Vorsicht bei Schutzrechtsmeldungen auf Amazon: OLG Nürnberg stärkt Anspruch auf Anwaltskostenerstattung bei unberechtigter Verwarnung

Wenn ein Händler auf Amazon unberechtigt wegen angeblicher Produktfälschungen gemeldet wird, kann das nicht nur den Umsatz empfindlich treffen – es kann für den Verwarnenden auch rechtlich teuer werden. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg (AZ: 3 U 136/25), das sich mit der Erstattung von Anwaltskosten nach einer sogenannten Schutzrechtsverwarnung beschäftigt hat.

Hintergrund des Falls

Ein Spielwarenhändler bot unter dem Namen „M.“ Produkte auf Amazon an. Die Gegenseite, ebenfalls Spielwarenanbieterin mit einem eigenen Shop auf derselben Plattform, meldete zwei seiner Angebote als Fälschungen einer geschützten Marke. Amazon reagierte prompt mit einer Sperre der betroffenen Artikel. Tatsächlich handelte es sich aber um Originalprodukte eines bekannten Lizenzherstellers – eine Markenverletzung lag nicht vor.

Der Händler versuchte zunächst, die Angelegenheit außergerichtlich zu klären. Nachdem mehrere Kontaktversuche erfolglos blieben, beauftragte er eine Anwältin, die am 16. Januar 2024 eine Abmahnung aussprach und unter anderem die Erstattung der dadurch entstandenen Rechtsanwaltskosten forderte.

Das Urteil des OLG Nürnberg

In zweiter Instanz entschied das OLG Nürnberg zugunsten des Händlers:

  • Die Schutzrechtsverwarnung war unberechtigt.
  • Der Kläger kann Schadenersatz verlangen.
  • Die Abmahnkosten in Höhe von 1.295,43 Euro sind zu erstatten.
  • Die Widerklage der Gegenseite, mit der diese ihre Verteidigungskosten ersetzt haben wollte, wurde abgewiesen.

Warum diese Entscheidung wichtig ist

Das Urteil klärt eine wichtige Rechtsfrage: Muss eine Abmahnung, die sich auch auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche stützt, die strengen formalen Anforderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 13 UWG) erfüllen, damit die Abmahnkosten erstattungsfähig sind?

Die klare Antwort des Gerichts: Nein – jedenfalls dann nicht, wenn es sich (auch) um ein Anspruchsschreiben wegen eines deliktischen Eingriffs in den Gewerbebetrieb handelt. Denn eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung kann einen solchen Eingriff darstellen, für den der Verwarnte Ersatz seiner Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Und zwar unabhängig davon, ob das Abmahnschreiben im Sinne des Wettbewerbsrechts vollständig ist.

Die Lehren für Unternehmer

1. Wer unberechtigt meldet, haftet: Wird ein Händler durch eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung in seinem Geschäftsbetrieb beeinträchtigt, kann er nicht nur Unterlassung, sondern auch Ersatz seiner Anwaltskosten verlangen.

2. Anspruchsschreiben brauchen keine UWG-Vollständigkeit: Bei einem auf Deliktsrecht (§ 823 BGB) gestützten Vorgehen müssen nicht sämtliche Anforderungen des § 13 UWG eingehalten werden – das gilt auch, wenn das Schreiben zusätzlich auf wettbewerbsrechtliche Aspekte Bezug nimmt.

3. Kein Rückgriff bei berechtigtem Anspruchsschreiben: Wer selbst rechtswidrig eine Schutzrechtsverwarnung ausspricht, kann die eigenen Verteidigungskosten nicht vom Geschädigten ersetzt verlangen – auch dann nicht, wenn dessen Abmahnschreiben formale Mängel aufweist.

Fazit

Unternehmer, die auf Plattformen wie Amazon tätig sind, sollten sich bewusst sein, dass unüberlegte oder unbegründete Markenmeldungen schwerwiegende rechtliche Folgen haben können. Wer unberechtigt agiert, riskiert nicht nur Rückforderungen, sondern auch Reputations- und Umsatzverluste. Umgekehrt gilt: Wer unrechtmäßig gemeldet wird, hat gute Chancen, seine Kosten ersetzt zu bekommen – auch ohne perfekte Abmahnung.


Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Datum der Entscheidung: 08.07.2025
Aktenzeichen: 3 U 136/25
Fundstelle: openJur 2025, 16108

Unberechtigte Markenbeschwerde bei Amazon – OLG Nürnberg stärkt Händlerrechte

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 8. Juli 2025 (Az. 3 U 136/25) eine wegweisende Entscheidung getroffen, die insbesondere Onlinehändler betrifft, die über Plattformen wie Amazon verkaufen. Es geht um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Händler gegen unberechtigte Markenbeschwerden vorgehen kann – insbesondere, ob und wann die damit verbundenen Rechtsverfolgungskosten ersetzt werden müssen.

Hintergrund des Falls

Ein Spielwarenhändler verkaufte seit Jahren unter der Bezeichnung „M.“ Plüschtiere auf Amazon. Eine Mitbewerberin, die über eine Wort-Bildmarke „Teddys Rothenburg“ verfügte, meldete zwei Produkte des Klägers bei Amazon als Markenfälschungen. Amazon reagierte prompt mit einer Sperrung der Angebote.

Tatsächlich handelte es sich aber um Originalprodukte eines unabhängigen Markenherstellers. Der Händler versuchte mehrfach, eine einvernehmliche Lösung mit der Mitbewerberin zu erzielen – vergeblich. Erst nach Einschaltung einer Anwältin und einer Abmahnung lenkte die Beklagte ein und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Gleichwohl verweigerte sie die Übernahme der Abmahnkosten und erhob im Gegenteil sogar Widerklage.

Entscheidung des OLG Nürnberg

Das Oberlandesgericht Nürnberg gab dem Händler umfassend Recht und stellte klar:

  • Die Markenbeschwerde war unberechtigt
    Es lag keine Markenverletzung vor. Die Anzeige bei Amazon war daher als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung zu werten, die einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellt.
  • Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz
    Die Folge der unberechtigten Beschwerde war die Sperrung der Verkaufsangebote – mit potenziellen Umsatzverlusten. Der Kläger konnte daher die Feststellung verlangen, dass ihm ein Schadensersatzanspruch zusteht.
  • Die Abmahnkosten sind zu ersetzen
    Auch wenn das anwaltliche Schreiben nicht alle Anforderungen an eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erfüllte, handelte es sich um ein sogenanntes Anspruchsschreiben zur Geltendmachung eines deliktischen Anspruchs. Dafür gelten andere Maßstäbe: Entscheidend ist, ob die Rechtsverfolgung aus Sicht des Betroffenen erforderlich und angemessen war – was das Gericht bejahte.
  • Die Widerklage der Beklagten war unbegründet
    Die Beklagte konnte ihre eigenen Anwaltskosten nicht ersetzt verlangen, weil ihr Verhalten die Schutzrechtsverletzung nicht rechtfertigte. Selbst wenn das Abwehrschreiben des Klägers formale Mängel hatte, bleibt der Ersatzanspruch aus unerlaubter Handlung davon unberührt.
  • Die Feststellungsklage war zulässig
    Obwohl eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang hat, durfte der Kläger in diesem Fall auf Feststellung klagen. Eine konkrete Schadenshöhe war zum Zeitpunkt der Klage noch nicht bezifferbar, etwa wegen möglicher Folgen für die Amazon-Bewertungen oder zukünftige Umsätze.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil ist ein deutliches Signal an Markeninhaber, bei Beschwerden über angebliche Fälschungen äußerste Sorgfalt walten zu lassen. Die Schwelle zur Schutzrechtsverwarnung ist im Kontext von Plattformen wie Amazon schnell überschritten. Wer hier leichtfertig agiert, muss mit erheblichen Konsequenzen rechnen – einschließlich der Pflicht zur Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz.

Gleichzeitig schafft das Urteil Rechtssicherheit für betroffene Händler: Selbst wenn sie mit anwaltlicher Hilfe reagieren und die formalen Anforderungen an eine Abmahnung nicht vollständig einhalten, können sie ihre Kosten ersetzt verlangen – sofern es um die Abwehr eines deliktischen Eingriffs geht.

Fazit

Unberechtigte Markenbeschwerden bei Amazon sind kein Kavaliersdelikt. Wer Mitbewerber fälschlich beschuldigt und dadurch deren Geschäft beeinträchtigt, haftet – sowohl auf Unterlassung als auch auf Schadensersatz. Onlinehändler sollten daher nicht zögern, gegen solche Eingriffe juristisch vorzugehen.


Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Datum: 08.07.2025
Aktenzeichen: 3 U 136/25
Fundstelle: openJur 2025, 16108

Amazon kann für Markenrechtsverletzungen von Marketplace-Händlern haften

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste über eine markenrechtliche Frage entscheiden, die bei zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Designer Louboutin, einem Designer und Hersteller von Luxusschuhen, und Amazon relevant sind (Urteil vom 22.12.2022, AZ: C-148/21 und C-184/21).

Die bekanntesten Schuhe von Louboutin sind edle Frauenschuhe, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie eine rote Sohle haben. Diese rote Sohle ist in der EU unter anderem auch als Marke geschützt. Louboutin verfolgt Markenrechtsverletzungen rigoros.

Unter anderem setzte er sich gegen Angebote auf Amazon zur Wehr, die aber nicht von Amazon, sondern von Amazon Marketplace Händlern eingestellt worden sind.

Die Besonderheit:

Louboutin erhob in Luxemburg und Belgien nicht Klage gegen die jeweiligen Marketplace-Händler, sondern gegen Amazon.

Die Frage war nun, ob Amazon für diese Angebote der Händler selbst und damit unmittelbar haftet. Amazon argumentierte, dass die Angebote nicht von Amazon selbst, sondern von Dritten erstellt worden sein und auch keine Pflicht (und Möglichkeit) zur vorherigen Überprüfung aller Marketplace Händler-Angebote besteht.

Der EuGH hat nun entschieden, dass eine Haftung von Amazon möglich sei:

Wenn der Nutzer von Amazon den Eindruck habe, dass im Namen von Amazon und auf dessen Rechnung die Schuhe verkauft würden, könne man – sprich: die nationalen Gerichte – davon ausgehen, dass Amazon die Marke selbst benutze. Indizien hierfür lägen vor, wenn Amazon alle Anzeigen auf der Verkaufsplattform einheitlich gestalte, sein eigenes Logo auch auf Anzeigen von Marketplace Händlern präsentiere und die Schuhe lagere und verschicke.

Da (vermutlich) die meisten dieser Punkte zutreffen, ist nun zu erwarten, dass die nationalen Gerichte in Luxemburg und Belgien Amazon verurteilen werden.

Urheberrechtsverletzung durch Anhängen an andere Amazon-Angebote

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 22.08.2022, Az.: 14 O 327/21, ein für Onlinehändler, die auch auf Amazon aktiv sind, wenig erfreuliches Urteil gefällt.

Der beklagte Händler hatte sich an ein, von einem Dritten für ein bestimmtes Produkt erstelltes Angebot bei Amazon „angehängt“.

Amazon vergibt für jedes Produkt eine plattformeigene Nummer, sog. ASIN. Derjenige, der ein neues Produkt bei Amazon einstellt, erstellt das Angebot mit Text und Bildern und erhält von Amazon dann eine entsprechende ASIN. Jeder andere Händler, der das identische Produkt ebenfalls verkauft, muss sich an dieses Angebot und an die entsprechende ASIN „anhängen“. Er hat keinen Einfluss auf den Text und die verwendeten Bilder.

In dem vom Landgericht Köln entschiedenen Fall wurde der beklagte Händler von einem Fotografen abgemahnt und sodann verklagt, weil in dem Angebot, an welches sich der beklagte Händler angehängt hatte, eine Fotografie verwendet wurde, die dort (wohl) unrechtmäßig eingestellt war.

Der beklagte Händler verteidigte sich in erster Linie damit, dass er auf die Gestaltung des Angebots keinen Einfluss hatte und er, sofern er dieses Produkt verkaufen will, aufgrund der Bedingungen bei Amazon gezwungen ist, sich an das Angebot anzuhängen und dieses auch nicht abändern kann. Des Weiteren legte er dar, dass er versucht hatte, Amazon zu einer Löschung zu bewegen, allerdings vergeblich.

Diese Argumente ließ das Landgericht allerdings nicht gelten und verurteilte den Händler zur Unterlassung, zur Zahlung von Schadenersatz und Erstattung von Anwaltskosten.

Eine automatisierte Erstellung solcher Angebote und das Anhängen an ein von einem Dritten erstelltes Angebot bringe das Risiko von Urheberrechtsverletzungen mit sich, was dem Händler, der sich an ein Angebot anhängt, auch bewusst sei. Auch nutze es nicht, dass der Händler versucht hatte, mit Amazon in Kontakt zu treten, weil dies allenfalls später für die Frage des Verschuldens bei einem Ordnungsmittelantrag beachtenswert sei, so das Landgericht.

Das Oberlandesgericht München hatte 2016 eine andere Rechtsauffassung vertreten (OLG München, Urteil vom 10.03.20216, Az.: 29 U 4077/15, GRUR-RR 2016, 316). Das Landgericht Köln hat in den Entscheidungsgründen explizit darauf abgestellt, dass es eine andere Rechtsauffassung als das Oberlandesgericht München vertritt.

Leider daher sehr unerfreuliche Nachrichten für alle Amazon-Händler:

Das Landgericht Köln urteilt nach dem Motto „Betreten der Amazon-Plattform auf eigene Gefahr“: Wer über Amazon verkauft, weiß, dass so etwas passieren kann.

Allerdings verkennt das Landgericht natürlich die Marktmacht von Amazon und eben, dass Händler schlichtweg darauf angewiesen sind, auch über Amazon zu verkaufen und sich an solche fremde Angebote anzuhängen. es bleibt dem Händler nur die Wahl, sich an ein anderes Angebot anzuhängen, ohne zu wissen, wer das Angebot erstellt hat und ob derjenige auch Nutzungsrechte für die verwendeten Fotos eingeholt hat, oder eben kein Angebot bei Amazon einzustellen.

Nachdem das Oberlandesgericht München 2016 noch günstig für Onlinehändler entschieden hatte, werden solche Fälle künftig vermutlich dazu führen, dass der klagende Urheber, z.B. ein Fotograf, Ansprüche in Köln anhängig machen wird. Er hat hier aufgrund der Tatsache, dass Urheberrechtsverletzungen überall dort bei Gerichten anhängig gemacht werden können, in dessen Gerichtsbezirk die Rechtsverletzung stattfindet, die Wahl verschiedener Gerichtsstände, weil die Urheberrechtsverletzung im Internet, sprich auf Amazon, stattfand. Und natürlich wird ein, von einem fachkundigen Anwalt vertretener Kläger nicht nach München, sondern nach Köln gehen, weil dort für ihn günstig entschieden wird.

Bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes, die, sofern überhaupt eine ergeht, erst in einigen Jahren ergehen dürfte, ist also das Risiko für Händler, die auf Amazon aktiv sind, wieder gestiegen, zumindest in Fällen von Urheberrechtsverletzungen.

Sperrung eines Verkäuferkontos auf Amazon

Das Landgericht München I musste sich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit der Frage auseinandersetzen, ob bzw. unter welchen Umständen Amazon dazu berechtigt ist, einen Amazon-Marketplace-Verkäufer von Verkaufsaktivitäten auf der Plattform auszuschließen bzw. dessen Konto zu sperren (Endurteil des LG München I vom 12.05.2021, Az.: 37 O 32/21, BeckRS 2021, 10613).

In dem Verfahren hatte das Landgericht München I zunächst eine einstweilige Verfügung gegen Amazon erlassen. Im Rahmen der einstweiligen Verfügung wurde Amazon untersagt, das Verkäuferkonto des Verfügungsklägers zu deaktivieren bzw. vollständig zu löschen. Nachdem Widerspruch von Amazon eingelegt wurde, erging ein Endurteil nach mündlicher Verhandlung. Im Rahmen dieses Endurteils wurde die einstweilige Verfügung wieder aufgehoben und der Verfügungsantrag des Amazon-Verkäufers zurückgewiesen.

Der Verfügungskläger verkaufte über Amazon diverse Produkte und erwirtschaftete einen großen Teil seines Umsatzes über Amazon. Nachdem Amazon seinen Verkäufer-Account gesperrt hatte, ging der Amazon-Verkäufer dagegen vor und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Gestützt wurde dieser Anspruch auf Kartellrecht, und zwar auf §§ 33 Abs. 1, 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB.

Diese Vorschriften verbieten einem marktbeherrschenden Unternehmen, ein anderes Unternehmen unbillig zu behindern oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund anders zu behandeln als gleichartige Unternehmen.

Zunächst hatte das Landgericht München I keine Probleme damit, Amazon als marktbeherrschendes Unternehmen einzustufen. Dabei stützte sich das Landgericht auch auf einschlägige Verfahren und Berichte des Bundeskartellamtes.

Im Folgenden stellte sich dann die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Amazon einen auf der Plattform tätigen Verkäufer sperren kann.

Das Gericht forderte zunächst, dass vor Sperrung bzw. Deaktivierung eines solchen Verkäufer-Accounts eine umfangreiche Prüfung und auch Begründung durch Amazon erfolgen müsse. Lediglich pauschale Begründungen genügen dafür nicht.

Im vorliegenden Fall war es aber so, dass der betroffene Amazon-Verkäufer bereits schon in der Vergangenheit von Abmahnungen von Amazon bzw. einer kurzzeitigen Kontosperrung betroffen war und dass die nun im Verfahren gegenständliche erneute Kontosperrung auf denselben Gründen beruhte.

Dabei urteilte das Gericht, dass mehrfache, gleichgelagerte Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen von Amazon dafür genügen können. Im vorliegenden Fall ging es um manipulierte Nutzerbewertungen. Amazon konnte gegenüber dem Gericht glaubhaft machen, dass der entsprechende Amazon-Verkäufer Nutzerbewertungen gekauft bzw. manipuliert hatte. Da dies nun insgesamt zum dritten Mal von Amazon entdeckt und auch abgemahnt wurde, sah es das Gericht als gerechtfertigt an, dass Amazon eine entsprechende Sperrung des Accounts durchführte, auch wenn dies für den Amazon-Verkäufer und hiesigen Verfügungskläger eine starke Umsatzeinbuße zur Folge hatte.

ASIN und das Marken- und Urheberrecht

Die Plattform Amazon ist für zahlreiche Händler ein wichtiger Bestandteil ihrer Verkaufsaktivitäten. Viele Händler verkaufen nicht nur über den eigenen Onlineshop, sondern auch über Amazon.

Aufgrund einiger Besonderheiten bei Amazon hat sich fast schon eine eigene „Amazon-Rechtsprechung“ entwickelt. Bei einer dieser Besonderheiten handelt es sich um die bei Amazon so bezeichnete ASIN (=Amazon Standard Identification Number). Jede ASIN ist individuell und wird nur einem Produkt zugeordnet, somit dient sie zur eindeutigen Identifizierung eines Produktes aus dem gesamten Warenbestand. Umgekehrt bedeutet dies auch, dass ein konkretes Produkt keine zwei ASIN haben darf.

In der „Richtlinie zur ASIN-Erstellung“ von Amazon heißt es u.a.:

„Richtlinie zur Erstellung doppelter ASINs:

Die Erstellung einer neuen ASIN für ein Produkt, das bereits im Amazon-Katalog vorhanden ist, ist nicht gestattet und kann dazu führen, dass Ihnen die Verkaufsberechtigung oder die Berechtigung für die Erstellung von ASINs vorübergehend oder dauerhaft entzogen wird.“

Unter einer ASIN zu einem bestimmten Produkt werden daher in aller Regel alle Händler mit ihrem Angebot gelistet, die dasselbe Produkt verkaufen.

Um Vorteile für sich zu erlangen, gab und gibt es Versuche von manchen Händlern, über das Marken- und Urheberrecht eine bestimmte ASIN für sich zu monopolieren.

Dazu gibt es zwei aktuelle Entscheidungen:

In einem aktuellen Urteil des OLG Köln vom 26.03.2021, Az.: 6 U 11/21 – „American Food and Drinks“, ging es um einen markenrechtlichen Aspekt:

Grundlage war ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Die dortige Antragstellerin war Inhaberin einer Wortmarke und verkaufte über Amazon u.a. aus den USA importierte Lebensmittel.

Für eines dieser aus den USA importierten Lebensmittel legte die Antragstellerin des Verfahrens bei Amazon eine eigene ASIN an und gab bei den insoweit notwendigen Angaben zur „Marke“, unter der die Angebote gelistet werden, nicht die Herstellerbezeichnung/Markenbezeichnung des US-Lebensmittels, sondern die eigene Wortmarke an.

Ein Wettbewerber, der ebenfalls dieses Lebensmittel aus den USA importierte und über Amazon verkaufen wollte, hing sich – entsprechend den Amazon-Richtlinien – an die von der Antragstellerin angelegte ASIN an. Die Antragstellerin war sodann der Auffassung, dass es sich hierbei um eine Markenverletzung handle und nahm den Wettbewerber auf Unterlassung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung in Anspruch.

Das OLG Köln hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung allerdings wegen Rechtsmissbrauch zurückgewiesen.

Nach Auffassung des OLG liege zwar eine Markenverletzung vor, weil durch das „Anhängen“ an die ASIN die entsprechende Wortmarke der Antragstellerin benutzt werde.

Allerdings sei die Geltendmachung des Markenrechts in diesem Fall rechtsmissbräuchlich, und zwar unter dem Gesichtspunkt des sog. Behinderungswettbewerbs.

Aufgrund der Vorgaben von Amazon, insbesondere auch zu den Konsequenzen der Erstellung einer doppelten ASIN, die jedem Amazon-Händler bekannt seien bzw. sein müssten, wäre es im vorliegenden Fall für die Wettbewerberin der Antragstellerin unmöglich, dieses von ihr ebenfalls aus den USA importierte Lebensmittel über Amazon zu verkaufen. Darüber hinaus sei nämlich zu berücksichtigen, dass das US-amerikanische Lebensmittel zwar unter der Marke der Antragstellerin angelegt worden sei, es sich tatsächlich aber bei der „Marke“ nicht um ein Produkt der Antragstellerin, sondern eines US-amerikanischen Herstellers handele.

Eine weitere Entscheidung, dieses Mal zu einem urheberrechtlichen Thema, erging vom OLG Frankfurt im Beschluss vom 18.03.2021, Az.: 6 W 8/18.

Auch in diesem Fall ging es um einen Streit unter Wettbewerbern. Beide Parteien boten auf Amazon Druckertoner und Druckertinte an.

In dem beim OLG Frankfurt anhängigen Verfahren ging es um ein Ordnungsmittelverfahren. Die dortige Antragstellerin hatte bereits gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung erwirkt, weil sich die dortige Antragsgegnerin ebenfalls ein Amazon-Angebot mit einer bestimmten ASIN „angehängt“ hatte und dort von der Antragstellerin selbst gefertigte Produktbilder zu sehen waren.

Nachdem dies erneut passierte, beantragte die Antragstellerin die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen ihren Wettbewerber.

In diesem Verfahren war also bereits eine Unterlassungsverfügung ergangen, so dass die obige Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit sich hier nicht mehr stellen konnte.

Vielmehr ging es hier um Verschuldensfragen, also ob die dortige Antragsgegnerin aufgrund des erneuten Anhängens an eine ASIN und damit an eine erneute öffentliche Zugänglichmachung von Produktbildern der Antragstellerin ein Ordnungsgeld verwirkt hat. Dies ist nur dann möglich, wenn ein persönliches Verschulden vorliegt.

Das OLG Frankfurt bejahte sowohl einen Verstoß wie auch ein Verschulden. In diesem Ordnungsmittelverfahren berief sich die Antragsgegnerin darauf, dass sie sich nicht bewusst an eine ASIN der Antragstellerin angehängt habe, sondern dass dies der Programmalgorithmus von Amazon veranlasst habe. Und die Antragsgegnerin habe auf diesen Programmrhythmus von Amazon keinerlei Einfluss, weshalb ihr auch kein persönliches Verschulden gemacht werden könne.

Das OLG Frankfurt sah dies anders und war der Auffassung, dass jeder Händler, der über Amazon verkaufe, diesen Algorithmus bei Amazon kenne und auch damit rechnen müsse, dass ein eingestelltes Angebot von Amazon, quasi automatisch, einem anderen Angebot und einer anderen ASIN zugeordnet werden könne. Daher sei jeder Händler verpflichtet, die von ihm selbst eingestellten Angebote regelmäßig zu überprüfen. Dies sei hier nicht geschehen, weswegen auch Verschulden vorliege. Immerhin stufte das OLG das Verschulden in diesem Fall als sehr gering ein, weswegen es die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von „nur“ EUR 500,00 für angemessen erachtete. Das OLG hat also versucht, über die Höhe des Ordnungsgeldes die insoweit durchaus auch strikte Prüf- und Kontrollpflicht eines Amazon-Verkäufers in den Griff zu bekommen.

Gleichwohl zeigt dieses Ordnungsmittelverfahren und insbesondere auch die Tatsache, dass ein Ordnungsgeld verhängt wurde, dass es in einer solchen Sache sicherlich sinnvoller ist, sich bereits gegen einen Unterlassungsanspruch, gestützt auf Marken- oder Urheberrecht, im Zusammenhang mit ASIN direkt zur Wehr zu setzen, um ein Unterlassungsurteil zu verhindern.

Amazon-Händler haftet nicht für den Inhalt von Kundenbewertungen

In einem vom BGH (Urteil vom 20.02.2020, Az.: I ZR 193/18 – „Kundenbewertungen auf Amazon“) entschiedenen Fall ging es um eine Klage des Verbands Sozialer Wettbewerb gegen einen Händler, der auf Amazon sog. Kinesiologie-Tapes anbot und verkaufte.

Der Händler bot im Jahre 2013 seine Tapes mit diversen Werbeaussagen zur Wirkweise der Tapes an, die vom Verband Sozialer Wettbewerb abgemahnt wurden. Bezüglich einiger Aussagen verpflichtete sich der Händler zur Unterlassung und gab entsprechend eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab.

Ca. vier Jahre später, im Januar 2017, bot der Händler auf der Plattform Amazon erneut seine Kinesiologie-Tapes an. Unter dem Angebot waren die bei Amazon üblichen Kundenbewertungen abrufbar. In manchen dieser Kundenbewertungen waren Äußerungen enthalten, zu deren Unterlassung sich der Händler seinerzeit im Jahre 2013 gegenüber dem Verband verpflichtet hatte.

Der Verband forderte nun vom Händler für die Äußerungen in den Kunden-Rezensionen eine erneute Unterlassungserklärung und darüber hinaus die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von EUR 4.500,00.

Dieses Mal weigerte sich der Händler und der Verband Sozialer Wettbewerb erhob Klage auf Unterlassung und Zahlung der Vertragsstrafe.

Nachdem bereits das Landgericht und auch das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen hatte, bestätigte der BGH im Revisionsverfahren die Klagabweisung.

Der BGH entschied, dass ein Händler nicht für Aussagen in den Kundenbewertungen einzustehen habe, wenn er sich diese nicht zu eigen mache.

Ein solches Zueigenmachen liege nur dann vor, wenn der Händler nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Äußerungen der Kunden übernehme oder den zurechenbaren Anschein erwecke, er identifiziere sich mit dem Inhalt der Äußerungen.

Da Kunden-Rezensionen bei Amazon üblich sind und darüber hinaus auch ein großes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung solcher Kundenmeinungen bestehe, liege kein Zueigenmachen vor, weil der durchschnittlich informierte Verbraucher mit den Grundzügen des Bewertungssystems von Amazon vertraut sei und wisse, dass die dortigen Aussagen nicht vom Händler selbst getroffen worden seien. Es sei daher klar erkennbar, dass die Kunden-Rezensionen nicht Teil des Angebots oder der Werbung des Händlers seien, so der BGH.

Lediglich dann, wenn ein Händler selbst irreführende oder gefälschte Kundenbewertungen abgebe oder er für die Abgabe von Kundenbewertungen zahle, könne ihm eine Kundenbewertung selbst als Werbung zugerechnet werden. Da im vorliegenden Fall dies nicht ersichtlich sei, wurde die Klage in allen Punkten abgewiesen.

Die BGH-Entscheidung ist insoweit erfreulich, als dass sie klarstellt, dass sich ein Händler die Äußerungen von Kunden nicht zurechnen lassen muss. Eine gegenteilige Entscheidung hätte einen großen Aufwand für Händler bedeutet: ein Händler hätte dann regelmäßig die Bewertungen auf unzulässige Aussagen hin überprüfen müssen.

Darüber hinaus zeigt der Fall aber auch, wie problematisch die Abgabe einer Unterlassungserklärung gerade gegenüber einem Verband sein kann:

Der beklagte Händler hatte 2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Und gut vier Jahre später wurde er erneut vom Verband nun auch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen.

Dies zeigt, dass gerade solche Verbände ein großes Interesse an der Überwachung abgegebener Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen haben, weil sie daraus Vertragsstrafenansprüche generieren können. Dies spricht dafür, dass man gerade gegenüber einem abmahnenden Verband keine solche Unterlassungserklärung abgibt, sondern stattdessen eine Unterlassungsklage oder eine einstweilige Verfügung kassiert. Denn bei einem etwaigen Verstoß gegen ein Urteil oder eine einstweilige Verfügung muss man „nur“ ein Ordnungsgeld an die Staatskasse zahlen. Damit ist das Interesse des Verbandes, das Unterlassungsurteil zu überwachen, deutlich geringer als bei der Abgabe einer Unterlassungserklärung, weil die Vertragsstrafe in den Geldbeutel des Verbandes fließt.

Zur Haftung für Kundenbewertungen bei Amazon

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass den Anbieter eines auf der Online-Handelsplattform Amazon angebotenen Produkts für Bewertungen des Produkts durch Kunden grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung trifft.

Sachverhalt:

Der Kläger ist ein eingetragener Wettbewerbsverein. Die Beklagte vertreibt Kinesiologie-Tapes. Sie hat diese Produkte in der Vergangenheit damit beworben, dass sie zur Schmerzbehandlung geeignet seien, was jedoch medizinisch nicht gesichert nachweisbar ist. Die Beklagte hat deshalb am 4. November 2013 gegenüber dem Kläger eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Beklagte bietet ihre Produkte auch bei der Online-Handelsplattform Amazon an. Dort wird für jedes Produkt über die EAN (European Article Number) eine diesem Produkt zugewiesene ASIN (Amazon-Standard-Identifikationsnummer) generiert, die sicherstellen soll, dass beim Aufruf eines bestimmten Produkts die Angebote sämtlicher Anbieter dieses Produkts angezeigt werden. Käuferinnen und Käufer können bei Amazon die Produkte bewerten. Amazon weist eine solche Bewertung ohne nähere Prüfung dem unter der entsprechenden ASIN geführten Produkt zu. Das hat zur Folge, dass zu einem Artikel alle Kundenbewertungen angezeigt werden, die zu diesem – unter Umständen von mehreren Verkäufern angebotenen – Produkt abgegeben wurden.

Am 17. Januar 2017 bot die Beklagte bei Amazon Kinesiologie-Tapes an. Unter diesem Angebot waren Kundenrezensionen abrufbar, die unter anderem die Hinweise „schmerzlinderndes Tape!“, „This product is perfect for pain…“, „Schnell lässt der Schmerz nach“, „Linderung der Schmerzen ist spürbar“, „Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg“ und „Schmerzen lindern“ enthielten. Der Kläger forderte von der Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe. Die Löschung der Kundenrezensionen lehnte Amazon auf Anfrage der Beklagten ab.

Der Kläger begehrt Unterlassung und Zahlung der Vertragsstrafe sowie der Abmahnkosten. Die Beklagte habe sich die Kundenrezensionen zu Eigen gemacht und hätte auf ihre Löschung hinwirken müssen. Falls dies nicht möglich sei, dürfe sie die Produkte bei Amazon nicht anbieten

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch aus § 8 Abs. 1, § 3a* UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 HWG. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Zwar seien die in den Kundenrezensionen enthaltenen gesundheitsbezogenen Angaben irreführend. Sie stellten aber keine Werbung dar. Zumindest wäre eine solche Werbung der Beklagten nicht zuzurechnen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte für Kundenbewertungen der von ihr bei Amazon angebotenen Produkte keine wettbewerbsrechtliche Haftung trifft.

Ein Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 und Satz 2 HWG, die Werbung für Medizinprodukte mit irreführenden Äußerungen Dritter verbietet. Die Kundenbewertungen sind zwar irreführende Äußerungen Dritter, weil die behauptete Schmerzlinderung durch Kinesiologie-Tapes medizinisch nicht gesichert nachweisbar ist. Die Beklagte hat mit den Kundenbewertungen aber nicht geworben. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat sie weder selbst aktiv mit den Bewertungen geworben oder diese veranlasst, noch hat sie sich die Kundenbewertungen zu eigen gemacht, indem sie die inhaltliche Verantwortung dafür übernommen hat. Die Kundenbewertungen sind vielmehr als solche gekennzeichnet, finden sich bei Amazon getrennt vom Angebot der Beklagten und werden von den Nutzerinnen und Nutzern nicht der Sphäre der Beklagten als Verkäuferin zugerechnet.

Die Beklagte traf auch keine Rechtspflicht, eine Irreführung durch die Kundenbewertungen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 1 UWG zu verhindern. Durch ihr Angebot auf Amazon wird keine Garantenstellung begründet. Von ausschlaggebender Bedeutung ist dabei, dass Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht sind und verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Das Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produkts aus verschiedenen Quellen, zu denen auch Bewertungen anderer Kunden gehören, zu informieren oder auszutauschen, wird durch das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Einer Abwägung mit dem Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit, die als Gemeinschaftsgut von hohem Rang einen Eingriff in dieses Grundrecht rechtfertigen könnte, bedarf es hier nicht, weil Anhaltspunkten für eine Gesundheitsgefährdung bei dem Angebot von Kinesiologie-Tapes fehlen.

BGH, Urteil vom 20. Februar 2020 – I ZR 193/18 .

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 20.02.2020

Vertriebsverbot für Luxusprodukte auf Amazon

Wie in der Newsmeldung vom 22.02.2018 berichtet, hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Hersteller von Luxuswaren seinen Händlern verbieten kann, die Luxuswaren auf „Drittplattformen“ wie Amazon oder eBay zu verkaufen.

Dieser Entscheidung folgend, hat nun das OLG Frankfurt mit Urteil vom 12.07.2018, Az.: 11 U 96/14 (Kart) entschieden, dass der Hersteller bzw. Vertreiber von Luxus-Parfüms vertraglich seinen Händlern untersagen kann, diese Luxus-Parfüms auf Plattformen wie Amazon anzubieten und zu verkaufen. Da der Hersteller der Luxus-Parfüms dieses Kriterium einheitlich und damit diskriminierungsfrei auf alle Händler anwende, sei nach der Grundsatzentscheidung des EuGH darin keine wettbewerbsbeschränkende und damit unwirksame Regelung zu sehen.

Zwischenzeitlich hat auch das OLG Hamburg die Rechtsprechung des EuGH aufgegriffen und auf einen anderen Sachverhalt ausgedehnt. Mit Urteil vom 22.03.2018 hat das OLG Hamburg (Az. 3 U 250/16), nämlich entschieden, dass ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, Kosmetika, Fitnessgetränken und Körperpflegeprodukten seinen Händlern im Rahmen eines qualitativ selektiven Vertriebssystems wirksam den Vertrieb über bestimmte Internetverkaufsplattformen untersagen darf. Das OLG Hamburg ist damit das, soweit ersichtlich, erste Gericht, welches das Verbot des Verkaufs über Drittplattformen nicht nur für Luxusgüter, sondern auch für Waren wie Nahrungsergänzungsmittel bejaht hat. Dies ist insoweit bemerkenswert, weil der EuGH im Rahmen seiner Begründung explizit auf das Luxusimage der dort streitgegenständlichen Luxuswaren Bezug genommen hatte. Das OLG Hamburg sah aber für eine Unterteilung der Zulässigkeit selektiver Vertriebssysteme für technisch hochwertige Waren oder Luxuswaren einerseits und sonstigen Waren andererseits keine hinreichend sachlichen Gründe. Es fehle, so das OLG, an eindeutigen Abgrenzungskriterien, weshalb das Gericht auch ein solches Verbot für „normale Waren“ bejahte.

Internetvertrieb und Kartellrecht

Vor kurzem sind zwei höchstrichterliche Entscheidungen zu bislang umstrittenen Fragen in Bezug auf mögliche Einschränkungen des Internetvertriebs und die damit zusammenhängenden kartellrechtlichen Probleme ergangen.

In dem ersten, vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschiedenen Verfahren (Az: C-230/16) ging es um die Frage, ob der Anbieter von sog. Luxus-Ware autorisierten Händlern in den Vertriebsverträgen verbieten darf und kann, die Waren über Drittplattformen wie Amazon zu verkaufen.

In dem vom EuGH entschiedenen Fall ging es um den Vertrieb von Luxus-Kosmetika, die über ein selektives Vertriebssystem nur über autorisierte Händler, die bestimmte Anforderungen hinsichtlich Umgebung, Ausstattung und Einrichtung erfüllen müssen, vertrieben wurden.

In den entsprechenden Vertriebsverträgen war der Verkauf der Waren über das Internet prinzipiell zugelassen, aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Dabei enthielt der Vertrag ein Verbot, die Waren im Internet über Drittplattformen wie ebay oder Amazon zu verkaufen.

Der EuGH entschied, dass das unionsrechtliche Kartellverbot einer Vertragsklausel nicht entgegensteht, die autorisierten Händlern im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems für Luxuswaren, das im Wesentlichen darauf gerichtet ist, das Luxus-Image dieser Waren sicherzustellen, verbietet, beim Verkauf der Waren im Internet Drittplattformen wie Amazon einzuschalten.

Der EuGH knüpft die Zulässigkeit der Klausel an folgende Bedingungen:

Die Klausel soll das Luxus-Image der betreffenden Waren sicherstellen. Sie wird einheitlich festgelegt und ohne Diskriminierung angewandt und sie steht in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel. Letzteres müsse, so der EuGH, das jeweilige nationale Gericht prüfen.

Der EuGH hat also keinen generellen „Freibrief“ für Klauseln erteilt, die Händlern verbieten, Waren über Drittplattformen wie Amazon oder ebay zu verkaufen. Denn das Gericht hat explizit betont, dass es im vorliegenden Fall um Luxus-Waren geht. Was nun genau „Luxus-Waren“ sind, ist unklar. Unklar ist auch, ob sich die Erwägungen auf andere warengruppen, wie z.B. technisch hochwertige Geräte, übertragen lassen.

Das Urteil des EuGH klärt nun die langumstrittene Frage, ob eine solche Klausel prinzipiell unzulässig oder zulässig ist, daher nur zum kleinen Teil.

Das zweite Urteil stammt vom Bundesgerichtshof (BGH) und betraf die Frage, ob ein Hersteller von Markenartikeln seinen Händlern in den Vertriebsverträgen untersagen kann, dass diese Händler mit Internet-Preissuchmaschinen zusammenarbeiten.

In dem Fall des Bundesgerichtshofs ging es um eine Klausel, die der Sportartikelhersteller Asics in seinen Vertriebsverträgen verwendete und die den Händlern verbot, mit Internet-Preissuchmaschinen zusammenzuarbeiten und diese zum Absatz der Waren zu nutzen.

Der BGH stufte diese Klausel als kartellrechtlich unwirksam ein (Beschluss vom 12.012.2017, Az: KVZ 41/17).

Dabei ist der BGH der Auffassung, dass ein generelles Verbot der Nutzung von Preissuchmaschinen in Vertriebsverträgen als sog. Kernbeschränkung einzustufen ist, weil damit der sog. passive Verkauf an Endverbraucher beschränkt werde. Mithin sind solche Verbote in Vertriebsverträgen unwirksam und können im Worst Case sogar zur Unwirksamkeit des gesamten Vertriebsvertrages führen.