Keine Verwechslungsgefahr beim „Kauf auf Sicht“ – OLG Frankfurt klärt Markenstreit um Nudelverpackung

In einem markenrechtlichen Streit ging es um die Nutzung der Bezeichnung „TERRA GRECA“ auf Nudelverpackungen. Die Klägerin, ein griechischer Nudelhersteller, vertreibt ihre Produkte in Deutschland. Die Beklagte ist Inhaberin einer Unionsbildmarke „TERRA GRECA“, die jedoch nicht für Teigwaren, sondern für andere Lebensmittel (z.B. Speiseöle, Suppen) geschützt ist.

Die Beklagte hatte einen Abnehmer der Klägerin wegen Markenverletzung abgemahnt. Das Landgericht Frankfurt gab der Klage der Nudelherstellerin auf Unterlassung, Auskunft und Kostenerstattung bereits statt, was das OLG Frankfurt (Urteil vom 06.02.25, AZ: 6 U 277/21) nun bestätigte.

Schwerpunkt: „Kauf auf Sicht“ als entscheidender Faktor

Besonders interessant ist das Urteil, weil es den sogenannten „Kauf auf Sicht“ bei Lebensmitteln hervorhebt. Der Senat betonte, dass Nudeln regelmäßig auf Sicht gekauft werden – also nicht bloß unbesehen ins Einkaufswagerl wandern, sondern der Verbraucher sie vor dem Kauf konkret betrachtet.

Daher kommt es hier maßgeblich darauf an, wie die konkrete Verpackung visuell wahrgenommen wird. Obwohl die Wortbestandteile „TERRA GRECA“ in beiden Marken identisch sind, fehlt es wegen der deutlichen bildlichen Unterschiede und des beschreibenden Charakters der Bezeichnung (Hinweis auf „griechisches Land“) an einer relevanten Verwechslungsgefahr.

Der Aspekt „Kauf auf Sicht“ führt nach Ansicht des OLG dazu, dass der Verbraucher sich stärker mit dem konkreten Erscheinungsbild auseinandersetzt. Anders als etwa bei Bestellungen über Kataloge oder Onlineshops, wo der Klang des Markennamens dominanter sein könnte, tritt hier die Verpackungsgestaltung in den Vordergrund. Diese war im Fall der Nudeln so prägnant verschieden (u.a. rote Schrift auf weißer Banderole vs. stilisierte Sonne und Lorbeerblätter), dass eine Verwechslung auch bei identischem Wortbestandteil auszuschließen sei.

Weitere Erwägungen des Gerichts

Neben der Warenunähnlichkeit (die Beklagtenmarke ist nicht für Pasta eingetragen) spielte auch eine Rolle:

  • Die Bezeichnung „TERRA GRECA“ sei für Lebensmittel stark beschreibend.
  • Die Verbraucher seien an lateinische Herkunftsbezeichnungen gewöhnt („terra“ als „Land“).
  • Gerade bei Pasta bestehe kein Anlass, von einem einheitlichen Markenhersteller auszugehen.

Das Gericht untersagte daher die Abmahnungen gegenüber den Abnehmern der Klägerin und sprach Auskunfts- und Kostenerstattungsansprüche zu.

Praxishinweis

Für Unternehmer und Händler bedeutet dieses Urteil:
Wenn Produkte üblicherweise auf Sicht gekauft werden, kommt der Gestaltung der Verpackung eine besonders hohe Bedeutung zu. Selbst identische Wortbestandteile führen nicht automatisch zu Verwechslungsgefahr, wenn:

  • die bildliche Ausgestaltung klar unterschiedlich ist,
  • der Wortbestandteil beschreibend wirkt,
  • und die Waren nur entfernt verwandt sind.

Wer sich gegen markenrechtliche Abmahnungen verteidigen muss, sollte daher prüfen lassen, ob der konkrete Vertriebskanal („auf Sicht“) und die Warenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr wirklich begründen.

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main (6. Zivilsenat)
Datum der Entscheidung: 6. Februar 2025
Aktenzeichen: 6 U 277/21
Zitierung: GRUR-RS 2025, 7130

Markenkombination aus Blau und Grün nicht schutzfähig: EuG bestätigt Zurückweisung der Anmeldung von OMV

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat mit Urteil vom 11. Juni 2025 (AZ: T-38/24) entschieden, dass eine Kombination der Farben Blau (RAL 5010) und Gelbgrün (RAL 6018), wie sie von der OMV AG als Unionsmarke für zahlreiche Waren und Dienstleistungen (u.a. Treibstoffe, chemische Erzeugnisse, Einzelhandelsdienstleistungen sowie Tankstellenbetrieb) angemeldet wurde, nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügt (Art. 7 Abs. 1 lit. b UMV).

Hintergrund:
OMV hatte 2021 eine internationale Registrierung mit Benennung der EU für die besagte Farbmarke beantragt und sich dabei auf die Priorität einer österreichischen Marke berufen. Der Antrag umfasste Waren und Dienstleistungen in den Klassen 1, 4, 35 und 37 der Nizza-Klassifikation.

Die Markenstelle des EUIPO lehnte den Antrag teilweise ab, was OMV mit einer Beschwerde anfechtete. Die Beschwerde wurde jedoch durch die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO im November 2023 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung erhob OMV Klage beim EuG.

Wesentlicher Inhalt der Entscheidung:

Das Gericht wies die Klage in vollem Umfang ab und stimmte der Argumentation des EUIPO zu:

  1. Unterscheidungskraft: Die Farbwahl allein (auch in systematischer Anordnung) sei nicht geeignet, die betroffenen Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen. Die Kombination sei vielmehr dekorativ und im Tankstellenbereich nicht ungewöhnlich.
  2. Bekanntheit oder Verkehrsdurchsetzung: OMV konnte nicht nachweisen, dass die angesprochene Verkehrskreise die konkrete Farbkombination mit ihr als Herkunftshinweis verbinden. Marktstudien und Gutachten reichten dafür nicht aus, da sie sich auf Zeiträume nach der Markenanmeldung bezogen oder keine eindeutigen Ergebnisse lieferten.
  3. Rechtssicherheit und Gleichbehandlung: Das Gericht stellte klar, dass frühere Entscheidungen des EUIPO oder dessen Richtlinien keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen, wenn die materiellen Voraussetzungen im konkreten Fall nicht erfüllt sind.

Fazit für die Praxis:
Das Urteil unterstreicht, dass Farbmarken besonders strengen Anforderungen an die Unterscheidungskraft unterliegen. Unternehmer, die abstrakte Farb- oder Farbkombinationsmarken anmelden wollen, müssen sorgfältig prüfen, ob ihre Farbwahl tatsächlich eine Herkunftsfunktion erfüllt. Insbesondere bei Farben, die mit Umweltfreundlichkeit oder technischen Eigenschaften assoziiert werden, sind hohe Hürden zu überwinden.

Weiteres Vorgehen: OMV bleibt nun nur noch der Weg der Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof, sofern eine grundsätzliche Rechtsfrage aufgeworfen werden kann.

BGH zur Verwechslungsgefahr bei Werktiteln: „Nie wieder keine Ahnung“

Der BGH, Urteil vom 07.05.25, I ZR 143/24, bestätigt die enge Auslegung des Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 i.V.m. § 15 MarkenG und verneint eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Titel einer Fernsehserie und einem gleichnamigen Sachbuch.

Sachverhalt: Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt (Klagepartei) hatte den Titel ihrer Bildungs-Fernsehreihe „Nie wieder keine Ahnung“ im Jahr 2009 zur Titelsicherung angemeldet. Unter diesem Titel wurden zwei Staffeln über Malerei und Architektur ausgestrahlt. Begleitend wurden Onlineinhalte und Unterrichtsmaterialien angeboten. Zudem erschien ein begleitendes Buch, das nicht mehr lieferbar ist.

Ein Verlag (Beklagte) veröffentlichte 2021 ein gleichnamiges Sachbuch, geschrieben von Moderatoren einer Kindersendung, das sich thematisch mit Politik, Wirtschaft und Kultur beschäftigt. Die Rundfunkanstalt sah darin eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte und klagte u.a. auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung.

Entscheidung: Der BGH wies die Revision der Rundfunkanstalt gegen die klageabweisende Berufungsentscheidung des OLG Stuttgart zurück.

Begründung: Zwar liege in beiden Fällen ein Werktitel vor, der grundsätzlich schutzfähig sei. Trotz identischem Titel beständen erhebliche Unterschiede in den Werkarten (TV-Serie vs. Sachbuch). Diese „Werkkategorien“ seien so verschieden, dass keine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne vorliege – der Verkehr werde das Buch nicht für eine Sendefolge halten.

Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne setze voraus, dass der Werktitel hinreichend bekannt ist und ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Werken besteht. Beides verneinte der BGH: Die von der Klägerin vorgetragenen Zuschauer- und Zugriffszahlen belegten keine hinreichende Bekanntheit. Zudem bestehe kein enger sachlicher Zusammenhang, da die Werke unterschiedliche Themengebiete behandeln.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes (§ 15 Abs. 3 MarkenG) sei der Titel nicht schutzfähig, da es an der erforderlichen Bekanntheit fehle. Weitere Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Rückruf und Vernichtung scheiterten ebenfalls.

Fazit: Der BGH bekräftigt die strengen Voraussetzungen für den Werktitelschutz. Identische Titel allein reichen nicht aus, wenn die Werke unterschiedlichen Kategorien angehören und keine hinreichende Bekanntheit oder Werknähe besteht. Unternehmen, die Titelschutz geltend machen wollen, müssen nicht nur den Titel sichern, sondern auch dessen Nutzung und Bekanntheit gut dokumentieren.

Das Urteil verdeutlicht auch, dass insbesondere bei Cross-Media-Projekten (z.B. TV-Serie oder Film und begleitende Buchveröffentlichungen) der Titelschutz nur greift, wenn eine klare Werknähe und Bekanntheit bestehen. Eine bloße Titelidentität schützt nicht vor anderweitiger Nutzung durch Dritte, wenn die Werke in unterschiedlichen Medienkategorien verortet sind. Aufgrund des engen Schutzumfangs des Werktitelschutzes kann es daher in der Praxis empfehlenswert sein, Titel auch als Marke anzumelden, um einen umfassenderen Schutz zu erreichen.

Bundespatentgericht kippt Farbmarke „Lila“ für Arzneimittel – hohe Hürden für Farbmarken erneut bestätigt

Die Eintragung abstrakter Farbmarken ist ein heiß umkämpftes Thema im Markenrecht. In der Praxis gelingt dies nur selten – bekannt sind vor allem prominente Ausnahmen wie das Magenta der Telekom oder das Blau von Aral. In einem aktuellen Beschluss hat das Bundespatentgericht (BPatG), Beschluss vom 11.03.2025, 25 W (pat) 29/22, GRUR-RS 2025, 4704, jedoch die Eintragung der Farbe „Lila“ (Pantone 2587C) für Arzneimittel und Pulver-Inhalatoren für nichtig erklärt.

Was war passiert?

Ein Pharmaunternehmen hatte sich im Jahr 2015 die Farbe „Lila“ als abstrakte Farbmarke für bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel und Inhalatoren eintragen lassen. Die Marke wurde daraufhin in das Register aufgenommen. Jahre später beantragte ein Wettbewerber die vollständige Löschung der Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) lehnte den Antrag zunächst ab. Es erkannte zwar, dass der Marke ursprünglich die Unterscheidungskraft fehlte, hielt aber eine Verkehrsdurchsetzung für gegeben. Die Farbe sei über Jahre hinweg intensiv genutzt worden, insbesondere auf Verpackungen, Werbematerial und Informationsbroschüren.

Entscheidung des Bundespatentgerichts

Das BPatG sah das anders: Es hob den Beschluss des DPMA auf und erklärte die Marke für nichtig. Die Begründung:

  1. Keine originäre Unterscheidungskraft: Farben würden vom Verbraucher in der Regel nicht als Herkunftshinweis verstanden. Sie gelten als rein dekoratives oder funktionales Gestaltungsmittel. Gerade im medizinischen Bereich werde Farbe häufig zur Codierung bestimmter Wirkstoffe verwendet – etwa zur besseren Unterscheidung verschiedener Präparate.
  2. Keine wirksame Verkehrsdurchsetzung: Das Unternehmen hatte Umfragen vorgelegt, die auf eine gewisse Bekanntheit der Farbe bei Fachkreisen hindeuten sollten. Doch das Gericht fand: Die Umfragen seien methodisch angreifbar und deckten nicht die gesamte Breite der relevanten Verkehrskreise ab – insbesondere die Patienten seien unzulässigerweise ausgeklammert worden. Zudem fehle es an einem gefestigten Verständnis der Farbe als betrieblicher Herkunftshinweis im Markt.
  3. Unzulässige Einschränkungen des Warenverzeichnisses: Im Laufe des Verfahrens hatte das Unternehmen das Warenverzeichnis mehrfach eingeschränkt, um die Marke zu retten. Diese Änderungen seien jedoch nicht konkret genug und rechtlich unbeachtlich.

Warum ist diese Entscheidung wichtig?

Die Entscheidung bestätigt einmal mehr, dass die Anforderungen an abstrakte Farbmarken besonders hoch sind. Wer eine Farbe ohne grafische Elemente schützen lassen möchte, muss belegen können, dass diese Farbe von einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als Hinweis auf die Herkunft der Ware verstanden wird – und nicht bloß als gestalterisches Merkmal.

Gerade im pharmazeutischen Bereich gelten besonders strenge Maßstäbe, weil Farben dort primär funktionalen Zwecken dienen. Das BPatG macht deutlich, dass ohne eine klare, durch belastbare Studien belegte Verkehrsdurchsetzung eine Farbmarke keinen Bestand hat.

Fazit

Mit diesem Beschluss setzt das Bundespatentgericht ein deutliches Zeichen: Der Schutz abstrakter Farbmarken bleibt die Ausnahme, nicht die Regel. Nur Unternehmen, die – wie etwa die Telekom mit Magenta oder Aral mit Blau – über Jahre hinweg eine Farbe intensiv als Markenzeichen nutzen und deren Wiedererkennung eindeutig belegen können, haben Chancen auf Schutz. Für alle anderen gilt: Eine Farbe allein macht noch keine Marke.

Bundespatentgericht erklärt Marke wegen Urheberrechtsverletzung für nichtig – „Engelsflügel“ auf Kleidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 21. Oktober 2024 die Löschung der eingetragenen Bildmarke „Engelsflügel“ (Nr. 30 2019 015 590) wegen eines älteren Urheberrechts angeordnet. Die Entscheidung unterstreicht, dass nicht eingetragene Werke der angewandten Kunst, wie etwa Applikationen auf Kleidung, markenrechtliche Eintragungen zu Fall bringen können – sofern sie urheberrechtlich geschützt sind.

Der Fall: Strassbesetzte Flügel gegen geschützte Kreativität

Die Antragstellerseite – ein Designerpaar aus Hamburg – hatte bereits 2015 ein auffälliges Motiv für Textilien entworfen: Zwei Engelsflügel, verbunden durch eine Korsettschnürung, umgesetzt mit Strass-Steinen. Dieses Motiv wurde im eigenen Ladengeschäft verkauft und beworben. Jahre später ließ ein Konkurrent aus der unmittelbaren Nachbarschaft ein ähnliches Motiv als Marke eintragen.

Der Streit: Urheberrecht gegen Markenrecht

Gegen die Marke wurde Nichtigkeitsantrag gestellt – gestützt auf ein älteres Urheberrecht. Das DPMA lehnte den Antrag zunächst ab mit der Begründung, es fehle an der erforderlichen Schöpfungshöhe. Doch das Bundespatentgericht sah das anders: Es bejahte die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Gestaltung, da sie eine eigenschöpferische Leistung darstelle, die sich ausreichend vom vorbekannten Formenschatz abhebe. Besonders die konkrete Ausgestaltung der Schnürung und die Komposition der Flügel seien Ausdruck künstlerischer Freiheit.

Angemeldete Marke:

Älteres Design:

Die Entscheidung: Marke gelöscht

Das BPatG stellte klar: Die Eintragung der Marke war nichtig, da sie ein älteres Urheberrecht verletze. Die Marke sei keine freie Benutzung im Sinne des alten
§ 24 UrhG, sondern eine unfreie Bearbeitung. Der Urheber könne demnach bundesweit Unterlassung verlangen. Auch wenn der Schutzbereich aufgrund der Vielzahl an Engelsflügelmotiven gering sei, werde er im konkreten Fall durch die besondere Schnürung und den kompositorischen Kontrast bestimmt.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung zeigt, dass auch nicht eingetragene Werke – etwa Designs auf Kleidung – schutzfähig sein und bestehende Markenrechte zu Fall bringen können. Besonders relevant ist dies für Branchen, in denen kreative Designs zur Produktidentität gehören, wie Mode oder Accessoires. Unternehmer sollten sich daher nicht allein auf eine Markenanmeldung verlassen, sondern auch bestehende Urheberrechte Dritter sorgfältig prüfen.

Gericht: Bundespatentgericht (BPatG)
Datum der Entscheidung: 21. Oktober 2024
Aktenzeichen: 29 W (pat) 39/21
Fundstelle: GRUR 2025, 755

Klagezustellung über DENIC-Zustellungsbevollmächtigten ist wirksam – LG Düsseldorf stoppt missbräuchliche Domainregistrierung

Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 10.02.2025 – 38 O 162/24, GRUR-RS 2025, 6859 und REWIS RS 2025, 73) hat mit Versäumnisurteil einem bekannten US-amerikanischen Anbieter von Fitnessprodukten Recht gegeben, der sich gegen die missbräuchliche Registrierung der Domain „roguefitness.de“ durch ein ausländisches Unternehmen wehrte. Besonders bedeutsam: Das Gericht bestätigt ausdrücklich die Wirksamkeit der Klagezustellung über einen nach DENIC-Bedingungen benannten Zustellungsbevollmächtigten – auch für verfahrenseinleitende Schriftstücke.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin vertreibt unter der Marke „ROGUE FITNESS“ weltweit Fitnessgeräte und betreibt die Domain „roguefitness.com“. Sie ist Inhaberin einer seit 2011 eingetragenen Unionsmarke gleichen Namens. Die Beklagte, ein im Ausland ansässiges Unternehmen, hatte die Domain „roguefitness.de“ registriert und über einen Domain-Parking-Service mit Werbung Dritter versehen. Zudem konnte über ein Kontaktformular Interesse am Kauf der Domain bekundet werden.

Trotz Abmahnungen verweigerte die Beklagte die Freigabe. Der von ihr benannte Zustellungsbevollmächtigte in Deutschland bestritt zunächst, zur Entgegennahme verfahrenseinleitender Schriftstücke befugt zu sein. Das LG Düsseldorf wies diese Auffassung zurück und bejahte die Wirksamkeit der Zustellung über den Bevollmächtigten nach § 171 ZPO in Verbindung mit § 3 Abs. 4 der DENIC-Domainbedingungen.

Die Entscheidung

Das Gericht stellte fest, dass die Domainregistrierung allein dem Zweck diente, von der Klägerin Geld für die Freigabe der Domain zu erhalten. Dies sei ein klarer Missbrauch des ansonsten freien Domainrechts. Die Nutzung der Domain „roguefitness.de“ wurde als gezielte unlautere Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG bewertet.

Gleichzeitig legte das Gericht in ausführlicher Begründung dar, dass im Rahmen der Domainbedingungen der DENIC benannte Zustellungsbevollmächtigte zur Entgegennahme aller gerichtlichen Zustellungen – einschließlich der Klage – bevollmächtigt sei. Diese Auslegung schaffe Rechtssicherheit für die effektive Rechtsverfolgung gegen im Ausland ansässige Domaininhaber.

Konsequenzen

Das Gericht untersagte der Beklagten die Nutzung der Domain „roguefitness.de“ und verpflichtete sie zur Verzichtserklärung gegenüber der DENIC. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft angedroht. Zudem trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil hat über den konkreten Fall hinaus hohe Relevanz: Es stellt klar, dass Unternehmen Domaininhaber im Ausland erfolgreich belangen können, wenn diese in Deutschland Zustellungsbevollmächtigte gemäß DENIC-Bedingungen benannt haben. Die Entscheidung beseitigt Unsicherheiten über die Reichweite solcher Bevollmächtigungen und stärkt damit die Position von Markeninhabern im Kampf gegen rechtsmissbräuchliche Domainregistrierungen.

Keine Markenverletzung trotz identischem Namen: OLG Frankfurt entscheidet im Fall „TERRA GRECA“

Im Zentrum des Rechtsstreits standen zwei ähnliche Wort-Bildmarken mit dem identischen Wortbestandteil „TERRA GRECA“. Die Klägerin, ein griechischer Nudelhersteller, wurde von der Beklagten, Inhaberin einer EU-Marke für diverse Lebensmittel (nicht aber Teigwaren), wegen angeblicher Markenrechtsverletzung abgemahnt. Gegenstand der Abmahnung war der Vertrieb von „Penne“-Nudeln durch einen deutschen Importeur unter Verwendung des Zeichens „TERRA GRECA“.

Die Klägerin wehrte sich gegen diese Abmahnung und begehrte Unterlassung, Auskunft und Kostenerstattung – mit Erfolg.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt (Urteil vom 06.02.2025, AZ: 6 U 277/21) wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main. Die Richter stellten fest, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den streitgegenständlichen Zeichen besteht – trotz identischen Wortbestandteils und begrifflicher sowie klanglicher Übereinstimmung.

1. Verwechslungsgefahr verneint

Entscheidend war aus Sicht des Gerichts, dass es sich bei „TERRA GRECA“ um eine beschreibende Angabe („griechisches Land“) handelt, der Verkehr also eher an die Herkunft denkt als an ein bestimmtes Unternehmen. Die Bildbestandteile der Zeichen unterschieden sich zudem deutlich in Gestaltung, Farbe und Gesamtwirkung. Aufgrund der lediglich geringen Ähnlichkeit der Waren – die Marken der Beklagten schützen keine Teigwaren – und des Kaufs „auf Sicht“ (typisch bei Lebensmitteln), war eine Verwechslung ausgeschlossen.

2. Unberechtigte Abnehmerverwarnung

Die Abmahnung durch die Beklagte stellte nach Auffassung des Gerichts einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin dar (§§ 823, 1004 BGB analog). Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse daran, ihre Geschäftsbeziehungen zu schützen. Die Schutzrechtsverwarnung war mangels Rechtsverletzung unberechtigt.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt unterstreicht, dass markenrechtliche Abmahnungen sorgfältig geprüft werden müssen – insbesondere dann, wenn das Zeichen einen stark beschreibenden Charakter hat und die betroffenen Waren nicht identisch oder hochgradig ähnlich sind. Für Hersteller und Händler bedeutet dies: Auch bei gleichlautenden Zeichen sind Markenkollisionen nicht automatisch gegeben – vor allem, wenn typische Alltagswaren wie Nudeln „auf Sicht“ gekauft werden.

BGH: Domain-Endung reicht nicht für Unterscheidungskraft einer Firma

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 11. März 2025, AZ II ZB 9/24, klargestellt, dass die Kombination eines beschreibenden Begriffs mit einer Top-Level-Domain (TLD) wie „.de“ nicht ausreicht, um die nach § 18 Abs. 1 HGB erforderliche Unterscheidungskraft einer Firma zu begründen. Damit wies der II. Zivilsenat die Rechtsbeschwerde einer Aktiengesellschaft zurück, die unter der Firma „v.[Gattungsbegriff].de AG“ ins Handelsregister eingetragen werden wollte.

Hintergrund

Die Antragstellerin, eine bereits eingetragene Aktiengesellschaft, wollte im Rahmen einer Satzungsänderung ihre Firma in „v.[Gattungsbegriff].de AG“ ändern. Sowohl das Registergericht als auch das Kammergericht lehnten die Eintragung ab. Die Firma fehle es an Unterscheidungskraft, insbesondere weil es sich bei dem Second-Level-Bestandteil um einen allgemeinen, beschreibenden Begriff handele, der lediglich die Art oder den Gegenstand des Unternehmens kennzeichne.

Die Entscheidung des BGH

Der II. Zivilsenat bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen: Eine Firma muss nach § 18 Abs. 1 HGB unterscheidungskräftig sein, um ihrer Namensfunktion gerecht zu werden. Dies ist nicht der Fall, wenn sie aus einem bloßen Gattungsbegriff besteht. Auch die Ergänzung durch eine Top-Level-Domain wie „.de“ verleiht einer solchen Bezeichnung keine hinreichende Individualität.

Besonders deutlich hebt der BGH hervor, dass die Unterscheidungskraft aus dem prägenden Bestandteil der Firma – also dem Second-Level-Bestandteil – resultieren muss. Die TLD wird vom allgemeinen Verkehr lediglich als technischer Hinweis auf eine Internetpräsenz wahrgenommen, nicht jedoch als firmenprägendes Element.

Parallelen zum Markenrecht

Der Beschluss knüpft an bekannte Grundsätze des Markenrechts an, insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis der Unterscheidungskraft als Voraussetzung für Schutzfähigkeit. Der BGH verweist ausdrücklich auf die Bedeutung der originären Unterscheidungskraft, wie sie auch im Markenrecht von zentraler Bedeutung ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Damit stimmt der II. Zivilsenat mit der Rechtsprechung des I. Zivilsenats – zuständig für Markenrecht – inhaltlich überein.

Beide Senate betonen, dass beschreibende Begriffe nicht monopolisiert werden dürfen, um das sogenannte Freihaltebedürfnis für andere Marktteilnehmer zu wahren. Auch im Firmenrecht sei deshalb bei der Wahl der Firma auf hinreichende Kennzeichnungskraft zu achten.

Fazit

Der Beschluss ist für Unternehmerinnen und Unternehmer ein wichtiger Hinweis bei der Wahl ihrer Firmenbezeichnung: Wer seine Firma an eine Domain anlehnt, muss sicherstellen, dass der prägende Bestandteil – die eigentliche Bezeichnung – über ausreichende Unterscheidungskraft verfügt. Die bloße technische Einzigartigkeit einer Domain reicht für den firmenrechtlichen Schutz nicht aus.

Vertriebsverbot für Luxusprodukte auf Amazon

Wie in der Newsmeldung vom 22.02.2018 berichtet, hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Hersteller von Luxuswaren seinen Händlern verbieten kann, die Luxuswaren auf „Drittplattformen“ wie Amazon oder eBay zu verkaufen.

Dieser Entscheidung folgend, hat nun das OLG Frankfurt mit Urteil vom 12.07.2018, Az.: 11 U 96/14 (Kart) entschieden, dass der Hersteller bzw. Vertreiber von Luxus-Parfüms vertraglich seinen Händlern untersagen kann, diese Luxus-Parfüms auf Plattformen wie Amazon anzubieten und zu verkaufen. Da der Hersteller der Luxus-Parfüms dieses Kriterium einheitlich und damit diskriminierungsfrei auf alle Händler anwende, sei nach der Grundsatzentscheidung des EuGH darin keine wettbewerbsbeschränkende und damit unwirksame Regelung zu sehen.

Zwischenzeitlich hat auch das OLG Hamburg die Rechtsprechung des EuGH aufgegriffen und auf einen anderen Sachverhalt ausgedehnt. Mit Urteil vom 22.03.2018 hat das OLG Hamburg (Az. 3 U 250/16), nämlich entschieden, dass ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, Kosmetika, Fitnessgetränken und Körperpflegeprodukten seinen Händlern im Rahmen eines qualitativ selektiven Vertriebssystems wirksam den Vertrieb über bestimmte Internetverkaufsplattformen untersagen darf. Das OLG Hamburg ist damit das, soweit ersichtlich, erste Gericht, welches das Verbot des Verkaufs über Drittplattformen nicht nur für Luxusgüter, sondern auch für Waren wie Nahrungsergänzungsmittel bejaht hat. Dies ist insoweit bemerkenswert, weil der EuGH im Rahmen seiner Begründung explizit auf das Luxusimage der dort streitgegenständlichen Luxuswaren Bezug genommen hatte. Das OLG Hamburg sah aber für eine Unterteilung der Zulässigkeit selektiver Vertriebssysteme für technisch hochwertige Waren oder Luxuswaren einerseits und sonstigen Waren andererseits keine hinreichend sachlichen Gründe. Es fehle, so das OLG, an eindeutigen Abgrenzungskriterien, weshalb das Gericht auch ein solches Verbot für „normale Waren“ bejahte.

Internetvertrieb und Kartellrecht

Vor kurzem sind zwei höchstrichterliche Entscheidungen zu bislang umstrittenen Fragen in Bezug auf mögliche Einschränkungen des Internetvertriebs und die damit zusammenhängenden kartellrechtlichen Probleme ergangen.

In dem ersten, vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschiedenen Verfahren (Az: C-230/16) ging es um die Frage, ob der Anbieter von sog. Luxus-Ware autorisierten Händlern in den Vertriebsverträgen verbieten darf und kann, die Waren über Drittplattformen wie Amazon zu verkaufen.

In dem vom EuGH entschiedenen Fall ging es um den Vertrieb von Luxus-Kosmetika, die über ein selektives Vertriebssystem nur über autorisierte Händler, die bestimmte Anforderungen hinsichtlich Umgebung, Ausstattung und Einrichtung erfüllen müssen, vertrieben wurden.

In den entsprechenden Vertriebsverträgen war der Verkauf der Waren über das Internet prinzipiell zugelassen, aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Dabei enthielt der Vertrag ein Verbot, die Waren im Internet über Drittplattformen wie ebay oder Amazon zu verkaufen.

Der EuGH entschied, dass das unionsrechtliche Kartellverbot einer Vertragsklausel nicht entgegensteht, die autorisierten Händlern im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems für Luxuswaren, das im Wesentlichen darauf gerichtet ist, das Luxus-Image dieser Waren sicherzustellen, verbietet, beim Verkauf der Waren im Internet Drittplattformen wie Amazon einzuschalten.

Der EuGH knüpft die Zulässigkeit der Klausel an folgende Bedingungen:

Die Klausel soll das Luxus-Image der betreffenden Waren sicherstellen. Sie wird einheitlich festgelegt und ohne Diskriminierung angewandt und sie steht in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel. Letzteres müsse, so der EuGH, das jeweilige nationale Gericht prüfen.

Der EuGH hat also keinen generellen „Freibrief“ für Klauseln erteilt, die Händlern verbieten, Waren über Drittplattformen wie Amazon oder ebay zu verkaufen. Denn das Gericht hat explizit betont, dass es im vorliegenden Fall um Luxus-Waren geht. Was nun genau „Luxus-Waren“ sind, ist unklar. Unklar ist auch, ob sich die Erwägungen auf andere warengruppen, wie z.B. technisch hochwertige Geräte, übertragen lassen.

Das Urteil des EuGH klärt nun die langumstrittene Frage, ob eine solche Klausel prinzipiell unzulässig oder zulässig ist, daher nur zum kleinen Teil.

Das zweite Urteil stammt vom Bundesgerichtshof (BGH) und betraf die Frage, ob ein Hersteller von Markenartikeln seinen Händlern in den Vertriebsverträgen untersagen kann, dass diese Händler mit Internet-Preissuchmaschinen zusammenarbeiten.

In dem Fall des Bundesgerichtshofs ging es um eine Klausel, die der Sportartikelhersteller Asics in seinen Vertriebsverträgen verwendete und die den Händlern verbot, mit Internet-Preissuchmaschinen zusammenzuarbeiten und diese zum Absatz der Waren zu nutzen.

Der BGH stufte diese Klausel als kartellrechtlich unwirksam ein (Beschluss vom 12.012.2017, Az: KVZ 41/17).

Dabei ist der BGH der Auffassung, dass ein generelles Verbot der Nutzung von Preissuchmaschinen in Vertriebsverträgen als sog. Kernbeschränkung einzustufen ist, weil damit der sog. passive Verkauf an Endverbraucher beschränkt werde. Mithin sind solche Verbote in Vertriebsverträgen unwirksam und können im Worst Case sogar zur Unwirksamkeit des gesamten Vertriebsvertrages führen.