Conni möglicherweise vor Gericht? – Was darf Satire, was darf sie nicht?

Conni hat alles gemacht: Sie hat Reiten gelernt, ist in die Schule gekommen, war beim Zahnarzt. Jetzt landet sie im Internet – als Meme. Und dort hat sie ein Problem: Das Urheberrecht.

Der Carlsen Verlag, Inhaber aller Rechte an der vorbildlichen kleinen Blondine, verschickt laut einem Artikel aus der „Welt“ vom 10.07.2025 Abmahnungen an Personen, die Conni-Memes posten. Die Netzgemeinde findet das natürlich alles andere als lustig – aber was ist wirklich erlaubt?

Höchste Zeit für einen Blick ins Gesetz!


Worum geht’s eigentlich?

Urheberrechtlich sind gleich zwei Vorschriften relevant:

  • § 23 UrhG (Bearbeitungsrecht):
    Wer ein urheberrechtlich geschütztes Werk bearbeitet oder umgestaltet (also zum Beispiel eine Illustration in ein Meme verwandelt), benötigt grundsätzlich die Zustimmung des Rechteinhabers – hier also Carlsen.
    Ausnahme: Es handelt sich um eine freie Benutzung nach § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG. Doch Achtung: Nach der Neuregelung 2021 wurde der Begriff enger gefasst. Eine „freie Benutzung“ liegt nur noch vor, wenn das neue Werk so weit vom Original abrückt, dass die Eigenständigkeit dominiert. Bei Memes ist das eher selten der Fall.
  • § 51a UrhG (Karikatur, Parodie, Pastiche):
    Dieses „Meme-Privileg“ erlaubt es, geschützte Werke ohne Erlaubnis zu nutzen, wenn sie
    • eine Karikatur (Verzerrung zur Belustigung),
    • eine Parodie (kritische oder humoristische Auseinandersetzung)
    • oder ein Pastiche (Remix, Collage) sind.

Das heißt: Viele Memes dürfen mehr, als Carlsen lieb ist. Aber nicht jedes Meme ist automatisch erlaubt.


Sind Memes Bearbeitung oder Parodie?

Die juristische Gretchenfrage: Ist ein Meme eine Bearbeitung (§ 23) oder eine Parodie (§ 51a)?

  • Bearbeitung: Das Werk wird verändert – z. B. durch Hinzufügen von Text oder Collagieren in ein anderes Bild. Ohne Parodie-Charakter bleibt dies zustimmungspflichtig.
  • Parodie: Das Werk wird humorvoll oder kritisch gebrochen („Conni lernt, wie man Steuern hinterzieht“). Hier greift regelmäßig § 51a UrhG.
  • Pastiche: Das Werk wird remixartig in einen neuen Kontext gestellt. Auch dies kann privilegiert sein.

Drei Beispiele aus dem Internetleben

1. Meme ohne eigenen Witz:
Einfach nur ein Scan der Buchseite mit der Caption „Same.“ – keine eigenständige Aussage, kein Humor. Das ist ziemlich sicher keine Parodie und damit unzulässig.

2. Satire pur:
Conni sitzt mit dem Kanzler im Bundestag und erklärt, wie man Strompreise deckelt. Klare politische oder gesellschaftliche Kommentierung – Parodie, dürfte erlaubt sein.

3. Collage ohne Bezug:
Conni als zufälliger Bildbestandteil in einem ästhetischen Remix. Mögliches Pastiche, also je nach Einzelfall zulässig.


Muss der Urheber genannt werden?

Ja – § 63 UrhG verlangt eine Quellenangabe, soweit das „nach den Umständen des Falls geboten“ ist. Im Zweifel empfiehlt sich, den Verlag als Rechteinhaber zu benennen.


Kommerziell oder privat?

Wer Conni-T-Shirts verkauft oder Memes mit Werbung kombiniert, bewegt sich in einer anderen rechtlichen Liga – hier können schnell hohe Forderungen drohen.


Was bedeutet das für alle Conni-Fans?

Das Gesetz will Satire und Remixkultur nicht verhindern. Im Gegenteil: § 51a UrhG wurde genau dafür geschaffen. Aber:

  • Ein Meme braucht eine erkennbare eigene Aussage.
  • Es darf nicht nur der bloße Abklatsch sein.
  • Und: Besser im nicht-kommerziellen Bereich bleiben.

Fazit – Conni bleibt (vielleicht) im Netz

Ob ein Conni-Meme wirklich zulässig ist, hängt vom Einzelfall ab. Manchmal genügt ein witziger Spruch, manchmal braucht es echten satirischen Biss. Wer unsicher ist, sollte anwaltlichen Rat einholen oder das Meme nur im privaten Umfeld teilen.

Denn am Ende gilt: Conni lernt das Urheberrecht – und jeder andere sollte es ebenfalls tun.

Ergänzung (16.07.25):

Der Carlsen Verlag hat sich nun auch ausführlich auf u.a. LinkedIn geäußert.

Urheberrechtsverletzung durch Inhaltsangabe eines Romans in Lehrerhandreichung

Das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 28.06.2024 – Az. 19 O 5537/23, ZUM-RD 2025, 146) hat entschieden, dass die Wiedergabe der kompletten Handlung eines Romans auf einer Seite in einer Lehrerhandreichung eine urheberrechtswidrige Vervielfältigung darstellt. Die Entscheidung ist besonders relevant für Schulbuchverlage und Bildungseinrichtungen, die urheberrechtlich geschützte Werke im Rahmen von Unterrichtsmaterialien nutzen.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin ist ein Verlag, der umfassende Nutzungsrechte an einem Jugendroman mit dem Titel „E.“ hält. Die Beklagte, ein Schulbuchverlag, veröffentlichte eine Lehrerhandreichung mit umfangreichen Inhalten zu diesem Roman. Diese enthielt unter anderem eine ausführliche Inhaltsangabe sowie ein „Zitate-Spiel“ mit 20 wörtlich übernommenen Zitaten aus dem Buch. Die Klägerin mahnte die Beklagte zunächst ab und forderte Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz. Nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wurde Klage erhoben auf Zahlung der Abmahnkosten sowie Auskunft und Schadensersatzfeststellung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG Nürnberg-Fürth gab der Klage größtenteils statt:

  • Vervielfältigung der Fabel als Sprachwerk (§ 16 UrhG): Die Inhaltsangabe gibt die wesentlichen Handlungsstränge und Beziehungsgeflechte des Romans wieder und stellt damit eine Vervielfältigung eines geschützten Sprachwerks dar. Die Fabel ist eigenständig schutzfähig.
  • Unzulässige Nutzung wörtlicher Zitate (§ 51 UrhG): Die 20 wörtlich übernommenen Zitate aus dem Roman erfüllen nicht die Voraussetzungen der Zitatschranke, da es an einer eigenen Auseinandersetzung mit dem Originaltext fehlt.
  • Keine Anwendung der Schrankenregelungen (§§ 51a, 60b UrhG): Weder handelt es sich um eine Parodie, Karikatur oder ein Pastiche (§ 51a UrhG), noch liegt eine privilegierte Nutzung im Rahmen von Unterrichtsmedien (§ 60b UrhG) vor. Die Handreichung stellt keine Sammlung i.S.d. § 60b Abs. 3 UrhG dar, da sie sich ausschließlich auf ein einziges Werk konzentriert.
  • Schadensersatzanspruch (§ 97 Abs. 2 UrhG): Das Gericht bejahte die Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund fahrlässigen Handelns – insbesondere weil vor Veröffentlichung kein rechtlicher Rat eingeholt wurde.

Bedeutung der Entscheidung

Das Urteil verdeutlicht, dass eine Inhaltsangabe urheberrechtlich geschützter Werke, selbst in pädagogischem Kontext, rechtlich problematisch sein kann, wenn sie wesentliche schöpferische Elemente wiedergibt. Schulbuchverlage müssen bei der Erstellung von Unterrichtsmaterialien sorgfältig prüfen, ob die Nutzung urheberrechtlich zulässig ist oder eine Lizenz erforderlich wird. Besonders kritisch ist der Versuch, den urheberrechtlichen Schutz durch Berufung auf gesetzliche Schranken wie § 60b UrhG zu umgehen – dies greift nur bei echten „Sammlungen“ und nicht bei monografischen Lehrmaterialien.