Beteiligung von Urhebern an den Werbeeinnahmen von Sendern?

Laut einem Bericht der Legal Tribune Online (LTO) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 15. November 2024 zurückgewiesen. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Dies ist ein bedeutender Erfolg für Urheber und ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz in der Medienbranche.


Das Oberlandesgericht Köln hatte in seiner Entscheidung festgestellt, dass einer Filmemacherin ein Auskunftsanspruch gegenüber einem Sendeunternehmen zusteht, der auch die Werbeeinnahmen umfasst, die im zeitlichen Zusammenhang mit ihren Produktionen erzielt wurden. Der Gerichtshof argumentierte, dass die Auskunftspflicht nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) nicht auf direkte Einnahmen aus der Werknutzung beschränkt sei, sondern auch Vorteile einschließe, die sich aus der Ausstrahlung des Werks ergeben. Dazu gehören Werbespots, die unmittelbar vor, während der Pausen und nach der Sendung gezeigt werden. Das Gericht wies das Argument der Beklagten zurück, diese Einnahmen stünden in keinem kausalen Zusammenhang zur einzelnen Produktion, und sah die Werbeeinnahmen als zentralen wirtschaftlichen Faktor an.


Auskunft und Folgeansprüche: Die zwei Stufen des Urheberrechts

Aus der Verurteilung zur Auskunftspflicht lässt sich nicht zwingend ableiten, dass die Klägerin auch in ihren Folgeansprüchen auf Nachvergütung erfolgreich sein wird. Die Auskunftspflicht ist lediglich die erste Stufe eines zweistufigen Verfahrens. Sie dient dazu, dem Urheber die notwendigen Informationen zu verschaffen, um beurteilen zu können, ob seine ursprüngliche Vergütung im Sinne des sogenannten Fairness-Paragraphen (§ 32a UrhG) „unverhältnismäßig niedrig“ war.

Die Auskunft verschafft dem Urheber die Transparenz über die tatsächlichen Erträge und Vorteile des Verwerters. Erst mit diesen konkreten Zahlen kann er dann in einem zweiten Schritt einen Anspruch auf eine weitere, angemessene Beteiligung geltend machen. Der Erfolg dieses Nachvergütungsanspruchs hängt aber von der individuellen Bewertung ab, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen der ursprünglichen Vergütung und den nun offengelegten Einnahmen besteht. Die Auskunftspflicht ist also ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für einen erfolgreichen Zahlungsanspruch.


Die Bedeutung für Sendeanstalten: Werden Verträge seltener?

Das Urteil des OLG Köln, das nun rechtskräftig ist, stellt Sendeunternehmen vor die Herausforderung, ihre internen Abrechnungssysteme anzupassen. Die detaillierte Zuordnung von Werbeeinnahmen zu einzelnen Produktionen erfordert eine hohe Transparenz in den eigenen Geschäftsprozessen. Die Befürchtung, dass Sender künftig weniger Produktionsaufträge vergeben, um das Risiko einer Beteiligung an Werbeeinnahmen zu vermeiden, ist denkbar.

Diese Entwicklung könnte jedoch auch zu einer positiven Veränderung führen. Die Gesetzgebung zielt darauf ab, ein gerechteres Gleichgewicht zwischen den Kreativen und den Verwertern ihrer Werke zu schaffen. Sender könnten gezwungen sein, ihre Vergütungsmodelle von Grund auf neu zu denken und faire Verträge anzubieten, die von Beginn an eine angemessene Beteiligung der Urheber vorsehen. Anstatt weniger Aufträge zu vergeben, könnten Sendeunternehmen sich auf qualitativ hochwertige Produktionen konzentrieren, die nachweislich einen hohen kommerziellen Wert für sie haben, und die Kreativen daran beteiligen.


Folgen für Film- und TV-Produzenten: Ein zweischneidiges Schwert

Für Produktionsfirmen bietet die Entscheidung des OLG Köln eine stärkere Verhandlungsposition. Sie können sich nun auf einen Präzedenzfall berufen, um eine höhere Transparenz und potenziell bessere Konditionen in den Verträgen zu fordern. Das Urteil ist ein wichtiges Instrument, um den Wert ihrer Arbeit nachvollziehbar zu machen und sich gegen eine unangemessen niedrige Vergütung zu wehren. Das Potenzial für höhere Einnahmen durch Nachvergütungsansprüche ist eine klare Chance.

Gleichzeitig könnten sich die Verhandlungen mit Sendeanstalten als komplexer erweisen. Wenn Sender vorsichtiger werden, könnten sie restriktivere Verträge anbieten, die versuchen, die Auskunftsrechte der Urheber zu beschränken. Zudem kann die rechtliche Durchsetzung der Ansprüche aufwendig und kostspielig sein. Letztlich schafft das Urteil eine stärkere rechtliche Grundlage, um eine angemessene Vergütung durchzusetzen, verlangt von den Produzenten jedoch auch, sich auf neue, potenziell langwierige rechtliche Auseinandersetzungen einzustellen.


Gerichtsentscheidung

  • Gericht: Oberlandesgericht Köln
  • Datum: 15. November 2024
  • Aktenzeichen: 6 U 60/24
  • Fundstelle: openJur 2024, 11087

Urteil: Keine Urheberrechtsverletzung bei Abrufbarkeit eines Musikwerks von einer ausländischen Website ohne gezielten Inlandsbezug

Das Landgericht Berlin II, AZ 15 O 260/22, hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage befasst, wann das bloße Abrufbarsein eines urheberrechtlich geschützten Musikwerks über eine ausländische Website in Deutschland als Urheberrechtsverletzung gilt.

Worum ging es?

Zwei Musikverlage hatten gegen eine Schweizer Kantonalbank geklagt. Die Bank hatte ein Imagevideo produzieren lassen, das mit Musik eines bekannten Komponisten unterlegt war. Dieses Video war auf mehreren Internetseiten der Bank sowie ihrem YouTube-Kanal eingestellt – allesamt ohne sogenannte Geoblockingsperren. Theoretisch war das Video also auch aus Deutschland abrufbar.

Die Klägerinnen verlangten Schadensersatz in Millionenhöhe und umfangreiche Auskünfte, da sie meinten, dass bereits die Möglichkeit des Abrufs in Deutschland eine Urheberrechtsverletzung begründe.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht stellte zunächst klar:

  • Zuständigkeit: Das Gericht kann nur über Ansprüche entscheiden, soweit es um mutmaßliche Rechtsverletzungen in Deutschland geht. Für andere Länder ist die Schweizer Gerichtsbarkeit zuständig.
  • Rechtliche Prüfung: Die bloße Abrufbarkeit einer Website in Deutschland genügt nicht, um eine urheberrechtliche öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des deutschen Urheberrechts anzunehmen.
  • Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Anbieter gezielt ein deutsches Publikum ansprechen wollte.
  • Solche Anhaltspunkte können z.B. eine deutsche Sprache, explizite Werbung für Deutschland, Liefermodalitäten nach Deutschland oder eine erkennbare Nutzeranzahl aus Deutschland sein.

Im konkreten Fall stellte das Gericht fest:

  • Die Bank hatte weder eine deutsche Niederlassung noch deutsche Werbemaßnahmen.
  • Der Anteil deutscher Zugriffe auf die Websites lag nachweislich bei unter 1 % oder gar bei null.
  • Auch der Werbefilm selbst war nicht gezielt für den deutschen Markt bestimmt.

Daher fehle es an dem erforderlichen „wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug“.

Die Klage scheiterte somit.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil macht deutlich, dass Urheberrechtsinhaber genau darlegen müssen, dass ein klarer Bezug zu Deutschland besteht, wenn sie gegen Anbieter aus dem Ausland vorgehen. Allein die technische Möglichkeit, Inhalte in Deutschland abzurufen, reicht nicht aus.

Für Unternehmen mit internationalem Online-Auftritt bedeutet das:

  • Solange die Angebote nicht gezielt auf deutsche Nutzer zugeschnitten sind, drohen in Deutschland in der Regel keine urheberrechtlichen Risiken.
  • Dies gilt selbst bei bekannten Marken oder Inhalten, wenn die Nutzung auf andere Märkte ausgerichtet ist.

Andererseits zeigt die Entscheidung, dass bei einer gezielten Ansprache deutscher Kunden (z.B. durch deutsche Sprache, deutsche Domains oder gezielte Werbung) sehr wohl Ansprüche in Deutschland geltend gemacht werden können.


Gericht: Landgericht Berlin II
Datum der Entscheidung: 28.08.2024
Aktenzeichen: 15 O 260/22
Fundstelle: ZUM 2025, 541

Lichtbildschutz für Reproduktionsfotos: Oberster Gerichtshof (OGH) Österreich stärkt Rechte von Fotografen

Ein Mitglied eines Philatelisten-Klubs fotografierte eine historische Postkarte aus seiner Sammlung und veröffentlichte das Bild in einer Festschrift zum 90-jährigen Bestehen des Klubs. Ein emeritierter Universitätsprofessor bat später um Erlaubnis, dieses Foto in einem Buch über historische Stempel in Tirol zu verwenden. Nachdem der Fotograf die Zustimmung verweigerte, nutzte der Professor das Bild dennoch in seinem Buch. Daraufhin klagte der Fotograf auf Unterlassung und Beseitigung wegen Verletzung seines Leistungsschutzrechts gemäß § 74 öUrhG.

Entscheidung des OGH

Der OGH gab der Revision des Klägers statt und stellte klar, dass auch einfache Reproduktionsfotos, die nicht die Anforderungen an ein Lichtbildwerk erfüllen, unter den Lichtbildschutz gemäß § 74 öUrhG fallen können. Entscheidend ist, dass ein Mindestmaß an menschlicher Aufnahmetätigkeit vorliegt.

Im konkreten Fall sah das Gericht dieses Mindestmaß als gegeben an: Der Kläger hatte das Foto gezielt für eine Festschrift aufgenommen und dabei gestalterische Entscheidungen wie Blickwinkel, Belichtung und Bildausschnitt getroffen. Es handle sich daher nicht um eine bloße technische Reproduktion, sondern um eine eigenständige fotografische Leistung.

Das Gericht betonte, dass ein Lichtbildschutz nicht voraussetzt, dass besondere schöpferische Fähigkeiten vorliegen – eine rein technische, aber vom Menschen gesteuerte Aufnahme genügt.

Das Beseitigungsbegehren wurde jedoch abgewiesen, da der Beklagte sich zu Recht auf das Recht zur privaten Nutzung gemäß § 42 Abs. 4 öUrhG berufen konnte.

Übertragbarkeit auf die deutsche Rechtslage

Diese Argumentation ist direkt auf das deutsche Recht übertragbar. Auch das deutsche Urheberrecht (§ 72 UrhG) schützt einfache Lichtbilder, sofern sie nicht rein technisch, sondern durch einen menschlichen Schaffensakt entstanden sind. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) folgt derselben Linie und erkennt den Lichtbildschutz auch bei technisch einfachen, aber individuell angefertigten Fotos an.

Fazit

Auch das einfache „Abfotografieren“ mit einem Smartphone führt sowohl in Österreich wie auch in Deutschland dazu, dass der „Abfotografierer“ zumindest ein sog. Leistungsschutzrecht für das Lichtbild für sich beanspruchen kann.

Gericht: Oberster Gerichtshof (OGH) Österreich
Datum der Entscheidung: 4. April 2024
Aktenzeichen: 4 Ob 52/24m
Fundstelle: ZUM 2025, 388

Urheberrechtsverletzung durch Inhaltsangabe eines Romans in Lehrerhandreichung

Das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 28.06.2024 – Az. 19 O 5537/23, ZUM-RD 2025, 146) hat entschieden, dass die Wiedergabe der kompletten Handlung eines Romans auf einer Seite in einer Lehrerhandreichung eine urheberrechtswidrige Vervielfältigung darstellt. Die Entscheidung ist besonders relevant für Schulbuchverlage und Bildungseinrichtungen, die urheberrechtlich geschützte Werke im Rahmen von Unterrichtsmaterialien nutzen.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin ist ein Verlag, der umfassende Nutzungsrechte an einem Jugendroman mit dem Titel „E.“ hält. Die Beklagte, ein Schulbuchverlag, veröffentlichte eine Lehrerhandreichung mit umfangreichen Inhalten zu diesem Roman. Diese enthielt unter anderem eine ausführliche Inhaltsangabe sowie ein „Zitate-Spiel“ mit 20 wörtlich übernommenen Zitaten aus dem Buch. Die Klägerin mahnte die Beklagte zunächst ab und forderte Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz. Nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wurde Klage erhoben auf Zahlung der Abmahnkosten sowie Auskunft und Schadensersatzfeststellung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG Nürnberg-Fürth gab der Klage größtenteils statt:

  • Vervielfältigung der Fabel als Sprachwerk (§ 16 UrhG): Die Inhaltsangabe gibt die wesentlichen Handlungsstränge und Beziehungsgeflechte des Romans wieder und stellt damit eine Vervielfältigung eines geschützten Sprachwerks dar. Die Fabel ist eigenständig schutzfähig.
  • Unzulässige Nutzung wörtlicher Zitate (§ 51 UrhG): Die 20 wörtlich übernommenen Zitate aus dem Roman erfüllen nicht die Voraussetzungen der Zitatschranke, da es an einer eigenen Auseinandersetzung mit dem Originaltext fehlt.
  • Keine Anwendung der Schrankenregelungen (§§ 51a, 60b UrhG): Weder handelt es sich um eine Parodie, Karikatur oder ein Pastiche (§ 51a UrhG), noch liegt eine privilegierte Nutzung im Rahmen von Unterrichtsmedien (§ 60b UrhG) vor. Die Handreichung stellt keine Sammlung i.S.d. § 60b Abs. 3 UrhG dar, da sie sich ausschließlich auf ein einziges Werk konzentriert.
  • Schadensersatzanspruch (§ 97 Abs. 2 UrhG): Das Gericht bejahte die Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund fahrlässigen Handelns – insbesondere weil vor Veröffentlichung kein rechtlicher Rat eingeholt wurde.

Bedeutung der Entscheidung

Das Urteil verdeutlicht, dass eine Inhaltsangabe urheberrechtlich geschützter Werke, selbst in pädagogischem Kontext, rechtlich problematisch sein kann, wenn sie wesentliche schöpferische Elemente wiedergibt. Schulbuchverlage müssen bei der Erstellung von Unterrichtsmaterialien sorgfältig prüfen, ob die Nutzung urheberrechtlich zulässig ist oder eine Lizenz erforderlich wird. Besonders kritisch ist der Versuch, den urheberrechtlichen Schutz durch Berufung auf gesetzliche Schranken wie § 60b UrhG zu umgehen – dies greift nur bei echten „Sammlungen“ und nicht bei monografischen Lehrmaterialien.

Urheberrechtlicher Schutz für die Comic-Katze „Katze NÖ“ – OLG Frankfurt entscheidet zugunsten der Designerin

In einem aktuellen Urteil hat das OLG Frankfurt einer Designerin umfassenden Rechtsschutz für ihre humorvolle Comic-Zeichnung einer Katze mit erhobener Pfote und ausgestrecktem „Mittelfinger“ („Katze NÖ“) zugesprochen. Die Entscheidung stellt klar: Auch trivial anmutende Comic-Figuren können urheberrechtlich geschützt sein, wenn sie über eine ausreichende Schöpfungshöhe verfügen.

Was war passiert?

Die Klägerin, eine freiberuflich tätige Designerin, hatte die Figur „Katze NÖ“ entworfen und diese über eine Plattform für Print-on-Demand-Produkte veröffentlicht. Die Beklagte, ein Unternehmen für personalisierte Fotoprodukte, hatte eine nahezu identische Illustration auf Tassen und anderen Produkten verwendet (Anmerkung: In dem verlinkten Urteil sind die Zeichnungen und die Produkte mit den Plagiaten enthalten. Die Beklagte behauptete, ihre Designerin habe die Figur eigenständig und ohne Kenntnis des Originals geschaffen – sie berief sich also auf eine sogenannte „Doppelschöpfung“.

Was ist eine Doppelschöpfung?

Unter einer Doppelschöpfung versteht man im Urheberrecht den seltenen Fall, dass zwei Personen unabhängig voneinander – also ohne Kenntnis vom Werk der anderen – ein nahezu identisches Werk schaffen. In der Theorie ist das möglich, praktisch jedoch sehr selten, insbesondere wenn das Werk eine hohe Individualität aufweist.

Gerichte nehmen bei großer Übereinstimmung regelmäßig an, dass das spätere Werk vom früheren beeinflusst wurde – entweder bewusst oder unbewusst. Wer sich auf eine Doppelschöpfung beruft, muss also darlegen, dass keinerlei Kontakt zum Original bestand und das eigene Werk völlig eigenständig entstanden ist. Diese Hürde ist hoch – und wurde im vorliegenden Fall nicht überwunden.

Das OLG Frankfurt hielt die Behauptung der Beklagten für unglaubwürdig. Die behauptete Unabhängigkeit vom Originalwerk war angesichts der fast identischen Linienführung, Gestik und sogar der identischen Positionierung des Wortes „NÖ“ unter der Figur nicht plausibel.

Warum ist „Katze NÖ“ urheberrechtlich geschützt?

Das OLG Frankfurt stellte fest, dass die Zeichnung „Katze NÖ“ eine sogenannte persönliche geistige Schöpfung darstellt und damit die Voraussetzungen eines urheberrechtlich geschützten Werks gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG erfüllt. Besonders betont wurde dabei die Kombination aus einer konturenhaft und niedlich gestalteten Katzenfigur mit der provokanten Geste des „Mittelfingers“. Diese ungewöhnliche und originelle Kombination vermittelt eine klare Bildaussage („Abwehrhaltung“) und hebt sich deutlich vom bekannten Formenschatz ab.

Das Gericht hob hervor, dass gerade diese kreative Verbindung von Niedlichkeit und menschlicher Schmähgeste in dieser Form bisher nicht bekannt war. Auch die handwerkliche Ausführung – zunächst mit Pinsel, dann digitalisiert – zeige eine individuelle künstlerische Handschrift.

Wie hat das OLG entschieden?

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab der Berufung der Klägerin in vollem Umfang statt und sprach ihr sämtliche beantragten Ansprüche zu.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt einmal mehr: Auch scheinbar einfache, humorvolle Illustrationen können urheberrechtlich geschützt sein – vorausgesetzt, sie weisen eine individuelle schöpferische Leistung auf. Für Unternehmen, die mit solchen Motiven arbeiten, bedeutet das: Vorsicht beim Design – und im Zweifel vorher recherchieren und Rechte klären. Wer sich auf eine Doppelschöpfung beruft, muss diese fundiert und nachvollziehbar darlegen können – was im Ernstfall nur selten gelingt.

GEMA klagt gegen Suno: Was bedeutet das für KI-generierte Musik und das Urheberrecht?

Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) hat Klage gegen das US-amerikanische KI-Unternehmen Suno Inc. eingereicht. Suno bietet ein KI-Tool an, das mithilfe von einfachen Anweisungen (sogenannten Prompts) Audioinhalte erzeugen kann. Die GEMA wirft Suno vor, geschützte Aufnahmen aus ihrem Repertoire ohne Lizenz verwendet zu haben, was eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Konkret geht es darum, dass die KI Audioinhalte generiere, die bekannten Songs wie „Forever Young“, „Atemlos“ oder „Daddy Cool“ zum Verwechseln ähnlich sein sollen.

Was sind die Vorwürfe der GEMA?

  • Urheberrechtsverletzung: Die GEMA argumentiert, dass Suno durch die Nutzung der Werke ihrer Mitglieder das Urheberrecht verletze. Dies betreffe sowohl die Erstellung der Aufnahmen in den Systemen von Suno als auch die Nutzung der Originalwerke zum Trainieren der KI.
  • Fehlende Vergütung: Die GEMA kritisiert, dass Suno das Repertoire der GEMA systematisch für das Training ihres Musiktools genutzt und dieses nun kommerziell verwertet habe, ohne die Urheber finanziell zu beteiligen.
  • Forderung nach einem fairen Miteinander: Die GEMA betont, dass eine partnerschaftliche Lösung mit KI-Unternehmen nur mit der Einhaltung von Grundregeln eines fairen Miteinanders möglich sei, einschließlich des Erwerbs von Lizenzen.

Was fordert die GEMA?

Die GEMA fordert eine faire Vergütung für die Nutzung der Werke ihrer Mitglieder. Sie schlägt ein „Zwei-Säulen“-Lizenzmodell vor:

  • Vergütung für das KI-Training: Die GEMA verlangt, dass 30 Prozent der Netto-Einnahmen von Suno an die Urheber fließen, inklusive einer Mindestvergütung.
  • Beteiligung an generierten Werken: Die GEMA ist der Ansicht, dass die generierten Werke so stark auf den Originalwerken basieren, dass die Urheber auch an deren Nutzung beteiligt werden müssen.

Rechtliche Herausforderungen

Das Verfahren wirft wichtige Fragen in Bezug auf das Urheberrecht auf:

  • Rechtmäßigkeit des KI-Trainings: War das Training der Suno-KI mit urheberrechtlich geschützten Werken rechtmäßig? Das Urheberrechtsgesetz erlaubt in bestimmten Fällen das „Text- und Data Mining“ (§§ 44b, 60d UrhG), also die automatisierte Analyse digitaler Werke zur Mustererkennung. Allerdings gibt es hier Einschränkungen, insbesondere wenn die Urheber der Nutzung ihrer Werke für das KI-Training widersprochen haben.
  • Nutzungsvorbehalt: Entscheidend ist, ob die GEMA einen wirksamen Nutzungsvorbehalt erklärt hat. Seit 2021 erlaubt § 44b UrhG Text- und Data Mining, es sei denn, die Urheber haben dem „maschinenlesbar“ widersprochen. Ob ein solcher Widerspruch in maschinenlesbarer Form vorliegt, ist jedoch umstritten.
  • Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe: Die GEMA argumentiert, dass bereits die Generierung der KI-Songs eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe darstellt. KI-Systeme arbeiten jedoch nicht mit exakten Kopien, sondern mit statistischen Mustern.
  • Pflichten der KI-Anbieter: Nach dem AI Act müssen Anbieter von Mehrzweck-KI-Systemen wie Suno eine Strategie zur Einhaltung des EU-Urheberrechts vorlegen.

LG Hamburg: Nutzung von Bildern für KI-Training

Das Landgericht Hamburg hat sich in einem Urteil vom 27.09.2024 (Az. 310 O 227/23) mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für das Training von KI-Systemen zulässig ist. Das Gericht hat entschieden, dass die Schrankenregelung des § 44a UrhG (vorübergehende Vervielfältigungshandlungen) für Trainingszwecke von KI nicht anwendbar ist.

  • Keine Flüchtigkeit: Das Gericht argumentierte, dass die Speicherung der Werke auf den Servern des KI-Herstellers nicht „flüchtig“ im Sinne des Gesetzes sei.
  • Keine Begleitfunktion: Das Herunterladen der Bilddateien zur Analyse sei kein bloß begleitender Prozess, sondern ein bewusster Beschaffungsprozess.

Allerdings tendierte das LG Hamburg in seiner Entscheidung dazu, dass ein Nutzungsvorbehalt in natürlicher Sprache (z.B. in AGB) genügen müsse, um die Nutzung eines Werkes für KI-Training zu untersagen. Dies könnte auch für die Klage der GEMA relevant sein, da es fraglich ist, ob die GEMA bzw. ihre Mitglieder einen solchen maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt rechtzeitig erklärt haben.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Klage der GEMA gegen Suno ist ein Präzedenzfall. Es ist noch unklar, wie die Gerichte die Nutzungsvorbehalte der Urheber bewerten werden. Das Urteil könnte richtungsweisende Antworten auf die Frage geben, wie mit KI-generierter Musik und dem Urheberrecht umzugehen ist.

Parallele in den USA

Auch in den USA gibt es ähnliche Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit KI-Training und Urheberrecht.

  • Ein US-Gericht, der District Court of Delaware, hat im Fall Thomson Reuters ./. Ross Intelligence entschieden, dass die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte zum Training einer KI nicht unter die „Fair Use“-Doktrin fällt, wenn das KI-Training kommerziellen Zwecken dient und sich negativ auf den Wert des geschützten Werks auswirkt.
  • Dieses Urteil könnte Auswirkungen auf KI-Anbieter haben, die in den USA tätig sind. Bemerkenswert ist, dass das Gericht die meisten Gerichtsentscheidungen, auf die sich KI-Unternehmen bislang berufen haben, als „irrelevant“ abgelehnt hat.
  • Die Entscheidung des US-Gerichts betraf einen Fall, in dem eine KI-Suchmaschine mit urheberrechtlich geschützten Headnotes trainiert wurde. Das Gericht argumentierte, dass die Nutzung nicht „transformierend“ sei, da die KI lediglich ein Konkurrenzprodukt erstellen sollte. Dies könnte ein wichtiger Unterschied zur generativen KI sein, die neue und transformative Werke schaffen kann. Das Gericht betonte, dass Ross mit seiner KI direkt mit Westlaw konkurrieren wollte, was ausreiche, um eine Marktbeeinträchtigung festzustellen. Es sei unerheblich, ob Reuters bereits KI-Trainingsdaten vermarkte – die Möglichkeit, dies zu tun, sei rechtlich schutzwürdig.

Auswirkungen für Deutschland

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtslage im Bereich der KI-generierten Musik, aber auch bei Texten, Grafiken etc., entwickeln wird.

Die mit der Nutzung von urheberrechtlichen Inhalten zu Trainingszwecken verbundenen urheberrechtlichen Fragen werden vermutlich erst in einigen Jahren höchstrichterlich geklärt werden. Es könnte sein, dass sich bis dahin entweder der Gesetzgeber entschließt, das Thema neu zu regeln (und dann, so ist meine Vermutung, eine „KI-Abgabe“ einführt, die an Verwertungsgesellschaften wie die GEMA zu zahlen ist) oder es zu Vereinbarungen zwischen Anbietern von KI und Verwertungsgesellschaften kommen wird.

Grönemeyer vs. CDU: Nutzung von Musik zu Wahlkampfzwecken

Kürzlich wurde in den Medien darüber berichtet, dass der bekannte Musiker Herbert Grönemeyer der CDU über seinen Anwalt untersagt hat, dessen Song „Zeit, dass sich was dreht“ für den Wahlkampf von Friedrich Merz zu nutzen.

Aus CDU-Kreisen war sodann zu lesen, dass die CDU für die Musik-Nutzung im Rahmen der Veranstaltung die entsprechenden Gebühren an die GEMA abgeführt habe.

In einem solchen Fall geht es aber nicht um die wirtschaftlichen Verwertungsrechte, die von der GEMA wahrgenommen werden, so z.B. das Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe über Lautsprecher.

Sondern es geht vielmehr um das Urheberpersönlichkeitsrecht bzw. das auch ausübenden Künstlern zustehende Künstlerpersönlichkeitsrecht.

Der BGH hat bereits mit Beschluss vom 11.05.2017, Az.: I ZR 147/16, GRUR-RR 2018, 61, festgestellt, dass jedenfalls in das Urheberpersönlichkeitsrecht eingegriffen werde, wenn Musik auf einer Wahlkampfveranstaltung einer verfassungswidrigen politischen Partei abgespielt werde.

Auch die bekannte Schlagersängerin Helene Fischer ist bereits erfolgreich gegen die NPD vorgegangen und hat dieser Partei untersagt, dass ihr Hit „Atemlos durch die Nacht“ auf politischen Veranstaltungen der Partei gespielt wird.

In den beiden entschiedenen Fällen ging es stets um besonders krasse Fälle, nämlich um die Nutzung eines Musikstücks auf Veranstaltungen einer rechtsextremen Partei.

Es stellt sich also die Frage, ob auch das Urheberpersönlichkeitsrecht einschlägig ist, wenn ein Musikstück von einer verfassungskonformen Partei, wie hier der CDU, benutzt wird und diese die GEMA-Gebühren für die öffentliche Wiedergabe bezahlt.

Der überwiegende Teil der Urheberrechtler geht allerdings davon aus, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht so weit reicht, dass es ein Urheber nicht hinnehmen muss, wenn seine Musik für eine Wahlkampfveranstaltung eingesetzt wird von einer Partei verwendet wird, welcher er nicht nahesteht, wie es wohl im vorliegenden Fall von Grönemeyer und der CDU ist.

Europäischer Gerichtshof zum Framing

Der EuGH hat mit Urteil vom 09.03.2021, Az.: C-392/19, eine Grundsatzentscheidung dazu getroffen, ob bzw. ab wann das sog. Framing die Rechte eines Urhebers verletzen kann.

Unter Framing versteht man die Einbindung der Inhalte fremder Internetseiten in den eigenen Webauftritt. Typisches Beispiel ist die Einbindung von YouTube-Videos auf die eigene Seite. Im Rechtssinne liegt Framing dann vor, wenn die Sichtbarkeit des eingebundenen Inhalts nicht mehr gegeben ist, wenn von der Originalwebseite der Inhalt entfernt wird. Wird also im obigen Beispielsfall das YouTube-Video auf YouTube gelöscht, so ist auch das geframte Video auf der Webseite, auf der das YouTube-Video eingebunden war, nichts mehr zu sehen.

In seinem Urteil stellt der EuGH zunächst klar, dass Framing grundsätzlich urheberrechtlich zulässig ist. Auch die Änderung der Größe eines eingebundenen Werks spielt keine Rolle. Um beim obigen Beispiel zu bleiben: Wurde also bei YouTube das Werk vom Originalurheber eingestellt und wird dieses eingestellte Video in den eigenen Webauftritt eingebunden, so muss der Webseitenbetreiber nicht noch zusätzlich die Zustimmung zur sog. öffentlichen Zugänglichmachung vom Originalurheber des YouTube-Videos einholen. Nur dann, wenn weitere Rechte betroffen sein könnten (z.B. Werberecht), kann eine solche Zustimmung notwendig werden.

Im vorliegenden Fall ging es jedoch um eine Ausnahme:

Nämlich darum, ob sich an diesem Grundsatz etwas ändert, wenn der Originalurheber auf der eigenen Seite technische Maßnahmen getroffen hat, damit ein solches Framing nicht möglich ist. Um das Original also dann zu „framen“, müsste man die vom Originalurheber getroffenen Beschränkungen in irgendeiner Weise überwinden. Der EuGH hat nun geurteilt, dass in Fällen, in denen der Originalurheber solche beschränkenden Maßnahmen trifft, das Framing (ausnahmsweise) in die Rechte des Originalurhebers eingreift, weil der Originalurheber durch die beschränkenden Maßnahmen klar zu erkennen gegeben hat, dass er die Veröffentlichung für das allgemeine Publikum auf allen Webseiten nicht wünscht. Berücksichtigt man dies nicht und framed den Inhalt trotz der Beschränkungen, so liegt eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung des Urhebers vor, so der EuGH.