Lichtbildschutz für Reproduktionsfotos: Oberster Gerichtshof (OGH) Österreich stärkt Rechte von Fotografen

Ein Mitglied eines Philatelisten-Klubs fotografierte eine historische Postkarte aus seiner Sammlung und veröffentlichte das Bild in einer Festschrift zum 90-jährigen Bestehen des Klubs. Ein emeritierter Universitätsprofessor bat später um Erlaubnis, dieses Foto in einem Buch über historische Stempel in Tirol zu verwenden. Nachdem der Fotograf die Zustimmung verweigerte, nutzte der Professor das Bild dennoch in seinem Buch. Daraufhin klagte der Fotograf auf Unterlassung und Beseitigung wegen Verletzung seines Leistungsschutzrechts gemäß § 74 öUrhG.

Entscheidung des OGH

Der OGH gab der Revision des Klägers statt und stellte klar, dass auch einfache Reproduktionsfotos, die nicht die Anforderungen an ein Lichtbildwerk erfüllen, unter den Lichtbildschutz gemäß § 74 öUrhG fallen können. Entscheidend ist, dass ein Mindestmaß an menschlicher Aufnahmetätigkeit vorliegt.

Im konkreten Fall sah das Gericht dieses Mindestmaß als gegeben an: Der Kläger hatte das Foto gezielt für eine Festschrift aufgenommen und dabei gestalterische Entscheidungen wie Blickwinkel, Belichtung und Bildausschnitt getroffen. Es handle sich daher nicht um eine bloße technische Reproduktion, sondern um eine eigenständige fotografische Leistung.

Das Gericht betonte, dass ein Lichtbildschutz nicht voraussetzt, dass besondere schöpferische Fähigkeiten vorliegen – eine rein technische, aber vom Menschen gesteuerte Aufnahme genügt.

Das Beseitigungsbegehren wurde jedoch abgewiesen, da der Beklagte sich zu Recht auf das Recht zur privaten Nutzung gemäß § 42 Abs. 4 öUrhG berufen konnte.

Übertragbarkeit auf die deutsche Rechtslage

Diese Argumentation ist direkt auf das deutsche Recht übertragbar. Auch das deutsche Urheberrecht (§ 72 UrhG) schützt einfache Lichtbilder, sofern sie nicht rein technisch, sondern durch einen menschlichen Schaffensakt entstanden sind. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) folgt derselben Linie und erkennt den Lichtbildschutz auch bei technisch einfachen, aber individuell angefertigten Fotos an.

Fazit

Auch das einfache „Abfotografieren“ mit einem Smartphone führt sowohl in Österreich wie auch in Deutschland dazu, dass der „Abfotografierer“ zumindest ein sog. Leistungsschutzrecht für das Lichtbild für sich beanspruchen kann.

Gericht: Oberster Gerichtshof (OGH) Österreich
Datum der Entscheidung: 4. April 2024
Aktenzeichen: 4 Ob 52/24m
Fundstelle: ZUM 2025, 388

Urheberrechtlicher Schutz für Kassettenschlüsselanhänger verneint: Klage vor dem LG Stuttgart erfolglos

In einem aktuellen Urteil hat das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 29.04.2025, Az. 17 O 412/24, nicht rechtskräftig) eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung und unlauteren Wettbewerbs im Zusammenhang mit einem Kassettenschlüsselanhänger vollumfänglich abgewiesen. Die von uns vertretene Beklagte konnte sich gegen die Ansprüche eines belgischen Herstellers erfolgreich verteidigen.

Worum ging es?

Die Klägerin, ein Unternehmen aus Belgien, produziert und vertreibt dekorative Gebrauchsgegenstände, darunter auch einen Schlüsselanhänger in Form einer handelsüblichen Musikkassette.

Sie machte geltend, dass es sich dabei um ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst handelt. Daneben stützte sie ihre Klage hilfsweise auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften.

Im Mittelpunkt stand der Vorwurf, unsere Mandantin habe einen nahezu identischen Schlüsselanhänger auf Messen in Hamburg und Frankfurt ausgestellt und zum Verkauf angeboten. Gefordert wurde ein umfassendes Unterlassungsgebot, Auskunft, Herausgabe zur Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Stuttgart hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

  1. Kein Urheberrechtsschutz: Der von der Klägerin entworfene Kassettenschlüsselanhänger sei kein Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Die Gestaltung basiere im Wesentlichen auf der Form klassischer Audiokassetten und erreiche nicht die erforderliche Schöpfungshöhe. Es handle sich um eine rein handwerkliche „Miniaturisierung“ eines bekannten Produkts.
  2. Kein wettbewerbsrechtlicher Schutz: Auch unter dem Gesichtspunkt des wettbewerblichen Leistungsschutzes (§ 4 Nr. 3 UWG) konnte die Klägerin keinen Erfolg erzielen. Das Gericht verneinte eine wettbewerbliche Eigenart des Produkts, da es sich bei dekorativen Schlüsselanhängern um sogenannte „Allerweltsprodukte“ handle, bei denen die angesprochenen Verkehrskreise keinen besonderen Herkunftshinweis aus der Gestaltung ableiten.

Fazit

Das Urteil unterstreicht die Anforderungen an den Urheberrechtsschutz von Gebrauchsdesigns und die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung zu bereits bekannten Formgestaltungen. Auch die Anforderungen an den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wurden deutlich herausgearbeitet.

Unsere Kanzlei konnte in diesem Verfahren die Klage erfolgreich abwehren und damit eine aus unserer Sicht wichtige Entscheidung zur Abgrenzung von schutzfähigen Gestaltungen bei Gebrauchsgegenständen mit dekorativem Charakter herbeiführen.

OLG Hamburg: Keine wettbewerbswidrige Herkunftstäuschung bei Modeschmuck

In einem Streit um die Nachahmung von Designs der bekannten „Geo-Cube“-Schmuckserie hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 06.02.25, AZ: 15 U 43/24) entschieden, dass die beanstandeten Produkte der Beklagten keine unlautere Nachahmung im Sinne des § 4 Nr. 3 UWG darstellen. Die Klage auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wurde vollständig abgewiesen.

Hintergrund:
Die Klägerin – Herstellerin der seit 2005 vertriebenen „Geo-Cube“-Serie – sah ihre Schmuckdesigns durch drei von der Beklagten über „otto.de“ angebotene Halsketten verletzt. Diese orientierten sich gestalterisch ebenfalls an geometrischen Formen, insbesondere Würfeln, und ahmten die Anordnung der Elemente nach.

Produkt der Klägerin:

Produkt der Beklagten:

Was war streitig?
Die Klägerin hatte geltend gemacht, dass ihre „Kernmodelle“ durch die besondere Kombination hochwertiger Materialien, geometrischer Formen (insb. Würfel, Zylinder, Metallplättchen) und Farbvarianten wettbewerbliche Eigenart aufweisen. Die Beklagte bestritt dies und verwies auf zahlreiche ähnliche Designs im Marktumfeld.

Wesentliche Erwägungen des Gerichts:

  • Wettbewerbliche Eigenart: Das Gericht erkannte eine durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart des Klagemusters an – begründet durch die spezifische Kombination und Wiederholung der Designelemente und den hochwertigen Gesamteindruck. Einzelne Elemente wie Würfel oder Zylinder sind jedoch freihaltungsbedürftig und für sich genommen nicht schutzfähig.
  • Keine unlautere Nachahmung: Die angegriffenen Produkte stellten nach Auffassung des Senats zwar eine nachschaffende Nachahmung dar, wichen jedoch in Qualität, Preis und Ausführung sichtbar ab. Entscheidend: Es lag keine „nahezu identische“ Nachahmung vor.
  • Keine Herkunftstäuschung: Weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Herkunftstäuschung konnte festgestellt werden. Die angesprochenen Verkehrskreise würden aufgrund der erkennbaren qualitativen Unterschiede, des günstigeren Preises sowie der Anbieterkennzeichnung („Tr.schmuck“) nicht annehmen, es handele sich um Originalware oder eine Zweitlinie der Klägerin.
  • Keine unlautere Rufausnutzung: Auch insoweit verneinte das Gericht eine Unlauterkeit: Der bloße Umstand, dass eine ähnliche Gestaltung verwendet wird, genügt nicht, um eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des Originals anzunehmen.

Fazit für Unternehmer:
Diese Entscheidung betont, dass bei modischen Produkten wie Schmuck nur die konkrete Ausgestaltung – nicht jedoch die gestalterische Idee selbst – wettbewerbsrechtlich geschützt ist. Wer gestalterisch ähnliche Produkte anbietet, sollte auf Unterschiede im Gesamteindruck, Qualität, Preissegment und Kennzeichnung achten. Nur nahezu identische Kopien hochwertiger Designs können unlauter sein – bloße Anlehnungen sind zulässig.