Grünes Licht für offene WLANs

Wie in meiner Meldung vom 03. Juli 2017 schon berichtet, hatte die Bundesregierung im Rahmen einer Gesetzesänderung sich dafür entschieden, die Betreiber von öffentlichen WLANs nicht mit der Gefahr von Abmahnung wegen Rechtsverletzungen, die über das WLAN durch Nutzer begangen worden sind, zu konfrontieren.

Der Bundesrat hat dieser Gesetzesänderung nun zugestimmt.

Betreiber von Internetzugängen können ihre Dienste künftig Dritten über drahtlose lokale Netzwerke (WLAN) anbieten, ohne dabei befürchten zu müssen, für Rechtsverstöße von Nutzern abgemahnt oder haftbar gemacht zu werden.

Das Gesetz stellt ferner klar, dass WLAN-Betreiber nicht verpflichten werden dürfen, Nutzer zu registrieren oder ein Passwort für die Nutzung zu verlangen. Auf freiwilliger Basis ist dies aber möglich.

Eine Registrierung, bei der die persönlichen Daten von Nutzern zu anderen als Abrechnungszwecken gespeichert werden, darf datenschutzrechtlich allerdings nur mit Einwilligung des Nutzers erfolgen. Schließlich regelt das Gesetz, unter welchen Bedingungen Nutzungssperren im Einzelfall möglich sind.

Verbot des Verkaufs von Markenartikel über Amazon in einem Vertriebsvertrag

In einem derzeit beim EuGH anhängigen Verfahren geht es um die streitige Frage, ob ein Hersteller von Markenwaren seinen Händlern in den Vertriebsverträgen verbieten kann, die Markenware über Amazon zu verkaufen.

In Deutschland wurde diese Frage von Gerichten bislang unterschiedlich beantwortet, siehe dazu meine alte Newsmeldung vom 23.12.2015.

In dem vom EuGH zu entscheidenden Fall ist der Vertrieb von Luxuskosmetik in einem sog. selektiven Vertriebssystem streitgegenständlich.

Nun liegt die Stellungnahme dazu des Generalanwalts des EuGH vor, die deshalb von Bedeutung ist, weil sich das Gericht später in seinem Urteil oft dieser Rechtsauffassung anschließt.

Und der Generalanwalt hält ein Verbot in einem zulässigen selektiven Vertriebssystem kartellrechtlich für zulässig. Er betont aber auch, dass den Händlern der Onlineverkauf über eine eigene Webseite möglich sein muss.

Es steht nun das Urteil aus und damit natürlich die Antwort auf die Frage, ob sich der EuGH auch in diesem Fall der Rechtsauffssung des Generalanwalts anschließen wird.

Rückruf bereits ausgelieferter und mit wettbewerbswidriger Werbung versehener Produkte

Der BGH musste sich mit Frage befassen, ob ein Unternehmen, das wegen einer wettbewerbswidrigen Werbung eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, bereits ausgelieferte Ware zurückrufen muss, damit dieses Unternehmen nicht gegen die Unterlassungserklärung verstößt (BGH, Urteil vom 04.05.2017, AZ I ZR 208/15).

Der BGH urteilte, dass sich das Unternehmen zumindest um einen Rückruf bemühen muss.

Auch bei Wettbewerbsverstößen sei derjenige, der eine Unterlassungserklärung abgibt, nicht nur zur Unterlassung verpflichtet. Von dieser Pflicht seien auch Handlungen erfasst, die dazu notwendig sind, den wettbewerbswidrigen Zustand zu beseitigen.

Anders als die Vorinstanz entschied der BGH, dass der Abnehmer der mit der wettbewerbswidrigen Werbung gekennzeichneten Ware kein Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB des wettbewerbswidrig werbenden Unternehmens sei. Hätte der BGH dies, wie das OLG, bejaht, hätte dies zur Konsequenz gehabt, dass das betroffenen Unternehmen auch für das Verschulden des Abnehmers einzustehen hat, was eine sehr weitreichende Haftung nach sich gezogen hätte.

Allerdings bejaht der BGH die Pflicht des abgemahnten und zur Unterlassung verpflichteten Unternehmens alles dafür zu tun, dass kein Weiterverkauf der unlauter gekennzeichneten Ware möglich ist:

„Das OLG ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund eigenen Fehlverhaltens haftet. Ist der Unterlassungsschuldner zur Vornahme von Handlungen verpflichtet, kann dies die Verpflichtung umfassen, auf Dritte einzuwirken, um diese zu einem Tun oder einem Unterlassen anzuhalten. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist.

Danach muss ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden ist, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner durch vertragliche Vereinbarung eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung übernommen hat. Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit einer wettbewerbswidrigen Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen.“

Mit anderen Worten:

Das Unternehmen hätte auf seinen Abnehmer zumindest einwirken müssen, dass dieser die unlauter gekennzeichnete Ware wieder zurück sendet oder zumindest die wettbewerbswidrige Werbung von der Verpackung entfernt bzw. diese überklebt. Weil dies nicht erfolgt ist, wurde das Unternehmen zur Zahlung einer Vertragsstrafe verurteilt.

Das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Am Freitag, den 30.06.2017, wurde vom Bundestag nicht nur die in der Öffentlichkeit diskutierte „Ehe für alle“ beschlossen.

Im „Windschatten“ der „Ehe für alle“ wurden auch zwei medienrechtlich relevante Entscheidungen getroffen:

Wie in meiner Newsmeldung vom 29.06.2017 mitgeteilt, wurde die sog. Störerhaftung für offene WLANs abgeschafft.

Und darüber hinaus gibt es ein neues Gesetz, das sog. Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

Das Ziel des Gesetzes ist die „Bekämpfung von Hasskommentaren“ in Sozialen Netzwerken; das neue Gesetz wurde daher auch schon als „Facebookgesetz“ betitelt.

Folgende Eckpunkte beinhaltet das Gesetz:

Zunächst sollen die Betreiber von Sozialen Netzwerken, die ihren Sitz im Ausland haben, verpflichtet werden, für Bußgeld- und Strafverfahren einen inländischen Verantwortlichen zu benennen.

Das ist sicherlich sinnvoll. Man hätte die Gelegenheit aber auch nutzen können, um die Betreiber auch für zivilrechtliche Verfahren zu verpflichten, einen entsprechenden Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Wer schon einmal ein Verfahren gegen Facebook oder Google geführt hat, versteht, was ich meine: Betreiber der Seiten ist bei Facebook und Google immer der in den USA ansässige Konzern. Will man gegen diese klagen, so ist man (zumindest bei einigen Gerichten) gezwungen, die Klage von einem öffentlich bestellten und vereidigten Übersetzer gegen Zahlung eines entsprechenden Vorschusses übersetzen zu lassen – und dann muss über den formellen Weg die Klage in die USA zugestellt werden, was Monate dauert.

Das neue Gesetz sieht vor, dass „offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden müssen. Und rechtswidrige Inhalte, die nicht offensichtlich rechtswidrig sind, innerhalb einer Frist von 7 Tagen.

Die Entscheidung darüber, was offensichtlich rechtswidrig, „nur“ rechtswidrig oder rechtmäßig ist und was nicht, soll und muss der Betreiber des Sozialen Netzwerks selbst treffen.

Und genau hier beginnt das Problem:

Da Verstöße gegen das neue Gesetz mit Bußgeldern von bis zu 5,0 Mio. Euro geahndet werden können, wird von den zahlreichen Kritikern des neuen Gesetzes befürchtet, dass der Betreiber im Zweifel das beanstandete Posting löschen wird. Und damit besteht die Gefahr, dass über diesen Weg einer Zensur Tür und Tor geöffnet wird: passt jemanden eine Meinung oder eine bestimmte Kritik nicht, so beschwert man sich beim Betreiber des Sozialen Netzwerks, der schon aus Eigeninteresse das Posting löschen wird. Kritiker befürchten daher eine „Löschorgie“.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die „Privatisierung der Rechtsdurchsetzung“: indem man die Prüfung, ob eine Meinung rechtswidrig oder rechtmäßig ist, nicht von einem Gericht prüfen und entscheiden lässt, sondern dies auf den privaten Betreiber der Plattform verlagert, wird eine eigentlich staatliche Aufgabe auf die Privatwirtschaft übertragen.

Ein mehr als beachtliches Argument: Gerade wenn man bedenkt, dass die Frage, ob eine Äußerung rechtswidrig ist und damit Persönlichkeitsrechte verletzt oder noch rechtmäßig und damit von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, selbst unter Presserechtlern oftmals unterschiedlich eingeschätzt wird.

Eine aktuelle Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts verdeutlicht dies:

Das OLG Hamburg hat den Herausgeber des bekannten Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ verurteilt, zu einem kritischen Berichts über die Zustände bei der HSH Nordbank einen „Nachtrag“ abzudrucken, den der damalige Kläger vorformuliert hatte. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurück gewiesen. Der „Spiegel“ erhob Verfassungsbeschwerde und wollte im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die Vollstreckung aus dem Urteil des OLG Hamburg einstellen lassen. Das BVerfG gab der einstweiligen Anordnung statt, u.a. mit der Begründung, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Verfassungsbeschwerde Erfolg haben wird.

Bei dieser Entscheidung geht es mir nun nicht um den Inhalt, ob also das Verlangen auf Abdruck eines Nachtrags rechtlich zutreffend ist oder nicht.

Sondern diese Pressemitteilung verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der Abwägung der beiden grundrechtlich geschützten Rechtspositionen:

Der Pressesenat des OLG Hamburg besteht immerhin aus drei, im Presserecht sehr erfahrenen Richtern. Aber wenn noch nicht einmal dann ausgeschlossen ist, dass diese drei „Presserechts-Profis“ sich bei der Abwägung irren können und nachher das Bundesverfassungsgericht zu einem anderen Ergebnis kommt, wie soll eine solche Abwägung dann von einem Mitarbeiter von Facebook zuverlässig und rechtssicher vorgenommen werden?

Neben anderen praktischen Problemen aus meiner Sicht ein Punkt, weshalb das neue Gesetz misslungen ist.

Fehlende CE-Kennzeichnung ist Wettbewerbsverstoß

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 23.03.2017, Az.: 6 U 23/16, entschieden, dass eine fehlende CE-Kennzeichnung auf Produkten gleichzeitig ein Wettbewerbsverstoß ist.

Ist es nach dem Produktsicherheitsgesetz erforderlich, dass das Produkt mit einer CE-Kennzeichnung versehen werden muss und fehlt diese dann, so ist dies nach Auffassung des OLG Frankfurt immer unlauter.

Domain „keine-vorwerk-vertretung.de“ verletzt die Markenrechte von Vorwerk

Das OLG Köln hat mit Urteil vom 30.09.2016, AZ 6 U 131/15, entschieden, dass die Domain keine-vorwerk-vertretung.de für einen Onlineshop für Staubsauger und Zubehör die Markenrechte von Vorwerk verletzt.

Vorwerk ging gegen den Inhaber der Domain keine-vorwerk-vertretung.de vor. Dieser hatte die Domain im August 2006 nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Vorwerk registriert und seit Januar 2007 mit seiner Webseite verknüpft. Der beklagte Domaininhaber betrieb darunter einen Onlineshop, über den er gebrauchte und als generalüberholt bezeichnete Vorwerk-Staubsauger sowie Zubehör und Ersatzteile für Vorwerkprodukte unter anderem auch von Drittherstellern vertrieben hatte. Interesant war die Vorgeschichte, wie es zur Registrierung des Domains kam: Zwischen den Parteien fanden nämlich seit 2004 Auseinandersetzungen statt. Anfänglich forderte Vorwerk, dass der beklagte Händler einen deutlichen Hinweis gibt, keine Vorwerkvertretung zu sein. Dies sicherte der Beklagte durch eine Unterlassungserklärung zu. In einer späteren Abmahnung wurde dies auch für den Online-Auftritt gefordert. Daraufhin registrierte der Beklagte die beanstandete Domain. Diese Nutzung wurde nun von Vorwerk als Markenverletzung beanstandet und Vorwerk erhob deswegen Klage.

Das OLG Köln gab der Klage von Vorwerk statt und sah in der Benutzung der Domain eine Markenverletzung.

Das Gericht setzt sich in seinem Urteil ausführlich damit auseinander, wann durch eine Domainregistrierung eine sog. markenmäßige Benutzung zu sehen ist und ob bzw. wann trotz markenmäßiger Benutzung die Schutzschranke des § 23 Markengesetz eingreift – in dieser Vorschrift ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Marke von Dritten benutzt werden kann, ohne dass eine Markenverletzung vorliegt, so z.B. beim Zubehör- und Ersatzteilhandel.

§ 23 MarkenG hat folgenden Wortlaut:

Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr

  1. dessen Namen oder Anschrift zu benutzen,
  2. ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre Art, ihre Beschaffenheit, ihre Bestimmung, ihren Wert, ihre geographische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, zu benutzen, oder
  3. die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist,

sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Das OLG bejahte zunächst eine markenmäßige Benutzung.

Dabei argumentierte das Gericht, dass die markenmäßige Benutzung darin zu sehen sei, dass unter der Domain ein Onlineshop betrieben werde, in dem identische und sehr ähnliche Waren verkauft worden waren. Hier sah das Gericht die entscheidende Abgrenzung zu zwei, vom OLG Hamburg entschiedenen Fällen zu den Domains awd-aussteiger.de und krediteschufafrei.de, wo das OLG Hamburg jeweils der Meinung war, dass durch diese Domains die Marken AWD bzw. Schufa nicht verletzt worden waren, weil mit den Domains keine markenmäßige Benutzung, sondern eine Meinungsäußerung verbunden sei. Das OLG Köln grenzt dabei seinen Fall wie folgt ab:

„Die beiden Entscheidungen des OLG Hamburg, auf die sich der Beklagte stützt, betrafen dagegen anders gelagerte Sachverhalte. In beiden Fällen diente die Benutzung des Zeichens ausschließlich zur negativen Abgrenzung von dem Angebot des Zeicheninhabers; auf keiner der beanstandeten Seiten wurden Produkte oder Dienstleistungen angeboten, die in einem Konkurrenzverhältnis zu den Produkten oder Dienstleistungen des Zeicheninhabers standen, während hier der Beklagte unter der beanstandeten Domain gerade Konkurrenzprodukte zu denen der Klägerin vertreibt.“

Die Schutzschranke des § 23 MarkenG wurde deshalb verneint, weil nach Auffassung des Gerichts die Benutzung in dieser Form gegen die guten Sitten verstößt. Dazu das OLG:

„Allerdings verstößt die konkrete Benutzung durch den Beklagten gegen die guten Sitten im Sinne des § 23 MarkenG. … Derjenige, der sich auf die privilegierte Benutzung beruft, muss alles getan haben, um eine Beeinträchtigung der Interessen des Markeninhabers nach Möglichkeit zu vermeiden. Hierfür ist eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls erforderlich. Der Dritte handelt unter anderem dann den berechtigten Interessen des Markeninhabers in unlauterer Weise zuwider, wenn er die Wertschätzung einer bekannten Marke in unlauterer Weise ausnutzt. Im Rahmen der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG kommt es dabei maßgeblich auf die Aufmachung an, in der die fremde Marke zur Angabe der Bestimmung der eigenen Produkte verwendet wird. Die fremde Marke darf nicht für Werbezwecke eingesetzt werden, die über die mit der notwendigen Leistungsbestimmung einhergehende Werbewirkung hinausgehen (BGH, GRUR 2011, 1135 Tz. 23 f. – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE). Der Händler ist, wie Hacker es formuliert, auf das „unbedingt notwendige Minimum an Markenverwendung“ beschränkt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 24 Rn. 52).


 

Abwerben von Kunden durch Subunternehmer

Das OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.1.‌2016 , AZ 6 U 21/15, musste über die Frage entscheiden, ob bzw. wann die Abwerbung von Kunden durch einen Subunternehmer wettbewerbswidrig war bzw. gegen eine vertragliche Vertraulichkeitsklausel verstößt.

Im vorliegenden Fall hatten die Parteien einen Vertrag geschlossen, in dem es u.a. hieß, dass der beklagte ehemalige Subunternehmer der Klägerin „den Vertrag und alle Informationen, die nur eine Partei über das Unternehmen des jeweils anderen erlangt, vertraulich zu behandeln“ habe. Trotz dieser Klausel trat der beklagte ehemalige Subunternehmer an Kunden der Auftraggeberin und Klägerin heran und bot diesen Kunden seine Leistung direkt an.

Die Klägerin war der Auffassung, dass dies gegen die Klausel verstoße und zudem wettbewerbswidrig sei.

Das OLG Frankfurt wies die Klage ab: Die Abwerbung von Kunden eines Mitbewerbers könne zwar unter dem Gesichtspunkt der Behinderung unlauter sein, wenn hierzu wertvolles Adressmaterial verwendet wird, das dem Abwerbenden anvertraut worden war. Als anvertrautes Adressmaterial in diesem Sinne seien jedoch nicht Adressen von Unternehmen anzusehen, die öffentlich zugänglich und – wenn auch mit gewissem Aufwand – über das Internet abrufbar seien, so das Gericht.

Ein durchaus fragwürdige Entscheidung: obwohl sich der beklagte Subunternehmer illoyal verhalten hatte, wurde dies vom OLG „durchgewunken“. Sofern sich diese Auffassung durchsetzt, höhlt diese Rechtsprechung gängige Kundenschutzklauseln letztlich aus.

PayPal muss Kontodaten von Produktfälschern offenlegen

Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 07.07.2016, Az. 308 O 126/16, entschieden, dass der Finanzdienstleister PayPal bei Rechtsstreitigkeiten um Marken-, Patent- oder Urheberrechtsverletzungen die Identität der Kontoinhaber offenbaren muss.

Im dem Fall ging es um Raubkopien von Hörspielen, die im Internet zu Dumpingpreisen verkauft wurden und mit PayPal bezahlt werden konnten. Da die Verantwortlichen nicht ermittelt werden konnten, forderte der geschädigte Hörspielverlag von PayPal die Herausgabe der Kontaktinformationen des Kontoinhabers. Das LG Hamburg entschied zugunsten des klagenden Verlags.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

EuG: Eintragung von Marken mit den Vorsilben „Mac“ oder „Mc“

Nach Ansicht des Gerichts der EU (Europäischer Gerichtshof I. Instanz, EuG) kann die Wertschätzung der Marken von McDonald’s die Eintragung von Marken, die die Vorsilbe „Mac“ oder „Mc“ mit dem Namen eines Nahrungsmittels oder eines Getränks verbinden, für Nahrungsmittel oder Getränke verhindern.

2008 beantragte das Unternehmen Future Enterprises aus Singapur die Eintragung der Unionsmarke MACCOFFEE für Nahrungsmittel und Getränke, die 2010 vom EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, vormals HABM) zugelassen wurde. Das amerikanische Unternehmen McDonald’s beantragte daraufhin die Nichtigerklärung dieser Marke, wobei es sich auf seine ältere Unionswortmarke McDONALD’S und auf 12 andere Marken berief, die es für Schnellrestaurants innehabe und die die Wortelemente „Mc“ oder „Mac“ als Vorsilben enthielten. 2013 gab das EUIPO dem Antrag von McDonald’s unter Berücksichtigung der Bekanntheit der Marke McDONALD’S für Bewirtungsdienste und im Hinblick auf die Verknüpfung statt, die das Publikum zwischen den streitgegenständlichen Marken herstellen könnte (Future Enterprises könnte damit die Wertschätzung der Marke McDONALD’S in unlauterer Weise auszunutzen). Future Enterprises beantragt, die Entscheidung des EUIPO aufzuheben.

Mit seinem Urteil weist das Gericht die Klage von Future Enterprises ab und bestätigt damit die Entscheidung des EUIPO. Das Gericht stellt zunächst fest, dass die Marke MACCOFFEE und die geschützten Marken von McDonald’s eine gewisse Ähnlichkeit auf klanglicher und begrifflicher Ebene aufweisen, die sich aus ihrem jeweils ersten Teil, also den Elementen „mac“ und „mc“, ergibt.

Ferner bestätigt das Gericht die Einschätzungen des EUIPO, dass insbesondere aufgrund der Kombination des Elements „mac“ mit dem Namen eines Getränks in der Marke MACCOFFEE das maßgebliche Publikum diese Marke mit der Markenfamilie „Mc“ von McDonald’s verbinden und gedanklich eine Verknüpfung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken herstellen könnte. Das Element „mac“ in MACCOFFEE werde nämlich als dem Anfangselement „mc“ der Marken von McDonald’s identisch oder gleichwertig wahrgenommen. Ferner sei die Struktur der Marke MACCOFFEE der Struktur der Marken der Markenfamilie „Mc“ sehr ähnlich, die die Vorsilbe „Mc“ mit einem Nahrungsmittel verbinden. Weiter ist das Gericht der Ansicht, dass trotz des Unterschieds zwischen den von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen (Nahrungsmittel und Getränke für MACCOFFEE sowie Schnellrestaurants für McDonald’s) wegen der zwischen ihnen engen Zusammenhänge gleichwohl eine gewisse Ähnlichkeit besteht: Die für MACCOFFEE beanspruchten Nahrungsmittel können im Rahmen der Bewirtungsdienste von McDonald’s verwendet und angeboten werden. Einige der mit MACCOFFEE bezeichneten Nahrungsmittel, wie Speiseeis, Muffins, kalte und warme Sandwiches sind nicht einfache Zutaten, die Grundlage der in Schnellrestaurants servierten Speisen sind, sondern entsprechen den auf der Speisekarte dieser Restaurants angebotenen Waren als solchen. Schließlich zielen die betreffenden Nahrungsmittel und Bewirtungsdienste auf dieselben Verbraucherkreise ab.

Das Gericht bestätigt schließlich die Analyse des EUIPO, dass die Benutzung der Marke MACCOFFEE ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise die Wertschätzung der Marken von McDonald’s ausnutze. Es ist in der Tat sehr wahrscheinlich, dass MACCOFFEE an die Marke McDonald’s anknüpft, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und die wirtschaftlichen Anstrengungen von McDonald’s zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images seiner Marke ohne jede finanzielle Gegenleistung ausnutzt. Daher kann das maßgebliche Publikum beim Anblick der Marke MACCOFFEE, die auf Produkten angebracht ist, die eng mit denen von McDonald’s im Zusammenhang stehen, gedanklich eine Verknüpfung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken herstellen und das Image der Marken von McDonald’s auf die von der Marke MACCOFFEE erfassten Waren übertragen.

Urteil des EuG vom 05.07.2016, Az.: T 518/13

Quelle: Pressemitteilung Nr. 70/2016 des EuG vom 05.07.2016

Markenverletzung in den Amazon-Suchergebnissen

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 11.02.2016, Az.: 6 U 6/15, entschieden, dass bei Eingabe einer markenrechtlich geschützten Bezeichnung eine Markenverletzung vorliegt, wenn die Amazon-Suchliste nicht nur Produkte des Markeninhabers, sondern auch Waren von Wettbewerbern anzeigt.

Der suchende User gehe nämlich davon aus, dass es sich bei sämtlichen angezeigten Produkten um Waren der Klägerin handle, so das OLG. Dazu das Gericht:

„Wenn der Internet-Nutzer bei der Recherche die Bezeichnung eines Produkts eines Unternehmens als Suchbegriff eingibt, dann will er Informationen oder Angebote zu diesem spezifischen Produkt finden. Wird dann – wie hier – der Produktname unterhalb des Eingabekästchens wiederholt, dann versteht der Verkehr dieses Zeichen in der Weise, dass seine Suchanfrage die auf der Suchmaske darunter aufgeführten Angebote als Suchergebnis zu dem angefragten Produktnamen erbracht hat, dass also die nachfolgend dargestellten Markenprodukte der Klägerin bei der Beklagten vorrätig sind.“

Das OLG zieht auch einen Vergleich zu Einzelhandelsgeschäften:

„Wer den Verkäufer in einem Kaufhaus nach Produkten einer Marke fragt, der erwartet, dass ihm der Verkäufer auch diese Markenprodukte und nicht deren Konkurrenzprodukte zeigt.“

Die Frage, ob in solchen Fällen eine Markenverletzung vorliegt, ist in der Rechtsprechung umstritten: Wie das OLG Frankfurt sehen die Gerichte in Köln und München in solchen Fällen ebenfalls eine Markenverletzung, vom LG Berlin wurde das Vorliegen einer Markenverletzung verneint.