LG München I: Google muss Identität hinter Kununu-Bewertungen offenlegen

Das Landgericht München I (Beschluss vom 19.02.2025 – 25 O 9210/24, GRUR-RS 2025, 3167) hat entschieden, dass auch der Betreiber eines E-Mail-Dienstes – hier: Google mit seinem Dienst Gmail – zur Auskunft über Nutzerdaten verpflichtet ist, wenn über die jeweilige E-Mail-Adresse rechtsverletzende Inhalte auf anderen Plattformen verbreitet wurden. Es geht um sogenannte „Kettenauskünfte“, die bei anonymen Onlinebewertungen auf Portalen wie Kununu eine zentrale Rolle spielen können.

Hintergrund

Ein mittelständisches Unternehmen aus der Automobilbranche sah sich im Juni und Juli 2022 mehreren negativen Bewertungen auf dem Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu ausgesetzt. Zwei davon waren besonders rufschädigend: Unter den Überschriften „Außen hui innen pfui“ und „Traumschiff Surprise, planlos durch all Geschäftsleitung schreibt die positiven Bewertungen“ wurden dem Unternehmen unter anderem Umweltverstöße sowie altersdiskriminierende Kündigungen vorgeworfen.

Kununu konnte dem Unternehmen lediglich die hinterlegten Gmail-Adressen der Verfasser mitteilen, da keine weiteren Daten gespeichert waren. Um die Identität der Bewertenden festzustellen und mögliche zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen, beantragte das Unternehmen beim LG München I die Gestattung und Verpflichtung zur Auskunft gegenüber Google LLC.

Das Unternehmen beantragte u.a., die Gestattung und Verpflichtung zur Auskunft über

  • – Name,
  • – Anschrift sowie
  • – Geburtsdatum der Gmail-Nutzer, deren Adressen Kununu mitgeteilt hatte.

    Die Entscheidung

    Das Gericht entschied wie folgt:

    • – Google muss Name und Anschrift der Gmail-Nutzer herausgeben, soweit diese Daten gespeichert sind.
    • – Die Herausgabe des Geburtsdatums wurde abgelehnt.

    Wesentliche Erwägungen

    1. Anwendung des TDDDG auf Gmail: Gmail ist ein „digitaler Dienst“ im Sinne des § 21 TDDDG. Dass es sich auch um einen Telekommunikationsdienst i.S.d. TKG handelt, steht der parallelen Anwendung des TDDDG nicht entgegen.
    2. Kettenauskunft zulässig: Der Auskunftsanspruch erfordert keine unmittelbare Verbreitung der rechtsverletzenden Inhalte über den Dienst von Google. Maßgeblich ist allein, dass Google als Anbieter der zur Identifikation notwendigen E-Mail-Adresse auftritt.
    3. Rechtswidrigkeit der Bewertungen: Das Gericht stufte bestimmte Passagen der Kununu-Bewertungen – etwa über das angebliche Kippen von Ölen in Abflüsse oder die Entlassung älterer Mitarbeiter – als unwahre Tatsachenbehauptungen ein, die den Tatbestand der §§ 185, 186 StGB verwirklichen.
    4. Kein Anspruch auf Geburtsdatum: Für die zivilrechtliche Anspruchsverfolgung reichten Name und Anschrift aus. Das Geburtsdatum sei hierfür nicht erforderlich.

    Fazit

    Diese Entscheidung stärkt die Position von Unternehmen im Kampf gegen anonyme, potenziell rufschädigende Online-Bewertungen. Sie zeigt, dass über § 21 TDDDG eine lückenlose Identifizierung auch dann möglich ist, wenn Plattformen wie Kununu nur E-Mail-Adressen speichern. Besonders praxisrelevant ist die Feststellung, dass auch Google als Betreiber von Gmail zur Auskunft verpflichtet werden kann – selbst wenn Gmail selbst nicht zur Veröffentlichung der Bewertungen genutzt wurde.

    Unberechtigte Weitergabe von Zugangsdaten

    Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit seinem Urteil vom 27.12.2024 (AZ: 19 O 556/24, GRUR-RS 2024, 39936) entschieden, dass die unberechtigte Weitergabe von Zugangsdaten zu einer geschäftlichen Datenbank eine Verletzung vertraglicher Pflichten und von Geschäftsgeheimnissen darstellt. Die Beklagte wurde zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadenersatz verpflichtet.

    Sachverhalt

    Der Kläger betreibt eine kostenpflichtige gesundheitspolitische Informationsdatenbank, die nur durch individuell zugewiesene Passwörter zugänglich ist. Die Beklagte, ein Unternehmen im Gesundheitssektor, hatte eine Lizenz für bis zu zehn benannte Nutzer. Entgegen den vertraglichen Bestimmungen wurden jedoch Zugangsdaten an zwei Mitarbeiter eines verbundenen Unternehmens weitergegeben, die nicht als berechtigte Nutzer registriert waren.

    Entscheidung des Gerichts

    Das LG Nürnberg-Fürth gab der Klage teilweise statt und entschied:

    1. Unterlassungsanspruch: Die Beklagte darf zukünftig keine individuell vergebenen Zugangsdaten an Dritte weitergeben. Dies begründete das Gericht sowohl mit einer Vertragsverletzung (§§ 280, 241 BGB) als auch mit einem Verstoß gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG). Die Datenbank und die Zugangsdaten stellen Geschäftsgeheimnisse dar, da sie wirtschaftlichen Wert besitzen und durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt sind.
    2. Auskunftsanspruch: Die Beklagte muss umfassend darlegen, an wen und in welchem Umfang Zugangsdaten weitergegeben wurden. Dies umfasst auch die Vorlage relevanter Belege. Das Gericht stützte diesen Anspruch auf § 8 GeschGehG sowie § 242 BGB.
    3. Schadensersatzfeststellung: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte dem Kläger allen durch die Weitergabe entstandenen und noch entstehenden Schaden ersetzen muss. Der genaue Umfang ist noch zu beziffern.
    4. Abweisung der Klage in Teilen:
      • Kein Urheberrechtsverstoß: Die reine Weitergabe von Passwörtern stellt keine urheberrechtliche Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe der Datenbank dar (§ 87b UrhG).
      • Kein Wettbewerbsverstoß: Eine gezielte unlautere Behinderung nach § 4 UWG wurde abgelehnt, da die Beklagte keine Verdrängungsabsicht hatte.
      • Kein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung: Eine öffentliche Bekanntmachung des Urteils auf Kosten der Beklagten wurde als unverhältnismäßig angesehen.

    Fazit

    Das Urteil verdeutlicht, dass die unberechtigte Weitergabe von Zugangsdaten nicht nur eine Vertragsverletzung darstellt, sondern auch gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz verstoßen kann. Unternehmen sollten daher strikte interne Regelungen zur Passwortverwaltung und Zugangskontrolle einhalten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

    OLG Brandenburg: Wann ist man Unternehmer im Sinne des BGB?

    Das OLG Brandenburg, Urteil vom 04.02.2025, AZ: 6 U 48/24, hatte in seiner Entscheidung vom 04.02.2025 die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB zu prüfen. Diese ist entscheidend für die Frage, ob einem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht oder nicht. Im Zentrum des Rechtsstreits stand der Verkauf eines Sportbootes über eine Online-Plattform. Der Beklagte widerrief den Kaufvertrag und berief sich darauf, dass der Verkäufer (Kläger) als Unternehmer gehandelt habe. Das OLG Brandenburg verneinte dies und stellte dabei wesentliche Kriterien heraus, anhand derer eine Unternehmereigenschaft festgestellt wird.

    Kriterien für die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB

    Nach § 14 BGB ist Unternehmer, wer bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Das Gericht legte folgende Merkmale zur Bestimmung der Unternehmereigenschaft dar:

    1. Planmäßige und auf Dauer angelegte Tätigkeit:
      • Wer regelmäßig Leistungen gegen Entgelt anbietet, kann als Unternehmer gelten.
      • Einzelne oder sporadische Verkäufe genügen nicht.
    2. Art der Verkäufe und Anzahl der Transaktionen:
      • Der Kläger hatte über 600 Transaktionen auf der Plattform durchgeführt, jedoch verteilt über 15 Jahre (durchschnittlich drei Verkäufe pro Monat).
      • Keine Einordnung als gewerbsmäßige Tätigkeit, da keine besondere Systematik oder größere Mengen gleichartiger Produkte verkauft wurden.
    3. Erkennbares unternehmerisches Auftreten:
      • Kein Status als „Powerseller“ oder Ähnliches.
      • Verkauf von Einzelstücken aus verschiedenen Kategorien (Uhren, Schmuck, Werkzeuge, Autozubehör, Bücher, Boot), keine Spezialisierung auf bestimmte Waren.
    4. Vorherige gewerbliche Tätigkeiten:
      • Der Kläger hatte in der Vergangenheit ein Kfz-Gewerbe und Bootstransporte betrieben, dies jedoch vor langer Zeit aufgegeben.
      • Die frühere gewerbliche Tätigkeit hatte keinen erkennbaren Zusammenhang mit dem aktuellen Verkauf des Bootes.
    5. Gewinnerzielungsabsicht:
      • Eine solche ist für die Unternehmereigenschaft nicht zwingend erforderlich, kann aber ein Indiz sein.
      • Der Kläger hatte das Boot ursprünglich für den Eigenbedarf gekauft, was gegen eine gewerbliche Tätigkeit spricht.
    6. Besondere Vertragsklauseln:
      • Die Verwendung einer Haftungsklausel mit pauschalem Schadensersatzanspruch könnte zwar auf ein geschäftliches Handeln hindeuten, reicht jedoch allein nicht aus.

    Abgrenzung zur Bagatellgrenze des Steuerrechts

    Das Gericht stellte zudem klar, dass das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PlStTG) keine direkte Relevanz für die zivilrechtliche Bewertung hat. Auch wenn eine Person die Bagatellgrenze von 30 Verkäufen und 2000 € Umsatz pro Jahr überschreitet, bedeutet dies nicht automatisch, dass eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des BGB vorliegt.

    Fazit: Keine Unternehmereigenschaft des Klägers

    Das OLG Brandenburg kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger beim Verkauf des Bootes nicht als Unternehmer gehandelt hat. Der Beklagte konnte sich daher nicht auf ein Widerrufsrecht berufen. Die Entscheidung zeigt, dass die Beurteilung der Unternehmereigenschaft eine Einzelfallprüfung erfordert und verschiedene Kriterien berücksichtigt werden müssen.

    Automatisierte Antworten auf Impressums-E-Mails sind irreführend

    Das Landgericht München I hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine automatisierte Antwort-E-Mail, die auf alternative Kontaktwege verweist, eine Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a UWG darstellt (Urteil vom 25.02.2025, Az. 33 O 3721/24, nicht rechtskräftig). Die Wettbewerbszentrale hatte gegen einen bekannten Anbieter von Internetdiensten für Performance und Cybersicherheit geklagt, da dieser zwar eine E-Mail-Adresse im Impressum angab, jedoch auf Anfragen an diese Adresse lediglich eine automatisierte Antwort versendete.

    Fehlende echte Erreichbarkeit per E-Mail

    Laut den Feststellungen des Gerichts ist eine im Impressum angegebene E-Mail-Adresse nur dann gesetzeskonform, wenn sie eine unmittelbare Kommunikation ermöglicht. Diese Anforderung ergibt sich aus § 5 Digitale-Dienste-Gesetz (DDG), welcher die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG umsetzt. Eine echte Erreichbarkeit sei nicht gegeben, wenn Anfragen nur mit einer automatisierten Antwort quittiert werden, die auf alternative Kommunikationswege wie ein Kontaktformular verweist.

    Das Gericht betonte, dass der Gesetzgeber bewusst die E-Mail als Kommunikationsmittel vorgeschrieben habe, da sie eine unmittelbare Kontaktaufnahme ohne Einschränkungen durch Zeichenbegrenzungen oder vordefinierte Kategorien ermögliche. Ein Verweis auf andere Kontaktmöglichkeiten genüge daher nicht den gesetzlichen Anforderungen.

    Auswirkungen auf Unternehmen

    Das Urteil hat weitreichende Folgen für Unternehmen, die im Impressum eine E-Mail-Adresse angeben, aber in der Praxis nur automatisierte Antworten verschicken. Wer eine E-Mail-Adresse nennt, muss sicherstellen, dass diese auch tatsächlich zur Kommunikation genutzt werden kann. Andernfalls drohen Abmahnungen und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen.

    Unternehmen sollten daher prüfen, ob ihre E-Mail-Adresse im Impressum tatsächlich für den unmittelbaren Kontakt nutzbar ist. Eine rein automatisierte Antwort, die lediglich alternative Kontaktwege aufzeigt, ist nicht ausreichend und kann als wettbewerbswidrig gewertet werden.

    Kein Schmerzensgeld für unerwünschte Werbe-E-Mail

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. VI ZR 109/23) entschieden, dass eine einzelne unerwünschte Werbe-E-Mail nicht ausreicht, um einen immateriellen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu begründen. Damit wurde die Klage eines Verbrauchers auf Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zurückgewiesen.

    Sachverhalt

    Der Kläger hatte im Januar 2019 beim Beklagten Aufkleber für seinen Briefkasten mit der Aufschrift „Betteln und Hausieren verboten“ erworben. Am 20. März 2020 erhielt er vom Beklagten eine Werbe-E-Mail, in der ihm weiterhin Dienstleistungen angeboten wurden. Daraufhin widersprach der Kläger der Nutzung seiner personenbezogenen Daten für Werbezwecke und forderte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sowie ein „Schmerzensgeld“ in Höhe von 500 Euro nach Art. 82 DSGVO.

    Der Beklagte erkannte den Unterlassungsanspruch an, verweigerte jedoch die Zahlung des immateriellen Schadensersatzes. Das Amtsgericht Tuttlingen und das Landgericht Rottweil wiesen die Klage insoweit zurück. Der Kläger legte daraufhin Revision beim BGH ein.

    Entscheidung des BGH

    Der BGH wies die Revision des Klägers zurück und entschied, dass ein bloßer DSGVO-Verstoß allein nicht automatisch einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz auslöst. Ein Schaden muss konkret dargelegt werden.

    1. Kein genereller Anspruch bei Bagatellverstößen: Der EuGH hatte bereits klargestellt, dass es keine Erheblichkeitsschwelle gibt, ein immaterieller Schaden aber nachweisbar sein muss.
    2. Fehlende substantielle Darlegung eines Schadens: Der Kläger habe lediglich subjektive Unannehmlichkeiten beschrieben, aber keine nachweisbaren negativen Folgen erläutert.
    3. Kein Kontrollverlust über personenbezogene Daten: Da die E-Mail-Adresse des Klägers nicht an Dritte weitergegeben wurde, fehle es an einem relevanten Kontrollverlust.
    4. Hypothetische Befürchtungen reichen nicht aus: Eine bloße Sorge um einen möglichen Missbrauch personenbezogener Daten genügt nicht für die Annahme eines immateriellen Schadens.

    Fazit

    Das Urteil des BGH bestätigt, dass nicht jede ungewollte Nutzung personenbezogener Daten automatisch einen Entschädigungsanspruch nach der DSGVO auslöst. Wer Schadensersatz beansprucht, muss nachweisen, dass ihm ein spürbarer Nachteil entstanden ist. Dies dürfte insbesondere für Unternehmen von Bedeutung sein, die mit DSGVO-basierten Schadensersatzforderungen konfrontiert werden.

    Das Urteil stellt eine Klarstellung für den Umgang mit unerwünschter Werbung per E-Mail dar und zeigt, dass nicht jede Datenschutzverletzung automatisch eine finanzielle Entschädigung nach sich zieht.

    Europäischer Gerichtshof zum Framing

    Der EuGH hat mit Urteil vom 09.03.2021, Az.: C-392/19, eine Grundsatzentscheidung dazu getroffen, ob bzw. ab wann das sog. Framing die Rechte eines Urhebers verletzen kann.

    Unter Framing versteht man die Einbindung der Inhalte fremder Internetseiten in den eigenen Webauftritt. Typisches Beispiel ist die Einbindung von YouTube-Videos auf die eigene Seite. Im Rechtssinne liegt Framing dann vor, wenn die Sichtbarkeit des eingebundenen Inhalts nicht mehr gegeben ist, wenn von der Originalwebseite der Inhalt entfernt wird. Wird also im obigen Beispielsfall das YouTube-Video auf YouTube gelöscht, so ist auch das geframte Video auf der Webseite, auf der das YouTube-Video eingebunden war, nichts mehr zu sehen.

    In seinem Urteil stellt der EuGH zunächst klar, dass Framing grundsätzlich urheberrechtlich zulässig ist. Auch die Änderung der Größe eines eingebundenen Werks spielt keine Rolle. Um beim obigen Beispiel zu bleiben: Wurde also bei YouTube das Werk vom Originalurheber eingestellt und wird dieses eingestellte Video in den eigenen Webauftritt eingebunden, so muss der Webseitenbetreiber nicht noch zusätzlich die Zustimmung zur sog. öffentlichen Zugänglichmachung vom Originalurheber des YouTube-Videos einholen. Nur dann, wenn weitere Rechte betroffen sein könnten (z.B. Werberecht), kann eine solche Zustimmung notwendig werden.

    Im vorliegenden Fall ging es jedoch um eine Ausnahme:

    Nämlich darum, ob sich an diesem Grundsatz etwas ändert, wenn der Originalurheber auf der eigenen Seite technische Maßnahmen getroffen hat, damit ein solches Framing nicht möglich ist. Um das Original also dann zu „framen“, müsste man die vom Originalurheber getroffenen Beschränkungen in irgendeiner Weise überwinden. Der EuGH hat nun geurteilt, dass in Fällen, in denen der Originalurheber solche beschränkenden Maßnahmen trifft, das Framing (ausnahmsweise) in die Rechte des Originalurhebers eingreift, weil der Originalurheber durch die beschränkenden Maßnahmen klar zu erkennen gegeben hat, dass er die Veröffentlichung für das allgemeine Publikum auf allen Webseiten nicht wünscht. Berücksichtigt man dies nicht und framed den Inhalt trotz der Beschränkungen, so liegt eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung des Urhebers vor, so der EuGH.

    „Gekaufte Likes“ auf Facebook sind irreführend

    Das Landgericht Bonn musste in einem Verfahren darüber entscheiden, ob eine Werbeaktion einer Apotheke wettbewerbswidrig ist, weil diese u.a. einen (wenn auch nur geringen) wirtschaftlichen Vorteil dafür versprach, dass ein Kunde die Facebook-Seite der Apotheke „liked“ (LG Bonn, Urteil vom 04.12.2020, Az.: 14 O 82/19). Das Landgericht war der Meinung, dass es sich bei dieser Aktion um eine Werbung mit „bezahlten Empfehlungen Dritter“ handelt, die dann irreführend und damit unlauter sei, wenn dieser Umstand – also das „Bezahlen für den Like – nicht offengelegt werde. Einem „Like“ auf Facebook wohne nämlich eine positive Bewertung inne, auch wenn diese nicht mit einem Text verbunden sei, so dass sich die Zahl der „Likes“ positiv bei den Usern widerspiegle und daher mittelbar auch auf eine Kundenzufriedenheit schließen lasse. Selbst wenn der gewährte Vorteil nur sehr geringwertig sei, sei dies eine Gegenleistung, weshalb die Werbeaktion als irreführend und unlauter eingestuft wurde.

    Neues aus der Welt der DSGVO

    In den letzten Monaten gab es nach Inkrafttreten der DSGVO auch einiges an Kuriosem zu lesen:

    Angefangen von einem Zeitungsbericht über einen Apotheker, der der Meinung ist, dass er und seine Mitarbeiter keine Namensschilder im Ladengeschäft mehr tragen und auch keine namentlich bekannten Kunden mit Namen ansprechen dürfen, weil dies gegen die DSGVO verstoße, bis hin zu einem Bericht über eine Beschwerde eines Mieters in Wien darüber, dass sein Vermieter den Namen des Mieters am Klingelschild angebracht habe und der Vermieter daraufhin die Konsequenz ziehen und in bei 220.000 Mietern in rd. 2.000 Wohnanlagen alle Namensschilder entfernen will und sich im Anschluss daran die Frage stellt, ob dies auch in Deutschland so gelte. Nichts scheint sicher vor Datenschützern und es bestehen weiterhin zahlreiche Unsicherheiten.

    Neben dem bereits in meiner Newsmeldung vom 26.09.2018 genannten Urteil des LG Würzburg zur Frage, ob ein Verstoß gegen die DSGVO gleichzeitig ein Wettbewerbsverstoß ist, gibt es ein weiteres, neues Urteil mit Bezügen zur DSGVO.

    Im Ergebnis nicht überraschend hat das LG Frankfurt/Main mit Urteil vom 13.09.2018, Az.: 2-03 O 283/18, entschieden, dass ein werbetreibendes Unternehmen eine Einwilligung eines Kunden nachweisen muss, wenn der Kunde in einem Werbevideo des Unternehmens zu sehen ist.

    Der beklagte Unternehmer betrieb in Frankfurt einen Frisör-Salon. Bei der Klägerin handelte es sich um eine Kundin des Frisör-Salons. Der beklagte Unternehmer gab an, dass er in seinem Frisör-Salon regelmäßig Video- und Bildaufnahmen über die Arbeiten von ihm und seinen Angestellten anfertige, um unterschiedlichste Frisur-Techniken an dafür vorgesehenen Haarmodellen zu veranschaulichen. Die Klägerin gab an, dass sie im Frisör-Salon weder einen Hinweis auf Film- oder Bildaufnahmen gesehen und dass sie sich zudem gegen eine Anfertigung einer Fotografie explizit gewehrt habe.

    Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte der beklagte Unternehmer ein Video, auf dem u.a. auch die Klägerin zu sehen war. Die Klägerin mahnte den beklagten Frisör ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und die Entfernung des Videos von der Facebook-Seite. Nachdem der Frisör der Aufforderung nicht nachkam, beantragte die Klägerin eine einstweilige Verfügung, die dann auch vom Landgericht Frankfurt/Main erlassen wurde.

    Das Landgericht Frankfurt begründete seine Entscheidung damit, dass der beklagte Unternehmer beweisen müsse, dass er eine Einwilligung seiner Kundin dafür eingeholt habe, dass das verwendete Video von ihm im Internet veröffentlicht werden darf. Da der Frisör dies nicht beweisen konnte, ging das Gericht von einem Verstoß u.a. auch gegen die Vorschriften der DSGVO aus. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das Gericht auch auf die Frage eingegangen ist, ob die Veröffentlichung des Videos durch sog. berechtigte Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO abgedeckt sei. Im Rahmen der Abwägung erkannte das Landgericht zwar, dass „Werbung“ ein berechtigtes Interesse eines Unternehmers sei. Allerdings überwiege hier das Interesse der klagenden Kundin, weil eine Kundin eines Frisör-Salons nach Auffassung des Landgericht nicht damit rechnen müsse, während eines Besuchs beim Frisör gefilmt zu werden und sodann ohne ihre Einwilligung auch zur Werbung für das Unternehmen benutzt werde.

    Das Landgericht hat dabei auch die „alten Abwägungsvorgaben“ aus dem Kunsturhebergesetz (KUG), dort §§ 22, 23 KUG, hinzugezogen und bei der Abwägung der jeweiligen Interessen berücksichtigt.

    Mit anderen Worten:

    Das Landgericht ist der Auffassung, dass auch schon vor Inkrafttreten der DSGVO die Werbung des Frisörs als Persönlichkeitsrechtsverletzung unzulässig gewesen wäre.

    An sich kein allzu überraschendes Urteil. Interessant ist aber, dass das Landgericht im Rahmen der Begründung eine in der juristischen Fachliteratur vertretene Auffassung aufnimmt, dass die „alten Abwägungsgrundsätze“ des KUG bei Bildnis-Veröffentlichungen auch im Rahmen der DSGVO heranzuziehen sind, so dass man zumindest vom Grundsatz ausgehen kann „Alles was nach dem KUG verboten war, bleibt auch nach der DSGVO untersagt“. Ob dann aber auch umgekehrt die Aussage „Alles was nach dem KUG erlaubt war, ist auch nach der DSGVO erlaubt“ greift, ist damit noch nicht gesagt. Hier wird wiederum die Auffassung vertreten, dass die DSGVO strengere Maßstäbe an die Bildnis-Veröffentlichung anlege, als das „alte“ KUG.

    LG Würzburg: Verstoß gegen DSGVO stellt auch Wettbewerbsverstoß dar

    Das LG Würzburg hat am 13.09.2018 eine einstweilige Verfügung erlassen und geurteilt, dass der Betrieb einer ungesicherten Webseite ohne Datenschutzerklärung wettbewerbswidrig ist (AZ: 11 O 1741/18).

    Ohne dass dies detailliert begründet wird, meint das LG Würzburg, dass ein Vertsoß gegen Vorschriften der DSGVO gleichzeitig gem. § 3a UWG unlauter sei.

    Soweit ersichtlich, ist das LG Würzburg das bislang erste Gericht, dass explizit einen Verstoß gegen die DSGVO als Wettbewerbsverstoß nach § 3a UWG einstuft. Leider begründet das Gericht seine Rechtsauffassung nicht, sondern verweist lediglich auf Urteile, die noch auf altem Datenschutzrecht beruhen. Dabei gibt es einige Stimmen in der juristischen Fachliteratur, die eine andere Auffassung vertreten und der Meinung sind, dass aufgrund der Vorschrift von Art. 80 DSGVO eine gleichzeitige Verfolgung durch Mitbewerber, gestützt auf Vorschriften des UWG, nicht möglich ist.

     

    BGH zur Kundenzufriedenheitsanfrage per E-Mail

    Bewertungen durch Kunden sind für Unternehmer wichtig – insbesondere dann, wenn die Bewertung positiv ausfällt. In der Praxis ist es deshalb gängig, dass ein Unternehmen seinen Kunden bittet, ihn im Internet positiv zu bewerten. Um eine solche Bitte eines Unternehmers an einen Kunden ging es in einem aktuell vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall (Urteil vom 10.07.2018, Az.: VI ZR 225/17).

    Die Beklagte verkaufte über Amazon ihre Waren. Im Zuge der Kaufabwicklung übersandte der Händler dem Kunden – einem Verbraucher – per E-Mail die Rechnung und schrieb in diesem E-Mail u.a. Folgendes:

    „Sehr geehrte Damen und Herren,

    anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben.

    Sollte es an dem gelieferten Artikel oder unserem Service etwas auszusetzen geben, würden wir Sie herzlich darum bitten, uns zu kontaktieren. Dann können wir uns des Problems annehmen. Zur Bewertung: Über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben (…).“

    Obwohl die Bitte um Bewertung im Zuge der Kaufabwicklung und mit Übermittlung einer Rechnung erfolgte, stufte der BGH diese E-Mail als Werbung ein, mit der Folge, dass ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt werde.

    Der BGH urteilt dazu:

    „Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen überwiegt das Interesse des Klägers das Interesse der Beklagten, ihrem E-Mail-Schreiben mit der Übersendung der Rechnung an den Kläger werbende Zusätze in Form einer Kundenzufriedenheitsanfrage hinzuzufügen. Dabei ist einerseits zwar zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigte, zumal er die Kundenzufriedenheitsanfrage einfach ignorieren konnte.

    Andererseits ist das Hinzufügen von Werbung zu einer im Übrigen zulässigen E-Mail-Nachricht auch keine solche Bagatelle, dass eine Belästigung des Nutzers in seiner Privatsphäre ausgeschlossen wäre. Er muss sich mit der Kundenzufriedenheitsanfrage zumindest gedanklich beschäftigen. Zwar mag sich der Arbeitsaufwand bei einer einzelnen E-Mail in Grenzen halten. Mit der häufigen Verwendung von Werbezusätzen ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails mit solchen Zusätzen zulässig ist.“

    Insbesondere für Online-Händler ist diese Entscheidung alles andere als erfreulich.

    Es besteht damit faktisch keine sinnvolle Möglichkeit mehr, seinen Kunden darum zu bitten, dass der Kunde den Online-Händler positiv bewerten soll. Denn das Urteil des BGH hat zur Folge, dass der Online-Händler Versendung einer solchen Bitte die entsprechende Einwilligung des Verbrauchers alleine für die Versendung einer solchen Bitte per E-Mail einzuholen hat – wie und wann auch immer dies erfolgen soll.

    Die vorgenommene Abwägung des BGH ist – so meine ich – schwer zu verstehen: Denn das Interesse eines Unternehmers an Kundenbewertungen ist legitim und kann auch wichtig für die Akquise sein. Im Gegensatz dazu stellt sich doch die Frage, worin konkret denn die „Belästigung“ des Verbrauchers liegen soll.

    In Konsequenz bedeutet dies, dass ein Unternehmer immer das Risiko eingeht, sich eine Abmahnung einzufangen, falls er seine Kunden darum bittet, ihn zu bewerten.