LG München I: „Insurance“ im Namen? Nur mit klarem Hinweis auf Vermittlertätigkeit

Unternehmen streben oft nach modernen und einprägsamen Namen für ihre Geschäfte. Die Wahl der Begriffe kann jedoch, insbesondere im Finanz- und Versicherungsbereich, zu einer rechtlichen Falle werden. Ein Urteil des Landgerichts München I zeigt deutlich, wo die Grenzen zwischen Marketing und irreführender Werbung verlaufen. Ein als Versicherungsvermittler tätiges Unternehmen wurde abgemahnt – mit weitreichenden Folgen für dessen Werbestrategie.

Der Fall im Überblick: Ein Vermittler, der wie ein Versicherer auftrat

Ein Unternehmen, das als Versicherungsvermittler tätig ist, bot über seine Webseite Versicherungspakete als „Flatrates“ an. Im Firmennamen führte es die Bezeichnung „… Insurance Services GmbH“ und warb prominent mit einem Logo, das den Begriff „Insurance“ enthielt.

Auf der Webseite verglich das Unternehmen seine Angebote direkt mit denen einer „klassischen Versicherung“. Dadurch entstand für den durchschnittlichen Besucher der Eindruck, das Unternehmen sei selbst ein Versicherungsunternehmen, das eigene Produkte anbietet. Tatsächlich war es aber nur als Vermittler für andere Versicherer tätig. Ein Wettbewerbsverband sah darin eine Irreführung der Verbraucher und klagte.

Die Entscheidung des Gerichts: Eine wichtige Unterscheidung

Das Landgericht München I gab der Klage in den entscheidenden Punkten statt. Die Richter nahmen dabei eine wichtige Differenzierung vor.

1. Die Werbung war irreführend und damit unzulässig

Das Gericht stellte klar, dass der werbliche Gesamteindruck entscheidend ist. Die prominente Verwendung des Begriffs „Insurance“ im Logo, die Darstellung eigener „Flatrates“ und der direkte Vergleich mit „klassischen Versicherungen“ erweckten systematisch den falschen Eindruck, die Firma sei ein Versicherer.

Der Einwand des Unternehmens, man habe in den „Erstinformationen“ am Ende der Webseite auf die Vermittlereigenschaft hingewiesen, ließ das Gericht nicht gelten. Ein solcher versteckter Hinweis reicht nicht aus, um den dominanten, irreführenden Gesamteindruck der Werbung zu entkräften. Von Verbrauchern wird nicht erwartet, beim ersten Besuch einer Webseite sämtliche Informationen, insbesondere am Seitenende, im Detail zu lesen.

2. Der Firmenname war jedoch zulässig

Anders urteilte das Gericht über den vollständigen Firmennamen „… Insurance Services GmbH“. Hier befanden die Richter, dass der Zusatz „Services“ eine ausreichende Klarstellung darstellt. Der Begriff „Services“ (Dienstleistungen) macht deutlich, dass hier eine Dienstleistung im Zusammenhang mit Versicherungen erbracht wird – also eine Vermittlung – und nicht das Versicherungsprodukt selbst angeboten wird. In Kombination mit der Rechtsform „GmbH“, die für Versicherungsunternehmen unzulässig ist, sei die Gefahr einer Verwechslung ausreichend gering.

Konsequenzen für die Unternehmenspraxis

Aus diesem Urteil lassen sich klare Konsequenzen für die Praxis ableiten:

  • Der werbliche Gesamteindruck ist entscheidend: Aus der Entscheidung folgt, dass ein Hinweis in nachrangigen Informationstexten eine ansonsten irreführende Werbung nicht heilen kann. Die zentrale Marketingbotschaft muss für sich genommen klar und unmissverständlich sein.
  • Präzision bei der Darstellung der eigenen Rolle: Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit, die eigene Marktrolle unmissverständlich zu kommunizieren. Insbesondere Intermediäre müssen Darstellungen vermeiden, die sie als eigentliche Anbieter der Leistung erscheinen lassen.
  • Differenzierung zwischen Firma und Marke: Rechtlich relevant ist die Unterscheidung zwischen dem eingetragenen Firmennamen und der werblichen Nutzung von Markenelementen. Ein offiziell zulässiger Firmenname legitimiert nicht automatisch die Verwendung verkürzter Bestandteile in Logos oder Slogans, wenn diese für sich genommen irreführend wirken.

Fazit

Das Urteil des LG München I ist eine wichtige Mahnung, dass Transparenz im Marketing eine rechtliche Pflicht ist. Moderne und einfache Markenbotschaften dürfen niemals auf Kosten der Klarheit gehen. Eine sorgfältige Prüfung der Firmenbezeichnung und der gesamten Außendarstellung kann Unternehmen vor teuren Abmahnungen und gerichtlichen Auseinandersetzungen schützen.

Gericht: Landgericht München I
Datum: 18.06.2025
Aktenzeichen: 37 O 13498/24
Fundstelle: openJur 2025, 15555

Rechtsmissbrauch durch unzureichende Empfangskontrollen

In einem bemerkenswerten Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main, AZ: 6 U 310/24, entschieden, dass die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs im Eilverfahren rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn der Antragsteller keine ausreichenden Vorkehrungen trifft, um die Reaktion des Gegners auf eine Abmahnung entgegenzunehmen und dem Gericht mitzuteilen.

Worum ging es?
Ein Wettbewerbsverband hatte ein spanisches Unternehmen wegen des Vertriebs und der Werbung für diätetische Lebensmittel wie „DAOfood“ und „fibroDAO“ abgemahnt. Die Abmahnung enthielt eine kurze Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Parallel beantragte der Verband eine einstweilige Verfügung, wobei er angab, es habe keine Reaktion auf die Abmahnung gegeben. Tatsächlich hatte die Antragsgegnerin mehrfach per E-Mail geantwortet – unter anderem schon vor der Antragstellung –, doch die Nachrichten waren entweder im „Trash“-Ordner gelandet oder versehentlich als „gelesen“ markiert worden.

Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Frankfurt stellte klar:

  • Wer im Eilverfahren eine Abmahnung vorlegt und behauptet, darauf sei keine Reaktion erfolgt, übernimmt die Verantwortung, dass etwaige Antworten auch tatsächlich zur Kenntnis genommen und dem Gericht unverzüglich vorgelegt werden.
  • Die Pflicht zu einer redlichen Prozessführung folgt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie trifft insbesondere den Antragsteller, wenn er durch die Abmahnung vorprozessuale Äußerungsmöglichkeiten geschaffen hat.
  • Ein bloßes Versehen, wie das Übersehen von E-Mails im Spam- oder Papierkorb, kann bei einer solchen Verantwortung nicht mehr als einfache Nachlässigkeit gewertet werden. Vielmehr stellt das Verhalten eine unredliche Prozessführung dar.

Das Gericht betonte ausdrücklich: Auch wenn keine vorsätzliche Täuschung vorlag, reichte die Häufung der Versäumnisse – Nicht-Kontrolle der Spam-Ordner, voreilige Antragstellung, zögerliche Information des Gerichts nach Bekanntwerden der Antwort – aus, um einen Rechtsmissbrauch anzunehmen.

Konsequenzen für den Wettbewerbsverband
Die Folge war gravierend:

  • Die einstweilige Verfügung wurde aufgehoben.
  • Der materielle Unterlassungsanspruch blieb zwar unberührt, muss aber nun in einem regulären Klageverfahren durchgesetzt werden.
  • Der Verband musste die Kosten des gesamten Verfahrens tragen.

Praxishinweis für Unternehmen und Verbände
Das Urteil unterstreicht die hohe Sorgfaltspflicht bei der Abmahnung und der Antragstellung im Eilverfahren. Wer den Gegner abmahnt, muss:

  • sicherstellen, dass sämtliche Kommunikationskanäle (insbesondere Spam-Ordner) überwacht werden,
  • Reaktionen sofort sichten,
  • das Gericht umgehend informieren.

Unternehmen, die selbst Abmahnungen erhalten, sollten wiederum darauf achten, dass ihre Erwiderung nachweisbar beim Gegner ankommt – insbesondere wenn Fristen laufen und einstweilige Verfügungen drohen.

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main (6. Zivilsenat)
Datum der Entscheidung: 17.04.2025
Aktenzeichen: 6 U 310/24
Fundstelle: BeckRS 2025, 771 (Juris)

BGH-Urteil: Nachvergütungs- und Auskunftsansprüche des Fotografen bei werblicher Nutzung eines Portraitfotos

1. Hintergrund des Falls

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18. Juni 2025, AZ: I ZR 82/24, entschieden, dass ein Fotograf grundsätzlich Anspruch auf Auskunft und gegebenenfalls eine zusätzliche Vergütung haben kann, wenn sein Foto über Jahre hinweg umfangreich für Werbung genutzt wurde. Im Streit stand die Verwendung eines Portraitfotos der Geschäftsführerin eines Unternehmens, das Nahrungsergänzungsmittel vertreibt. Das Foto war ursprünglich für einen Trainingsplan gedacht, wurde dann aber millionenfach auf Verpackungen, in Webshops und im Teleshopping eingesetzt. Der Fotograf erhielt zunächst nur 180 Euro Honorar.

2. Was regelt § 32d UrhG?

§ 32d UrhG ist eine Vorschrift des Urheberrechtsgesetzes, die dem Urheber einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft über die Nutzung seines Werkes gibt. Das bedeutet:

  • Der Vertragspartner muss dem Urheber mitteilen, wie, in welchem Umfang und mit welchem wirtschaftlichen Erfolg das Werk verwertet wurde.
  • Ziel ist es, Transparenz zu schaffen, damit der Urheber prüfen kann, ob ihm eine weitere angemessene Vergütung nach § 32a UrhG zusteht.
  • Der Anspruch besteht grundsätzlich einmal jährlich, wenn ein Nutzungsrecht entgeltlich eingeräumt wurde.
  • Nur in bestimmten Ausnahmefällen entfällt die Pflicht zur Auskunft. Das ist z. B. der Fall, wenn der Beitrag des Urhebers nachrangig war oder wenn die Auskunftserteilung unverhältnismäßig wäre.

Im vorliegenden Fall hat der Fotograf diesen Anspruch geltend gemacht, um die Grundlage für eine zusätzliche Vergütung zu schaffen.

3. Werbliche Bedeutung des Fotos – zentrale Begründung des BGH

Ein Schwerpunkt der Entscheidung war die Frage, ob das Portraitfoto nur ein untergeordneter Beitrag zur Gesamtvermarktung der Produkte war. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 UrhG wäre der Auskunftsanspruch ausgeschlossen, wenn der Beitrag des Urhebers nur eine geringe Bedeutung hat.

Der BGH hat klargestellt, dass bei der Nutzung eines Fotos für Werbung vor allem die ökonomische Bedeutung zu prüfen ist. Im konkreten Fall sprach alles gegen eine Nachrangigkeit:

  • Das Foto wurde auf Verpackungen in über 25 Produktkategorien verwendet.
  • Es prägte den Wiedererkennungseffekt der gesamten Produktlinie.
  • Es vermittelte den Verbrauchern den Eindruck, dass die Geschäftsführerin mit ihrem Namen und ihrem Bild persönlich für Qualität und Wirksamkeit einsteht.
  • Das Bild wurde auch im Teleshopping genutzt, wo die Geschäftsführerin selbst die Produkte präsentierte.

Damit war das Foto nach Einschätzung des BGH ein zentrales Marketinginstrument, das den Verkaufserfolg maßgeblich unterstützte. Ein lediglich nachrangiger Beitrag lag daher nicht vor.

4. Voraussetzungen und Zweck des Anspruchs aus § 32d UrhG

Der Anspruch aus § 32d UrhG dient vor allem dazu, Urhebern die Informationsgrundlage für Nachvergütungsansprüche nach § 32a UrhG zu verschaffen. Das bedeutet konkret:

  • Der Urheber muss nicht schon beweisen, dass er Anspruch auf mehr Geld hat.
  • Es reicht aus, dass er die Auskunft benötigt, um die wirtschaftliche Bedeutung der Nutzung zu beurteilen.
  • Diese Transparenz soll sicherstellen, dass der Urheber an einem wirtschaftlichen Erfolg angemessen beteiligt wird.

Gleichzeitig gibt es Grenzen: Der Anspruch kann entfallen, wenn die Inanspruchnahme der Auskunft unverhältnismäßig ist oder wenn der Urheber über Jahre hinweg untätig bleibt und dadurch sein Recht verwirkt.

Im konkreten Fall hatte der Fotograf plausibel dargelegt, dass er die Auskünfte braucht, um die jahrelange Nutzung zu bewerten. Deshalb wurde der Anspruch dem Grunde nach bejaht.

5. Verwirkung wegen jahrelanger Kenntnis?

Obwohl der BGH die Auskunftsrechte im Grundsatz bestätigt hat, wurde das Urteil des Oberlandesgerichts München teilweise aufgehoben. Der Grund: Das Berufungsgericht hatte den Einwand der Beklagten nicht geprüft, der Fotograf habe die Nutzung über Jahre gekannt, akzeptiert und hohe Honorare für andere Leistungen erhalten.

Wenn ein Urheber über lange Zeit weiß, dass sein Werk auf diese Weise genutzt wird, und nicht reagiert, kann sein Anspruch verwirkt sein. Das bedeutet: Er kann dann nach Treu und Glauben keine Ansprüche mehr geltend machen, weil der Vertragspartner berechtigterweise auf sein Schweigen vertraut hat.

Das Berufungsgericht wird nun klären müssen, ob eine solche Verwirkung vorliegt. Sollte das bejaht werden, würden sowohl der Anspruch auf Nachvergütung als auch der Anspruch auf Auskunft entfallen.

6. Bedeutung für Unternehmen und Kreative

Die Entscheidung zeigt deutlich:

  • Auch ein Foto, das „nur“ auf Verpackungen erscheint, kann ein wesentliches Marketingelement sein.
  • Der Urheber hat dann weitreichende Auskunfts- und Nachvergütungsansprüche.
  • Unternehmen sollten bei der Nutzung von Bildmaterial die Vertragsgestaltung besonders sorgfältig prüfen und dokumentieren, welche Nutzungsrechte eingeräumt und wie vergütet wurden.
  • Urheber sollten nicht jahrelang abwarten, sondern frühzeitig prüfen, ob ihre Vergütung dem wirtschaftlichen Erfolg entspricht.

Gericht: Bundesgerichtshof
Datum: 18. Juni 2025
Aktenzeichen: I ZR 82/24
Vorinstanzen: Oberlandesgericht München, Urteil vom 21. März 2024 – 29 U 8077/21; Landgericht München I, Urteil vom 25. Oktober 2021 – 42 O 18987/19

Kein Schmerzensgeld für unerwünschte Werbe-E-Mail

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. VI ZR 109/23) entschieden, dass eine einzelne unerwünschte Werbe-E-Mail nicht ausreicht, um einen immateriellen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu begründen. Damit wurde die Klage eines Verbrauchers auf Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zurückgewiesen.

Sachverhalt

Der Kläger hatte im Januar 2019 beim Beklagten Aufkleber für seinen Briefkasten mit der Aufschrift „Betteln und Hausieren verboten“ erworben. Am 20. März 2020 erhielt er vom Beklagten eine Werbe-E-Mail, in der ihm weiterhin Dienstleistungen angeboten wurden. Daraufhin widersprach der Kläger der Nutzung seiner personenbezogenen Daten für Werbezwecke und forderte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sowie ein „Schmerzensgeld“ in Höhe von 500 Euro nach Art. 82 DSGVO.

Der Beklagte erkannte den Unterlassungsanspruch an, verweigerte jedoch die Zahlung des immateriellen Schadensersatzes. Das Amtsgericht Tuttlingen und das Landgericht Rottweil wiesen die Klage insoweit zurück. Der Kläger legte daraufhin Revision beim BGH ein.

Entscheidung des BGH

Der BGH wies die Revision des Klägers zurück und entschied, dass ein bloßer DSGVO-Verstoß allein nicht automatisch einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz auslöst. Ein Schaden muss konkret dargelegt werden.

  1. Kein genereller Anspruch bei Bagatellverstößen: Der EuGH hatte bereits klargestellt, dass es keine Erheblichkeitsschwelle gibt, ein immaterieller Schaden aber nachweisbar sein muss.
  2. Fehlende substantielle Darlegung eines Schadens: Der Kläger habe lediglich subjektive Unannehmlichkeiten beschrieben, aber keine nachweisbaren negativen Folgen erläutert.
  3. Kein Kontrollverlust über personenbezogene Daten: Da die E-Mail-Adresse des Klägers nicht an Dritte weitergegeben wurde, fehle es an einem relevanten Kontrollverlust.
  4. Hypothetische Befürchtungen reichen nicht aus: Eine bloße Sorge um einen möglichen Missbrauch personenbezogener Daten genügt nicht für die Annahme eines immateriellen Schadens.

Fazit

Das Urteil des BGH bestätigt, dass nicht jede ungewollte Nutzung personenbezogener Daten automatisch einen Entschädigungsanspruch nach der DSGVO auslöst. Wer Schadensersatz beansprucht, muss nachweisen, dass ihm ein spürbarer Nachteil entstanden ist. Dies dürfte insbesondere für Unternehmen von Bedeutung sein, die mit DSGVO-basierten Schadensersatzforderungen konfrontiert werden.

Das Urteil stellt eine Klarstellung für den Umgang mit unerwünschter Werbung per E-Mail dar und zeigt, dass nicht jede Datenschutzverletzung automatisch eine finanzielle Entschädigung nach sich zieht.

Influencer-Marketing: Kennzeichnungspflicht auch ohne Gegenleistung

Mit Urteil vom 19.05.2022, Az.: 6 U 56/21, hat das OLG Frankfurt entschieden, dass ein Influencer auch dann ein Posting auf Instagram mit „Werbung“ kennzeichnen muss, wenn er für ein Posting zwar keine unmittelbare Gegenleistung, jedoch das im Posting thematisierte Produkt umsonst erhalten hat.

In dem Verfahren ging es um ein Posting eines Influencers, in dem auf eBooks zum Thema „Vegane Ernährung“ hingewiesen worden ist. Für das Posting wurde der Influencer nicht bezahlt. Jedoch wurden ihm die eBooks kostenlos zur Verfügung gestellt.

Nach Auffassung des OLG Frankfurt führt dies zu einer Kennzeichnungspflicht des Postings mit „Werbung“. Das kostenlose Zurverfügungstellen des Produkts sei ein geldwerter Vorteil, weswegen das Posting als Werbung zu behandeln sei, so das OLG. Da das Posting auch nicht von vornherein und sofort als Werbung erkennbar sei, müsse auch ein entsprechender Hinweis erfolgen. Da dies unterlassen wurde, führte die Klage zu einer Verurteilung des Influencers.

Das Urteil des OLG erging noch zur „alten Rechtslage“. Zwischenzeitlich ist in § 5a Abs. 4 UWG die Rechtsauffassung des OLG bezüglich des unentgeltlichen Zurverfügungstellens des Produkts auch Gesetzeslage. Der Begriff der „Gegenleistung“ wird weit ausgelegt und insbesondere ist der Influencer dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass keine „Gegenleistung“ vorliegt.

BGH konkretisiert Anforderungen an eine Einwilligung für Werbung

Wie in der Newsmeldung vom 28. Mai 2020 berichtet, hatte der BGH mit Urteil vom selben Tag (Az.: I ZR 7/16 – „Cookie-Einwilligung II“) über Anforderungen zu Einwilligungserklärungen entschieden. Die an diesem Tag veröffentlichte Pressemitteilung des BGH beschäftigte sich vor allem mit der Frage, welche Anforderungen an eine Einwilligung zur Setzung sog. Cookies zu stellen sind.

Nachdem der BGH nun die Entscheidungsgründe veröffentlicht hat, zeigt sich, dass in der Entscheidung auch wichtige Vorgaben für die Gestaltung einer Einwilligungserklärung für Werbezwecke enthalten sind.

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Gestaltung einer entsprechenden Einwilligungserklärung in Zusammenhang mit der Durchführung eines Gewinnspiels. Jeder Nutzer von Freemail-Diensten wie web.de oder gmx.de kennt solche E-Mails: Es wird ein Gewinnspiel veranstaltet und im Zusammenhang mit der Teilnahme am Gewinnspiel soll der Verbraucher auch darin einwilligen, dass ihm künftig von „Partnern und Sponsoren“ des Gewinnspiels Werbe-E-Mails zugesendet werden.

Im vorliegenden Fall war die vorformulierte Einwilligung wie folgt gestaltet:

„[ ] ich bin einverstanden, dass einige Sponsoren und Kooperationspartner mich postalisch oder telefonisch oder per E-Mail/SMS über Angebote aus ihrem jeweiligen Geschäftsbereich informieren. Diese kann ich hier selbst bestimmen, ansonsten erfolgt die Auswahl durch den Veranstalter. Das Einverständnis kann ich jederzeit widerrufen. Weitere Infos dazu hier.“

Das Häkchen in die Einwilligungserklärung musste jeder Nutzer durch Anklicken selbst setzen. Eine Teilnahme am Gewinnspiel war aber nur möglich, wenn ein Nutzer auch tatsächlich das Häkchen gesetzt hat. Die Worte „Sponsoren und Kooperationspartner“ sowie „hier“ waren mit einem Link versehen. Bei Anklicken des Links gelangt man auf eine Liste von Partnern und Sponsoren, insgesamt 57 Unternehmen, die mit Namen, Adresse, Geschäftsbereich und die für die Werbung beabsichtigte Kommunikation genannt waren. Bei jedem der 57 Unternehmen war das Wort „abmelden“ angebracht. In der Sponsorenliste war dazu folgender Hinweis enthalten:

„Durch Anklicken auf dem Link „abmelden“ entscheide ich, dass dem genannten Partner/Sponsor kein Werbeeinverständnis erteilt werden darf. Wenn ich keinen oder nicht ausreichend viele Partner/Sponsoren abgemeldet habe, wählt …. (Name des Gewinnspielveranstalters, Anm.d.Unterz.) für mich Partner/Sponsoren nach freiem Ermessen aus (Höchstzahl: 30 Partner/Sponsoren).“

Der BGH ist der Auffassung, dass die so gestaltete Einwilligungserklärung unwirksam war. In dem Urteil des BGH heißt es dazu u.a.:

„Daran fehlt es im Streitfall, weil nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts die vom Kläger angegriffene Gestaltung der Einwilligungserklärung darauf angelegt ist, den Verbraucher mit einem aufwendigen Verfahren der Abwahl von in der Liste aufgeführten Partnerunternehmen zu konfrontieren, um ihn zu veranlassen, von der Ausübung dieser Wahl Abstand zu nehmen und stattdessen der Beklagten die Wahl der Werbepartner zu überlassen. Weiß der Verbraucher mangels Kenntnisnahme vom Inhalt der Liste und ohne Ausübung des Wahlrechts nicht, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmer die Einwilligung erfasst, liegt keine Einwilligung für den konkreten Fall vor.“

Auch wenn der BGH dies nicht explizit ausführt: In dem vorliegenden Fall war die Liste der Partner/Sponsoren mit insgesamt 57 Unternehmen zu umfangreich. Darüber hinaus waren zahlreiche Branchen in der Sponsoren- und Partnerliste erfasst. Eine bestimmte Höchstzahl von zulässigen Sponsoren oder Partnern ist der Entscheidung zwar nicht zu entnehmen. Sicherlich kann man aber sagen: Je kürzer desto besser. So hat z.B. das OLG Frankfurt/Main mit Urteil vom 27.06.2019 (Az.: 6 U 6/19) entschieden, dass eine Auflistung von insgesamt acht „Sponsoren“ wirksam ist.

Irgendwo zwischen 8 und 57 dürfte damit die zulässig mögliche Anzahl der „Sponsoren“ liegen.

Der Schwerpunkt allerdings, weshalb die Einwilligungserklärung unwirksam war, lag aber sicherlich darin begründet, dass das Verfahren für Verbraucher, Werbung von Sponsoren oder Partner „abzuwählen“, kompliziert ausgestaltet war und in Fällen, in denen der Verbraucher von seinem „Abwahlrecht“ nicht Gebrauch gemacht hatte, der Gewinnspielveranstalter bis zu 30 Sponsoren und Partner selbst auswählen konnte und durfte. Damit wurde nach Auffassung des BGH der Umfang der Einwilligung für Verbraucher intransparent.

Neues aus der Welt der DSGVO

In den letzten Monaten gab es nach Inkrafttreten der DSGVO auch einiges an Kuriosem zu lesen:

Angefangen von einem Zeitungsbericht über einen Apotheker, der der Meinung ist, dass er und seine Mitarbeiter keine Namensschilder im Ladengeschäft mehr tragen und auch keine namentlich bekannten Kunden mit Namen ansprechen dürfen, weil dies gegen die DSGVO verstoße, bis hin zu einem Bericht über eine Beschwerde eines Mieters in Wien darüber, dass sein Vermieter den Namen des Mieters am Klingelschild angebracht habe und der Vermieter daraufhin die Konsequenz ziehen und in bei 220.000 Mietern in rd. 2.000 Wohnanlagen alle Namensschilder entfernen will und sich im Anschluss daran die Frage stellt, ob dies auch in Deutschland so gelte. Nichts scheint sicher vor Datenschützern und es bestehen weiterhin zahlreiche Unsicherheiten.

Neben dem bereits in meiner Newsmeldung vom 26.09.2018 genannten Urteil des LG Würzburg zur Frage, ob ein Verstoß gegen die DSGVO gleichzeitig ein Wettbewerbsverstoß ist, gibt es ein weiteres, neues Urteil mit Bezügen zur DSGVO.

Im Ergebnis nicht überraschend hat das LG Frankfurt/Main mit Urteil vom 13.09.2018, Az.: 2-03 O 283/18, entschieden, dass ein werbetreibendes Unternehmen eine Einwilligung eines Kunden nachweisen muss, wenn der Kunde in einem Werbevideo des Unternehmens zu sehen ist.

Der beklagte Unternehmer betrieb in Frankfurt einen Frisör-Salon. Bei der Klägerin handelte es sich um eine Kundin des Frisör-Salons. Der beklagte Unternehmer gab an, dass er in seinem Frisör-Salon regelmäßig Video- und Bildaufnahmen über die Arbeiten von ihm und seinen Angestellten anfertige, um unterschiedlichste Frisur-Techniken an dafür vorgesehenen Haarmodellen zu veranschaulichen. Die Klägerin gab an, dass sie im Frisör-Salon weder einen Hinweis auf Film- oder Bildaufnahmen gesehen und dass sie sich zudem gegen eine Anfertigung einer Fotografie explizit gewehrt habe.

Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte der beklagte Unternehmer ein Video, auf dem u.a. auch die Klägerin zu sehen war. Die Klägerin mahnte den beklagten Frisör ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und die Entfernung des Videos von der Facebook-Seite. Nachdem der Frisör der Aufforderung nicht nachkam, beantragte die Klägerin eine einstweilige Verfügung, die dann auch vom Landgericht Frankfurt/Main erlassen wurde.

Das Landgericht Frankfurt begründete seine Entscheidung damit, dass der beklagte Unternehmer beweisen müsse, dass er eine Einwilligung seiner Kundin dafür eingeholt habe, dass das verwendete Video von ihm im Internet veröffentlicht werden darf. Da der Frisör dies nicht beweisen konnte, ging das Gericht von einem Verstoß u.a. auch gegen die Vorschriften der DSGVO aus. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das Gericht auch auf die Frage eingegangen ist, ob die Veröffentlichung des Videos durch sog. berechtigte Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO abgedeckt sei. Im Rahmen der Abwägung erkannte das Landgericht zwar, dass „Werbung“ ein berechtigtes Interesse eines Unternehmers sei. Allerdings überwiege hier das Interesse der klagenden Kundin, weil eine Kundin eines Frisör-Salons nach Auffassung des Landgericht nicht damit rechnen müsse, während eines Besuchs beim Frisör gefilmt zu werden und sodann ohne ihre Einwilligung auch zur Werbung für das Unternehmen benutzt werde.

Das Landgericht hat dabei auch die „alten Abwägungsvorgaben“ aus dem Kunsturhebergesetz (KUG), dort §§ 22, 23 KUG, hinzugezogen und bei der Abwägung der jeweiligen Interessen berücksichtigt.

Mit anderen Worten:

Das Landgericht ist der Auffassung, dass auch schon vor Inkrafttreten der DSGVO die Werbung des Frisörs als Persönlichkeitsrechtsverletzung unzulässig gewesen wäre.

An sich kein allzu überraschendes Urteil. Interessant ist aber, dass das Landgericht im Rahmen der Begründung eine in der juristischen Fachliteratur vertretene Auffassung aufnimmt, dass die „alten Abwägungsgrundsätze“ des KUG bei Bildnis-Veröffentlichungen auch im Rahmen der DSGVO heranzuziehen sind, so dass man zumindest vom Grundsatz ausgehen kann „Alles was nach dem KUG verboten war, bleibt auch nach der DSGVO untersagt“. Ob dann aber auch umgekehrt die Aussage „Alles was nach dem KUG erlaubt war, ist auch nach der DSGVO erlaubt“ greift, ist damit noch nicht gesagt. Hier wird wiederum die Auffassung vertreten, dass die DSGVO strengere Maßstäbe an die Bildnis-Veröffentlichung anlege, als das „alte“ KUG.

BGH zur Kundenzufriedenheitsanfrage per E-Mail

Bewertungen durch Kunden sind für Unternehmer wichtig – insbesondere dann, wenn die Bewertung positiv ausfällt. In der Praxis ist es deshalb gängig, dass ein Unternehmen seinen Kunden bittet, ihn im Internet positiv zu bewerten. Um eine solche Bitte eines Unternehmers an einen Kunden ging es in einem aktuell vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall (Urteil vom 10.07.2018, Az.: VI ZR 225/17).

Die Beklagte verkaufte über Amazon ihre Waren. Im Zuge der Kaufabwicklung übersandte der Händler dem Kunden – einem Verbraucher – per E-Mail die Rechnung und schrieb in diesem E-Mail u.a. Folgendes:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben.

Sollte es an dem gelieferten Artikel oder unserem Service etwas auszusetzen geben, würden wir Sie herzlich darum bitten, uns zu kontaktieren. Dann können wir uns des Problems annehmen. Zur Bewertung: Über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben (…).“

Obwohl die Bitte um Bewertung im Zuge der Kaufabwicklung und mit Übermittlung einer Rechnung erfolgte, stufte der BGH diese E-Mail als Werbung ein, mit der Folge, dass ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt werde.

Der BGH urteilt dazu:

„Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen überwiegt das Interesse des Klägers das Interesse der Beklagten, ihrem E-Mail-Schreiben mit der Übersendung der Rechnung an den Kläger werbende Zusätze in Form einer Kundenzufriedenheitsanfrage hinzuzufügen. Dabei ist einerseits zwar zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigte, zumal er die Kundenzufriedenheitsanfrage einfach ignorieren konnte.

Andererseits ist das Hinzufügen von Werbung zu einer im Übrigen zulässigen E-Mail-Nachricht auch keine solche Bagatelle, dass eine Belästigung des Nutzers in seiner Privatsphäre ausgeschlossen wäre. Er muss sich mit der Kundenzufriedenheitsanfrage zumindest gedanklich beschäftigen. Zwar mag sich der Arbeitsaufwand bei einer einzelnen E-Mail in Grenzen halten. Mit der häufigen Verwendung von Werbezusätzen ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails mit solchen Zusätzen zulässig ist.“

Insbesondere für Online-Händler ist diese Entscheidung alles andere als erfreulich.

Es besteht damit faktisch keine sinnvolle Möglichkeit mehr, seinen Kunden darum zu bitten, dass der Kunde den Online-Händler positiv bewerten soll. Denn das Urteil des BGH hat zur Folge, dass der Online-Händler Versendung einer solchen Bitte die entsprechende Einwilligung des Verbrauchers alleine für die Versendung einer solchen Bitte per E-Mail einzuholen hat – wie und wann auch immer dies erfolgen soll.

Die vorgenommene Abwägung des BGH ist – so meine ich – schwer zu verstehen: Denn das Interesse eines Unternehmers an Kundenbewertungen ist legitim und kann auch wichtig für die Akquise sein. Im Gegensatz dazu stellt sich doch die Frage, worin konkret denn die „Belästigung“ des Verbrauchers liegen soll.

In Konsequenz bedeutet dies, dass ein Unternehmer immer das Risiko eingeht, sich eine Abmahnung einzufangen, falls er seine Kunden darum bittet, ihn zu bewerten.

 

Kennzeichnungspflicht bei sog. Influencer-Werbung

Eines der meist diskutierten Themen derzeit ist die Frage, inwieweit sog. Influencer verpflichtet sind, ihre Beiträge z.B. auf Instagram oder YouTube mit Hinweisen wie „Werbung“ oder „Anzeige“ zu versehen.

So hat z.B. das OLG Celle mit Urteil vom 28.06.2017 entschieden, dass eine solche Kennzeichnungspflicht generell dann bestehe, wenn der Influencer für die Bewerbung der Produkte vom Partner Geld erhalte (siehe Newsmeldung vom 30.08.2017).

Dem Wettbewerbsverband – Verband sozialer Wettbewerb (VSW) – war dies nicht genug.

Der Verband ist nämlich der Auffassung, dass auch dann, wenn ein Influencer keine Gegenleistung erhält, Anpreisungen und Verlinkungen zu Waren ohne entsprechende Kennzeichnung wettbewerbswidrig seien. Mit dieser Argumentation hatte der VSW schon bereits vor dem LG Berlin sowie dem LG Osnabrück einstweilige Verfügungsverfahren gewonnen. In einem aktuellen Fall ging der VSW mit identischer Argumentation gegen die Influencerin und Ehefrau von Mats Hummels, Cathy Hummels, vor dem LG München I vor. Nachdem der VSW zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt hatte, legte Cathy Hummels über ihre Anwälte Widerspruch ein und es kam zur mündlichen Verhandlung. Dort hat das Gericht laut Berichten die Rechtsauffassung vertreten, dass eine Kennzeichnungspflicht nur für solche Waren bestehe, für die der Influencer auch tatsächlich eine Gegenleistung erhalte. Nur dann könne man von Werbung und damit von einer Kennzeichnungspflicht ausgehen.

Offenbar durch Rücknahme des Widerspruchs wurde das einstweilige Verfügungsverfahren abgeschlossen. Sowohl der VSW wie auch Cathy Hummels haben angekündigt, dass sie diese Angelegenheit nun in einem Hauptsacheverfahren und nötigenfalls auch vom BGH klären lassen wollen.

Rückruf bereits ausgelieferter und mit wettbewerbswidriger Werbung versehener Produkte

Der BGH musste sich mit Frage befassen, ob ein Unternehmen, das wegen einer wettbewerbswidrigen Werbung eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, bereits ausgelieferte Ware zurückrufen muss, damit dieses Unternehmen nicht gegen die Unterlassungserklärung verstößt (BGH, Urteil vom 04.05.2017, AZ I ZR 208/15).

Der BGH urteilte, dass sich das Unternehmen zumindest um einen Rückruf bemühen muss.

Auch bei Wettbewerbsverstößen sei derjenige, der eine Unterlassungserklärung abgibt, nicht nur zur Unterlassung verpflichtet. Von dieser Pflicht seien auch Handlungen erfasst, die dazu notwendig sind, den wettbewerbswidrigen Zustand zu beseitigen.

Anders als die Vorinstanz entschied der BGH, dass der Abnehmer der mit der wettbewerbswidrigen Werbung gekennzeichneten Ware kein Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB des wettbewerbswidrig werbenden Unternehmens sei. Hätte der BGH dies, wie das OLG, bejaht, hätte dies zur Konsequenz gehabt, dass das betroffenen Unternehmen auch für das Verschulden des Abnehmers einzustehen hat, was eine sehr weitreichende Haftung nach sich gezogen hätte.

Allerdings bejaht der BGH die Pflicht des abgemahnten und zur Unterlassung verpflichteten Unternehmens alles dafür zu tun, dass kein Weiterverkauf der unlauter gekennzeichneten Ware möglich ist:

„Das OLG ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund eigenen Fehlverhaltens haftet. Ist der Unterlassungsschuldner zur Vornahme von Handlungen verpflichtet, kann dies die Verpflichtung umfassen, auf Dritte einzuwirken, um diese zu einem Tun oder einem Unterlassen anzuhalten. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist.

Danach muss ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden ist, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner durch vertragliche Vereinbarung eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung übernommen hat. Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit einer wettbewerbswidrigen Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen.“

Mit anderen Worten:

Das Unternehmen hätte auf seinen Abnehmer zumindest einwirken müssen, dass dieser die unlauter gekennzeichnete Ware wieder zurück sendet oder zumindest die wettbewerbswidrige Werbung von der Verpackung entfernt bzw. diese überklebt. Weil dies nicht erfolgt ist, wurde das Unternehmen zur Zahlung einer Vertragsstrafe verurteilt.