Cheat‑Software bei Spielkonsolen

Der Bundesgerichtshof hat am 31. Juli 2025 eine wegweisende Entscheidung zum Einsatz sogenannter Cheat‑Software getroffen. Die Richter stellten klar: Wer mit Zusatzprogrammen den Ablauf eines Videospiels manipuliert, ohne dabei den Quell‑ oder Objektcode zu verändern, verletzt das Urheberrecht des Spieleherstellers nicht. Damit wird die Linie des Europäischen Gerichtshofs bestätigt und für Deutschland verbindlich konkretisiert. Die Entscheidung betrifft zahlreiche Entwickler, Händler und Nutzer solcher Softwareprodukte – und sorgt für mehr rechtliche Klarheit im Gaming-Markt.

Was ist „Cheat‑Software“?
Cheat‑Software wie „Action Replay“ oder ähnliche Tools sind Zusatzprogramme, die Spielern ermöglichen, bestimmte Einschränkungen eines Konsolenspiels gezielt zu umgehen. Dazu gehören etwa unbegrenzte Nutzung von „Turbos“, das Freischalten gesperrter Inhalte oder das Anpassen von Spielparametern. Technisch verändert diese Software nicht das Spiel selbst, sondern greift während der Ausführung in die variablen Daten im Arbeitsspeicher der Konsole ein. Das Programm „glaubt“ dadurch, sich in einem bestimmten Spielzustand zu befinden, ohne dass dieser tatsächlich erreicht wurde.

Die urheberrechtliche Bewertung:
Nach deutschem Urheberrecht (§§ 69a ff. UrhG) sind Computerprogramme urheberrechtlich geschützt – allerdings nur in ihren Ausdrucksformen, insbesondere im Quell‑ und Objektcode. Reine Funktionalitäten oder Ideen eines Programms sind ausdrücklich nicht geschützt. Das bedeutet: Eingriffe in den Programmablauf oder Arbeitsspeicher, die den eigentlichen Code nicht verändern, berühren nicht den urheberrechtlichen Schutzbereich.

Entscheidung des EuGH und des BGH:
Sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesgerichtshof stellten klar: Eine Software, die den Spielablauf lediglich zur Laufzeit beeinflusst, aber den Quell‑ oder Objektcode nicht ändert, stellt keine „Umarbeitung“ im Sinne des § 69c Nr. 2 UrhG dar. Die Rechte des Spieleherstellers bleiben unberührt, solange dessen geschützte Programmbestandteile nicht verändert oder vervielfältigt werden.

Weshalb liegt hier keine Urheberrechtsverletzung vor?

  • Die Cheat‑Software verändert nicht den Code der Spielesoftware.
  • Sie beeinflusst lediglich den Ablauf des Spiels im RAM – also zur Laufzeit.
  • Der urheberrechtliche Schutz bezieht sich jedoch ausschließlich auf den Programmcode, nicht auf seine Ausführung oder temporäre Speicherinhalte.

Praktische Bedeutung:
Das Urteil bringt mehr Klarheit für Entwickler und Vertreiber solcher Zusatzsoftware. Solange kein Eingriff in den Quell‑ oder Objektcode erfolgt, liegt keine Urheberrechtsverletzung vor. Dennoch ist Vorsicht geboten: Auch wenn das Urheberrecht nicht greift, können andere Rechtsnormen – etwa vertragliche Nutzungsbedingungen oder das Wettbewerbsrecht – betroffen sein.

Gericht: Bundesgerichtshof
Entscheidungsdatum: 31. Juli 2025
Aktenzeichen: I ZR 157/21

Urteil: Keine Urheberrechtsverletzung bei Abrufbarkeit eines Musikwerks von einer ausländischen Website ohne gezielten Inlandsbezug

Das Landgericht Berlin II, AZ 15 O 260/22, hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage befasst, wann das bloße Abrufbarsein eines urheberrechtlich geschützten Musikwerks über eine ausländische Website in Deutschland als Urheberrechtsverletzung gilt.

Worum ging es?

Zwei Musikverlage hatten gegen eine Schweizer Kantonalbank geklagt. Die Bank hatte ein Imagevideo produzieren lassen, das mit Musik eines bekannten Komponisten unterlegt war. Dieses Video war auf mehreren Internetseiten der Bank sowie ihrem YouTube-Kanal eingestellt – allesamt ohne sogenannte Geoblockingsperren. Theoretisch war das Video also auch aus Deutschland abrufbar.

Die Klägerinnen verlangten Schadensersatz in Millionenhöhe und umfangreiche Auskünfte, da sie meinten, dass bereits die Möglichkeit des Abrufs in Deutschland eine Urheberrechtsverletzung begründe.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht stellte zunächst klar:

  • Zuständigkeit: Das Gericht kann nur über Ansprüche entscheiden, soweit es um mutmaßliche Rechtsverletzungen in Deutschland geht. Für andere Länder ist die Schweizer Gerichtsbarkeit zuständig.
  • Rechtliche Prüfung: Die bloße Abrufbarkeit einer Website in Deutschland genügt nicht, um eine urheberrechtliche öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des deutschen Urheberrechts anzunehmen.
  • Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Anbieter gezielt ein deutsches Publikum ansprechen wollte.
  • Solche Anhaltspunkte können z.B. eine deutsche Sprache, explizite Werbung für Deutschland, Liefermodalitäten nach Deutschland oder eine erkennbare Nutzeranzahl aus Deutschland sein.

Im konkreten Fall stellte das Gericht fest:

  • Die Bank hatte weder eine deutsche Niederlassung noch deutsche Werbemaßnahmen.
  • Der Anteil deutscher Zugriffe auf die Websites lag nachweislich bei unter 1 % oder gar bei null.
  • Auch der Werbefilm selbst war nicht gezielt für den deutschen Markt bestimmt.

Daher fehle es an dem erforderlichen „wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug“.

Die Klage scheiterte somit.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil macht deutlich, dass Urheberrechtsinhaber genau darlegen müssen, dass ein klarer Bezug zu Deutschland besteht, wenn sie gegen Anbieter aus dem Ausland vorgehen. Allein die technische Möglichkeit, Inhalte in Deutschland abzurufen, reicht nicht aus.

Für Unternehmen mit internationalem Online-Auftritt bedeutet das:

  • Solange die Angebote nicht gezielt auf deutsche Nutzer zugeschnitten sind, drohen in Deutschland in der Regel keine urheberrechtlichen Risiken.
  • Dies gilt selbst bei bekannten Marken oder Inhalten, wenn die Nutzung auf andere Märkte ausgerichtet ist.

Andererseits zeigt die Entscheidung, dass bei einer gezielten Ansprache deutscher Kunden (z.B. durch deutsche Sprache, deutsche Domains oder gezielte Werbung) sehr wohl Ansprüche in Deutschland geltend gemacht werden können.


Gericht: Landgericht Berlin II
Datum der Entscheidung: 28.08.2024
Aktenzeichen: 15 O 260/22
Fundstelle: ZUM 2025, 541

Lichtbildschutz für Reproduktionsfotos: Oberster Gerichtshof (OGH) Österreich stärkt Rechte von Fotografen

Ein Mitglied eines Philatelisten-Klubs fotografierte eine historische Postkarte aus seiner Sammlung und veröffentlichte das Bild in einer Festschrift zum 90-jährigen Bestehen des Klubs. Ein emeritierter Universitätsprofessor bat später um Erlaubnis, dieses Foto in einem Buch über historische Stempel in Tirol zu verwenden. Nachdem der Fotograf die Zustimmung verweigerte, nutzte der Professor das Bild dennoch in seinem Buch. Daraufhin klagte der Fotograf auf Unterlassung und Beseitigung wegen Verletzung seines Leistungsschutzrechts gemäß § 74 öUrhG.

Entscheidung des OGH

Der OGH gab der Revision des Klägers statt und stellte klar, dass auch einfache Reproduktionsfotos, die nicht die Anforderungen an ein Lichtbildwerk erfüllen, unter den Lichtbildschutz gemäß § 74 öUrhG fallen können. Entscheidend ist, dass ein Mindestmaß an menschlicher Aufnahmetätigkeit vorliegt.

Im konkreten Fall sah das Gericht dieses Mindestmaß als gegeben an: Der Kläger hatte das Foto gezielt für eine Festschrift aufgenommen und dabei gestalterische Entscheidungen wie Blickwinkel, Belichtung und Bildausschnitt getroffen. Es handle sich daher nicht um eine bloße technische Reproduktion, sondern um eine eigenständige fotografische Leistung.

Das Gericht betonte, dass ein Lichtbildschutz nicht voraussetzt, dass besondere schöpferische Fähigkeiten vorliegen – eine rein technische, aber vom Menschen gesteuerte Aufnahme genügt.

Das Beseitigungsbegehren wurde jedoch abgewiesen, da der Beklagte sich zu Recht auf das Recht zur privaten Nutzung gemäß § 42 Abs. 4 öUrhG berufen konnte.

Übertragbarkeit auf die deutsche Rechtslage

Diese Argumentation ist direkt auf das deutsche Recht übertragbar. Auch das deutsche Urheberrecht (§ 72 UrhG) schützt einfache Lichtbilder, sofern sie nicht rein technisch, sondern durch einen menschlichen Schaffensakt entstanden sind. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) folgt derselben Linie und erkennt den Lichtbildschutz auch bei technisch einfachen, aber individuell angefertigten Fotos an.

Fazit

Auch das einfache „Abfotografieren“ mit einem Smartphone führt sowohl in Österreich wie auch in Deutschland dazu, dass der „Abfotografierer“ zumindest ein sog. Leistungsschutzrecht für das Lichtbild für sich beanspruchen kann.

Gericht: Oberster Gerichtshof (OGH) Österreich
Datum der Entscheidung: 4. April 2024
Aktenzeichen: 4 Ob 52/24m
Fundstelle: ZUM 2025, 388

Urheberrechtlicher Schutz für die Comic-Katze „Katze NÖ“ – OLG Frankfurt entscheidet zugunsten der Designerin

In einem aktuellen Urteil hat das OLG Frankfurt einer Designerin umfassenden Rechtsschutz für ihre humorvolle Comic-Zeichnung einer Katze mit erhobener Pfote und ausgestrecktem „Mittelfinger“ („Katze NÖ“) zugesprochen. Die Entscheidung stellt klar: Auch trivial anmutende Comic-Figuren können urheberrechtlich geschützt sein, wenn sie über eine ausreichende Schöpfungshöhe verfügen.

Was war passiert?

Die Klägerin, eine freiberuflich tätige Designerin, hatte die Figur „Katze NÖ“ entworfen und diese über eine Plattform für Print-on-Demand-Produkte veröffentlicht. Die Beklagte, ein Unternehmen für personalisierte Fotoprodukte, hatte eine nahezu identische Illustration auf Tassen und anderen Produkten verwendet (Anmerkung: In dem verlinkten Urteil sind die Zeichnungen und die Produkte mit den Plagiaten enthalten. Die Beklagte behauptete, ihre Designerin habe die Figur eigenständig und ohne Kenntnis des Originals geschaffen – sie berief sich also auf eine sogenannte „Doppelschöpfung“.

Was ist eine Doppelschöpfung?

Unter einer Doppelschöpfung versteht man im Urheberrecht den seltenen Fall, dass zwei Personen unabhängig voneinander – also ohne Kenntnis vom Werk der anderen – ein nahezu identisches Werk schaffen. In der Theorie ist das möglich, praktisch jedoch sehr selten, insbesondere wenn das Werk eine hohe Individualität aufweist.

Gerichte nehmen bei großer Übereinstimmung regelmäßig an, dass das spätere Werk vom früheren beeinflusst wurde – entweder bewusst oder unbewusst. Wer sich auf eine Doppelschöpfung beruft, muss also darlegen, dass keinerlei Kontakt zum Original bestand und das eigene Werk völlig eigenständig entstanden ist. Diese Hürde ist hoch – und wurde im vorliegenden Fall nicht überwunden.

Das OLG Frankfurt hielt die Behauptung der Beklagten für unglaubwürdig. Die behauptete Unabhängigkeit vom Originalwerk war angesichts der fast identischen Linienführung, Gestik und sogar der identischen Positionierung des Wortes „NÖ“ unter der Figur nicht plausibel.

Warum ist „Katze NÖ“ urheberrechtlich geschützt?

Das OLG Frankfurt stellte fest, dass die Zeichnung „Katze NÖ“ eine sogenannte persönliche geistige Schöpfung darstellt und damit die Voraussetzungen eines urheberrechtlich geschützten Werks gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG erfüllt. Besonders betont wurde dabei die Kombination aus einer konturenhaft und niedlich gestalteten Katzenfigur mit der provokanten Geste des „Mittelfingers“. Diese ungewöhnliche und originelle Kombination vermittelt eine klare Bildaussage („Abwehrhaltung“) und hebt sich deutlich vom bekannten Formenschatz ab.

Das Gericht hob hervor, dass gerade diese kreative Verbindung von Niedlichkeit und menschlicher Schmähgeste in dieser Form bisher nicht bekannt war. Auch die handwerkliche Ausführung – zunächst mit Pinsel, dann digitalisiert – zeige eine individuelle künstlerische Handschrift.

Wie hat das OLG entschieden?

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab der Berufung der Klägerin in vollem Umfang statt und sprach ihr sämtliche beantragten Ansprüche zu.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt einmal mehr: Auch scheinbar einfache, humorvolle Illustrationen können urheberrechtlich geschützt sein – vorausgesetzt, sie weisen eine individuelle schöpferische Leistung auf. Für Unternehmen, die mit solchen Motiven arbeiten, bedeutet das: Vorsicht beim Design – und im Zweifel vorher recherchieren und Rechte klären. Wer sich auf eine Doppelschöpfung beruft, muss diese fundiert und nachvollziehbar darlegen können – was im Ernstfall nur selten gelingt.

GEMA klagt gegen Suno: Was bedeutet das für KI-generierte Musik und das Urheberrecht?

Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) hat Klage gegen das US-amerikanische KI-Unternehmen Suno Inc. eingereicht. Suno bietet ein KI-Tool an, das mithilfe von einfachen Anweisungen (sogenannten Prompts) Audioinhalte erzeugen kann. Die GEMA wirft Suno vor, geschützte Aufnahmen aus ihrem Repertoire ohne Lizenz verwendet zu haben, was eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Konkret geht es darum, dass die KI Audioinhalte generiere, die bekannten Songs wie „Forever Young“, „Atemlos“ oder „Daddy Cool“ zum Verwechseln ähnlich sein sollen.

Was sind die Vorwürfe der GEMA?

  • Urheberrechtsverletzung: Die GEMA argumentiert, dass Suno durch die Nutzung der Werke ihrer Mitglieder das Urheberrecht verletze. Dies betreffe sowohl die Erstellung der Aufnahmen in den Systemen von Suno als auch die Nutzung der Originalwerke zum Trainieren der KI.
  • Fehlende Vergütung: Die GEMA kritisiert, dass Suno das Repertoire der GEMA systematisch für das Training ihres Musiktools genutzt und dieses nun kommerziell verwertet habe, ohne die Urheber finanziell zu beteiligen.
  • Forderung nach einem fairen Miteinander: Die GEMA betont, dass eine partnerschaftliche Lösung mit KI-Unternehmen nur mit der Einhaltung von Grundregeln eines fairen Miteinanders möglich sei, einschließlich des Erwerbs von Lizenzen.

Was fordert die GEMA?

Die GEMA fordert eine faire Vergütung für die Nutzung der Werke ihrer Mitglieder. Sie schlägt ein „Zwei-Säulen“-Lizenzmodell vor:

  • Vergütung für das KI-Training: Die GEMA verlangt, dass 30 Prozent der Netto-Einnahmen von Suno an die Urheber fließen, inklusive einer Mindestvergütung.
  • Beteiligung an generierten Werken: Die GEMA ist der Ansicht, dass die generierten Werke so stark auf den Originalwerken basieren, dass die Urheber auch an deren Nutzung beteiligt werden müssen.

Rechtliche Herausforderungen

Das Verfahren wirft wichtige Fragen in Bezug auf das Urheberrecht auf:

  • Rechtmäßigkeit des KI-Trainings: War das Training der Suno-KI mit urheberrechtlich geschützten Werken rechtmäßig? Das Urheberrechtsgesetz erlaubt in bestimmten Fällen das „Text- und Data Mining“ (§§ 44b, 60d UrhG), also die automatisierte Analyse digitaler Werke zur Mustererkennung. Allerdings gibt es hier Einschränkungen, insbesondere wenn die Urheber der Nutzung ihrer Werke für das KI-Training widersprochen haben.
  • Nutzungsvorbehalt: Entscheidend ist, ob die GEMA einen wirksamen Nutzungsvorbehalt erklärt hat. Seit 2021 erlaubt § 44b UrhG Text- und Data Mining, es sei denn, die Urheber haben dem „maschinenlesbar“ widersprochen. Ob ein solcher Widerspruch in maschinenlesbarer Form vorliegt, ist jedoch umstritten.
  • Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe: Die GEMA argumentiert, dass bereits die Generierung der KI-Songs eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe darstellt. KI-Systeme arbeiten jedoch nicht mit exakten Kopien, sondern mit statistischen Mustern.
  • Pflichten der KI-Anbieter: Nach dem AI Act müssen Anbieter von Mehrzweck-KI-Systemen wie Suno eine Strategie zur Einhaltung des EU-Urheberrechts vorlegen.

LG Hamburg: Nutzung von Bildern für KI-Training

Das Landgericht Hamburg hat sich in einem Urteil vom 27.09.2024 (Az. 310 O 227/23) mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für das Training von KI-Systemen zulässig ist. Das Gericht hat entschieden, dass die Schrankenregelung des § 44a UrhG (vorübergehende Vervielfältigungshandlungen) für Trainingszwecke von KI nicht anwendbar ist.

  • Keine Flüchtigkeit: Das Gericht argumentierte, dass die Speicherung der Werke auf den Servern des KI-Herstellers nicht „flüchtig“ im Sinne des Gesetzes sei.
  • Keine Begleitfunktion: Das Herunterladen der Bilddateien zur Analyse sei kein bloß begleitender Prozess, sondern ein bewusster Beschaffungsprozess.

Allerdings tendierte das LG Hamburg in seiner Entscheidung dazu, dass ein Nutzungsvorbehalt in natürlicher Sprache (z.B. in AGB) genügen müsse, um die Nutzung eines Werkes für KI-Training zu untersagen. Dies könnte auch für die Klage der GEMA relevant sein, da es fraglich ist, ob die GEMA bzw. ihre Mitglieder einen solchen maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt rechtzeitig erklärt haben.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Klage der GEMA gegen Suno ist ein Präzedenzfall. Es ist noch unklar, wie die Gerichte die Nutzungsvorbehalte der Urheber bewerten werden. Das Urteil könnte richtungsweisende Antworten auf die Frage geben, wie mit KI-generierter Musik und dem Urheberrecht umzugehen ist.

Parallele in den USA

Auch in den USA gibt es ähnliche Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit KI-Training und Urheberrecht.

  • Ein US-Gericht, der District Court of Delaware, hat im Fall Thomson Reuters ./. Ross Intelligence entschieden, dass die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte zum Training einer KI nicht unter die „Fair Use“-Doktrin fällt, wenn das KI-Training kommerziellen Zwecken dient und sich negativ auf den Wert des geschützten Werks auswirkt.
  • Dieses Urteil könnte Auswirkungen auf KI-Anbieter haben, die in den USA tätig sind. Bemerkenswert ist, dass das Gericht die meisten Gerichtsentscheidungen, auf die sich KI-Unternehmen bislang berufen haben, als „irrelevant“ abgelehnt hat.
  • Die Entscheidung des US-Gerichts betraf einen Fall, in dem eine KI-Suchmaschine mit urheberrechtlich geschützten Headnotes trainiert wurde. Das Gericht argumentierte, dass die Nutzung nicht „transformierend“ sei, da die KI lediglich ein Konkurrenzprodukt erstellen sollte. Dies könnte ein wichtiger Unterschied zur generativen KI sein, die neue und transformative Werke schaffen kann. Das Gericht betonte, dass Ross mit seiner KI direkt mit Westlaw konkurrieren wollte, was ausreiche, um eine Marktbeeinträchtigung festzustellen. Es sei unerheblich, ob Reuters bereits KI-Trainingsdaten vermarkte – die Möglichkeit, dies zu tun, sei rechtlich schutzwürdig.

Auswirkungen für Deutschland

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtslage im Bereich der KI-generierten Musik, aber auch bei Texten, Grafiken etc., entwickeln wird.

Die mit der Nutzung von urheberrechtlichen Inhalten zu Trainingszwecken verbundenen urheberrechtlichen Fragen werden vermutlich erst in einigen Jahren höchstrichterlich geklärt werden. Es könnte sein, dass sich bis dahin entweder der Gesetzgeber entschließt, das Thema neu zu regeln (und dann, so ist meine Vermutung, eine „KI-Abgabe“ einführt, die an Verwertungsgesellschaften wie die GEMA zu zahlen ist) oder es zu Vereinbarungen zwischen Anbietern von KI und Verwertungsgesellschaften kommen wird.

Kein Urheberrechtsschutz für Birkenstock-Sandalen

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in drei Revisionsverfahren über den Urheberrechtsschutz von Birkenstock-Sandalen entschieden.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Teil der Birkenstock-Gruppe. Sie vertreibt verschiedene Sandalenmodelle. Die Beklagten bieten über das Internet ebenfalls Sandalen an oder stellen Sandalen als Lizenznehmer her.

Die Klägerin ist der Auffassung, bei ihren Sandalenmodellen handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst. Die Angebote und Produkte der Beklagten verletzten das an ihren Sandalenmodellen bestehende Urheberrecht. Sie hat die Beklagten in allen Verfahren auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz sowie Rückruf und Vernichtung der Sandalen in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat den Klagen jeweils stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klagen dagegen abgewiesen und einen urheberrechtlichen Schutz der Sandalenmodelle der Klägerin als Werke der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG verneint.

Mit den vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen hat die Klägerin ihre Ansprüche weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revisionen der Klägerin hatten keinen Erfolg.

Die geltend gemachten Ansprüche sind unbegründet, weil die Sandalenmodelle der Klägerin keine nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst sind.

Das Oberlandesgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass Urheberrechtsschutz voraussetzt, dass ein gestalterischer Freiraum besteht und in künstlerischer Weise genutzt worden ist. Ein freies und kreatives Schaffen ist ausgeschlossen, soweit technische Erfordernisse, Regeln oder andere Zwänge die Gestaltung bestimmen. Für den urheberrechtlichen Schutz eines Werks der angewandten Kunst ist – wie für alle anderen Werkarten auch – eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern. Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente ist dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich. Für den Urheberrechtsschutz muss vielmehr ein Grad an Gestaltungshöhe erreicht werden, der Individualität erkennen lässt. Wer urheberrechtlichen Schutz beansprucht, trägt die Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen.

Das Oberlandesgericht hat sich mit sämtlichen Gestaltungsmerkmalen auseinandergesetzt, die nach Auffassung der Klägerin den Urheberrechtsschutz ihrer Sandalenmodelle begründen. In rechtsfehlerfreier tatgerichtlicher Würdigung ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht festgestellt werden kann, dass der bestehende Gestaltungsspielraum in einem Maße künstlerisch ausgeschöpft worden ist, das den Sandalenmodellen der Klägerin urheberrechtlichen Schutz verleiht.

Urteile vom 20. Februar 2025 – I ZR 16/24; I ZR 17/24; I ZR 18/24

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 20.02.2025

Grönemeyer vs. CDU: Nutzung von Musik zu Wahlkampfzwecken

Kürzlich wurde in den Medien darüber berichtet, dass der bekannte Musiker Herbert Grönemeyer der CDU über seinen Anwalt untersagt hat, dessen Song „Zeit, dass sich was dreht“ für den Wahlkampf von Friedrich Merz zu nutzen.

Aus CDU-Kreisen war sodann zu lesen, dass die CDU für die Musik-Nutzung im Rahmen der Veranstaltung die entsprechenden Gebühren an die GEMA abgeführt habe.

In einem solchen Fall geht es aber nicht um die wirtschaftlichen Verwertungsrechte, die von der GEMA wahrgenommen werden, so z.B. das Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe über Lautsprecher.

Sondern es geht vielmehr um das Urheberpersönlichkeitsrecht bzw. das auch ausübenden Künstlern zustehende Künstlerpersönlichkeitsrecht.

Der BGH hat bereits mit Beschluss vom 11.05.2017, Az.: I ZR 147/16, GRUR-RR 2018, 61, festgestellt, dass jedenfalls in das Urheberpersönlichkeitsrecht eingegriffen werde, wenn Musik auf einer Wahlkampfveranstaltung einer verfassungswidrigen politischen Partei abgespielt werde.

Auch die bekannte Schlagersängerin Helene Fischer ist bereits erfolgreich gegen die NPD vorgegangen und hat dieser Partei untersagt, dass ihr Hit „Atemlos durch die Nacht“ auf politischen Veranstaltungen der Partei gespielt wird.

In den beiden entschiedenen Fällen ging es stets um besonders krasse Fälle, nämlich um die Nutzung eines Musikstücks auf Veranstaltungen einer rechtsextremen Partei.

Es stellt sich also die Frage, ob auch das Urheberpersönlichkeitsrecht einschlägig ist, wenn ein Musikstück von einer verfassungskonformen Partei, wie hier der CDU, benutzt wird und diese die GEMA-Gebühren für die öffentliche Wiedergabe bezahlt.

Der überwiegende Teil der Urheberrechtler geht allerdings davon aus, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht so weit reicht, dass es ein Urheber nicht hinnehmen muss, wenn seine Musik für eine Wahlkampfveranstaltung eingesetzt wird von einer Partei verwendet wird, welcher er nicht nahesteht, wie es wohl im vorliegenden Fall von Grönemeyer und der CDU ist.

OLG Hamm zum Urheberrecht: Drohnenaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt

In einer urheberrechtlichen Streitigkeit zwischen der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und einem Verlag aus dem Ruhrgebiet hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm entschieden, dass mittels einer Drohne gefertigte Bildaufnahmen nicht von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit gedeckt sind.

Die klagende Verwertungsgesellschaft nimmt den beklagten Verlag auf Unterlassung, Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch. In zwei von der Beklagten veröffentlichten Büchern werden Kunstwerke auf Bergehalden im Ruhrgebiet vorgestellt. Dabei hat die Beklagte auch Fotografien der im Streit stehenden Kunstwerke „Sonnenuhr mit Geokreuz“, „Spurwerkturm“, „Nachtzeichen“, „Himmelstreppe“, „Tetraeder“ und „Landmarke Geleucht“ verwendet, die mit einer Drohne aufgenommen wurden. Eine Lizenz von der Klägerin hat die Beklagte vor der Veröffentlichung dieser Bilder nicht erworben. Vielmehr vertritt die Beklagte die Auffassung, die Verwendung der Fotografien sei von der Panoramafreiheit des Urheberrechtsgesetzes gedeckt.

Das Landgericht Bochum hat der Klage insgesamt stattgegeben. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte ihr Ziel auf Klageabweisung vor dem Oberlandesgericht Hamm weiterverfolgt. Abgesehen von einer geringfügigen Reduzierung des Schadensersatzes hat der für das Urheberrecht zuständige 4. Zivilsenat das Urteil des Landgerichts bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelte Panoramafreiheit gestatte zwar auch die gewerbliche Nutzung von hierunter fallenden Fotografien. Im Rahmen der Panoramafreiheit sei es nämlich zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, unter anderem mit Mitteln der Fotografie zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Auch befänden sich die hier in Rede stehenden Kunstwerke an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, da die Bergehalden, auf denen die Kunstwerke errichtet wurden, entweder selbst öffentlich zugänglich seien oder jedenfalls von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden könnten. Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestatte, schließe jedoch nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehöre nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive sei nicht mehr von der Panoramafreiheit gedeckt. Dies habe der Bundesgerichtshof bereits für den Einsatz einer Leiter entschieden. Für den Einsatz einer Drohne könne nichts anderes gelten.

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm muss die Beklagte die Wiedergabe der angegriffenen Drohnenbilder und deren Verbreitung unterlassen und der Klägerin Schadensersatz in Form einer Lizenzgebühr über 1.824 Euro sowie gut 2.000 Euro Abmahnkosten, jeweils zuzüglich Zinsen, zahlen. Da noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bewertung von Drohnenaufnahmen im Rahmen der Panoramafreiheit vorliegt, hat der Senat die Revision der Beklagten zugelassen. Die Beklagte hat Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm nicht rechtskräftig ist.

Urteil vom 27. April 2023 – 4 U 247/21

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 24.05.2023

Anmerkung:

Das Landgericht Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 25.11.2020, Az.: 2-06 O 136/20, hatte anders entschieden, und geurteilt, dass die in § 59 UrhG normierte sog. Panoramafreiheit auch für Drohnenaufnahmen gelten soll. Ausführlich dazu meine News vom 15.12.2020

Urheberrechtsverletzung durch Anhängen an andere Amazon-Angebote

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 22.08.2022, Az.: 14 O 327/21, ein für Onlinehändler, die auch auf Amazon aktiv sind, wenig erfreuliches Urteil gefällt.

Der beklagte Händler hatte sich an ein, von einem Dritten für ein bestimmtes Produkt erstelltes Angebot bei Amazon „angehängt“.

Amazon vergibt für jedes Produkt eine plattformeigene Nummer, sog. ASIN. Derjenige, der ein neues Produkt bei Amazon einstellt, erstellt das Angebot mit Text und Bildern und erhält von Amazon dann eine entsprechende ASIN. Jeder andere Händler, der das identische Produkt ebenfalls verkauft, muss sich an dieses Angebot und an die entsprechende ASIN „anhängen“. Er hat keinen Einfluss auf den Text und die verwendeten Bilder.

In dem vom Landgericht Köln entschiedenen Fall wurde der beklagte Händler von einem Fotografen abgemahnt und sodann verklagt, weil in dem Angebot, an welches sich der beklagte Händler angehängt hatte, eine Fotografie verwendet wurde, die dort (wohl) unrechtmäßig eingestellt war.

Der beklagte Händler verteidigte sich in erster Linie damit, dass er auf die Gestaltung des Angebots keinen Einfluss hatte und er, sofern er dieses Produkt verkaufen will, aufgrund der Bedingungen bei Amazon gezwungen ist, sich an das Angebot anzuhängen und dieses auch nicht abändern kann. Des Weiteren legte er dar, dass er versucht hatte, Amazon zu einer Löschung zu bewegen, allerdings vergeblich.

Diese Argumente ließ das Landgericht allerdings nicht gelten und verurteilte den Händler zur Unterlassung, zur Zahlung von Schadenersatz und Erstattung von Anwaltskosten.

Eine automatisierte Erstellung solcher Angebote und das Anhängen an ein von einem Dritten erstelltes Angebot bringe das Risiko von Urheberrechtsverletzungen mit sich, was dem Händler, der sich an ein Angebot anhängt, auch bewusst sei. Auch nutze es nicht, dass der Händler versucht hatte, mit Amazon in Kontakt zu treten, weil dies allenfalls später für die Frage des Verschuldens bei einem Ordnungsmittelantrag beachtenswert sei, so das Landgericht.

Das Oberlandesgericht München hatte 2016 eine andere Rechtsauffassung vertreten (OLG München, Urteil vom 10.03.20216, Az.: 29 U 4077/15, GRUR-RR 2016, 316). Das Landgericht Köln hat in den Entscheidungsgründen explizit darauf abgestellt, dass es eine andere Rechtsauffassung als das Oberlandesgericht München vertritt.

Leider daher sehr unerfreuliche Nachrichten für alle Amazon-Händler:

Das Landgericht Köln urteilt nach dem Motto „Betreten der Amazon-Plattform auf eigene Gefahr“: Wer über Amazon verkauft, weiß, dass so etwas passieren kann.

Allerdings verkennt das Landgericht natürlich die Marktmacht von Amazon und eben, dass Händler schlichtweg darauf angewiesen sind, auch über Amazon zu verkaufen und sich an solche fremde Angebote anzuhängen. es bleibt dem Händler nur die Wahl, sich an ein anderes Angebot anzuhängen, ohne zu wissen, wer das Angebot erstellt hat und ob derjenige auch Nutzungsrechte für die verwendeten Fotos eingeholt hat, oder eben kein Angebot bei Amazon einzustellen.

Nachdem das Oberlandesgericht München 2016 noch günstig für Onlinehändler entschieden hatte, werden solche Fälle künftig vermutlich dazu führen, dass der klagende Urheber, z.B. ein Fotograf, Ansprüche in Köln anhängig machen wird. Er hat hier aufgrund der Tatsache, dass Urheberrechtsverletzungen überall dort bei Gerichten anhängig gemacht werden können, in dessen Gerichtsbezirk die Rechtsverletzung stattfindet, die Wahl verschiedener Gerichtsstände, weil die Urheberrechtsverletzung im Internet, sprich auf Amazon, stattfand. Und natürlich wird ein, von einem fachkundigen Anwalt vertretener Kläger nicht nach München, sondern nach Köln gehen, weil dort für ihn günstig entschieden wird.

Bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes, die, sofern überhaupt eine ergeht, erst in einigen Jahren ergehen dürfte, ist also das Risiko für Händler, die auf Amazon aktiv sind, wieder gestiegen, zumindest in Fällen von Urheberrechtsverletzungen.

Urheberrechtlicher Schutz für Java-Script Programmierungen

Das OLG Köln hat mit Urteil vom 29.04.2022, Az.: 6 U 243/18, entschieden, dass kurze Programmierungen mit der Programmiersprache Java-Script urheberrechtlich geschützt sein können, nicht aber zwingend sein müssen.

Die Kläger in dem Kölner Verfahren boten auf ihrer Website mehr als 400 einfach gestaltete Rechner an, die den Nutzern Rechnungen aller Art ermöglichten, z. B. Umrechnungen internationaler Längen-, Flächen-, Größeneinheiten, Konfektionsgrößen, Zinsberechnungen, Berechnungen verschiedenster Verbrauchskosten, etc..

Die klägerische Seite finanzierte sich über die bei den Rechnern eingeblendeten Werbungen.

Der Beklagte übernahm diese Rechner von der Internetseite der Kläger und bot diese auf seiner Website in zumindest teilweise leicht veränderter Form an, ebenfalls unter Schaltung von Werbung.

Die Rechner bestanden aus einer Java-Script Programmierung mit kurzem Quellcode und einer HTML-Oberfläche.

Die Kläger machten eine Urheberrechtsverletzung geltend, der Beklagte war der Ansicht, dass die jeweiligen Rechner nicht urheberrechtlich geschützt seien.

Es ging um zwei Rechtsfragen:

Zum einen um die Frage, ob Programmierungen in Java-Script überhaupt ein Computerprogramm im Sinne des Urheberrechtsgesetzes darstellen können.

Zum anderen um die Frage, wie die Schutzvoraussetzungen bei Gewährung von urheberrechtlichem Schutz für Computerprogramme sind und wer welche Darlegungs- und Beweislast trägt.

Da es sich bei dem in der Programmiersprache Java-Script geschriebenen Code um einen Text handelte, der eine Folge von Steuerbefehlen beinhaltete, war das OLG der Meinung, dass in Java-Script geschriebene Programme grundsätzlich urheberrechtsschutzfähig sein können.

Bei der Frage, welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen, ging das OLG zunächst auf eine Besonderheit des urheberrechtlichen Schutzes von Computerprogrammen ein:

Anders als bei anderen Werkgattungen, wie z. B. bei Schriftwerken, werden bei Computerprogrammen an die  sogenannte Schöpfungshöhe keine allzu großen Anforderungen gestellt. Insbesondere sind bereits vom Gesetzeswortlaut keine qualitativen oder ästhetischen Merkmale des Programms erforderlich.

Das bedeutet:

Ist der Quellcode nicht allzu banal, so wird in aller Regel die Schutzfähigkeit bejaht.

Da im vorliegenden Fall der Code für verschiedene Rechner nur sehr kurz war, stellte sich in diesem besonderen Fall die Frage, ob die jeweiligen Codes der einzelnen Rechner tatsächlich die gesetzlichen Erfordernisse für Urheberrechtsschutz erreichen oder nicht.

Das OLG war der Auffassung, dass zwar die Kläger der Darlegungslast nachgekommen seien, jedoch aufgrund der sehr kurzen Codes bei einem Großteil der Rechner ein Sachverständigengutachten nötig sei, weil das Gericht aufgrund der fehlenden Fachkenntnis nicht alleine einschätzen könne, ob die entsprechenden Programmierleistungen völlig banal seien oder jedenfalls noch eine solche individuelle Leistung des Programmierers erkennen lasse, dass man über den Schutz der sogenannten kleinen Münze Urheberrechtsschutz bejahen könne. Bei insgesamt 31 Rechnern der insgesamt über 400 Rechner war das OLG der Meinung, dass eine umfangreichere und für jeden erkennbare Programmierleistung vorliege, weshalb das OLG sich in der Lage sah, auch ohne Einschaltung eines Sachverständigen urheberrechtlichen Schutz zu bejahen. Bei den übrigen Rechnern war dies nach Auffassung des OLG nicht der Fall. Weil im vorliegenden Fall die Kläger offenbar kein Beweisangebot durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten hatten, waren die Kläger nach Auffassung des Gerichts beweisfällig geblieben, sodass die Klage zum überwiegenden Teil abgewiesen wurde.

Da nur bei 31 von über 400 Rechnern Schutz bejaht worden war, gelangte das OLG zur Bejahung eines Schadensersatzes in Höhe von € 3.100,00. Angesetzt wurde hier ein Betrag in Höhe von € 100,00 pro Rechner. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.