Zu-Eigen-Machen von Äußerungen durch Betreiber eines Bewertungsportals

Mit Urteil vom Urteil vom 4. April 2017 – AZ: VI ZR 123/16 – hat der BGH seine Rechtsprechung zur Haftung von Bewertungsportalen weiter präzisiert.

In dem entschiedenen Fall hatte das Bewertungsportal auf ein Löschungsersuchen eines Betroffenen inhaltliche Änderungen an dem Text der Bewertung vorgenommen, ohne dies mit der Person abzusprechen, die die Bewertung online gestellt hatte. Das betroffene Unternehmen war auch mit dem abgeänderten Text nicht einverstanden und klagte.

Die Instanzgerichte und nun auch der BGH gaben der Klage statt.

Das Bewertungsportal habe die Äußerungen auf die Rüge der Klägerin inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen, indem es selbständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Autoren der Bewertung – entschieden habe, welche Äußerungen es abändere oder entferne und welche es beibehalte, so das Gericht.

Bei der gebotenen objektiven Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände habe das beklagte Portal somit die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen. Da es sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen und um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handele, habe das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückzutreten, so das Fazit des BGH.

Twitterfeed nicht urheberrechtlich geschützt.

Das Landgericht Bielefeld hat sich in einem Beschluss vom 03.01.2017, Az.: 4 O 144/16, zu den Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz eines Feeds auf Twitter geäußert.

Es ging um den Feet „Wann genau ist aus „Sex, Drugs & Rock n Roll“ eigentlich „Laktoseintoleranz, Veganismus und & Helene Fischer“ geworden?“

Der Antragsteller des Bielefelder Verfahrens behauptete, dass er der Schöpfer des Tweets sei und wollte von der Antragsgegnerin, die Postkarten mit diesem Spruch verkauft, Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz, weswegen er Prozesskostenhilfe beantragte.

Das Landgericht gewährte keine Prozesskostenhilfe, weil die beabsichtigte Klage keine Erfolgsaussichten habe. Nach Meinung des Landgerichts fehle es nämlich an der erforderlichen Schöpfungshöhe, da der Text dafür zu kurz sei. Kurze Äußerungen würden häufig nicht genug Gestaltungsspielraum bieten, um die notwendige Schöpfungshöhe für den Urheberrechtsschutz zu erreichen, so das Gericht. Dabei zog es eine Paralelle zu Werbetexten, denen ebenfalls häufig aufgrund der Kürze der Slogans die Schöpfungshöhe fehlt. Das Landgericht führt dazu aus:

„In der Regel genießen kurze Werbeslogans aber gerade keinen Urheberrechtsschutz (…). Bei Werbetexten ist die sog. „kleine Münze“ nämlich nicht geschützt, sondern es ist ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung erforderlich, damit eine persönliche geistige Schöpfung des Urhebers im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG angenommen werden kann. Je länger ein Text ist, desto größer sind die Gestaltungsmöglichkeiten, so dass umso eher eine hinreichende eigenschöpferische Prägung erkannt werden kann. Dagegen führt die Werbewirksamkeit und Schlagkraft einer Werbeaussage für sich genommen nicht zum Urheberrechtsschutz (…).“

Für die Erlangung von Urheberrechtsschutz ist es also nicht ausreichend, wenn etwas kurz und prägnant dargestellt wird.

Änderungen des Urheberrechtsgesetz

Kurz vor Weihnachten hat der Bundestag das Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung verabschiedet. Voraussichtlich zum 01.03.2017 wird das Gesetz in Kraft treten.

Während der erste Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums aus dem Herbst 2015 sehr weitreichende Änderungen enthielt, wurden im Laufe des Verfahrens einige zu Gunsten der Urheber vorgesehene Änderungen abgeschwächt. Dennoch enthält das Gesetz einige Neuerungen, die insbesondere für Verwerter von urheberrechtlichen Leistungen die Frage aufwerfen, wie künftig damit und mit Vergütungsfragen von Urhebern umzugehen ist.

  1. Bisherige Rechtslage

Bereits im Jahre 2002 wurde vom Gesetzgeber ein Anspruch der Urheber auf Zahlung einer angemessenen Vergütung in das Gesetz eingefügt. Darüber hinaus wurde der sog. Bestseller-Paragraph zugunsten der Urheber geändert.

Der Anspruch auf angemessene Vergütung gibt einem Urheber im Ergebnis die Möglichkeit, eine branchenübliche Zahlung von seinem Auftraggeber/Arbeitgeber zu verlangen, falls die eigentlich vereinbarte Vergütung unter der üblichen Spanne liegt.

Der Bestseller-Paragraph gewährt dem Urheber einen Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung, wenn sich bei der Verwertung des Werkes ergibt, dass die Verwertung ein sehr großer Erfolg ist.

Die beiden Ansprüche unterscheiden sich dadurch, dass der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung dann in Betracht kommt, wenn die Zahlung, die der Urheber erhalten hat, von Anfang an viel zu niedrig war, während bei dem Anspruch auf zusätzliche Vergütung aufgrund des Bestseller-Paragraphen die ursprüngliche Vergütung angemessen war, sich jedoch aufgrund des sehr großen Erfolgs unter Gerechtigkeitserwägungen ergibt, dass der Urheber an diesem sehr großen Erfolg zusätzlich partizipieren soll.

Schließlich wurde ein Verfahren zur Festlegung sog. Gemeinsamer Vergütungsregelungen geschaffen. Der Gesetzgeber wollte erreichen, dass Interessenverbände von Urhebern und Verwertern sich an den Verhandlungstisch setzen, um allgemein gültige Vergütungsregeln für die Bezahlung von Urhebern in bestimmten Branchen zu verhandeln und festzusetzen, ähnlich wie bei einem Tarifvertrag.

  1. Aktuelle Änderungen des Gesetzes

Der kürzlich verabschiedete Gesetzesentwurf enthält zwei wesentliche Änderungen und Neuregelungen:

Zum einen gewährt das Gesetz den Urhebern gegenüber den Verwertern einen Auskunftsanspruch für erfolgte Verwertungshandlungen. Zum anderen sieht das Gesetz vor, dass bei sog. Total-Buyout-Verträgen – also bei Zahlung einer einmaligen Pauschale für eine umfassende exklusive Rechteeinräumung – nach Ablauf von zehn Jahren der jeweilige Urheber die entsprechenden Rechte wieder neu vergeben kann, der Verwerter zwar weiter nutzen darf, dies jedoch nicht mehr exklusiv.

Von diesen Neuregelungen darf nicht zum Nachteil des Urhebers abgewichen werden. Nur in den oben genannten Gemeinsamen Vergütungsregeln könnte dies getan werden, wenn also ein Interessenverband von Urhebern mit Interessenvertretern von Verwertern solche Gemeinsamen Vergütungsregeln beschließen würde und der betroffene Verwerter Mitglied eines solchen Interessenverbandes wäre.

Dazu im Einzelnen:

a) Auskunftsanspruch

Nach den neu geschaffenen § 32 d UrhG und § 32 e UrhG kann ein Urheber von seinem Vertragspartner sowie von dessen Lizenznehmern einmal jährlich Auskunft und Rechenschaft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile verlangen. Davon gibt es Ausnahmen, die vorliegen, wenn

– der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat oder

– die Inanspruchnahme des Verwerters aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist oder

– es sich bei dem Werk um ein Computerprogramm handelt.

Wann ein lediglich untergeordneter Beitrag vorliegt bzw. eine Auskunft für einen Verwerter unverhältnismäßig ist, ist nicht näher definiert und wird sehr wahrscheinlich im Laufe der nächsten Jahre von der Rechtsprechung ausgestaltet werden. Im Gesetz und in der Gesetzesbegründung heißt es nur, dass ein solcher untergeordneter Beitrag dann vorliegt, wenn der Beitrag den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt oder im Verhältnis zur Gesamtwertschöpfung, die durch das Werk erzielt wird, nur einen geringen Beitrag leistet. In der Gesetzesbegründung explizit erwähnt ist hier die Erstellung einer Werbegrafik.

Vermutlich ist damit Folgendes gemeint:

Erstellt z.B. ein Grafiker das Layout für eine Werbeanzeige für z.B. ein Auto und verkauft sich dieses Auto sehr gut, so wird man sehr wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Werbeanzeige für den Verkaufserfolg des Autos eher von untergeordneter Bedeutung ist. In diesem Fall könnte also der Grafiker nicht mit der Behauptung gehört werden, dass erst seine Werbeanzeige dazu geführt hat, dass das Auto sehr häufig verkauft worden ist und er an diesem Verkaufserfolg partizipieren soll. Entsprechendes ist anzunehmen, wenn ein Grafiker ein Firmenlogo erstellt und die Firma später erfolgreich am Markt tätig ist. Auch hier dürfte das Auskunftsverlangen des Grafikers unbegründet sein, da der Verwerter sicherlich argumentieren kann, dass das Firmenlogo für den Unternehmenserfolg nur von untergeordneter Bedeutung ist. Anders könnte es aber wiederum sein, wenn ein Designer oder Grafiker ein Logo für eine Modemarke entwirft.

Wann die Inanspruchnahme eines Verwerters unverhältnismäßig ist, ist ebenfalls nicht definiert. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, dass eine Auskunft dann unverhältnismäßig sein kann, wenn ein Herausgeber eines umfangreichen Sammelbandes mit Beiträgen zahlreicher Autoren/Fotografen etc. jedem einzelnen Urheber Auskunft erteilen müsste. Zudem, so die Gesetzesbegründung, kann die Auskunft unverhältnismäßig sein, wenn eine Rechtspflicht des Vertragspartners besteht, die begehrte Auskunft geheim zu halten, etwa weil Geheimhaltungsinteressen dagegen sprechen, oder aber der Auskunftsanspruch rechtsmissbräuchlich geltend gemacht wird.

Schließlich findet sich ein weiterer Ausnahmetatbestand im Gesetz, der ausschließlich auf die Urheber und Verwerter von Computerprogrammen zugeschnitten ist. Der Verwerter von Computerprogrammen muss den entsprechenden Urhebern, also den Softwareentwicklern, keine Auskunft erteilen, was damit begründet wird, dass umfangreiche Softwareprogramme in aller Regel von zahlreichen Softwareentwicklern programmiert werden und es für einen Softwarehersteller ein unverhältnismäßig hoher Aufwand wäre, jedem dieser einzelnen Programmierer jährlich Auskunft zu erteilen. Unklar ist hier, ob sich diese Ausnahme nur auf die Softwareentwickler bezieht. Besteht die Software nicht nur aus einem urheberrechtlich geschützten Computerprogramm, sondern auch aus weiteren urheberrechtlich geschützten Elementen, wie es z.B. bei Computer-Games üblich ist (z.B. Grafiken, Figuren, Handlungen, Musik etc.), so stellt sich die Frage, ob zwar der Programmierer keine Auskunft verlangen kann, dafür jedoch z.B. ein Game-Designer.

Besteht ein Auskunftsanspruch, so kann dieser vom Urheber nicht nur gegen seinen Vertragspartner geltend gemacht werden. Der Urheber kann Auskunft auch von Lizenznehmern seines Vertragspartners verlangen, also von Unternehmen oder Personen, mit denen der Urheber gar nicht in einem Vertragsverhältnis steht.

b) Rechterückfall bei Pauschalvergütungen

Eingefügt ins Gesetz wurde ein ebenfalls neuer § 40 a UrhG, welcher ein Recht des Urhebers zur anderweitigen Verwertung nach zehn Jahren bei Pauschalvergütungen vorsieht. Nach Abs. 1 ist ein Urheber berechtigt, ein Werk nach Ablauf von zehn Jahren selbst anderweitig zu verwerten, wenn er einem Verwerter ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen Zahlung einer Pauschalvergütung eingeräumt hat.

Damit wollte der Gesetzgeber den sog. Total-Buyout-Verträgen Einhalt gebieten.

Häufig lassen sich Verwerter von den Urhebern sämtliche Verwertungsrechte am Werk exklusiv und zeitlich, räumlich und inhaltlich unbegrenzt einräumen, so dass nur noch ausschließlich die Verwerter umfassend und für die Dauer des Urheberrechts berechtigt sind, sämtliche Verwertungshandlungen vorzunehmen. Dabei folgt eine Bezahlung des Urhebers z.B. bei Rechteeinräumung über eine Pauschalzahlung, eine Beteiligung an möglichen Verwertungserlösen ist nicht vorgesehen.

Nunmehr soll es so sein, dass bei solchen Vertragsgestaltungen nach Ablauf von zehn Jahren der Urheber sein ursprünglich dem Verwerter eingeräumtes Recht wieder selbst neu verwerten (oder vergeben) darf. Dem Verwerter verbleibt noch ein einfaches Nutzungsrecht. Das heißt, dass der Verwerter zwar weiterhin zu Verwertungshandlungen berechtigt ist, jedoch nicht mehr alleine.

Auch hiervon gibt es Ausnahmen:

Ebenso wie beim Auskunftsanspruch entfällt dieser Rechterückfall an Urheber, die nur einen lediglich untergeordneten Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht haben. Dies entspricht dem obigen, beim Auskunftsanspruch Ausgeführten.

Des Weiteren entfällt ein Rechterückfall, wenn es um ein Computerprogramm geht. Auch hier gilt das oben Gesagte entsprechend.

Der Rechterückfall tritt nicht ein, wenn es sich bei dem Werk um ein Werk der Baukunst oder um einen Entwurf eines solchen Werkes handelt (lediglich relevant für Architekten).

Ein Rechterückfall entfällt, wenn ein Werk nicht veröffentlich werden soll.

Ferner entfällt der Rechterückfall für ein Werk, das mit Zustimmung des Urhebers für eine Marke oder ein sonstiges Kennzeichen, ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster bestimmt ist. Letzteres betrifft typischerweise Logo-Gestaltungen oder das Produkt- oder Webdesign. Erstellt z.B. ein Urheber ein neues Logo für ein Unternehmen und wird das Logo nachher als Marke oder als sog. Unternehmenskennzeichen eingetragen/benutzt, so soll ebenfalls kein Rechterückfall an den Urheber erfolgen.

Daraus folgt, dass Unternehmen, die mit Designern oder Werbeagenturen oder Grafikern zusammenarbeiten, in den Verträgen mit den Urhebern jedenfalls festhalten sollten, dass das vom Urheber zu erstellende Werk die Grundlage für eine Marken-, Design- oder Geschmacksmusteranmeldung sein soll.

Schlussendlich gilt der Rechterückfall auch nicht bei Filmwerken. Ein (Mit-)Urheber eines Films erhält also nach zehn Jahren seine Rechte ebenfalls nicht zurück (z.B. der Regisseur eines Films).

Der Verwerter und der Urheber können frühestens fünf Jahre nach Rechteübertragung darüber neu verhandeln, ob eine Rechteeinräumung exklusiv für den Verwerter auch nach Ablauf der zehn Jahre gelten soll.

c) Weitere Änderungen:

Gemeinsame Vergütungsregelungen:

Das Verfahren zur Aufstellung solcher Gemeinsamer Vergütungsregelungen wurde gestrafft und es wurde ein – wenn auch sehr abgeschwächter – Verbandsklageanspruch eingeführt für Fälle, in denen ein Mitglied eines Verwerterverbands sich nicht an die vom eigenen Verband aufgestellten Gemeinsamen Vergütungsregelungen hält und diese zu Lasten der Urheber unterschreitet.

Recht zur Wiederverfilmung:

Die Urheber vorbestehender Werke bei Filmen (z.B. Romane, Drehbücher) können nach 10 Jahren ihre Werke wieder neu verfilmen lassen. Davon kann nur in Gemeinsamen Vergütungsregelungen abgewichen werden.

Vergütung des ausübenden Künstlers für später bekannte Nutzungsarten:

Die Vorschrift gibt den ausübenden Künstlern einen Anspruch auf eine gesonderte angemessene Vergütung für die Nutzung auf neue, vorher unbekannte Nutzungsarten. Voraussetzung ist, dass die Verwertung der Darbietung auf unbekannte Nutzungsarten vertraglich bereits grundsätzlich verabredet ist. Die Regelung orientiert sich an den bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen für Urheber, so dass damit die Rechtsstellung des ausübenden Künstlers der Stellung des Urhebers angepasst wird. Auch ausübende Künstler erhalten den neu eingeführten Anspruch auf Auskunft nach § 32 d UrhG und § 32 e UrhG.

d) Geltung der neuen Vorschriften

Voraussichtlich zum 01.03.2017 tritt das Gesetz in Kraft, wobei die Änderungen des Gesetzes keine Rückwirkung haben. Für alle davor abgeschlossenen Verträge gelten noch die alten Bestimmungen. Nur für Verträge, die nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen werden, gilt das neue Gesetz. Dies ist aber etwas unklar in Bezug auf den Auskunftsanspruch. Es ist derzeit nicht absehbar, ob ein Auskunftsanspruch auch dann geltend gemacht werden kann, wenn der Vertrag zwar vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen wurde, aber die Auskunft nur in Bezug auf Verwertungshandlungen gemacht wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes vorgenommen worden sind.

Abwerben von Kunden durch Subunternehmer

Das OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.1.‌2016 , AZ 6 U 21/15, musste über die Frage entscheiden, ob bzw. wann die Abwerbung von Kunden durch einen Subunternehmer wettbewerbswidrig war bzw. gegen eine vertragliche Vertraulichkeitsklausel verstößt.

Im vorliegenden Fall hatten die Parteien einen Vertrag geschlossen, in dem es u.a. hieß, dass der beklagte ehemalige Subunternehmer der Klägerin „den Vertrag und alle Informationen, die nur eine Partei über das Unternehmen des jeweils anderen erlangt, vertraulich zu behandeln“ habe. Trotz dieser Klausel trat der beklagte ehemalige Subunternehmer an Kunden der Auftraggeberin und Klägerin heran und bot diesen Kunden seine Leistung direkt an.

Die Klägerin war der Auffassung, dass dies gegen die Klausel verstoße und zudem wettbewerbswidrig sei.

Das OLG Frankfurt wies die Klage ab: Die Abwerbung von Kunden eines Mitbewerbers könne zwar unter dem Gesichtspunkt der Behinderung unlauter sein, wenn hierzu wertvolles Adressmaterial verwendet wird, das dem Abwerbenden anvertraut worden war. Als anvertrautes Adressmaterial in diesem Sinne seien jedoch nicht Adressen von Unternehmen anzusehen, die öffentlich zugänglich und – wenn auch mit gewissem Aufwand – über das Internet abrufbar seien, so das Gericht.

Ein durchaus fragwürdige Entscheidung: obwohl sich der beklagte Subunternehmer illoyal verhalten hatte, wurde dies vom OLG „durchgewunken“. Sofern sich diese Auffassung durchsetzt, höhlt diese Rechtsprechung gängige Kundenschutzklauseln letztlich aus.

PayPal muss Kontodaten von Produktfälschern offenlegen

Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 07.07.2016, Az. 308 O 126/16, entschieden, dass der Finanzdienstleister PayPal bei Rechtsstreitigkeiten um Marken-, Patent- oder Urheberrechtsverletzungen die Identität der Kontoinhaber offenbaren muss.

Im dem Fall ging es um Raubkopien von Hörspielen, die im Internet zu Dumpingpreisen verkauft wurden und mit PayPal bezahlt werden konnten. Da die Verantwortlichen nicht ermittelt werden konnten, forderte der geschädigte Hörspielverlag von PayPal die Herausgabe der Kontaktinformationen des Kontoinhabers. Das LG Hamburg entschied zugunsten des klagenden Verlags.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

EuG: Eintragung von Marken mit den Vorsilben „Mac“ oder „Mc“

Nach Ansicht des Gerichts der EU (Europäischer Gerichtshof I. Instanz, EuG) kann die Wertschätzung der Marken von McDonald’s die Eintragung von Marken, die die Vorsilbe „Mac“ oder „Mc“ mit dem Namen eines Nahrungsmittels oder eines Getränks verbinden, für Nahrungsmittel oder Getränke verhindern.

2008 beantragte das Unternehmen Future Enterprises aus Singapur die Eintragung der Unionsmarke MACCOFFEE für Nahrungsmittel und Getränke, die 2010 vom EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, vormals HABM) zugelassen wurde. Das amerikanische Unternehmen McDonald’s beantragte daraufhin die Nichtigerklärung dieser Marke, wobei es sich auf seine ältere Unionswortmarke McDONALD’S und auf 12 andere Marken berief, die es für Schnellrestaurants innehabe und die die Wortelemente „Mc“ oder „Mac“ als Vorsilben enthielten. 2013 gab das EUIPO dem Antrag von McDonald’s unter Berücksichtigung der Bekanntheit der Marke McDONALD’S für Bewirtungsdienste und im Hinblick auf die Verknüpfung statt, die das Publikum zwischen den streitgegenständlichen Marken herstellen könnte (Future Enterprises könnte damit die Wertschätzung der Marke McDONALD’S in unlauterer Weise auszunutzen). Future Enterprises beantragt, die Entscheidung des EUIPO aufzuheben.

Mit seinem Urteil weist das Gericht die Klage von Future Enterprises ab und bestätigt damit die Entscheidung des EUIPO. Das Gericht stellt zunächst fest, dass die Marke MACCOFFEE und die geschützten Marken von McDonald’s eine gewisse Ähnlichkeit auf klanglicher und begrifflicher Ebene aufweisen, die sich aus ihrem jeweils ersten Teil, also den Elementen „mac“ und „mc“, ergibt.

Ferner bestätigt das Gericht die Einschätzungen des EUIPO, dass insbesondere aufgrund der Kombination des Elements „mac“ mit dem Namen eines Getränks in der Marke MACCOFFEE das maßgebliche Publikum diese Marke mit der Markenfamilie „Mc“ von McDonald’s verbinden und gedanklich eine Verknüpfung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken herstellen könnte. Das Element „mac“ in MACCOFFEE werde nämlich als dem Anfangselement „mc“ der Marken von McDonald’s identisch oder gleichwertig wahrgenommen. Ferner sei die Struktur der Marke MACCOFFEE der Struktur der Marken der Markenfamilie „Mc“ sehr ähnlich, die die Vorsilbe „Mc“ mit einem Nahrungsmittel verbinden. Weiter ist das Gericht der Ansicht, dass trotz des Unterschieds zwischen den von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen (Nahrungsmittel und Getränke für MACCOFFEE sowie Schnellrestaurants für McDonald’s) wegen der zwischen ihnen engen Zusammenhänge gleichwohl eine gewisse Ähnlichkeit besteht: Die für MACCOFFEE beanspruchten Nahrungsmittel können im Rahmen der Bewirtungsdienste von McDonald’s verwendet und angeboten werden. Einige der mit MACCOFFEE bezeichneten Nahrungsmittel, wie Speiseeis, Muffins, kalte und warme Sandwiches sind nicht einfache Zutaten, die Grundlage der in Schnellrestaurants servierten Speisen sind, sondern entsprechen den auf der Speisekarte dieser Restaurants angebotenen Waren als solchen. Schließlich zielen die betreffenden Nahrungsmittel und Bewirtungsdienste auf dieselben Verbraucherkreise ab.

Das Gericht bestätigt schließlich die Analyse des EUIPO, dass die Benutzung der Marke MACCOFFEE ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise die Wertschätzung der Marken von McDonald’s ausnutze. Es ist in der Tat sehr wahrscheinlich, dass MACCOFFEE an die Marke McDonald’s anknüpft, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und die wirtschaftlichen Anstrengungen von McDonald’s zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images seiner Marke ohne jede finanzielle Gegenleistung ausnutzt. Daher kann das maßgebliche Publikum beim Anblick der Marke MACCOFFEE, die auf Produkten angebracht ist, die eng mit denen von McDonald’s im Zusammenhang stehen, gedanklich eine Verknüpfung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken herstellen und das Image der Marken von McDonald’s auf die von der Marke MACCOFFEE erfassten Waren übertragen.

Urteil des EuG vom 05.07.2016, Az.: T 518/13

Quelle: Pressemitteilung Nr. 70/2016 des EuG vom 05.07.2016

Markenrecht vs. Kartellrecht: Verbot von Verkäufen über Amazon in Vertriebsverträgen

Wie in unseren News am 23.12.2015 berichtet, hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt mit Urteil vom 22.12.2015, Az.: 11 O 84/14, entschieden, dass in einem qualitativ selektiven Vertriebssystem das Verbot des Verkaufs für Händler über die Plattform amazon.de zulässig ist, das Verbot zur Bewerbung in Preissuchmaschinen dagegen nicht.

Nachdem am 23.12.2015 nur die Pressemitteilung des OLG veröffentlicht worden ist, liegen nunmehr auch die Entscheidungsgründe vor.

Dem Urteil liegt ein Streit zwischen dem Hersteller von Funktionsrucksäcken mit einem Händler zu Grunde, der einen Online-Versandhandel und ein großes Ladengeschäft betreibt, in dem unter anderem auch die Funktionsrucksäcke des Herstellers verkauft werden. Der Hersteller der Funktionsrucksäcke vertreibt seine Produkte im Rahmen eines sog. qualitativ selektives Vertriebssystem. Das heißt, dass der Hersteller objektive Kriterien für Händler aufstellt, die diese erfüllen müssen, damit sie die Waren des Herstellers verkaufen dürfen. Werden diese objektiven Kriterien diskriminierungsfrei angewendet und bestehen berechtigte Gründe für das Erfordernis eines solchen selektiven Vertriebs, so sind qualitativ selektive Vertriebssysteme kartellrechtlich unbedenklich. In dem vorliegenden Fall gab es in dem Vertriebsvertrag eine Klausel, die es den Händlern verbot, die Produkte über die Plattform amazon.de zu verkaufen. Zudem wurde die Teilnahme an Preissuchmaschinen unter einen Zustimmungsvorbehalt gestellt, der vom Hersteller sehr restriktiv ausgeübt wurde. Der Händler akzeptierte diese Klauseln nicht und klagte auf Belieferung.

Das OLG hatte nun zu prüfen, ob diese beiden Verbote kartellrechtlich wirksam sind oder nicht.

In dem Urteil wird das Spannungsverhältnis zwischen Markenrecht einerseits und Kartellrecht andererseits deutlich. Auf der einen Seite das Interesse des Markenherstellers am Image der Marke und an einer Kontrolle der Vertriebswege. Auf der anderen Seite das Kartellrecht und die Freiheit des Wettbewerbs, welche durch solche Klauseln eingeschränkt wird.

Das Gericht hielt zunächst das Vertriebsverbot für Amazon zulässig. Interessant ist dabei die Begründung: So führt das Gericht aus, dass der Kunde, der bei Amazon kauft, auch dann davon ausgeht, dass der eigentliche Verkäufer Amazon ist, wenn er die entsprechenden Waren über den Amazon-Marketplace erwirbt. Damit werde dem Hersteller ein Händler, nämlich Amazon, „untergeschoben“, der die Vorgaben des qualitativ selektiven Vertriebssystems eigentlich nicht erfüllt. Dem Hersteller sei es auch nicht zuzumuten, den Wettbewerb aktiv so zu fördern, dass er den Vertrieb über Amazon-Marketplace erlaubt, um damit kleineren und mittleren Händlern bessere Absatzmöglichkeiten im Vergleich zu größeren Händlern einzuräumen, so das Gericht.

Bei dem Zustimmungsvorbehalt bei Preissuchmaschinen wurde dem Hersteller zunächst nicht die Klausel als solche zum Verhängnis, sondern die Art und Weise der Anwendung des Zustimmungsvorbehalts. Im vorliegenden Fall hatte der klagende Händler nämlich bei dem Hersteller angefragt, ob er bei insgesamt acht aufgelisteten Preissuchmaschinen das Produkt bewerben dürfe. Ohne größere Begründung lehnte der Hersteller dies pauschal ab. Weil andere, größere Händler die Produkte des Herstellers in einzelnen Preissuchmaschinen beworben hatten und der Hersteller letztendlich nicht nachvollziehbar erklären konnte, weshalb er bei dem klagenden Händler pauschal alle Preissuchmaschinen abgelehnt hatte, dies bei den anderen Händlern aber nicht getan hatte, war das OLG der Auffassung, dass der Hersteller die Klausel nicht diskriminierungsfrei ausgeübt habe.

Zudem war das Gericht der Meinung, dass ein Verbot des Bewerbens in Preissuchmaschinen kartellrechtlich unzulässig sei. Anders als bei Amazon stelle sich die Situation bei Preissuchmaschinen nämlich so dar, dass auf der Seite der Preissuchmaschine das Produkt selbst nicht verkauft, sondern der Interessent auf die Webseite des Händlers weitergeleitet werde. Letztendlich landet der also der potenzielle Käufer auf der Webseite des Händlers, wo dann die qualitativen Kriterien des Herstellers erfüllt werden.

Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen, die beim Bundesgerichtshof (BGH) unter dem Aktenzeichen KZR 3/16 anhängig ist.

Der Streit, der vor dem OLG Frankfurt entschieden wurde, hat eine große praktische Bedeutung: Denn es ist derzeit noch nicht endgültig geklärt, welche Vorgaben ein Hersteller einem Händler beim Onlinevertrieb machen kann und welche kartellrechtlich unzulässig sind.

Klar ist, dass das generelle Verbot des Onlinevertriebs fast immer kartellrechtlich unzulässig ist. So etwas dürfte nur in sehr wenigen Ausnahmefällen möglich sein, wenn es z. B. um die Gesundheit der Kunden geht, also eine konkrete Beratung vor Ort zwingend erforderlich ist.

Dagegen zulässig ist eine Vorgabe des Herstellers, dass ein Händler mindestens ein stationäres Ladengeschäft unterhalten muss. Es ist also für den Hersteller möglich, dass unter bestimmten Umständen ein reiner Onlinevertrieb eines Händlers ausgeschlossen wird.

Auch kann der Hersteller dem Händler qualitative Vorgaben für den Onlineshop machen, wie z. B. die Vorgabe bestimmter Bezahlmöglichkeiten, die Art und Weise der Präsentation der Produkte auf der Webseite etc.

Umstritten ist bislang die Frage, ob ein Hersteller einem Händler generell untersagen kann, über Portale wie Amazon oder eBay die Produkte zu verkaufen. Neben den OLG Frankfurt waren bereits das OLG Karlsruhe und das OLG München der Auffassung, dass ein Hersteller einem Händler den Verkauf z.B. über eBay untersagen darf. Das OLG Schleswig hielt dagegen eine solche Klausel für kartellrechtlich unzulässig. Das Berliner Kammergericht hielt eine solche Klausel generell für möglich, dann jedoch für unzulässig, wenn der Hersteller gleichzeitig seine Ware „offline“ in Discountern verkauft.

Endgültig Klarheit wird in diesem Punkt daher der BGH, ggfs. sogar der Europäische Gerichtshof (EuGH) bringen, wenn das Revisionsverfahren durchgeführt wird und dem EuGH entsprechende Fragen zur Entscheidung vorliegen werden.

Bundesgerichtshof konkretisiert Pflichten des Betreibers eines Bewertungsportals

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 01.03.2016 (Az.: VI ZR 34/15) die Pflichten des Betreibers eines Ärztewertungsportals konkretisiert:

Der Kläger ist Zahnarzt. Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.jameda.de ein Portal zur Arztsuche und -bewertung. Dort können Interessierte Informationen über Ärzte aufrufen. Registrierten Nutzern bietet das Portal zudem die Möglichkeit, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Die Bewertung, die der jeweilige Nutzer ohne Angabe seines Klarnamens abgeben kann, erfolgt dabei anhand einer sich an Schulnoten orientierenden Skala für insgesamt fünf vorformulierte Kategorien, namentlich „Behandlung“, „Aufklärung“, „Vertrauensverhältnis“, „genommene Zeit“ und „Freundlichkeit“. Ferner besteht die Möglichkeit zu Kommentaren in einem Freitextfeld.

Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist die Bewertung des Klägers durch einen anonymen Nutzer, er könne den Kläger nicht empfehlen. Als Gesamtnote war 4,8 genannt. Sie setzte sich aus den in den genannten Kategorien vergebenen Einzelnoten zusammen, darunter jeweils der Note „6“ für „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“. Der Kläger bestreitet, dass er den Bewertenden behandelt hat.

Der Kläger forderte die Beklagte vorprozessual zur Entfernung der Bewertung auf. Diese sandte die Beanstandung dem Nutzer zu. Die Antwort des Nutzers hierauf leitete sie dem Kläger unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken nicht weiter. Die Bewertung beließ sie im Portal.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten, es zu unterlassen, die dargestellte Bewertung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Das Landgericht hat der Klage stattgeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Der für das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die beanstandete Bewertung ist keine eigene „Behauptung“ der Beklagten, weil diese sie sich inhaltlich nicht zu eigen gemacht hat. Die Beklagte haftet für die vom Nutzer ihres Portals abgegebene Bewertung deshalb nur dann, wenn sie zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. Deren Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihr obliegende Prüfpflichten verletzt. Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Kläger weiterleiten müssen. Im weiteren Verfahren werden die Parteien Gelegenheit haben, zu von der Beklagten ggf. ergriffenen weiteren Prüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.

Vorinstanzen:

LG Köln – 28 O 516/13 – Entscheidung vom 09. Juli 2014;
OLG Köln – 15 U 141/14 Entscheidung vom 16. Dezember 2014

§ 12 Abs. 1 TMG lautet:

Grundsätze
(1) Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.
(2)…(3)…

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 01.03.2016

Matratzen und das Markenrecht

Ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs I. Instanz (EuG) vom 19.11.2015, Az.:  T-526/14 – „Matratzen Concord/MATRATZEN“ zeigt anschaulich, dass sich die deutsche Sichtweise nicht mit der europäischen decken muss.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Anmeldung einer europäischen Gemeinschaftsmarke, und zwar der Wortmarke „Matratzen Concord“, angemeldet u.a. für Matratzen, Betten, Bettzeug und Einzelhandelsleistungen dafür. Gegen diese Anmeldung wurde Widerspruch eingelegt aus zwei spanischen Wortmarken, die beide nur aus dem Wort „Matratzen“ bestehen und von denen die eine Marke eingetragen ist u.a. für Betten und Matratzen, die andere für Einzelhandelsleistungen für Matratzen und Betten.

Aus deutscher Sicht liegt der Ausgang des Rechtsstreits auf der Hand: Die angemeldete Marke sowie die Widerspruchsmarke stimmen in dem Wortbestandteil „Matratzen“ überein. Da alle Marken ausschließlich für die entsprechenden Waren und Einzelhandelsdienstleistungen mit diesen Waren angemeldet bzw. eingetragen sind und der Begriff „Matratze“ natürlich glatt beschreibend ist, muss aus rein deutscher Sicht der Widerspruch erfolglos bleiben. Denn nach deutscher Rechtsprechung löst die Übereinstimmung in einem rein beschreibenden Markenbestandteil keine Verwechslungsgefahr aus.

Der EuG sowie zuvor schon das Harmonisierungsamt bejahten dagegen eine Verwechslungsgefahr.

Entscheidend bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr war im vorliegenden Fall die Tatsache, dass die beiden älteren Marken nationale spanische Wortmarken waren. Stehen sich eine ältere spanische Marke sowie eine jüngere europäische Gemeinschaftsmarke gegenüber, kommt es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur auf das Verkehrsverständnis der spanischen Öffentlichkeit an. Und in Spanien versteht niemand das Wort „Matratze“. Für einen Spanier stellt sich dieser Begriff daher als Phantasiebezeichnung dar, weswegen das spanische Markenamt auch eine Wortmarke „Matratze“ für die entsprechende Ware auch überhaupt eingetragen hatte.

Und kommt es ausschließlich auf das Verkehrsverständnis der spanischen Verbraucher an und versteht in Spanien niemand den Begriff „Matratze“ bzw. dessen Bedeutung, so stehen sich für den spanischen Verbraucher die Phantasiebegriffe „Matratzen Concord“ und „Matratzen“ gegenüber. Werden diese Marken für identische Waren benutzt, so liegt nach Auffassung des EuG Verwechslungsgefahr vor, weil die Verbraucher ihr Augenmerk auf den Wortanfang der Marke legen und dieser identisch sei.

Das Ergebnis mag daher aus spanischer Sicht vertretbar sein. Aus deutscher Sicht ist es nicht nachvollziehbar, wobei die Ungerechtigkeit des Ergebnisses sogar auf der Hand liegt. Denn derjenige, der in Spanien zwei Wortmarken „Matratzen“ für die entsprechenden Waren angemeldet hat, kann dies eigentlich nur mit der Absicht getan haben, andere, insbesondere deutschsprachige Markenanmelder bei der Anmeldung europäischer Marken zu behindern. Eventuell hat sich diese Behinderungsabsicht aber nicht beweisen lassen, was zu diesem aus deutscher Sicht merkwürdigen Ergebnis führte.

Das Urteil verdeutlicht aber, dass sowohl bei der Anmeldung von Marken wie auch bei der Prüfung von Verwechslungsgefahr nicht nur die „rein deutsche Brille“ aufzusetzen ist. Stattdessen ist immer im Einzelfall auch das Verkehrsverständnis anderer europäischer EU-Staaten mit zu berücksichtigen.

Wettbewerbsrechtliche Haftung für Links

Gleich zu Beginn des Jahres wurden nunmehr die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 18.06.2015, Az.: l ZR 74/14 – „Haftung für Hyperlink“, veröffentlicht.

Das Urteil beschäftigt sich ausführlich mit der Frage, ob bzw. unter welchen Umständen ein Unternehmer für das Setzen eines sogenannten Hyperlinks auf die Webseite eines Dritten haftet, wenn auf der Webseite des Dritten wettbewerbswidrige Inhalte abrufbar sind.

Zunächst die gute Nachricht: Auch wenn das Setzen eines Links eine geschäftliche Handlung darstellen kann begründet allein die Setzung eines solchen Links noch keine generelle Verantwortlichkeit für die dort abrufbaren Inhalte.

Allerdings kann sich unter gewissen Voraussetzungen gleichwohl eine Haftung ergeben:

Zum einen, wenn sich der Unternehmer die Informationen auf der verlinkten Webseite zu Eigen macht, weil die dortigen Ausführungen gezielt zur eigenen Werbung eingesetzt werden. In diesem Fall haftet der Unternehmer für die verlinkten Inhalte wie für eigene Inhalte und damit unmittelbar als sogenannter Störer.

Zum anderen kann dem Unternehmer, der auf eine Webseite Dritter verlinkt, unter gewissen Umständen eine Verletzung von Prüfpflichten vorgeworfen werden. Zu dem Umfang dieser Prüfpflichten führt der Bundesgerichtshof in Tz. 24 des Urteils aus:

„Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen Hyperlink setzt oder aufrechterhält, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die Webseite oder der Internetauftritt, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen. Auch dann, wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Haftung begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, etwa nach einer Abmahnung oder Klageerhebung, ergeben hätte, dass mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird.“

Mit anderen Worten:

Wer einen Link zu einer Webseite eines Dritten setzt, muss sich diese Webseite des Dritten zumindest anschauen.

Ist eine Rechtsverletzung oder ein Wettbewerbsverstoß auf der Seite des Dritten nicht offensichtlich erkennbar, kann verlinkt werden.

Wird der Unternehmer dann z.B. aufgrund einer Abmahnung oder eines Anschreibens darauf aufmerksam gemacht, dass sich auf der Webseite des Dritten wettbewerbswidrige oder sonstige rechtsverletzende Inhalte befinden, muss er die Sache erneut prüfen.

Entfernt der Unternehmer dann den Link, hat er alles getan, was getan werden musste. Er muss insbesondere keine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben und die Kosten der Abmahnung nicht ersetzen.

Wird der Link aber nicht entfernt, haftet der Unternehmer ab diesem Zeitpunkt für die verlinkten Inhalte wie für eigene Inhalte.

Der Bundesgerichtshof hat damit die Haftung für das Setzen eines Links ausgestaltet wie die Haftung von Foren- und Chat-Betreiber bzw. für Betreiber von Social-Media-Plattformen, die üblicherweise auch erst dann haften, wenn sie auf eine Rechtsverletzung aufmerksam gemacht wurden und trotz Hinweis die Rechtsverletzung nicht entfernen.