieben würden – keine Bedeutung zu.“

Die Entscheidungsgründe des Urteils sind noch nicht veröffentlicht, so dass eine genaue Analyse der Begründung noch nicht möglich ist. Auch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Das Urteil setzt sich mit einer, derzeit strittigen Frage auseinander, ob bzw. inwieweit in Vertriebsverträgen der Hersteller eines Markenprodukts den Vertrieb über das Internet durch die mit ihm vertraglich verbundenen Händler einschränken kann. Die Vorinstanz sowie das LG Kiel haben diese rechtliche Frage anders beantwortet und eine Unwirksamkeit eines Verbots des Verkaufs über Amazon gesehen. Rechtssicherheit in diesem Punkt wird es erst dann geben, wenn sich der BGH dazu äußert.

BGH zu den Voraussetzungen einer Netzsperre

In einer Pressemitteilung vom 26.11.2015 berichtet der BGH über zwei Urteile, die an diesem Tag verkündet worden sind.

In beiden Fällen ging es um die Haftung von sogenannten Access-Providern. Bei Access-Providern handelt es sich um Anbieter von Internetzugängen, wie z. B. die Telekom, die auch Beklagte in einem der Verfahren war.

Es stellte sich die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Access-Provider zur Sperrung von Zugriffsmöglichkeiten auf Internetangebote in Anspruch genommen werden können. Gegenstand der Urteile ist also die schon seit langer Zeit viel diskutierte sogenannte Netzsperre.

Kläger der jeweiligen Verfahren waren zum einen die GEMA, zum anderen Tonträgerhersteller. Die Kläger machten jeweils geltend, dass auf Internetseiten von Filehostern bzw. Filesharing-Netzwerkbetreibern urheberrechtlich geschützte Werke illegal zum Download angeboten worden waren. Das Problem in solchen Fällen ist, dass die Rechteinhaber gegen die eigentlichen Betreiber der urheberrechtsverletzenden Seiten häufig nicht vorgehen können, weil diese ihre Seiten und ihre Internetdomains im Ausland hosten, so dass praktisch kein Zugriff für die Rechteinhaber besteht.

Fraglich war daher, ob die Rechteinhaber auch gegen den Access-Provider vorgehen können, so dass auf diesem Wege die rechtsverletzenden Seiten vom Netz genommen werden.

Das Problem einer solchen Netzsperre ist, dass hier das „Alles oder Nichts“-Prinzip gilt: Anders als bei einem Vorgehen z. B. gegen einen sogenannten Content-Provider (z. B. Facebook, eBay etc.) können hier nicht gezielt einzelne Inhalte vom Internetangebot entfernt werden, sondern es geht um „alles oder nichts“: Entweder verschwindet das gesamte Internetangebot oder es ist vollständig noch abrufbar.

Aufgrund dieser sehr weitreichenden Konsequenzen einer solchen Netzsperre wird ein solches Mittel vielfach abgelehnt. Auch die Vorinstanzen hatten die jeweiligen Klagen der Rechteinhaber abgewiesen.

Der BGH bestätigte nun diese Klageabweisungen zwar im Ergebnis.

Allerdings deutet der BGH in seiner Presseerklärung zumindest an, dass unter bestimmten, wenn auch sehr strengen Voraussetzungen solche Netzsperren möglich sind.

Eine solche Sperre kann nach Meinung des BGH angebracht sein, wenn das betreffende Internetangebot ausschließlich oder zum großen Teil aus urheberrechtsverletzenden Inhalten besteht, die Seite also fast ausschließlich den Zweck hat, illegal urheberrechtlich geschützte Inhalte zu vermitteln und wenn der Rechteinhaber auch vor Ort alles Erforderliche unternommen hat, um seine Rechte im Ausland durchzusetzen. Der BGH präzisiert seine Auffassung dahingehend, dass es auch ggfs. erforderlich ist, dass vor Ort die Behörden eingeschaltet, gerichtliche Schritte eingeleitet, Detekteien beauftragt werden etc. Sind diese Schritte erfolglos, kommt eine Netzsperre in Betracht.

Auch wenn die Voraussetzungen hoch sind: In seiner aktuellen Entscheidung hat der BGH die Netzsperre nicht grundsätzlich abgelehnt, so dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass zukünftig ein Gericht zugunsten der Rechteinhaber entscheidet, falls die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Zunächst müssen aber die vollständigen Entscheidungsgründe abgewartet werden, weil bislang nur die Pressemitteilung vorliegt. Darüber hinaus ist es auch denkbar, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) anders entscheiden wird, wenn dieser über Netzsperren zu befinden hat. Schließlich ist die Netzsperre auch ein viel diskutiertes Thema in der Politik, so dass ggfs. auch gesetzgeberische Entwicklungen noch folgen werden.

Pressemitteilung des BGH vom 26.11.2015

Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit sogenannter „No-Reply“ Bestätigungsmails mit Werbezusätzen

Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat hat am 15.12.2015 entschieden, dass gegen den erklärten Willen eines Verbrauchers übersandte E-Mail Schreiben mit werblichem Inhalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen.

Der Kläger ist Verbraucher. Er wandte sich am 10. Dezember 2013 mit der Bitte um Bestätigung einer von ihm ausgesprochenen Kündigung per E-Mail an die Beklagte. Die Beklagte bestätigte unter dem Betreff „Automatische Antwort auf Ihre Mail (…)“ wie folgt den Eingang der E-Mail des Klägers:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre S. Versicherung
Übrigens: Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für S. Kunden. Infos und Anmeldung unter (…)
Neu für iPhone Nutzer: Die App S. Haus & Wetter, inkl. Push Benachrichtigungen für Unwetter und vielen weiteren nützlichen Features rund um Wetter und Wohnen: (…)
***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***

Der Kläger wandte sich daraufhin am 11. Dezember 2013 erneut per E-Mail an die Beklagte und rügte, die automatisierte Antwort enthalte Werbung, mit der er nicht einverstanden sei. Auch auf diese E-Mail sowie eine weitere mit einer Sachstandsanfrage vom 19. Dezember 2013 erhielt der Kläger eine automatisierte Empfangsbestätigung mit dem obigen Inhalt.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit ihm, dem Kläger, ohne sein Einverständnis per E-Mail Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Falle der E-Mails vom 10., 11. und 19. Dezember 2013.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die zugelassene Revision hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils geführt. Jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz vom 19. Dezember 2013 hat den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil sie gegen seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt ist.

BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015, Az.: VI ZR 134/15

Vorinstanzen:

AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 25. April 2014, Az.: 10 C 225/14
LG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015, Az.: 4 S 165/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes vom 16.12.2015

BGH: Verwendung fremder Marken („ähnlich Swirl“) in vergleichender Werbung zulässig

Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 02.04.2015, Az.: I ZR 167/13), dass es zulässig ist, wenn im Internet Staubsaugerbeutel, die nicht vom Inhaber der bekannten Marke „Swirl“ stammen, dennoch mit der Angabe „ähnlich Swirl“ beworben werden. Vergleichbare Fragen stellen sich häufig in Bereichen, in denen Nachfüllprodukte oder Zubehör für bestimmte Markenprodukte angeboten und beworben wird (z.B. Tintenpatronen, etc.).

Gegenüber stehen sich einerseits die Interessen der meist bekannten und alteingesessenen etablierten „Original-Hersteller“ und andererseits die Interessen der Wettbewerber die hierzu passendere (meist günstigere) Alternativen anbieten, sowie der Verbraucher die Interesse an der billigeren Alternative haben können.

Die Angabe der Bezeichnung „ähnlich Swirl“ führt zwar dazu, dass das eigentlich fremde Konkurrenzprodukt dennoch in den Ergebnislisten der Suchmaschinen weit oben auftaucht. Somit finden gerade die Kunden das Konkurrenzprodukt, die eigentlich gezielt nach Original „Swirl“ Staubsaugerbeuteln suchen und evtl. sogar überhaupt nicht wissen, dass es auch passende Beutel anderer Hersteller gibt.

Der BGH hat diesen Effekt jedoch ausdrücklich gebilligt und entschieden, dass die Originalhersteller, vorliegend der Inhaber der Marke „Swirl“, dies hinnehmen müssen. Es liege eine zulässige vergleichbare Werbung vor. Hierbei sei es erlaubt und notwendig, das fremde Produkt beim Namen zu nennen und damit die fremde Marke zu benutzen. Besondere Merkmale, welche die vergleichende Werbung unlauter erscheinen lassen (z.B. Herabsetzung, unsachlicher Vergleich) liegen nicht vor. Eine Täuschung über die Herkunft scheidet ebenfalls aus, da durch die Bezeichnung „ähnlich …“ klargestellt sei, dass es sich nicht tatsächlich um Originalprodukte der verwendeten Marke handelt. Zwar mache sich der Werbende den guten Ruf der Marke „Swirl“ zu Nutzen. Auch dies sei aber im Interesse der Verbraucher hinzunehmen. Denn diese benötigen den Hinweis „Swirl“ bei ihrer Suche auch, um die vergleichbare Eignung der fremden Beutel zu erkennen. Es besteht ein legitimes Interesse der Verbraucher, die „Swirl“ Staubsaugerbeutel im Internet suchen, dann auch hierzu passende Angebote der Konkurrenz zu finden. Denn auf andere Weise finden die Verbraucher diese Alternativangebote ansonsten möglicherweise überhaupt nicht, so der BGH.

Aus wettbewerbsrechtlicher Sich lässt sich also gegen die vergleichende Werbung in dieser Weise nichts sagen. Im Rahnen einer solchen Werbung darf dann auch eine fremde Marke genannt werden. Ist die Werbung wettbewerbsrechtlich zulässig, kann ihr auch nicht aufgrund von Markenrecht entgegengetreten werden.

Zu beachten ist noch, dass sich die hier beschriebene Konstellation von den ebenfalls heiß diskutierten Fällen der Verwendung fremder Marken in den Keywords zur Suchmaschinenoptimierung unterscheidet. Hierbei hat sich folgende Rechtsprechung gefestigt: Bei AdWords-Werbung (also gebuchte und bezahlte Google-Anzeigen, die in einem separaten Ergebnisfeld über oder neben dem regulären Suchergebnissen erscheinen) dürfen fremde Marken angegeben werden, solange der fremde Markenbegriff sich nicht zudem im Text der Anzeige findet oder sonst eine nicht bestehende wirtschaftliche Verbindung zum Markeninhaber vorgetäuscht wird. In den Keywords für Metatags, die zu einer Listung in den regulären Suchergebnissen der Suchmaschine führen können, dürfen fremde Marken hingegen nicht verwendet werden.

Löschungspflicht nach abgegebener Unterlassungserklärung umfasst auch die Entfernung aus dem Google Cache

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 03.09.2015, Az.: I-15 U 119/14, entschieden, dass derjenige, der eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgibt, verpflichtet ist, alles Erforderliche zu tun, damit eine Zuwiderhandlung unterbleibt.

Nach Auffassung des OLG gehört dazu auch, dass der Abgemahnte Dritte über die übernommene Verpflichtung informiert und entsprechende Anordnungen zur Sicherstellung der Einhaltung der Verpflichtung trifft und diese dann überwacht.  Dies umfasst nach Meinung des Gerichts auch die Löschung aus dem Google Cache:

„Der Beklagte war aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 05.01.2012 auch verpflichtet, die Suchmaschine Google zur Löschung der streitgegenständlichen Einträge, auch aus dem Cache, aufzufordern.“

Die beanstandete Werbung war über den Google Cache weiterhin auffindbar, so dass das Gericht einen Verstoß und damit die Verwirkung einer Vertragsstrafe bejahte.

Dieses Urteil zeigt, wie sorgfältig derjenige agieren muss, der eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgibt und wie schnell eine Vertragsstrafe gezahlt werden muss, wenn nicht alles getan wird, um die Verletzungshandlung zu beseitigen. Dies wiederum kann dafür sprechen, dass es in manchen Fällen besser sein kann, keine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben und stattdessen eine einstweilige Verfügung gegen sich ergehen zu lassen.

Tuningmaßnahmen bei Autos und die Verwendung der ursprünglichen Marke mit dem Zusatz des Tuning-Unternehmens zulässig

Der BGH hat entschieden, dass es markenrechtlich zulässig ist, wenn ein Unternehmen, welches Tuningmaßnahmen bei Autos durchführt, die Marke des Autoherstellers gemeinsam mit dem Namen des Tuning-Unternehmens in der Werbung und bei Kaufangeboten nutzt (Urteil des BGH vom 12.03.2015, Az.: I ZR 147/13, -„Tuning“).

Im vorliegenden Fall ging es um getunte Porschefahrzeuge. Das Tuning-Unternehmen bewarb u.a. die getunten Porsche-Modelle mit dem Modellnamen und ihrer eigenen Marke „Techart“ wie folgt:

„Porsche 911 Turbo mit Techart GTstreet-Umbau“

Der BGH hielt die Angebote – anders als noch die Vorinstanz – markenrechtlich für zulässig.

Nach Auffassung des BGH greift hier die Schutzschranke des § 23 MarkenG zugunsten des Tuning-Unternehmens ein. In dem zweiten Leitsatz der Entscheidung heißt es:

„Bei der Prüfung der Voraussetzungen der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG ist zu berücksichtigen, dass den Anbietern von Tuningmaßnahmen im Interesse des freien Waren und Dienstleistungsverkehr grundsätzlich nicht verwehrt werden kann, im Angebot der von ihnen umgebauten Fahrzeuge die Marke des Herstellers des Fahrzeugs zu nennen, das durch die Tuningmaßnahmen verändert worden ist. Dabei muss den Anbietern ein gewisser Spielraum verbleiben, um ihre Leistungen dem Verbraucher gegenüber angemessen zu präsentieren. Es ist weder erforderlich, dass jegliche Änderungen im Detail angegeben werden, noch muss der Anbieter ausdrücklich darauf hinweisen, dass die genannte Marke des Herstellers nur die Herkunft des Ursprungsprodukts bezeichnet und der Hersteller mit den Umbauten nichts zu tun hat.“

Auch wenn das Urteil einen Fall aus der Tuning-Branche für Autos betrifft, so können die Erwägungen des BGH auch für Unternehmen aus anderen Branchen, die Zusatzleistungen für fremde Produkte erbringen, übertragen werden. Eine gemeinsame Nennung der eigenen Marke mit der Marke des Herstellers des Originalprodukts ist zulässig, wenn sich die Art und Weise der Nennung im Rahmen hält und erkennbar ist, dass die veränderte Ware nicht vom Hersteller des Originalprodukts stammt.